"Curry der Unterhaltsamste seit MJ"

Marc-Oliver RobbersOle FrerksMartin Klotz
11. März 201611:17
Will Cherry (r.) diskutierte mit SPOX über Parsons, Curry und LeBronSPOX
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Sollte die NBA per Regeländerung auf die Dominanz von Stephen Curry reagieren? Kann D'Angelo Russell der nächste Lakers-Superstar werden? Sollte Chandler Parsons Dallas den Rücken kehren - und ist Clevelands Final-Einzug im Osten wirklich noch in Stein gemeißelt? Die SPOX-Redakteure diskutieren mit dem früheren NBA-Spieler und heutigen Alba Berlin-Point Guard Will Cherry.

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Die NBA muss wegen Curry die Regeln ändern

Martin Klotz: Welche? Sollen Tacklings etwa erlaubt werden? Denn alles andere würde gegen Mr. Ich-werfe-von-überall Steph Curry vermutlich auch nicht funktionieren. Dieser Typ ist unmenschlich und seine Quote aus 10-12 Metern beweist, dass er der kompletten Liga einen Riesenschritt voraus ist. Eine Vierpunkte-Linie würde zwar dazu führen, dass auch andere Spieler vermehrt anfangen, aus dieser Distanz zu feuern, aber sie würde Curry nur noch mehr helfen. Die Dreierlinie wieder abzuschaffen oder eine Wurfverbotszone einzurichten, wäre ebenfalls Blödsinn. Und zum Glück sind wir nicht in der Formel 1, wo individuelle Dominanz regelmäßig zu weitreichenden, idiotischen Regeländerungen führt - ohne Rücksicht auf die Fans. Ja, wegen Wilt Chamberlain wurde die Zone verbreitert und wegen Michael Jordan wurde die Handcheck-Regel geändert. Aber nein, die Liga sollte keine der aktuellen Regeln anfassen. Stattdessen sind die anderen Teams gefordert, Currys Veränderung des Spiels zu akzeptieren und zum Anlass zu nehmen, um sich weiterzuentwickeln. Ad hoc wird das schwierig sein, aber ich wette, dass in fünf Jahren jeder Rookie-Guard zumindest aus neun Metern treffen kann.

Will Cherry: Ich sehe das ähnlich wie Martin. Stephen Curry ist ein besonderer Spieler, ein Einzelfall. Was er macht, kann sonst keiner - deswegen sollte man die Dreierlinie nicht nach hinten verlegen oder ähnliches. So einen Spieler sieht man - wenn's hoch kommt - einmal pro Generation, warum sollte man irgendwas tun, um ihn einzuschränken? Ich sehe nicht, welchen Nutzen das hätte. Zumal eine Regeländerung wahrscheinlich nicht ihn, sondern andere Spieler einschränken würde. Ich meine, Kevin Durant oder Damian Lillard können auch von weit draußen abdrücken, aber niemand trifft so konstant gut von zwei, drei Metern hinter der Dreierlinie. Verlegt man die Dreierlinie weiter nach hinten, könnte das seine Dominanz sogar noch verschärfen.

Ole Frerks: Genau das ist der Punkt, Will. Als die Diskussion über eine Regeländerung Anfang der Saison erstmals aufkam, habe ich das auch bereits geschrieben: Eine Rückverlegung der Dreierlinie wäre für Curry von Vorteil, weil sie seine einzigartige Range noch mehr betonen würde. Aktuell gibt es 28 Spieler, die bei mindestens 2 versuchten Dreiern pro Spiel mindestens 40 Prozent treffen (Stand: 10. März). Verlegt man die Linie auch nur ein kleines Stückchen nach hinten, gilt das noch für Curry, vermutlich Klay Thompson... und wen noch? Trotzdem würde munter weiter von draußen geschossen werden, weil sich der Dreier so stark in der NBA etabliert hat - und bei sinkenden Quoten würde auch die Qualität der Unterhaltung für die Zuschauer sinken. Auch wenn es ein bisschen langweilig ist, wenn wir alle einer Meinung sind: Lasst die Regeln so, wie sie sind. Es mag zwar wirken, als hätte Steph einen Cheat-Code, den hat er aber nicht - er ist eben einfach eine Ausnahmeerscheinung und der unterhaltsamste Spieler seit Michael Jordan. Lasst uns das einfach honorieren und genießen. SPOX

