Die ersten großen Trades des Sommers sind bereits durch! Dennis Schröder hat in Atlanta allem Anschein nach seinen Willen bekommen und wird daran jetzt gemessen, während der gleiche Trade die Jazz zu einem Geheimfavoriten machen könnte. Die Bulls ziehen derweil die Reißleine - und die Knicks bauen auf einen "gemieteten" Derrick Rose. SPOX analysiert die Trades aus Sicht aller fünf Teams.
nbaTrade 1: Derrick Rose, Justin Holiday und ein 2nd-Rounder (2017) zu den Knicks, Jose Calderon, Jerian Grant und Robin Lopez zu den Bulls
Was bedeutet der Trade für die Bulls?
Kurz gesagt: Einen Neuanfang. Es mag vor allem die Bulls-Fans schmerzen, schließlich war Derrick Rose der Hometown Hero schlechthin und zumindest am Anfang seiner Karriere der beliebteste Bulle seit Michael Jeffrey Jordan. Die Wahrheit ist aber, dass seit seiner MVP-Wahl 2011 schon einige Zeit ins Land gegangen ist - und dass die einstige Liebesbeziehung mit den Jahren immer komplizierter wurde.
Rose' Verletzungshistorie ist bestens bekannt, aber auch sein (öffentlicher) Umgang damit kam wohl nicht unbedingt gut an bei den Bulls, zumal Rose seit seinem MVP-Jahr in fünf Saisons nur 166 Spiele bestritten, dafür aber rund 80 Millionen Dollar verdient hat. Gerüchte über eine eher schlechte Beziehung zu seinem "Co-Star" Jimmy Butler, der ihn in den letzten beiden Jahren deutlich überflügelt hat, hielten sich zudem schon länger.
Für die Bulls endet eine Ära, da auch Joakim Noah durch die Ankunft von Robin Lopez mit Sicherheit gehen wird - Pau Gasol vermutlich auch. Vom Kern der beißenden Tom-Thibodeau-Teams wären dann nur noch Butler und Taj Gibson da. General Manager Gar Forman hat damit nun die Chance und auch die Pflicht, ein Team nach den Vorstellungen von Coach Fred Hoiberg zusammenzustellen.
Das dürfte eine Weile dauern, dennoch war dieser Trade aus Sicht Chicagos richtig. Rose' Verletzungen und sein (wenn fit) sehr wechselhaftes Spiel hingen in den letzten Jahren wie ein Damokles-Schwert über dem Team. Nie wirkten die Bulls harmonisch, immer wieder scheiterten sie an (teilweise sehr unrealistischen) Erwartungen. Das Limit des aktuellen Kerns schien längst erreicht.
Diese Erwartungen sind nun erstmal Geschichte. Lopez ist ein solider Center zu moderaten Bezügen, Jerian Grant ein Spieler mit Potenzial - und ob sie Jose Calderon als Backup überhaupt behalten, steht noch in den Sternen. Das ist nicht viel Gegenwert für einen früheren MVP, aber dieser Trade ermöglicht es den Bulls, in Ruhe neu anzufangen.
nbaWas bedeutet der Trade für die Knicks?
Angesichts der Verletzungen von Rose in den letzten Jahren reagierte das Internet am Mittwoch in erster Linie mit Spott auf den Deal - schließlich sprechen wir hier von den Knicks, und da werden bei Trades dieser Art automatisch Erinnerungen an Stephon Marbury, Steve Francis, Antonio McDyess und Konsorten wach. Tatsächlich aber birgt der Deal für New York momentan keinerlei Risiko.
Rose stehen nächste Saison zwar über 21 Millionen Dollar zu, danach läuft der Vertrag aber aus - und ist angesichts des steigenden Salary Caps ohnehin nicht so tragisch. Die Knicks brauchten dringend einen Point Guard und der Markt für Aufbauspieler ist aktuell richtig dünn. Hatte irgendjemand ernsthaft erwartet, die Knicks könnten beispielsweise einen Mike Conley verpflichten?
