Kind. Playoff-Versager. MVP

Max Marbeiter
23. Februar 201515:57
Kevin Garnett wurde 1995 von den Timberwolves gedraftetgetty
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MVP-Ehren. Playoff-Schlachten. Emotionen. Bevor er mit den Boston Celtics seine Karriere krönte, wurde Kevin Garnett bei den Minnesota Timberwolves erwachsen. Nun kehrt KG zurück. Deshalb wirft SPOX einen Blick auf Garnetts größte Momente als Timberwolf.

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Der Draft

Alles nimmt irgendwann seinen Anfang. Im Fall von Kevin Garnett nur eben ein wenig früher. Gerade einmal 19 Jahre war KG alt, als Commissioner David Stern beim Draft 1995 seinen Namen aufrief. An fünfter Stelle hatten sich die Timberwolves für Garnett entschieden und dabei vor allem eines gesehen: Potential. Denn viel mehr hatte dieser schlaksige Junge aus Chicago anno 1995 noch nicht zu bieten.

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Garnett hatte noch nicht einmal College-Basketball gespielt. Eigentlich keine guten Voraussetzungen für ein Engagement in der Association. Schließlich musste man in den Geschichtsbüchern schon stolze 20 Jahre zurückblättern, um auf die Namen Darryl Dawkins und Bill Willougby zu stoßen. Auf die letzten beiden Highschool-Spieler, die 1975 den direkten Weg zu den Profis suchten.

Nun also Garnett. Eine innige Umarmung für Mutter Shirley. Ein breites Grinsen. Der obligatorische Händedruck mit dem Commissioner - und schon war KG Teil der NBA. Teil der Timberwolves. Noch mal: Selbstverständlich war Minnesotas Entscheidung nicht. Zumal einige Experten Garnetts Spiel als noch nicht reif genug ansahen. Für das College.

Nun hat Kevin McHale jedoch durchaus eine Vorstellung davon, was ein Big Man in der NBA zu leisten im Stande sein muss, um Erfolg zu haben. Und genau das sah Minnesotas damaliger General Manager in Garnett. Natürlich sah McHale auch KGs 25,2 Punkte, 17,9 Rebounds, 6,7 Assists und 6,5 Blocks aus seinem Highschool-Jahr. Wahrscheinlich hatte er auch vernommen, dass seinem Rookie bereits ein Viertel genügt hatte, um ein Triple-Double aufzulegen.

Ausschlaggebend war jedoch Garnetts Vielseitigkeit. Er konnte Passen, besaß Athletik, rannte als Big Man den Court auf und ab, kurz: Kevin Garnett lieferte das komplette Paket - beziehungsweise versprach es. Noch war er ein Teenager, eine Kind: "The Kid". Dennoch legte KG gleich noch ein Versprechen obendrauf. "Ich bin jemand, der jede Nacht hart spielt, immer 1000 Prozent gibt", erklärte Garnett beim Draft-Gespräch mit Modepapst Craig Sager. "Ich bin ein Teamplayer und möchte nach jedem Spiel sagen können, dass ich wirklich alles aus mir herausgeholt habe." Es waren keine leeren Floskeln eines 19-Jährigen.

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Spiel 2 gegen die Lakers 2003

Es waren frustrierende Jahre für Kevin Garnett. Erst ernteten er und die Wolves Kritik für seinen Vertrag, dann schien sie sich auch noch zu bewahrheiten. Die 126 Millionen Dollar, die Minnesota KG über sechs Jahre überweisen würde, stünden dem Aufbau eines erfolgreichen Teams im Wege, so der Tenor. Garnett allein nehme einfach einen zu großen Teil des Salary Caps ein.

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Und tatsächlich blieb den Wolves - so stetig sie sich auch gesteigert haben mögen - ein Erlebnis jahrelang verwehrt: Die zweite Playoff-Runde. Unerreichbar wirkte sie. Und nun warteten in Runde eins auch noch die Lakers um Shaq und Kobe. Keine optimalen Voraussetzungen.

Wobei. Immerhin hatten die Wolves Heimrecht. Oder auch nicht. Denn Spiel eins ging direkt mit 98:117 verloren. Erneut schienen sich die Dinge in die eine, die beinahe unausweichliche Richtung zu entwickeln. Zumal die Wolves seit mittlerweile zwei Jahren auf eine Führung (!) in einem Playoff-Heimspiel warteten.