Marc-Oliver Robbers: Auf den ersten Blick macht es wirklich keinen Sinn, Curry (und auch andere Spieler) zu bestrafen, weil sie sich so eine Range antrainiert haben und gleichzeitig darüber zu diskutieren "Hack-a-bad-Free-Throw-Shooter" abzuschaffen, um Spieler zu schützen, die nicht in der Lage sind, sich einen respektablen Freiwurf anzueignen. Ihr habt es aber schon kurz angerissen, Curry wird nur der Anfang sein. Lillard nimmt gerne auch mal einen weiten Dreier und weitere werden folgen. Das Spiel wird sich verändern und dem sollte man zu gegebener Zeit Rechnung tragen, in dem man die Linie weiter nach hinten verlegt. Ich würde zudem noch das Feld breiter machen, um die leichteren Corner Threes abzuschaffen. Das schafft Raum und wird das Spiel noch spektakulärer machen. Gleichzeitig stärkt es versierte Big Men, die mehr Platz bekommen und auch aus der Mitteldistanz treffen können. Es ist einfach der normale Lauf der Dinge, dass die Regeln irgendwann der Dynamik des Spiels angepasst werden. Natürlich sollte man nichts überstürzen und es gab auch schon genug hanebüchene Vorschläge wie die Vierpunktelinie oder Illegal Offense, aber eine Änderung wird irgendwann kommen, da bin ich mir recht sicher.

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Russell wird der nächste Lakers-Superstar

Will Cherry: Ich denke schon, dass er das Zeug dazu hat. Ebenso wie Jordan Clarkson, mit dem er in Zukunft einen richtig starken Backcourt bilden kann. Russells Wurf ist jetzt schon eine Augenweide und das Selbstvertrauen kommt mehr und mehr, die Harmonie mit Clarkson scheint auch zu stimmen, zudem hat er ein gutes Auge. Ich bin davon überzeugt, dass er ein Star werden kann, wenn die Lakers ihm die Zeit lassen, sich zu entwickeln.

Martin Klotz: Du sagst es, Will. Endlich zeigen die Lakers-Youngsters mal ein wenig von dem Potenzial, was in ihnen steckt. Nicht nur D'Angelo Russell, sondern auch Jordan Clarkson und Julius Randle haben in dieser Saison gute Fortschritte gemacht. Es scheint, als würde man trotz Byron Scott nach den Free-Agency-Enttäuschungen der letzten Jahre (zum gefühlt ersten Mal) selbst ein Team zusammenstellen und entwickeln. Die Frage ist nur: Hat man so lange Zeit? Und die Antwort ist einfach: nein. Die Lakers wollen so schnell wie möglich zurück an die Sonne und werden daher weiterhin versuchen, dicke Fische an Land zu ziehen. Früher oder später beißt einer von ihnen an und Russell wird daher erst einmal zum Sidekick - das ist aber auch gut so. Gebt dem Jungen Zeit und wenn er seine Entwicklung über die nächsten zwei, drei Jahre so fortsetzt, legen ihm die Lakers vielleicht dann die Schlüssel zur Franchise in die Hand. Aufgrund des Anspruchs in Hollywood muss diese Rolle aber erst mal jemand anderes ausfüllen. Aber wer will? Kevin Love? DeMarcus Cousins? Anthony Davis?

Will Cherry: Ich sehe darin überhaupt kein Problem. Ich denke auch, dass die Lakers aufgrund ihrer Historie früher oder später wieder auf dem Markt zuschlagen werden können. Denken wir daran: L.A. war noch nie so lange so schlecht wie aktuell, das ist in der DNA eigentlich nicht vorgesehen. Aber wo wäre das Problem? Solang Russell trotzdem Spielzeit bekommt, wäre ein etablierter Star für seine Entwicklung meiner Meinung nach eine sehr gute Sache. Solange sie ihre Zukunft, also ihre jungen Talente, nicht für eine etwas bessere Gegenwart opfern, mache ich mir um die Lakers keine Sorgen.

