NBA

Warten auf Godot

Die Mavs haben Free Agent LaMarcus Aldridge ins Visier genommen
© getty

Rebuild ist in Dallas ein Fremdwort, stattdessen planen die Mavs im Sommer den nächsten Anlauf, einen Superstar zu holen. Dabei ist die Personalsituation in diesem Jahr ungeklärt wie nie. Dem Front Office stehen schwierige Entscheidungen bevor - selbst Dirk Nowitzkis Rolle wird hinterfragt.

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Sie reden über ihn. Sie spekulieren. Sie mutmaßen. Doch er kommt nicht. Jeder Hinweis wird gierig aufgesogen, jede noch so kleine Möglichkeit debattiert. Weiterziehen ist keine Lösung, denn das Warten ist zur Aufgabe geworden. Eine andere Option haben sie einfach nicht.

Nachdem im letzten Sommer ein weiterer Anlauf der Mavs, einen namhaften Free Agent nach Dallas zu holen, gescheitert ist, startet die Franchise aus Texas 2015 den nächsten Versuch. Langsam bekommt die Thematik tatsächlich Züge von Samuel Becketts Meisterwerk.

Einziger Unterschied: Nicht ein Akteur allein steht im Fokus, vielmehr fällt das Licht jedes Jahr auf einen neuen Starspieler. LeBron James, Carmelo Anthony, Chris Bosh, Dwight Howard, Deron Williams - die Liste der Heilsbringer, auf deren Ankunft in Big D vergeblich gewartet wurde, ist in den vergangenen Jahren länger und länger geworden.

Und auch die kommende Offseason droht für Dallas zum nächsten Teil einer Geschichte ohne Happy End zu werden, denn diesmal gibt es noch mehr Baustellen als die der Hauptfigur. Diesen Sommer ist nicht einmal genau klar, wer die Wartenden eigentlich sind.

Hauptrolle für Aldridge

Der Name des aktuellen Godot geistert schon seit einigen Monaten durch die Gänge der Mavs-Büroetage: LaMarcus Aldridge. Der 29-Jährige wird im Sommer zum Unrestricted Free Agent. Gut möglich, dass LMA nach neun Jahren seine Zelte im ungemütlichen Nordwesten abbricht und Portland den Rücken kehrt.

Nur ein einziges Mal kamen die Blazers seit Aldridges Ankunft über die erste Playoff-Runde hinaus. Nicht gerade das, was sich der vierfache Allstar erhofft hatte.

Aber ob die Mavericks angesichts der Konkurrenz aus Los Angeles, New York und San Antonio eine Chance auf einen solch dicken Fisch haben? Durchaus.

Denn im Gegensatz zu Marc Gasol, Kawhi Leonard, Kevin Love oder Jimmy Butler, den anderen Top-Zielen des Sommers, kommt Aldridge gebürtig aus Dallas. Seine College-Jahre verbrachte er zudem im nur knapp drei Stunden entfernten Austin. Daraus speisen sich die Hoffnungen der Mavs, auch wenn die vergangenen Enttäuschungen nicht gerade dazu beitrugen, das Image der unattraktiven Free-Agent-Destination zu verbessern.

Dirk von der Bank?

Falls Aldridge sich für Dallas entscheiden sollte, stünden die Mavs allerdings vor dem nächsten Problem. Da es angesichts von Nowitzkis kontinuierlich abbauender Defense unmöglich ist, ihn im Frontcourt gemeinsam mit Aldridge auflaufen zu lassen, bliebe nur eine Möglichkeit: Dirk müsste von der Bank kommen.

Für Nowitzki durchaus ein realistisches Szenario: "Ich werde tun, was immer nötig ist. Das habe ich immer gesagt", so der Deutsche in seinem finalen Saison-Interview. "Ich möchte meine letzten zwei Jahre genießen und in einem erfolgreichen Team spielen, das in den Playoffs weit kommen kann. Also ist es für mich überhaupt keine Frage, dass ich alles dafür tun werde."

Die Mavs haben schon mehrfach von Nowitzkis uneigennütziger Einstellung profitiert - und sollte Dallas wirklich eine realistische Chance auf Aldridge haben, würde Dirk selbst dieses Opfer noch bringen. Rick Carlisle wundert das nicht: "Er hat bereits große finanzielle Opfer in Kauf genommen, um das Team um ihn herum besser zu machen", so der Headcoach. "Daher bin ich nicht überrascht, dass er sich vorstellen kann, unser sechster Mann zu werden."

Ein Problem kann aber auch Nowitzki nicht lösen: Die Salary-Cap-Situation. Tyson Chandler würde seinen auslaufenden Vertrag in Dallas wohl gern verlängern, ein Frontcourt mit Aldridge, Nowitzki und Chandler jedoch einen Großteil des Cap Space auffressen. Nicht zu vergessen die 15,3 Millionen, die die Mavs kommende Spielzeit an Chandler Parsons überweisen werden. Damit bliebe nicht mehr allzu viel finanzieller Spielraum, um die Guard-Positionen zu besetzen.

Jordan eine Option?

Das bringt einen anderen Free Agent ins Gespräch, der Chandler als Defensiv-Anker ersetze könnte: DeAndre Jordan. Seine Äußerungen zu den Mavs, die er laut ESPN einem Freund gegenüber getätigt haben soll, beinhalten die Worte "extrem" und "interessant" - in dieser Reihenfolge.

Worte, die man in Big D selten aus dem Mund eines Free Agents in spe vernommen hat. Schon gar nicht von einem dominanten Center wie Jordan, der in der abgelaufenen Saison Karrierebestwerte in Punkten (11,5), Rebounds (15,0) und bei der Wurfquote (71,1 Prozent) aufgelegt hat.

Sollte zur kommenden Saison wirklich eine Regeländerung eingeführt werden, die das absichtliche Foulen von schlechten Freiwerfern einschränkt, DeAndre the Giant wäre kaum zu stoppen.

Noch wichtiger wären für die Mavs aber Jordans Defensivkünste. Nach dem gescheiterten Offense-First-Konzept sollte die Stärkung der Verteidigung in Dallas oberste Priorität haben. Aus diesem Grund wäre auch eine Verpflichtung von Kevin Love nicht die erste Wahl, sollte er Cleveland verlassen wollen.

Ungewissheit vs. Flexibilität

Beim Warten auf den Heilsbringer sollte zudem nicht vergessen werden, dass mit Nowitzki, Chandler Parsons, Backup-Guard Devin Harris und Rookie Dwight Powell nur vier Akteure einen gültigen Vertrag für die nächste Spielzeit besitzen. Gleich 11 Spieler könnten das Team im Sommer verlassen - mehr als bei jeder anderen Franchise.

Auch für die gejagten Free Agents ist das nicht unbedingt ein Argument pro Dallas - schließlich wissen sie nicht, wer die Mitglieder ihres Supporting Casts sein werden. Andererseits könnte ein Mitspracherecht bezüglich weiterer Verpflichtungen von manchem Spieler als Bonus gesehen werden. Einem LaMarcus Aldridge würde Mark Cuban diese Option sicher einräumen.

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