Ein nicht zu ertragender Umstand. Also stieg Garnett in Spiel zwei gleich zu Beginn links an der Baseline hoch. Drin. Der erste Dämon war vertrieben. Und auch die übrigen schienen sich für dieses Spiel zwei eine Auszeit genommen zu haben. Dank Kevin Maurice Garnett.

KG nahm die Wolves auf seine Schultern und die Lakers-Defense Stück für Stück auseinander. Jumper um Jumper fand seinen Weg durch die Reuse. Garnett ging voran und seine Wolves folgten ihm. In diesem einen Spiel machte es tatsächlich den Anschein, als könnten die Wolves, als könnte KG endlich den Fluch der ersten Runde besiegen.

Im dritten Viertel führte man bereits mit 20 und ließ sich auch von einem 10:0-Run der Lakers nicht aus der Ruhe bringen. Garnett streute zwei schnelle Jumper ein und raubte L.A. damit das mühsam erarbeitete Momentum. Am Ende hatte "The Big Ticket" nicht nur 20 Rebounds gesammelt, er hatte mit 35 Punkten auch einen neuen Playoff-Franchise-Rekord aufgestellt.

Minnesota schien auf dem richtigen Weg zu sein, gewann sogar Spiel drei in L.A., nur um danach völlig einzubrechen. Keinen einzigen Sieg brachten die Wolves mehr zustande und verabschiedeten sich abermals in Runde eins.

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Erstmals zweite Runde

Ist Kevin Garnett etwa ein Verlierer? Hat er aller Hingabe, allem Einsatz zum Trotz nicht das Zeug, sein Team erfolgreich anzuführen? Hemmt sein dicker Vertrag ihn und die Wolves? Angesichts einer mittlerweile sechs Jahre anhaltenden Serie an Erstrundenenttäuschungen wuchs die Kritik am Franchise Player.

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Doch diesmal war vieles anders. Denn endlich war es Minnesotas Front Office gelungen, Garnett den richtigen Supporting Cast zur Seite zu stellen. Latrell Sprewell war aus New York gekommen, dazu löste Sam Cassell, damals immerhin zweifacher Champion mit den Rockets, Troy Hudson als Starting-Point-Guard ab.

In der Theorie hatten die Wolves definitiv das beste Team um Garnett versammelt, mit dem er bis dahin zusammen gespielt hatte. Und die Praxis hielt mit. Minnesota pflügte durch die Saison. Am Ende standen 54 Siege, der Franchise-Rekord und Rang 1 im Westen. Nun hatte die Vergangenheit jedoch bereits gezeigt, dass eine überzeugende Regular Season keinesfalls Garantie für einen erfolgreichen Playoff-Run ist.

Vielleicht galten die Wolves angesichts ihrer Historie sogar als Kandidat für einen möglichen Upset in Runde eins gegen Denver. Nur hatte Kevin Garnett mittlerweile einfach genug gesehen. Direkt in Spiel eins setzte KG das erste Ausrufezeichen, ließ mit 30 Punkten und 20 Rebounds überhaupt keine Zweifel aufkommen, dass Runde eins diesmal keine unüberwindbare Hürde darstellen sollte.

Am Ende der Serie hatte Garnett im Schnitt ein Double-Double aufgelegt, Minnesota auch deshalb nur ein Spiel verloren. Es war vollbracht. Endlich hatten die Wolves mit Garnett Runde eins überstanden.

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MVP

Da stand er. Wahrscheinlich hatte Kevin Garnett gerade völlig anderes im Kopf. Immerhin stand das Conference Semi-Final gegen die Sacramento Kings an. Doch Ehre, wem Ehre gebührt. Da stand er. Bereit, Basketball zu spielen - und musste sich doch noch ein wenig gedulden. Wahrscheinlich nicht einmal ungern. Immerhin wartete da diese Trophäe.

Da stand er. Und lauschte den Worten von Commissioner David Stern. Kevin Garnett lauschte einer Lobeshymne. Einer Lobeshymne auf ihn, auf seinen Einsatz, seinen Ehrgeiz, seine Loyalität. Auf den Most Valuable Player der Saison 2003/04.

All das hatte Garnett verdient. Es war schlicht und ergreifend der Lohn für eine herausragende Saison, an deren Ende die Wolves als bestes Team der Western Conference in die Playoffs eingezogen waren. Und das vor allem dank Kevin Garnett. 24,2 Punkte und 13,9 Rebounds hatte "The Big Ticket" während der Regular Season aufgelegt und die Liga damit in beiden Kategorien angeführt. Ein Kunststück, das 29 Jahre lang niemandem gelungen war. Dazu kamen 5 Assists, 2,2 Blocks sowie 1,5 Steals.