Ole Frerks: Ich mache mir um die Lakers eigentlich auch keine großen Sorgen - die jungen Talente gefallen mir. In Russell und mit Abstrichen noch Randle sehe ich künftige Stars, Russell hat sogar das Potenzial zum Franchise Player - in der Hinsicht haben die Lakers den Dauer-Tankern aus Philadelphia beispielsweise schon einiges voraus. Jetzt gilt es allerdings, den jungen Spielern endlich einen kompetenten Coach zur Verfügung zu stellen. Ich bin in der Regel niemand, der ständig Trainerwechsel fordert, aber Byron Scott hat mittlerweile doch oft genug unter Beweis gestellt, dass er außer Phrasen wie "Wir haben nicht hart gespielt" oder "Die Jungs müssen auftreten wie Männer" nicht allzu viel zur Entwicklung eines Teams beitragen kann. Seinen Umgang insbesondere mit Russell über die Medien halte ich für schädlich, es ist daher ein gutes Zeichen, wie sich der Rookie momentan trotzdem präsentiert. Ich denke aber auch, dass die Lakers spätestens im Sommer die Reißleine ziehen. Ein neuer Mann an die Seitenlinie (ich mag die Scott-Brooks-Idee), den einen oder anderen kompetenten Free Agent in den Kader, dann sehe ich die unmittelbare Lakers-Zukunft schon deutlich rosiger, als ich es vor der Saison gedacht hätte. Es würde natürlich auch helfen, wenn sie ihren Top-3-Pick behalten würden - aber dafür ist Scott vermutlich genau der richtige Mann! SPOX

Marc-Oliver Robbers: Mir geht das alles schon wieder ein bisschen schnell. Wie viele richtig gute Spiele hatte Russell jetzt? 3-4? In den USA war schon zu lesen, dass er der talentierteste Point Guard seit Kyrie Irving sei. Nicht, dass Damian Lillard aus neuerlichem Frust demnächst reihenweise 40-Punkte-Spiele hinlegt. Ich sehe nämlich durchaus die von Will angesprochene Gefahr, dass den Lakers die Geduld fehlt und sie schnell wieder auf einen externen Superstar setzen werden. Ich würde nicht mal ausschließen, dass Russell eventuell sogar zur Trademasse werden könnte. Die Gerüchte gibt es ja längst - auch wenn die durch die starken Spiele Russells wieder weniger geworden sind. Aber die Lakers haben einfach den Anspruch immer erfolgreich zu sein und der Abgang von Kobe wird dafür sorgen, dass die Fans noch mehr nach einem neuen Superstar lechzen werden. Wenn ich es mir so recht überlege, finde ich es wahrscheinlicher, dass Russell getradet wird, als dass er der nächste Lakers-Superstar wird.

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Parsons sollte das sinkende Mavs-Schiff verlassen

Marc-Oliver Robbers: Absolut! Der Sommer ist prädestiniert dafür, aus dem Vertrag auszusteigen. So ziemlich alle Teams werden Kevin Durant jagen und da KD nun mal nicht für alle Teams spielen kann, wird es einen Haufen enttäuschter Franchises geben, die ihren Anhängern nun einen Trostpreis präsentieren müssen. Da gibt es Harrison Barnes (Restricted Free Agent), da gibt es Nicolas Batum, Luol Deng oder Kent Bazemore und eben Chandler Parsons - wenn er denn will. Es wird sich auf jeden Fall eine bessere Möglichkeit für ihn ergeben, als er sie die nächsten Jahre in Dallas vorfinden wird. So lange Coach Carlisle und Dirk da sind, werden die Mavs immer irgendwie so wettbewerbsfähig sein, um an den Playoff-Rängen zu kratzen - aber eben auch nicht viel mehr. Ich bin mir nicht sicher, ob ihm das genügt.

Martin Klotz: Das sehe ich anders, Olli. Die Mavs sind auf dem absteigenden Ast, da gehe ich mit. Das liegt einfach an Dirks Alter und einer neuen Ära, die über kurz oder lang anbrechen wird. Aber Parsons ist genau der Spieler, der davon mit am meisten profitieren kann. Er sollte froh sein, nicht mehr in Houston zu spielen, sondern seine wichtigsten und wertvollsten Jahre in Dallas verbringen zu können. Mit Dirk und den anderen Veteranen an seiner Seite lernt er aktuell, was Teamplay bedeutet und wie Basketball auf einem Level hoher Spielintelligenz funktioniert. Diese Erfahrungen gepaart mit seiner Vielseitigkeit und einer (hoffentlich) verletzungsfreien nächsten Offseason, werden seiner Karriere einen Schub geben. Parsons wird nie ein Franchise-Player sein, aber in die Rolle als zweite Option wächst er derzeit hinein. Steigert er dazu noch seine Fähigkeiten als Recruiter (#DeAndreGate), kann er sich vielleicht selbst bald einen Big Man als kongenialen Partner angeln. Die Beziehung mit Rick Carlisle passt, auch wenn die Mavs bei Facebook derzeit für die Gesamtsituation besser "es ist kompliziert" auswählen sollten. Dennoch rufe ich dir zu, Chandler: "Wirf deine Zukunft nicht weg!"

