Offense: Dreier und Freiwürfe
Houstons General Manager Daryl Morey gilt in der NBA gewissermaßen als Vorreiter der Nerds - als einer der ersten Personaler bezog er Advanced Stats in seine Auswertung von Spielern ein, zudem geht er beim Einbeziehen dieser Erkenntnisse rigoroser vor als wohl jeder andere. "Grantland"-Experte Bill Simmons bezeichnet ihn als "Dork Elvis", und das ist in diesem Fall als Kompliment gemeint.
Will man Moreys Philosophie auf simple Paradigmen herunterbrechen, bleiben folgende bestehen: "3 Punkte sind mehr als 2", "Der effizienteste Wurf ist der Freiwurf" und "Lange Zweier sind die schlechtesten Würfe".
Das Farmteam der Rockets, die Rio Grande Valley Vipers, experimentiert daher seit einer Weile mit einem Spiel, das fast nur noch aus Dreiern, Abschlüssen am Ring und Freiwürfen besteht. Die Vipers nehmen irrsinnige 40,5 Dreier und gehen zudem 27,8 Mal pro Spiel an die Linie.
Der Erfolg hält sich momentan zwar in Grenzen (9 Siege aus 21 Spielen), dennoch lässt die Spielweise erahnen, wie Moreys Vision von Basketball ungefähr aussehen soll.
Gut, dass er dafür den perfekten Superstar in seinem Team hat. James Harden verkörpert die Kombination aus Dreiern und Freiwürfen wie kein Zweiter: In dieser Saison hat der NBA-Topscorer bisher die sechstmeisten Dreier versucht - 37,3 Prozent seiner Würfe nimmt er vom Perimeter. An der Freiwurflinie war niemand öfter als Harden.
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Sein Shotchart zeigt zudem, dass er über 40 Prozent seiner Abschlüsse in unmittelbarer Korbnähe nimmt, während er die Mitteldistanz soweit es geht meidet (nur 10,5 Prozent). Seine Quoten sind dabei nicht überragend: Von der Dreierlinie trifft er insgesamt eher durchschnittliche 36,4 Prozent, aus dem Feld sind es 43,8.
Wie gesagt, das sind keine außergewöhnlich starken Werte. Sie erzählen allerdings nicht die ganze Wahrheit, da sie die Freiwürfe des Bärtigen nicht einbeziehen. Dort trifft Harden fast 90 Prozent - nicht so schlecht, wenn man häufiger an der Linie geht als jeder andere (8,8 Mal pro Spiel).
Um Hardens Scoring wirklich beurteilen zu können, ist also eine andere Formel nötig - das True Shooting. Dieses bezieht Wert und Anzahl von Dreiern, Zweiern und Freiwürfen ein und wird Hardens Spiel damit eher gerecht. Sein True Shooting beträgt starke 59,5; abgesehen von Stephen Curry (62,7) legt kein Guard mit ansatzweise vergleichbarem Scoring-Volumen einen signifikant besseren Wert hin.
Bei Harden kommt erschwerend hinzu, dass er sich seine Würfe fast alle selbst erarbeiten muss. Er ist bei den Rockets gleichzeitig bester Scorer und bester Playmaker, was zur Folge hat, dass fast 74 Prozent seiner Treffer kein Assist vorausgeht (zum Vergleich: Bei Curry sind es 60 Prozent). Seine einzigen "einfachen" Abschlüsse sind Fastbreak-Punkte, alles andere muss er sich durch Penetration, Fakes oder seinem herausragenden Euro-Step hart erarbeiten.
Vor allem in Abwesenheit von Dwight Howard war die Rockets-Offense eine One-Man-Show - man kann sich gut vorstellen, was für einen Sprung Hardens Quoten machen könnten, wenn er einen weiteren Creator an seiner Seite hätte. Dennoch sind sie schon jetzt beeindruckend, wenn man bedenkt, wie sehr die Offense seines Teams von ihm abhängt.
James Hardens Shotchart 2014/15