Rose ist bei weitem kein MVP mehr, kann an guten Tagen aber trotzdem noch ein wertvoller Spieler sein, zumal der Druck seiner Heimatstadt nun von ihm abfällt. Die Knicks können ihn dank diesem Trade ein Jahr "mieten" und sehen, wie er mit Carmelo Anthony und Kristaps Porzingis harmoniert. Das System vom neuen Coach Jeff Hornacek sollte seine Geschwindigkeit zumindest recht gut einsetzen können.
Fraglich ist aber, wie die Knicks von hier aus weitermachen. Sollte man Derrick Williams und Langston Galloway nicht halten, hätte New York diesen Sommer rund 30 Millionen Dollar zur Verfügung, um die (diversen) Lücken im Kader aufzufüllen. Allerdings stünden dann derzeit auch bloß sechs Spieler unter Vertrag.
Ersten Gerüchten zufolge haben die Knicks ihre Augen bereits auf Dwight Howard und Joakim Noah geworfen. Noah wäre billiger, mit D12, Melo und Rose hätte man zumindest beste Chancen, der NBA-Champion von 2010 zu werden. Der Rose-Deal war in einem Vakuum sinnvoll für New York, kann letzten Endes aber erst im Kontext der weiteren Entscheidungen richtig bewertet werden.
nbaTrade 2: Jeff Teague zu den Pacers, George Hill zu den Jazz, der No.12-Pick zu den Hawks (noch nicht bestätigt)
Was bedeutet der Trade für die Hawks?
Die Bestätigung dieses Trades steht zwar noch aus, das liegt laut Gerüchte-Papst Adrian Wojnarowski (The Vertical) allerdings nur an den Auswirkungen auf den Salary Cap - offiziell wird der Deal demnach erst Anfang Juli. Was Wojnarowski schreibt, kann man in diesem Fall aber bekanntlich für bare Münze nehmen.
Die Hawks haben die Schlüsse aus einer Postseason gezogen, in der Dennis Schröder seinen langjährigen "Vorgesetzten" in puncto Effizienz und auch Team-Impact deutlich überflügelt hat. Schon lange war klar, dass Atlanta nur einen der beiden Point Guards behalten würde, und nun ist die Entscheidung eben gefallen.
Jeff Teague ist älter und teurer als Schröder, zudem deuteten seine Aussagen zuletzt immer stärker an, dass er in Atlanta unzufrieden war. Insofern ist es nur logisch, dass Schröder endlich die ersehnte Chance bekommt, den Vollzeit-Starter zu geben - wenngleich sich die Hawks hier noch mit einem erfahreneren Backup-Aufbau absichern sollten (und werden).
Schröder profitiert von seinen starken Playoffs und dem Vertrauen der Hawks - Woj zufolge will das Team auch bereits in diesem Sommer eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit dem 22-Jährigen aushandeln. Mike Budenholzer und Co. haben im Sommer allerdings noch einige weitere Aufgaben auf dem Zettel.
Berichten zufolge soll der Kern wohl trotz Teagues Abschied nicht aufgebrochen werden. Die werdenden Free Agents Kent Bazemore und Al Horford sollen gehalten werden, auch deshalb wurde durch Teague Cap-Space "freigeschaufelt". Des Weiteren sollen die beiden Picks (Nummer 12 und 21) wohl noch für Veteranen abgegeben werden, gerade auf dem Flügel hat Atlanta noch Bedarf.
Die Marschroute ist demnach klar, wenn die Hawks Horford und Bazemore tatsächlich halten können: Es gibt keinen Rebuild. Vielmehr hofft man, dass man doch nicht so weit von den Cavaliers entfernt ist, wie es die letzten beiden Playoffs angedeutet haben.
