Endlich Playoffs! Für die Atlanta Hawks kommt das Duell mit den Brooklyn Nets zur rechten Zeit, während LeBron James auf einen alten Rivalen in neuer Besetzung trifft. Die Chicago Bulls sind zur richtigen Zeit fit, die engste Serie liefern sich wohl Toronto und Washington. SPOX macht den Check.
Atlanta Hawks (1) - Brooklyn Nets (8)
Saisonbilanz: 4-0
Ausgangsposition: Es scheint mittlerweile ewig her zu sein, dass Atlanta durch die Liga marschierte, den Januar über nicht eine Partie verlor und gleich vier Spieler zum All-Star Game schickte. Seit langem war klar, dass der One-Seed im Osten nur an die Hawks gehen konnte - und so hatte Atlanta auf einmal nicht mehr viel, was sie antrieb. So stehen sie am Ende zwar bei 60 Siegen, von den letzten 23 Saisonspielen gewannen sie jedoch "nur" noch 13.
Mike Budenholzer nutzte wie Mentor Gregg Popovich etliche Möglichkeiten, um Startern Pausen zu geben. Optimal lief das aber nicht, wenngleich man Coach Bud dafür kaum verantwortlich machen konnte. Faktisch verletzte sich Topscorer Paul Millsap an der Schulter und kehrte erst beim Saisonfinale gegen die Bulls auf den Court zurück, wirkte aber noch rostig. Thabo Sefolosha brach sich bei einer Auseinandersetzung mit der New Yorker Polizei das Bein und verpasst die komplette Postseason.
Es könnte also besser laufen für die Hawks, und das trotz der besten Regular Season der Vereinsgeschichte. Da kommen die Nets aber vielleicht gerade recht, sind sie doch eine Art Lieblingsgegner der Hawks: Viermal in der Saison spielten beide gegeneinander, viermal gewann das Team von Dennis Schröder. Dreimal davon sogar deutlich, vor allem bei der 131:99-Klatsche, die sie Brooklyn Anfang diesen Monats verpassten.
Die Nets kommen zwar mit einer gewissen Euphorie in die Serie, weil sie das Playoff-Ticket erst in letzter Sekunde gebucht haben. Und das, obwohl sie zuvor zwei Chancen in Folge gegen Milwaukee und Chicago kläglich vergeigt hatten (mit 23 bzw. 27 Punkten). Ein wirklich gefährliches Team sind sie deshalb trotzdem nicht.
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Das Defensiv-Rating der Nets (105) ist das schlechteste aller Playoff-Teams, die Offense ist auch bestenfalls mittelmäßig (101,9). Es handelt sich hier immer noch um ein Team, das noch vor wenigen Monaten jeden verfügbaren Spieler traden wollte und das mit seiner 38:44-Bilanz in den meisten Jahren nichts mit der Postseason zu tun gehabt hätte. Ihre Teilnahme ist gewissermaßen ein Unfall, der schwachen Eastern Conference sei Dank.
Das spielt jetzt aber alles keine Rolle mehr, sagte Joe Johnson nach dem Playoff-Einzug: "Wenn man reinkommt, beginnt eine neue Saison, und jeder startet bei 0. Man wischt sich einfach die Hände ab und versucht sein Bestes."
Key Matchup:Brook Lopez gegen Al Horford. Seit dem All-Star Break ist Lopez on fire und verzeichnet knapp 20 Punkte sowie 9 Rebounds pro Partie. Das Vertrauen in seinen mehrfach operierten Fuß ist wieder da, wodurch er wieder zu einer enorm starken Option im Lowpost geworden ist. Gegen den eigentlichen Vierer Horford hat er zudem leichte Größenvorteile. Und trotzdem ging das Duell in dieser Saison eher an den Hawks-Big. Denn während Horford Lopez im Lowpost nicht wirklich stoppen kann, stellt er seinen Gegenüber auf der anderen Seite vor ähnliche Probleme.
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Horford ist schneller und hat einen verlässlichen Jumper, mit dem er Lopez aus der Zone ziehen kann. In vier Spielen gegen Brooklyn erzielte er 17,8 Punkte und damit nur einen Punkt weniger als sein Gegenüber. Anders als die Nets kann es sich Atlanta aber leisten, den gegnerischen Big Man punkten zu lassen. Während Lopez bei den Nets die klare erste Option ist, ist Horford im Hawks-Angriff einer von vielen. Wenn Brooklyn eine Chance haben will, muss Lopez dieses Duell dominieren.
