Bei den Miami Heat reifte Glen Rice zu einem der besten Shooter seiner Zeit. Im Exklusiv-Interview blickt der Champion zurück und spricht über den Einfluss von Steph Curry, Konflikte mit Kobe Bryant und die Ära LeBron. Außerdem: Wie es kam, dass er zum Promoter für Mixed Martial Arts wurde.
SPOX: Herr Rice, All Star Game - Phoenix - 1995: Sind Sie in die Katakomben gegangen und wussten, dass Sie den Dreier-Wettbewerb gewinnen würden? Oder waren Sie nervös?
Glen Rice: Ich war super nervös - aber mehr wegen des Events, weniger wegen des Wettbewerbs. Mein Wurf war die beste Waffe, die ich hatte, daher war ich immer schon selbstbewusst. Dreier werfen konnte ich. Und ich würde gern sagen, dass ich wusste, dass ich siegen würde - aber das wäre gelogen. Aber ich war mir sicher, dass ich einer der Jungs sein würde, die das Ding gewinnen können. Und das zu erreichen war für mich persönlich und auch für das Team ein großartiger Erfolg.
SPOX: Kein Wort darüber, dass Sie Reggie Miller geschlagen haben?
Rice: Das habe ich extra nicht erwähnt. (lacht) Ich wollte keine alten Wunden aufzureißen und ihn nicht gegen mich aufbringen. Reggie und ich sind gute Freunde und als Shooter hatten und haben wir großen Respekt voreinander. Aber ja, er war nicht wirklich wach an diesem Abend. Das Duell beim Dreier-Wettbewerb ging an mich.
SPOX: Nach fünf Jahren in Miami führten Sie die Heat 1994 zum ersten Playoff-Sieg der Franchise-Geschichte gegen die Atlanta Hawks. Was ist Ihnen von diesem Abend in Erinnerung geblieben?
Rice: Oh, daran erinnere ich mich noch gut. Wir waren ein enorm junges Team, das erst wenige Jahre zuvor erst gegründet worden war. Schon der Einzug in die Postseason 1992 war Besonders. Wenn du in die NBA kommst, dann träumst du von deinem ersten Auftritt in den Playoffs. Und als wir uns qualifiziert haben, war die Freude natürlich riesengroß. Noch besser war es, als wir dann gegen No. 1 Seed Atlanta 1994 direkt das erste Spiel auswärts gewonnen haben. Im zweiten Spiel gab es dann eine Schlägerei, die war echt heftig. Die Hawks wollten sich nicht zweimal zu Hause besiegen lassen wollten. Ja, man erinnert sich immer an die guten und die schlechten Seiten.
SPOX: Die Fans in Miami haben Sie und das Team in der folgenden Saison ausgebuht, da ihnen die Leistung der Mannschaft nicht gefiel. Dann kam das Spiel gegen die im Osten führenden Orlando Magic und sie haben 56 Punkte erzielt. Wir hat es sich angefühlt, die Kritiker auf den Rängen mit einem neuen Franchise-Rekord zum Schweigen zu bringen?
Rice: Das war auch für uns eine neue Erfahrung, vom eigenen Publikum so behandelt zu werden. Aber ok, wir hatten es zu diesem Zeitpunkt auch verdient. Wir haben wirklich grottenschlecht gespielt. Aber es hat mich auch angestachelt, besser zu sein, aufzustehen und eine Führungsrolle zu übernehmen. Ich wusste nicht, dass es gegen die Magic sein würde, aber das Spiel hätte zu keiner besseren Zeit kommen können. Die Saison war fast zu Ende und so hatten wir noch ein wichtiges positives Erlebnis, auf dem wir aufbauen konnten.
SPOX: Sie wurden 1999 zu den Lakers getradet und alle dachten, Sie wären das fehlende Puzzleteil zum Titel für Kobe Bryant und Shaquille O'Neal. Haben Sie am Charakter des Teams gezweifelt, als L.A. in den Playoffs von den Spurs gesweept wurde?
Rice: Nein, gezweifelt habe ich nicht. Aber es war eine schreckliche Erfahrung von den Spurs gesweept zu werden. Das hat niemand kommen sehen. Es ist klasse, wenn man zu einem neuen Team kommt und es direkt funktioniert und jedes Rädchen ineinandergreift. Doch das ist selten. Bei uns hat es ein bisschen länger gedauert und am Ende hat es sich ausgezahlt. Wir haben mit Phil Jackson einen neuen Coach bekommen - übrigens einen der Besten der Geschichte - und dann lief es besser und wir wurden Meister. Den Lakers fehlten ein paar Dinge, um die Championship zu gewinnen. Und eines davon habe ich nach Los Angeles gebracht.
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SPOX: War es schwer für Sie, Jacksons Triangle Offense zu verstehen und sich dementsprechend auf dem Feld zu verhalten?
Rice: Überhaupt nicht, sogar ziemlich einfach. Als Shooter bewegt man sich ohnehin recht viel auf dem Feld, daher war es für mich leicht. Wenn du in der Triangle den Ball haben willst, musst du dich bewegen - anders geht es gar nicht. Und ich mochte den Ball. (lacht) Durch die Bewegung haben sich immer großartige Möglichkeiten ergeben, zu punkten. Und man darf nicht vergessen, dass wir mit Kobe Bryant und Shaquille O'Neal zwei der besten Scorer der NBA-Geschichte im Team hatten. Mit solchen Spielern zusammenzuspielen, war allein schon ein Segen.