Ole Frerks: Warum würde er denn seine Zukunft wegwerfen, wenn er die Mavs verlässt? Das sehe ich nun überhaupt nicht, Martin. Parsons hat einfach die für ihn sehr lukrative Situation, dass er in einem Sommer aus seinem Vertrag aussteigen kann, in dem jedes zweite Team massig Cap Space haben wird, es aber kaum qualifizierte Free Agents gibt. Meiner Meinung nach wäre es richtiggehend fahrlässig von ihm, den Markt nicht zu testen. Er wäre dadurch zwar völlig überbezahlt, trotzdem bin ich davon überzeugt, dass er von irgendeinem Team einen Maximalvertrag vorgelegt bekommen wird. Ob das nun die Mavs sind, weiß ich nicht - ich würde es ihnen nicht empfehlen -, aber um seine Zukunft wird sich Parsons nach diesem Sommer keine Sorgen mehr machen müssen. Zumindest finanziell. Was das Sportliche angeht: Es kommt natürlich ein bisschen drauf an, welche Teams ihn wirklich haben wollen. Es gibt mit Sicherheit schlechtere, aber auch bessere Optionen als Dallas. Vom Typ her gehört Chandler vermutlich nach L.A., New York oder Miami...

Will Cherry: Ich muss gestehen, dass ich die Mavs in dieser Saison nicht so eng verfolge wie einige andere Teams. Natürlich habe ich aber mitbekommen, dass es aktuell nicht so optimal bei ihnen läuft. Ich denke, dass wir aus der Ferne keine definitive Antwort darauf geben können, ob Parsons in Dallas bleiben sollte - er muss das eben für sich entscheiden und abwägen, welche Optionen er hat. Grundsätzlich würde ich für Dallas aber nicht schwarzsehen. Klar, Nowitzki wird älter, trotzdem kann man um ihn immer noch eine gute Offense aufbauen. Wesley Matthews tut sich in der aktuellen Saison nach seinem Achillessehnenriss noch schwer, auch er wird seinen Wurf aber wiederfinden und wird den Mavs meiner Meinung nach noch viel Freude bereiten. Er ist einer der härtesten Arbeiter der Liga! Ein "sinkendes Schiff" ist Dallas deswegen für mich nicht, aber Parsons wird für sich selbst entscheiden müssen, wo er für sich die beste Situation sieht.

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Lillard gehört in die MVP-Diskussion

Martin Klotz: Waaas? Der Kerl war nicht mal All-Star! Schon klar, darüber ließe sich ebenfalls vortrefflich streiten. Lillard spielt seit der Pause wirklich stark und trägt ein Team aus bestenfalls mittelmäßigen Spielern vielleicht sogar in die Playoffs. Das muss definitiv honoriert werden und in eines der All-NBA-Teams wird er es schaffen. Dennoch gibt es mehrere Dinge, die ihn aus der MVP-Diskussion raushalten. Erstens ist genau das mittelmäßige Team der Grund, weshalb Lillard so viel scort. Er nimmt mehr als 20 Würfe pro Spiel und ist dabei mit 43 Prozent Trefferquote nicht besonders effizient. Zudem ist der Award eine Auszeichnung für die gesamte Saison. Das aktuelle Niveau müsste er daher zumindest noch über die nächsten fünf Wochen halten. In den sieben Spielen ohne Lillard stehen die Blazers außerdem 4-3. Nicht gerade ein Zeichen großer Abhängigkeit. Und last but not least, das K.o.-Kriterium: Niemand außer Curry gehört in die MVP-Diskussion. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass es in diesem Jahr einfach keine MVP-Diskussion gibt. Also kann Lillard nach den Gesetzen unseres Universums auch kein Teil davon sein. Quod erat demonstrandum.

Marc-Oliver Robbers: Ach komm, Martin. Dass Lillard nicht beim All-Star Game mitspielen durfte, darf man durchaus einen Skandal nennen. Ich finde es unglaublich, dass er immer noch bei einigen unter dem Radar läuft. Es ist ja nicht so, dass er vor dem Break Mist gespielt hat. Auch da war er unglaublich dominant und der Fixpunkt im Team. Ich weiß noch, wie es damals nach dem Draft 2012 hieß, dass er kaum Upside hat. Auch das hat er mittlerweile eindrucksvoll widerlegt, indem er sich Jahr für Jahr gesteigert. Lillard wirkte schon immer recht reif und da nun alle Veteranen um ihn herum weg sind, kommt dies noch mehr zum Tragen. Was sagst du eigentlich dazu, Will? Du kennst ihn schon ewig, ihr kommt beide aus Oakland.

