In den Western Conference Finals geht es grundsätzlich hart zur Sache - da bildet auch die Serie zwischen den Warriors und OKC keine Ausnahme. Auch auf einen doppelten MVP wird da keine Rücksicht genommen. Bis zur Mitte des dritten Viertels wurde Steph Curry mehrere Male zu Boden gestreckt, worunter sein Wurfrhythmus zu leiden schien. Zur Halbzeit hatte er erst 7 Abschlüsse auf dem Konto, im zweiten Viertel bleib er komplett ohne Punkt. Dann kam das dritte Viertel.
Es standen noch 7:09 Minuten auf der Uhr, als Curry einen freien Dreier zum 67:57 traf - soweit nichts Ungewöhnliches. Doch da der Chefkoch auch über einen Mikrowellen-Modus verfügt und nur einen Knopfdruck braucht, um heiß zu laufen, war das der Startschuss eines beeindruckenden Runs. Nach seinem Dreier versenkte er zunächst 4 Freiwürfe am Stück, als gebe es nichts Leichteres. Es folgte ein weiterer Dreier, ein Pullup-Jumper, bei dem seine Fußspitze unglücklicherweise auf der Linie stand - und abschließend noch ein lässiger Triple.
So hatte Curry in gerade einmal 2:02 Minuten die kompletten OKC-Hoffnungen auf einen weiteren Auswärts-Coup zerstört - mit einem 15:2-Run, alleine gegen ganz Oklahoma. "Was soll ich da noch sagen", kratzte sich Head Coach Steve Kerr nach dem Spiel am Kopf, "der MVP macht Dinge, die ein MVP so macht."
Curry und der Tennisball
Dabei mussten die erneut lautstarken Fans in der Oracle Arena noch im zweiten Viertel um ihren Liebling bangen. Curry jagte einem Loose Ball hinterher, machte auch vor der ersten Zuschauerreihe nicht halt, sprang kurzerhand über diese rüber - und landete unsanft zwischen zwei Stuhlreihen. Und da einige Fans es für eine gute Idee hielten, ein paar Selfies zu machen, anstatt ihm aufzuhelfen, zog sich das Bangen in die Länge, ehe der Warrrior wohlbehalten wieder aufstand.
So ganz ohne Blessuren ist er aber nicht davon gekommen: "Mein Ellenbogen sieht so aus, als würde ein Tennisball dran kleben. Aber das ist oberflächig, nichts Wildes", kommentierte der Scharfschütze, der sich in den diesjährigen Playoffs nun schon sein drittes Körperteil verletzt hat.
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Diese Rettungsaktion blieb zwar ohne Wirkung (er hatte den Ball nicht rechtzeitig erwischt), war aber bezeichnend für den Auftritt des Titelverteidigers in Game 2: Vorbei war die Fahrlässigkeit beim Rebound, die lässigen Behind-the-Back-Pässe zum Gegner, die wilden Dreier ohne Aussicht auf Erfolg - so reagiert man auf eine Niederlage.
Pick'n'Roll? Nein, danke!
Ein Blick auf den Saisonverlauf verrät, dass der wichtige Sieg durchaus zu erwarten war. Die Dubs haben in der laufenden Spielzeit noch nie zweimal in Folge verloren - ein Indiz dafür, wie gewissenhaft sie nach verlorenen Matches die Fehler analysieren und beheben.
In Game 1 hatten sie noch erhebliche Probleme mit der starken Pick'n'Roll-Defense der Thunder. Auch Curry verfing sich mit mehreren Pässen in den langen Armen der Double Teams. Anstatt nun nach komplizierten Lösungsansätzen zu suchen, entschied sich Steve Kerr dafür, nahezu komplett darauf zu verzichten - Problem gelöst. Anstelle des Blockens und Abrollens setzten die Dubs auf schnelles Ball Movement, ließen den Ball von links nach rechts laufen, stellten Screens für die Schützen abseits des Balles und kamen so zu freien Würfen. Am Ende betrug die Ausbeute 50 Prozent aus dem Feld sowie 46 Prozent von Downtown.
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"Es ist schwer gegen sie, in einen Rhythmus zu finden, wenn wir den Ball nicht laufen lassen. Das haben wir heute besser gemacht als im letzten Spiel", so Matchwinner Curry. Gleiches funktionierte auf der anderen Seite weniger gut, wo besonders Kevin Durant die Fehler unterliefen, die Curry noch in Spiel 1 gemacht hatte.
Denn als die Dubs merkten, dass sie der Durantula im Eins-gegen-Eins nicht beikommen würden, ließen sie teilweise Triple-Teams auf den MVP von 2014 los, der sich mit seinen unpräzisen Pässen in den zahlreichen Armen verfing (8 Turnovers). "Sie haben teilweise mit drei Leuten getrappt und ich habe den Ball in ihre Hände gepasst. Das darf mir nicht passieren. Vielleicht ist es besser, einfach über alle drei hinwegzuwerfen. Ich muss schlauer spielen", zeigte sich KD selbstkritisch.
"Höhe der Niederlage spielt keine Rolle"
Am Ende hatte OKC zwar nur 3 Turnovers mehr auf dem Konto als die Hausherren (15 gegenüber 12). Dass der Vorsprung trotzdem so hoch war, lag auch an der etwas überraschenden Dominanz der Warriors beim Rebound. Sie gewannen das Duell an den Brettern mit 45:36, bei den offensiven Abprallern lagen sie sogar mit 15:7 vorne - obwohl die Thunder erneut phasenweise mit Enes Kanter und Steven Adams auf dem Feld sehr groß spielen ließen.
"Wir können uns es nicht leisten, beim Rebound zuzuschauen und zu hoffen, dass der Ball zu uns kommt. Wir müssen alles in die Zone werfen und hinter jedem Ball hinterher gehen, dann können wir die Größennachteile ausgleichen", erklärte Draymond Green das Erfolgsrezept. Allerdings profitierte sein Team davon, dass es ungewöhnliche viele lange Rebounds fast bis zur Dreierlinie gab - und dort spielt die Länge beim Kampf um den Ball eher eine sekundäre Rolle.
Doch bei all der neu entfachten Euphorie beim Champion sollte nicht vergessen werden, dass der Heimvorteil trotzdem bei OKC liegt - und dass Thunder-Coach Billy Donovan in der Lage ist, auch auf das Pick'n'Roll-lose Spiel der Warriors eine defensive Antwort zu finden. Denn schon die Serie gegen die Spurs hat gezeigt, dass seine Gameplans durchaus unterschützt werden.
"Die Serie steht jetzt 1-1. Ganz einfach. Die Höhe der Niederlage spielt keine Rolle. Beide Teams haben jetzt genug Zeit, um sich auf Spiel 3 vorzubereiten. Deshalb wird es ganz anders bei uns in Oklahoma City", so Donovan. Damit wieder alles besser wird, sollten er und seine Jungs dafür sorgen, dass Game 3 länger dauert als nur 2 Minuten.