SPOX: Wie schwer war es bei diesen Teamkollegen, einen Wurf zu bekommen? Mussten Sie ständig "Ball, Ball" rufen?
Rice: (lacht). Nein, nicht so häufig. Nur ab und zu. Ich hätte praktisch jedes Mal den Wurf nehmen können, wenn ich den Ball hatte. Ich war ein Shooter und irgendwie war ich auch gut darin, äußerlich wenig Gefahr auszustrahlen, sodass sich die Verteidiger ein wenig zurückgelehnt haben. Und wenn der Ball dann zu mir kam, hatte ich oft einen guten Blick. Aber ich war ein Teamplayer. Sie hatten bereits zwei Superstars und es hat mich nicht gestört, die dritte Geige zu spielen.
SPOX: Gab es eine Situation, in der Kobe Sie richtig angegangen hat, wie es manchmal von Teamkollegen berichtet wurde?
Rice: Nein, nie. Das hätte er sich nicht getraut. Dafür war ich viel zu etabliert. Ich wurde von allen respektiert, genau wie ich alle anderen Teamkollegen respektiert habe. Ich habe mich aus den kleineren Gefechten, die es gegeben hat, rausgehalten.
SPOX: Vor wenigen Wochen hat Kobe sein Karriereende verkündet, weil sein Körper nicht mehr mitspielt. Sie selbst traten 2004 wegen einer Knieverletzung zurück. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie nicht mehr in der Lage sind, weiterzuspielen?
Rice: Ich habe es schon in Houston gemerkt, wo ich von 2001 bis 2003 gespielt habe. Eine Saison musste ich fast komplett wegen eines Anrisses der Patellasehne draußen sitzen. Da war mir schon klar, dass ich nicht mehr so fit und auch nicht mehr so gut bin. 2004 ging ich zu den Clippers und dachte: 'Wenn ich es nochmal ins Allstar Game schaffe - warum nicht?' (lacht) Aber natürlich wusste ich, dass meine Karriere langsam zu Ende geht. Sie hatten ein junges Team und brauchten Veteranen wie mich weniger als Spieler, sondern mehr als Mentor. Und da habe ich irgendwann die Entscheidung getroffen, dass es das für mich und meinen Körper war. Ich wusste es und habe es akzeptiert. So ähnlich wird es auch bei Kobe gewesen sein. Ich kann ihn komplett verstehen. Er wollte es diese Saison noch einmal versuchen, aber vor allem wollte er sich selbst beweisen, dass er es noch kann. Schade, dass es auch für ihn bald vorbei ist.
SPOX: Nach dem Ende Ihrer Karriere wurden Sie 2006 Promoter für Mixed Martial Arts, inzwischen gehören Ihnen die G-Force Fights in Miami. Wie ist das denn passiert?
Rice: Das war wirklich eine lustige Entwicklung. Einige meiner Freunde waren schon länger in dem Bereich aktiv. Ich stehe auf MMA und es ist einer der stark wachsenden Märkte. Im Basketball hatten wir immer die Möglichkeit, Scouts und Teams in Camps von unseren Fähigkeiten zu überzeugen. Dadurch habe ich die Chance bekommen, in der besten Liga der Welt zu spielen. geht mir nicht darum, Gewalt zu promoten, sondern ich wollte den Kämpfern ebenfalls eine Bühne geben, um sich zu präsentieren. Ihr Ziel ist es, in die UFC zu kommen und das haben wir einigen Jungs ermöglicht.
SPOX: Als ehemaliger Shooter werden Sie Steph Curry vermutlich gern zuschauen. Der MVP ist dabei, mal wieder sämtliche Dreier-Rekorde zu brechen. Es gab viele gute Shooter wie Sie, aber was macht Curry so besonders?
Rice: Ich liebe Steph Curry. Er hat das Shooting verändert, es interpretiert es neu und man assoziiert seit Currys Explosion ein anderes Gefühl damit. Er kann aus dem Dribbling besser werfen als jeder andere vor ihm. Seine Wurfbewegung ist so schnell - das habe ich noch nicht gesehen. Ich liebe alles an ihm. Und er macht auch noch alles richtig. Er hat die Warriors zum Titel geführt, er arbeitet weiter an sich und ist immer noch hungrig auf mehr. Er ist ohne Wenn und Aber einer der besten Shooter, den die NBA je gesehen hat. Wenn er gesund bleibt, wird ihm niemand das Wasser reichen können - egal ob verwandelte Dreier oder True Shooting Percentage. Nicht einmal im Ansatz! Man merkt, dass ich ein Riesenfan von ihm bin, oder? (lacht)
SPOX: Sie leben in Miami und den Heat noch immer sehr verbunden. Was sehen Sie rückblickend, wenn Sie auf die Ära LeBron James von 2010 bis 2014 zurückschauen?
Rice: In der Zeit, in der LeBron in Miami war, sind wir viermal in die Finals eingezogen und haben zweimal gewonnen. Das sind die Fakten und das ist für sich allein genommen schon bemerkenswert. Er ist ohne Zweifel schon jetzt einer der besten Spieler aller Zeiten. Natürlich war es für mich als Heat-Fan unglücklich, dass er sich entschieden hat, nach Cleveland zurückzugehen. Aber ich kann ihn verstehen. Ich kann seinen Entschluss und auch die Gründe für seine Rückkehr nachvollziehen.
SPOX: Wer ist besser? LeBron oder Curry?
Rice: Das ist schwer. Beide sind unglaublich talentierte Spieler. Aber der bessere Shooter ist eindeutig Curry. Das lassen wir mal so stehen. (lacht)
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