Will Cherry: Genau und ich bin der Meinung, dass Damian in jeder normalen Saison in die MVP-Diskussion gehört. Vor der Saison dachte doch jeder, die Blazers würden zum Bodensatz der Liga gehören, nachdem mit Matthews, Batum, Robin Lopez und natürlich LaMarcus Aldridge vier Fünftel der Starting Five das Team verließen. Nur er ist geblieben und jetzt der alleinige Leader eines sehr jungen Teams, in dem abgesehen von ihm fast niemand wirklich Erfahrungen auf hohem Niveau gesammelt hat. Und dann spielt er so eine Saison... Man sieht es vor allem seit dem All-Star Break, wie es ihn geärgert hat, nicht ins Spiel gewählt zu werden. Seitdem zerstört er Tag für Tag die Spieler, die ihm vorgezogen wurden - und sein Team gewinnt! Die Blazers sind jetzt auf Platz sechs im Westen und wären meiner Meinung nach auch in einer Serie gegen die Top-Teams kein Kanonenfutter, weil sie das Selbstbewusstsein ihres Leaders dermaßen verinnerlicht haben. Das ist für mich per Definition ein MVP-Kandidat! Aber Martin hat schon Recht: In dieser Saison fällt die MVP-Wahl vermutlich einstimmig auf Steph Curry, weil der Mann derzeit in seiner eigenen Liga spielt. Dame gehört jedoch ins Cluster dahinter.

Marc-Oliver Robbers: Das ist wohl so. Es gibt in dieser Saison keine MVP-Diskussion. Es steht einfach schon fest. Und das Schöne ist, dass es nicht mal langweilig ist. Aber Lillard entwickelt sich in meinen Augen immer mehr zu einer Light-Version von Curry. In Sachen Clutchness nehmen sich beide nicht viel und verrückte Dreier hat Dame auch im Repertoire.

Ole Frerks: Ja, die MVP-Diskussion war schon nach den ersten zwei Saisonmonaten de facto vorbei, mittlerweile scheint es fast schon absurd, über andere Namen als Steph Curry zu sprechen. Das finde ich allerdings schade! Denn wenn man Steph ausklammert, spielt sich dahinter eigentlich ein richtig gutes Rennen ab. Führen wir also doch spaßeshalber einen Award namens "Most Valuable Player not named Stephen Curry" ein. Dort würden für mich aktuell Kawhi, LeBron, Durant, Westbrook und Chris Paul dazugehören. Und eben auch Lillard. Ich hatte vor der Saison zwar bereits gedacht, dass er einer der besten Scorer sein würde, aber nie im Leben hätte ich diese Erfolgsbilanz in Portland erwartet. Wenn man liest, wie C.J. McCollum und Co. über ihn sprechen, sieht man auch, warum so viele der jungen, unerfahrenen Spieler im Roster in ihren neuen Rollen so aufblühen. Er ist ein richtig starker Leader geworden. Dame spielt die Art von Saison, die ich eigentlich von Anthony Davis erwartet hätte - Hut ab dafür!

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Clevelands Finaleinzug ist nicht mehr in Stein gemeißelt

Ole Frerks: Ich bin ganz ehrlich: Ich würde dieser These gerne zustimmen. Und es gibt ja auch Argumente: Die Cavs wirken derzeit eher wie eine dysfunktionale Familie und LeBrons Philosophie-Ausflüge bei Twitter oder Instagram sind für mich nur noch verwirrend. Es scheint, als wäre er wirklich genervt von seinem Team, speziell von seinen Co-Stars, und schlägt daher öffentlich Alarm. Und dabei geht er selbst oft nicht einmal mit dem besten Beispiel voran, setzt defensive Ballbesitze aus oder verlässt aus Protest einfach mal komplett das Geschehen. Ein merkwürdiger Führungsstil und ich glaube auch nicht, dass das bei seinen Kollegen wirklich gut ankommt. Gleichzeitig machen Teams wie Toronto, Miami und Boston weiter Fortschritte. Und trotzdem: Sobald die Playoffs losgehen, werden LeBron und die Cavs meiner Meinung nach wieder den Schalter umlegen können. Und dann fehlt es einfach an Konkurrenz: Die Raptors sind aktuell stark, haben in den Playoffs aber noch nie etwas gerissen. Die Celtics spielen toll zusammen, sind vom Talent her aber kein Match für Cleveland (siehe letztes Jahr). Die Heat sind offensiv zu harmlos. Die Hawks? Not gonna be able to do it! Letzten Endes wird es laufen wie immer in den letzten Jahren: Nur ein Team im Osten hat LeBron James in seinen Reihen, und das wird auch in die Finals einziehen. Es sei denn, der King hat keinen Bock auf die dann folgende 2-5-Bilanz in den NBA Finals...