Am Ende hatte Garnett tatsächlich jenes Versprechen eingelöst, das sein Spiel auf der Highschool Kevin McHale gegeben hatte. Und auch seine Aussage vom Draft-Abend, er sei ein Teamplayer, entpuppte sich an jenem als viel mehr als hohle Phrase eines 19-jährigen Rookies.

Denn kaum hatte er die MVP-Trophäe in Empfang genommen, winkte Garnett auch schon seine Teamkollegen heran. "Das ist UNSER Erfolg", wollte KG damit wohl sagen. Müßig, zu erwähnen, dass das Target Center in diesem Augenblick den Lärmpegel auf Motörhead-Niveau anhob. Jeder gönnte Garnett diese Auszeichnung. Vor allem natürlich Mutter Shirley, die selbstverständlich zugegen war und vor lauter Stolz die eine oder andere Träne verdrückte.

Doch Kevin Garnett wäre nicht Kevin Garnett, hätte er den Moment endlos auskosten, sich in den Mittelpunkt rücken wollen. Laudatio anhören. Trophäe in Empfang nehmen. Artig "danke" sagen - und back to business. Schließlich stand ein Conference Semi-Final an.

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Spiel 7 gegen die Kings 2004

"Ich hatte das Gefühl, jedem als Beispiel dienen zu müssen", sagte Kevin Garnett hinterher. Und ganz offensichtlich ist KG eher Gefühls- denn Kopfmensch. Denn Garnett ging voran. Doch der Reihe nach. Sechs Spiele lang hatten sich die Wolves und Kings nichts, aber auch gar nichts geschenkt. Erspielte sich einer einen kleinen Vorteil, konterte der andere umgehend.

Also traf man sich am 19. Mai 2004 zum alles entscheidenden Spiel sieben. Do or die. Win or go home. Und all das an Garnetts 28. Geburtstag. Eine Pleite und der Ehrentag wäre versaut gewesen. Also machte sich KG direkt an die Arbeit. Von rechts stieg er erstmals hoch. Fadeaway-Jumper. Drin! Kurz darauf versenkte Garnett erneut aus der Mitteldistanz. Einen Layup-Versuch von Peja Stojakovic fing er direkt aus der Luft und leitete den Fastbreak ein.

Kevin Garnett war überall. Das musste er auch. Denn Sam Cassell plagten Hüft- und Rückenprobleme, Latrell Sprewell Probleme mit seinem Wurf. Die Wolves brauchten KG. Und KG lieferte. Absetzen konnte sich Minnesota dennoch nie und lag dreieinhalb Minuten vor dem Ende immer noch lediglich mit 3 Punkten vorn. Dazu hatte Cassell die Uhr so eben so weit heruntergespielt, dass ein kontrolliertes Play völlig unmöglich geworden war.

Egal! Garnett erhielt den Ball, stieg mit Ablauf der Shotclock zum Dreier hoch und traf über Brad Miller und Mike Bibby hinweg. Das Target Center tobte, hinterließ dabei allerdings ganz offensichtlich zu wenig Eindruck. Denn die Kings blieben weiter dran, hatten Sekunden vor dem Ende sogar die Chance auf die Verlängerung. SPOX

Nachdem Doug Christies Dreier zum Air- statt Heroball verkam, schnappte sich Miller den Ball, stieg bereits zum vermeintlich sicheren Layup hoch. Doch da war er wieder. Mit Block Nummer 5 beförderte Garnett den Ball in die Ränge - und wäre doch beinahe zum tragischen Helden mutiert.

Ein letztes Mal durften sich die Kings noch versuchen. Und Chris Webbers Dreier kam dem Boden des Netztes tatsächlich gefährlich nahe, klatschte am Ende aber doch nur auf den Ring. Aus! Es war vollbracht. Schon wieder. Binnen weniger Wochen hatten die Wolves ihre zweite Playoff-Serie gewonnen, zogen damit ins Conference Final ein.

Dort unterlagen sie zwar den Lakers, damit beschäftigte sich an diesem 19. Mai jedoch niemand. Immerhin war Kevin Garnett seinem MVP-Titel mal wieder mehr als gerecht geworden, hatte 32 Punkte und 21 Rebounds beigetragen und Chris Webber im direkten Duell dominiert. Happy Birthday, KG!

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