X-Faktor:Bojan Bogdanovic. Der Nets-Rookie hat im Laufe der Saison immer besser in die Liga reingefunden und gibt seinem Team Outside Shooting, das vor allem Lopez dringend benötigt, um Platz in der Mitte zu haben. Seine Dreierquote über die Saison ist mit 35,5 Prozent zwar nicht herausragend, im März und vor allem April (40 beziehungsweise 48,8 Prozent) dagegen absolut. Beim entscheidenden Sieg über Orlando war er mit 28 Punkten sogar Topscorer seines Teams - und bei den Hawks fällt mit Sefolosha einer der prädestinierten Verteidiger für ihn weg.
Prognose: Die Playoff-Euphorie wird den Nets schnell wieder vergehen. Ein, zwei knappe Spiele wird es geben, für einen Sieg Brooklyns reicht es aber nicht. Die Hawks finden wieder zusammen und tanken Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben. Hawks in 4.
Seite 2: Cavaliers vs. Celtics
Cleveland Cavaliers (2) - Boston Celtics (7)
Saisonbilanz: 2-2
Ausgangsposition: Von der ausgeglichenen Bilanz bitte nicht täuschen lassen - natürlich sind die Cavs im Duell gegen Boston haushoher Favorit. Beide Celtics-Siege kamen erst am Ende der Saison, als Boston noch händeringend um den Playoff-Einzug kämpfte und Cleveland seinen Platz längst sicher hatte.
Einmal ließ David Blatt Kyrie Irving pausieren, bei der zweiten Partie schonte er gleich vier Starter. Das Duell am 3. März, als Cleveland den Celtics in voller Mannstärke eine 110:79-Lektion erteilte, war zumindest auf dem Papier wesentlich aussagekräftiger. Das eine Team ist der klare Finals-Favorit im Osten, das andere hätte kaum jemand in der Postseason erwartet.
Ein Spaziergang dürfte auf die Cavaliers allerdings auch nicht warten. Die Celtics weisen zwar noch immer eine knapp negative Bilanz auf (40-42), von ihren letzten neun Saisonspielen haben sie jedoch acht gewonnen - darunter die letzten sechs in Serie. Trotz oder gerade wegen all der Trades in der Saison haben die Celtics zum richtigen Zeitpunkt ihre Bestform erreicht.
Zudem haben sie absolut nichts zu verlieren und geben sich durchaus selbstbewusst. "Ich bin bereit, mit diesen Jungs in den Krieg zu ziehen", sagte Jae Crowder, der ähnlich wie Isaiah Thomas ein absoluter Gewinn für die Kobolde ist, "was dann passiert, wird eben passieren. Jeder in unserem Locker Room ist bereit für diese Serie."
Der Kampfgeist wird auch die größte Trumpfkarte sein, die Boston in diese Serie mitnimmt - in Sachen Talent gibt es eklatante Nachteile. Die ganze Saison über geht den Celtics die Rim Protection ab, was gegen Elite-Cutter wie Irving und LeBron James selbstverständlich problematisch werden könnte.
Die Cavs stellen zudem mit einem Offensiv-Rating von 107,7 die vierteffizienteste Offense der Liga. Böse Zungen munkeln, dass diese Zahl noch wesentlich höher wäre, hätte Cleveland nicht gewisse Teile der Saison in "cruise control" verbracht und gelegentlich die Zügel schleifen lassen. Der Fokus von LeBron und Co. lag schließlich von Anfang an auf der Postseason und nicht auf dem "Vorgeplänkel" in den Monaten davor.
Key Matchup: Man könnte argumentieren, dass die Cavaliers auf jeder Position der Starting Five besser oder mindestens gleichwertig besetzt sind, ohne der Übertreibung bezichtigt zu werden. Bostons bester Offensivspieler kommt jedoch von der Bank, was die ganze Dynamik ein wenig verändert. Isaiah Thomas ist Bostons Offense, wenn er auf dem Court steht - kein anderer kann Würfe kreieren, penetrieren und schießen wie er.
Wenn die Cavs den Sixth Man kontrollieren können, wird der Rest wesentlich einfacher. Hier kann Iman Shumpert seinen Wert als Verteidiger zeigen, auch Matthew Dellavedova und J.R. Smith werden sicherlich gelegentlich Thomas decken müssen. Schwer zu glauben, dass Blatt Irving gegen Thomas Energie "verschwenden" lassen wird.
X-Faktor:Kevin Love. Man kann recht sicher davon ausgehen, dass Kyrie und LeBron ihren Job machen werden. Bleibt Love - welche Version bekommt man in den Playoffs von ihm zu sehen? In den späteren Runden wird Cleveland seinen Power Forward definitiv brauchen. Umso wichtiger ist es, ihm so schnell wie möglich einen guten Rhythmus zu verschaffen. Gegen den deutlich kleineren Brandon Bass gibt es perfekte Voraussetzungen, um womöglich sogar mal wieder im Post zu attackieren.