Will Cherry: Das sehe ich ähnlich. Der Pfad in die Finals ist vielleicht etwas steiniger als in der letzten Saison, die Teams im Osten etwas näher zusammen gerückt. Gerade die Heat schaue ich mir aktuell richtig gerne an, weil Dwyane Wade scheinbar wieder mal in den Jungbrunnen gefallen ist, auch die Raptors mag ich aufgrund ihres Backcourts gerne - für mich sind Lowry und DeRozan das beste Guard-Duo nach Curry und Thompson. Aber du hast es richtig gesagt, Ole: Niemand von ihnen hat LeBron. Der Typ ist schon so lange der beste Spieler der Welt und weiß einfach, wie er sein Team steuern kann - ich weiß daher nicht, wie eins der anderen Teams Cleveland viermal in einer Serie schlagen sollte. An dieser Ausgangslage hat sich meiner Meinung nach einfach nicht genug geändert. Können Toronto, Miami oder Boston eine Serie spannend machen? Das denke ich schon. Aber ich würde weiterhin nicht gegen die Cavs wetten.

Marc-Oliver Robbers: Ach, warum nicht? Ole hat es bereits gesagt, da scheint es im Team gerade überhaupt nicht zu stimmen. Der Trainerwechsel ist im Grunde ohne äußerliche Wirkung verpufft und dann kann sich sowas schnell mal verselbstständigen. Den Saisonvergleich haben die Cavs bereits gegen Toronto verloren. Das Argument, dass die Raptors in den Playoffs noch nie was gerissen haben, zählt für mich nicht. Das konnte man bis zum vergangenen Jahr auch über die jüngere Vergangenheit der Hawks berichten. Toronto ist stark genug, dem fragilen Gebilde der Cavs Schaden hinzuzufügen. Und ich bin mir wirklich nicht sicher, ob LeBron noch mal so in den Außerirdischen-Modus schalten kann und will wie in den vergangenen Playoffs. Eins ist auf jeden Fall klar, wenn es in diesem Jahr wieder nichts wird, werden die nächsten Köpfe in Ohio rollen. Mehr All-In als die Cavs kann man nicht sein. Aber im Moment sieht es eher so aus, als hätten sie sich verpokert. Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sich die Wahrnehmung verändert hat.

Martin Klotz: Was vor wenigen Wochen noch für unmöglich gehalten wurde, ist nun wirklich Realität. Die Cavs haben im Osten ernsthafte Konkurrenz. Das liegt gleichermaßen an der Stärke von Toronto und Co. sowie an Clevelands Schwächephase. Nach dem Coaching-Wechsel von David Blatt zu Tyronn Lue hatte ich das Gefühl, es würde jetzt ruhiger und konzentrierter gearbeitet in Ohio. Doch die jüngsten vier Pleiten in den letzten neun Spielen zeigen, dass die Cavs keineswegs unverwundbar sind. Gerade für die Raptors war der Sieg psychologisch fast wichtiger als der schmelzende Rückstand in der Tabelle. Der Glanz bröckelt, die Cavs sind schlagbar - und auch in einer Playoff-Serie gegen Boston oder Miami würde ich zumindest nicht mehr ohne zu zögern auf LeBron setzen. Eine Übergangs- und Findungsphase ist mit neuem Coach normal, nur sollte Cleveland solch bittere Fehler wie die unnötige Pleite gegen die Grizzlies-Rumpftruppe dringend einstellen. Ansonsten glauben bald noch die Hawks, Hornets, Pacers und Pistons, dass sie Cleveland in der Postseason schlagen können. Und diese "Inception" müssen die Cavs um jeden Preis verhindern. Denn wenn ein Gedanke erst mal gesät ist...

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