Schröder kommt dabei eine große Rolle zu, da er in diesem Szenario der einzige Hawks-Leistungsträger mit mächtig Luft nach oben wäre - und das ist gleichermaßen eine riesige Chance und eine riesige Herausforderung. Aber genau so wollte er es ja auch haben.
nbaWas bedeutet der Trade für die Pacers?
Die Pacers haben für einen durchweg soliden Point Guard (George Hill) einen etwas jüngeren Point Guard (Teague) bekommen, der ebenfalls durchweg solide, teilweise aber auch noch darüber hinaus liefern kann. Teague ist zwar der deutlich schwächere Verteidiger, passt aber vermutlich besser zur neuen Marschroute von Pacers-Boss Larry Bird.
Die Defense war in Indiana ja nie das Problem, offensiv jedoch reihte sich teilweise eine erbärmliche Vorstellung an die nächste. Teague ist als Playmaker deutlich kampferprobter als Hill und wird dafür sorgen, dass Paul George nicht mehr ganz so extrem auf sich allein gestellt ist.
Gleichzeitig bedeutet der Trade wohl auch das Ende der Zeit von Monta Ellis in Indiana, zumindest als Starter - denn defensiv sind diese beiden Guards nebeneinander wohl eher nicht tragbar.
Überhaupt hat Bird auch nach diesem Trade noch einiges zu tun. Teague stammt aus Indianapolis, dennoch wird man den ehemaligen All-Star noch davon überzeugen müssen, dass er längerfristig bei den Pacers bleibt - sein Vertrag läuft nach der kommenden Saison aus und er wird dann sicher mehr verdienen wollen als die sehr moderaten 8 Millionen im nächsten Jahr.
Im Idealfall klärt man dieses Thema schon vor dem Start der nächsten Saison. Sollte Bird das hinkriegen, hat er einen ersten richtig guten Deal eingetütet. Der Nukleus aus George, Teague und Myles Turner ist einer, auf dem man eine starke Offense aufbauen kann.
nbaWas bedeutet der Trade für die Jazz?
Utah hat endlich eine gewisse Sicherheit auf der Eins - also auf der einzigen Position, die in den letzten Jahren eine echte Schwachstelle darstellte. Die Zukunft gehört dem Vernehmen nach immer noch Dante Exum. Sollte der Australier nach seiner schweren Verletzung aber mehr Zeit brauchen als erwartet (oder sich einfach nicht als echter Point Guard entpuppen), hat Utah in Hill nun einen Veteranen zur Hand, der bestens ins Team passt.
Hill ist ein guter Shooter und ein noch besserer Verteidiger. Ballhandler Nummer eins wird in Utah weiterhin Gordon Hayward bleiben, aber Hill kennt sich mit der Rolle abseits des Balles ja bereits bestens aus und kann trotzdem gelegentlich als erster Playmaker einspringen, wenn Hayward unpässlich ist.
Ohne echte Schwachstelle im Kader hat Utah nun aber auch den Druck, endlich eine wirklich erfolgreiche Saison abzuliefern. Mit Hill, Rodney Hood, Hayward, Derrick Favors und Rudy Gobert ist die nominelle Starting Five schon eine echte Wucht und sollte auch im Westen auf jeden Fall für die Playoffs reichen, alles andere wäre eine große Enttäuschung.
In Salt Lake City hat man nach langen Jahren keine Lust mehr auf Rebuild und insofern war dieser Trade für die Jazz absolut sinnvoll, zumal sie mit dem No.12-Pick wohl kaum einen Point Guard bekommen hätten, der unmittelbar so helfen könnte wie Hill.
Setzt man die rund 25 Millionen Dollar Cap-Space, die den Jazz trotzdem noch zur Verfügung stehen, gut für passende Ergänzungen rund um diesen Nukleus ein, wären die Jazz in den kommenden Jahren richtiggehend gefährlich. Der Heimvorteil im Westen wirkt nicht mehr wie eine komplette Spinnerei.