Prognose: Die Celtics werden es den Cavs nicht einfach machen, am Ende wird sich das Talent aber durchsetzen - und zwar deutlich. Für einen Sieg sind der legitime "Coach of the Year"-Kandidat Brad Stevens und seine kämpfende Truppe aber gut. Cavaliers in 5.
Seite 2: Cavaliers vs. Celtics
Chicago Bulls (3) - Milwaukee Bucks (6)
Saisonbilanz: 3-1
Ausgangsposition: "Gesund" und "Bulls", das waren in den letzten Jahren zwei Worte, die nicht wirklich zusammenpassen wollten. Auch in dieser Saison grassierte das Verletzungsvirus wieder in Chicago und erwischte unter anderem Derrick Rose, Jimmy Butler und Joakim Noah. Vor dem Playoff-Start sind zwar sowohl Rose als auch Noah leicht angeschlagen, allerdings stehen wohl beide schon im ersten Spiel zur Verfügung. Rose winkt dadurch sogar das erste Playoff-Spiel seit sage und schreibe drei Jahren.
Das Team ist scheinbar zur rechten Zeit zusammengekommen, um eine insgesamt nicht wirklich harmonische Saison durch einen tiefen Playoff-Run vergessen zu machen. Die Gerüchte um einen Abgang von Tom Thibodeau, die Kritik an Rose - all das wird nicht mehr von Belang sein, sollten die Bulls eine erfolgreiche Postseason hinlegen. Der erste Prüfstein ist dabei ausgerechnet der direkte Nachbar aus Milwaukee.
Das Team von Jason Kidd hatte nach dem Trade von Brandon Knight seinerseits zwar erstmal große Schwierigkeiten, pünktlich zu den Playoffs hat sich die Truppe jedoch gefunden und fünf der letzten acht Partien gewonnen. Die Stärken sind dabei offensichtlich: Die Bucks stellen nach den Warriors die effizienteste Defense der ganzen Liga (98,2) und leben vorne von der Uneigennützigkeit - was in Ermangelung einer echten ersten Option auch nötig ist.
Kein Spieler verkörpert die jungen Bucks so wie Giannis Antetokounmpo: Der Greek Freak ist unglaublich talentiert und hat das Potenzial, das Spiel in allen Facetten zu beeinflussen - und trotzdem wirkt er im Angriff teilweise, als hätte er nicht wirklich eine Ahnung, was er da tut. Mit den Bulls tat sich der Forward während dieser Saison dabei relativ schwer und blieb mit 9,8 Punkten sowie 41,7 Prozent deutlich unter seinen Möglichkeiten.
Dass die Bucks allerdings nicht unbedingt für diese Saison gebaut sind, haben die Verantwortlichen spätestens mit dem Trade für Michael Carter-Williams längst deutlich gemacht. Die Playoffs sind ein netter Bonus für eine Saison, in die man ohne wirkliche Ambitionen startete und die angesichts der Tatsache, dass Milwaukee letztes Jahr noch die schlechteste Bilanz der Liga hatte, schon jetzt ein absoluter Erfolg ist.
Für Spieler wie MCW, den Greek Freak und viele andere werden es die ersten Playoff-Erfahrungen sein. Es wird interessant zu beobachten, wie gut die Defense dort gegen ein erfahrenes und ambitioniertes Team wie die Bulls funktionieren wird. An Einsatz wird es nicht fehlen, wie Rose am Mittwoch anerkannte: "Sie sind ein junges, talentiertes Team mit einem starken Coach, dass uns alles abverlangen wird."
Key Matchup:Derrick Rose gegen Michael Carter-Williams. D-Rose sagte am Mittwoch außerdem, dass er "immer noch einer der besten Spieler der Liga" sei. Gegen sein Selbstvertrauen ist nichts zu sagen, allerdings hat man diesen Rose eben lange nicht wirklich spielen sehen. Die ersten Spiele nach seinem Comeback gaben Hoffnung, nun tritt er gegen eine Defense an, die ihm viel Arbeit machen wird. Das trifft auch auf den langen MCW zu, der vor allem für seine Begabung als Verteidiger nach Wisconsin geholt wurde.
In Chicago träumen sie noch immer vom Titel, die Serie gegen Milwaukee wird in dieser Hinsicht ein Gradmesser sein. Wenn Rose diese Defense regelmäßig knacken kann, muss man die Bulls definitiv auf der Rechnung haben. Wird er hingegen von Carter-Williams an die Kette gelegt, ändert sich das Bild komplett.
X-Faktor:O.J. Mayo. Als einer der wenigen im Bucks-Kader bringt der Guard eine gewisse Erfahrung mit - an guten Tagen kann er immer noch heiß laufen. Beim einzigen Saisonsieg der Bucks über Chicago vor einigen Wochen etwa war es vor allem Mayo, der mit drei Dreiern und 13 Punkten überzeugte und eine insgesamt starke Bank anführte. Gemeinsam mit Jared Dudley ist er derjenige, zu dem die Jüngeren aufschauen.
