Die Golden State Warriors haben in Spiel 4 einen riesigen Schritt Richtung Titelverteidigung gemacht. Stephen Curry zeigte dabei genau die richtige Reaktion auf die Kritik und Häme der letzten Tage - die Brillanz des MVPs und der Dreierregen waren aber bei weitem nicht die einzigen Gründe für den Erfolg.
nbaDie vergangenen Tage waren wahrlich keine leichten für Stephen Curry. Zwar führten seine Warriors in den Finals nach Spiel 3 immer noch mit 2-1, nach drei höchstens mäßigen Leistungen des zweifachen MVPs meldeten sich jedoch wie schon so oft die Zweifler. Wobei das bei 48 Punkten über drei Spiele auch durchaus gerechtfertigt war.
Weniger gerechtfertigt war es, wie sich das Internet am Donnerstag nach dem Launch seines neuen Signature Shoes über Curry lustig machte, aber auch das wird Steph vermutlich erreicht haben. Draymond Green verriet nach Currys Ausbruch in Spiel 4, dass dessen Leistung durchaus durch den "Rufmord" der letzten Tage angestachelt worden war: "Die letzten Tage waren die Hölle für ihn."
Ob es an den Schuhen lag oder nicht - Curry zeigte mit 38 Punkten in Spiel 4 genau die Reaktion, die man sich von einem Spieler seines Stellenwerts in dieser Phase erhofft hatte. Ihm gelang keineswegs alles, was die für seine Verhältnisse mäßige Quote (11/25 FG), vor allem aber ein Block von Kyrie Irving gegen ihn verdeutlichten - aber er biss sich in die Partie, bis sich erst der Wurf und später dann auch das überbordende Selbstbewusstsein zurückmeldeten.
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Iggy und Green als Defensiv-MVPs
Curry zeigte Herz und dominierte das Spiel letztendlich auf seine Art. "Steph ist unser MVP, er treibt uns an. Ich bin stolz auf ihn", sagte Klay Thompson, der mit 25 Punkten ebenfalls eine Art Renaissance erlebte. 11 der 17 Dreier, die Golden State in dieser Partie traf, kamen von den Splash Brothers.
Vom Perimeter machten die Dubs insgesamt 33 Punkte mehr als die Cavaliers, was letztendlich überall als der Hauptunterschied herausgestellt werden wird. In Wirklichkeit war dies jedoch nur einer von mehreren Faktoren, die den Unterschied zwischen den beiden Finals-Kontrahenten in dieser Partie ausmachten.
Ebenso waren Klay und Steph nur zwei (wichtige) Rädchen in der Dubs-Maschine. Was die beiden offensiv veranstalteten, lieferten in ähnlich beeindruckender Manier Green und Andre Iguodala am anderen Ende des Courts. Gerade Iggy war wieder im totalen Finals-MVP-Modus und entnervte LeBron James, der sich 7 Turnover leistete.
Das gelang ihm allerdings auch nur deshalb, weil ihm die überragenden Help-Defender wie Green oder auch Andrew Bogut den Rücken freihielten: "Wenn jemand wie LeBron heiß läuft, kann ihn niemand alleine stoppen. Man braucht dafür immer ein Kollektiv", erklärte Iggy.
Cameos von Varejao und McAdoo
Curry, Klay, Green und Iggy - das sind die vier größten Namen in Golden State, von denen verständlicherweise auch am meisten erwartet wird. Es spricht jedoch für die Warriors, dass in dieser Partie sogar spärlich eingesetzte Spieler wie Anderson Varejao oder vor allem James Michael McAdoo ihre Momente hatten. Ebenso wie Harrison Barnes, Bogut oder der ewig coole Shaun Livingston.
Steve Kerr wurde zuletzt immer mal dafür kritisiert, dass er zu viele Spieler einsetzt und zu sehr auf seinen Lineups beharrt. Als Bogut auch in Halbzeit zwei starten durfte, ging bereits ein mehr oder weniger lauter Aufschrei durch die sozialen Medien, ebenso wie bei jeder Sekunde Einsatzzeit von Varejao. Aber am Ende sollte der Coach für seine Entscheidungen belohnt werden.
Im Gegensatz zu den Cavs, bei denen LeBron, Kyrie und J.R. Smith allesamt über 43 Minuten abreißen mussten, wirkten die Warriors im letzten Viertel deutlich frischer. Und während die Cavs am Ende wieder den uninspirierten Iso-Ball der ersten beiden Spiele zelebrierten und damit keinen Stich mehr sahen, spielte Golden State variabler, abgeklärter und mit mehr Energie, gerade beim Kampf um die Rebounds.
Die Geschichte ist pro Warriors
Mit intelligenter Defense gegen den Dreier und das Pick'n'Roll nahmen sie den Cavs die Waffen, die ihnen in Spiel 3 so wehgetan hatten, und weder LeBron, noch Kyrie oder Tyronn Lue schien darauf eine produktive Antwort einzufallen. All das brachte Curry erst in die Position, das Spiel letztlich nach Hause zu bringen und den Repeat immer wahrscheinlicher zu machen.
Noch nie hat ein Team in den Finals nach 3-1-Führung noch verloren und die Dubs scheinen nicht gewillt, daran irgendetwas zu ändern. Nachdem Kerr seine Truppe nach Spiel 3 als "weich" bezeichnet hatte, spielten die Warriors diesmal unheimlich physisch und zeitweise an der Grenze zum Illegalen (Hallo, Draymond). Da sie damit zum großen Ärger der Cavs durchkamen, wird sich an dieser Linie in Spiel 5 wohl kaum etwas ändern.
Keine Zeit zum Relaxen
"Nur weil wir jetzt nach Hause fahren, bedeutet das nicht, dass wir uns zurücklehnen können", sagte Curry. "Wir müssen in Spiel 5 mit der gleichen Aggressivität auftreten wie heute."
Mit der gleichen Aggressivität, in Currys Fall allerdings auch mit neuen Schuhen. Natürlich wurde der MVP nach Spiel 4 auf die Häme angesprochen, die in den letzten Tagen auf den "Curry 2" eingeprasselt war, und sagte: "Wenn ich ein Paar in der Reisetasche gehabt hätte, hätte ich die Schuhe heute schon angezogen. Um Leuten zu zeigen, wie heiß sie sind."
Viele der Anwesenden bei der Pressekonferenz lachten, Curry war aber nicht zum Scherzen aufgelegt. Er wirkte eher wie jemand, der noch einen Job zu erledigen hat und ein letztes Mal beweisen will, dass er und sein Team wirklich, und das völlig ohne irgendwelche Zusätze, außergewöhnlich gut sind. Zumindest fürs Erste.
88 Siege haben die Warriors in dieser Saison bereits geholt, mehr als jedes Team vor ihnen. Einer fehlt noch.