Prognose: Chicago ist erfahrener, vielseitiger und insgesamt besser. Die Bucks werden sich jedoch nicht kampflos geschlagen geben, Blowouts wird es nicht geben. Den Upset aber letztendlich auch nicht. Bulls in 6.
Seite 2: Cavaliers vs. Celtics
Toronto Raptors (4) - Washington Wizards (5)
Saisonbilanz: 3-0
Ausgangsposition: Wäre diese Serie Anfang Januar ausgetragen worden, hätte sie vermutlich etwas reizvoller gewirkt. Damals hätten sich zwei Teams gegenüber gestanden, die furios in die Saison gestartet waren und wirkten, als wären sie zeitnah bereit für den Sprung zum echten Contender. Ihre besten Spieler John Wall und Kyle Lowry wurden sogar beide als Starter ins All-Star Game gewählt.
Die ersten Monate des neuen Jahres liefen aber für keins der beiden Teams so erfolgreich wie die letzten des alten. Washington legte einen völlig desolaten Februar hin, in dem die Wizards gerade einmal drei von zwölf Spielen gewinnen konnten. Seit dem 29. Januar weisen sie sogar eine negative Bilanz auf (15-16). Verletzungen spielten dabei eine Rolle, es wirkte allerdings auch so, als hätten sich die Teams mit der Zeit besser auf die - ziemlich vorhersehbare - Offense eingestellt.
Kaum ein Playoff-Team agiert in der Offense so statisch, nur Milwaukee und Boston sind offensiv schlechter (OffRtg: 101,8). Häufig ist Wall der einzige Spieler, der effektiv kreieren kann, clevere Teams sinken jedoch ab und erschweren ihm die Penetration. Mit seinem Jumper kann er sie aber nicht konstant dafür bestrafen. Immerhin war die Defense die gesamte Saison über auf Top-Niveau (DefRtg: 100,0, Rang 5).
Die werden sie gegen Toronto auch brauchen, gehören die Raptors über die Saison gesehen doch zu den offensivstärksten Teams der Liga (OffRtg: 108,1, Rang 3). Die Kanadier wiederum nennen keine allzu sattelfeste Defense ihr Eigen und sind nach der Jahreswende ähnlich eingebrochen wie die Wizards - seit Anfang Februar sind auch sie nur noch mit einer .500-Bilanz unterwegs.
Mit DeMar DeRozan fiel dabei der Topscorer länger aus, sodass sich Lowry phasenweise ein wenig überarbeiten musste. Auch nach der Rückkehr des Off-Guards läuft aber noch nicht wieder alles glatt. Mit vier Siegen aus den letzten fünf Spielen sicherte man sich immerhin den wichtigen Heimvorteil - und ganz nebenbei die beste Bilanz der Franchise-Geschichte (49-33).
Key Matchup:DeMar DeRozan gegen Bradley Beal. Die beiden jungen Shooting Guards verpassten Teile der Saison und stehen ein wenig im Schatten ihrer Point Guards. Nun bietet sich allerdings die Gelegenheit für beide, aus dem Schatten zu treten - wer kann der Serie seinen Stempel aufdrücken? Gut möglich, dass dieses Duell die Serie entscheiden wird. DeRozan scheint dabei die Nase vorn zu haben.
Sein Verständnis mit Lowry ist exzellent, er kennt die Rolle als Go-to-Guy mittlerweile. Auch in der Defense ist er in der Lage, Beal das Leben schwer zu machen. Der wiederum kann mit seinem traumhaften Jumper ganze Spiele entscheiden, wenn er heiß läuft. In den vergangenen Playoffs war er als Sophomore gegen Chicago und Indiana sogar Topscorer seines Teams, nur ist die laufende Saison für ihn dank der Verletzungen eben nicht optimal gelaufen. Vielleicht kann er das gegen Toronto ändern.
X-Faktor:Paul Piercec. The Truth ist nicht mehr der Scorer vergangener Tage, seine Erfahrung ist jedoch Gold wert - im Locker Room hat sein Wort Gewicht. Gerüchteweise auch mehr als das von Coach Randy Wittman, der in der Hauptstadt nicht gerade unumstritten ist. Wenn irgendjemand in Washington das Team wieder auf Kurs bringen kann, ist es wohl Pierce. Ein Großteil der wichtigsten Plays dürfte ebenfalls über den 37-Jährigen laufen.
Prognose: Beide Teams stolperten in die Postseason und haben sie sich gewissermaßen "verdient". Die Serie wird umkämpft sein und hin und her gehen. Am Ende gibt der Heimvorteil den Ausschlag. Raptors in 7.