Stephen Curry ist eigentlich ein fröhlicher Mensch. Einer, der mit seiner lockeren Art positive Stimmung verbreitet und diese auch auf den Court überträgt. In den laufenden Finals war davon bisher aber nichts zu sehen - höchstens, wenn es darum ging, kreativ von der Bank aus die Aktionen seiner Mitspieler zu bejubeln.
Das blieb ihm bei der bösen Klatsche in Game 3 ebenfalls verwehrt - da sich die Leistung des Teams der von ihrem besten Spieler angeglichen hatte. Kurz vor der Halbzeit beging Curry sein (unnötiges) drittes Foul an Kyrie Irving, schlich mit gesenktem Haupt zur Bank und brauchte einen aufmunternden Klapps von Steve Kerr. Anschließend schüttelte er minutenlang seinen Kopf.
Es ist beileibe noch nicht die Serie des zweifachen MVP. Durchschnittlich 16 Punkte, 43 Prozent aus dem Feld sowie 5 Ballverluste stehen hinter seinem Namen. In den ersten beiden Spielen gegen die Cavs konnte das noch kompensiert werden - auch, weil der Guard wenig erzwang und seine Mitspieler einsetzte. Bei der 90:120-Schlappe war es dann erstmals anders: Curry verdribbelte sich in Traps, nahm schlechte Würfe, spielte wilde Pässe.
Die richtige Antwort?
Wirklich Sorgen machen sich die Dubs um ihren Chefkoch jedoch nicht. "Er wird die richtige Antwort geben - so wie immer. Er wird wieder gut spielen", versicherte Coach Kerr. Das "so wie immer" kommt nicht von Ungefähr: Schließlich hat Curry auch in den laufenden Playoffs mehrfach bewiesen, dass er auf Rückschläge oder Leistungstiefs eindrucksvoll reagiert.
Das war in Game 4 gegen die Bazers so, als sein Motor nach der Verletzungspause noch etwas stotterte, allerdings nur bis zur Overtime. Dort übernahm er dann das Zepter - und spielte mit 17 Punkten innerhalb von 5 Minuten mal eben die beste individuelle Verlängerung der Playoff-Geschichte. Und das war vor allem gegen OKC so, als sein Team - auch wegen Curry - mit 1-3 hinten lag, dann aber alle drei Elimination Games für sich entschied. Im entscheidenden siebten Spiel legte Curry 36 Punkte auf.
Eine solche Monster-Performance muss es aus Sicht der Dubs aber gar nicht sein. Es würde schon reichen, wenn Curry wieder etwas simpler spielt und - wenn er stark verteidigt wird - Platz für seine Kollegen schafft. Das Curry das einsieht, daran glaubt auch Kerr: "In unserem Team muss sich niemand Sorgen um die Egos einzelner Spieler machen."
Blick in die Vergangenheit
Danach ergänzte der Coach: "Unsere Jungs verstehen, dass sie immer für das Team spielen - egal, welches Lineup auf dem Feld ist." Damit spielte er wohl darauf an, dass besonders die Starting Five in den Finals schwächelt, auch die Spiele 1 und 2 wurden eher von der Second Unit entschieden.
Vieles spricht dafür, dass Kerr mit einer Anpassung der Startformation reagiert. Selbiges Vorgehen brachte schon in den Finals vor einem Jahr die Wende: Als die favorisierten Dubs gegen dezimierte Cavs mit 1-2 hinten lagen, rotierte er Andre Iguodala für Andrew Bogut in die Erste Fünf, während Draymond Green als Center fungierte. Das berüchtigte "Lineup of Death" war endgültig geboren und die Warriors holten sich mit drei Siegen in Folge den Titel.
Dass Bogut eventuell Platz machen muss, liegt sicher nicht an der Leistung des Australiers. Allerdings sind dessen Stärken gegen einen Gegner, der wieder zu seinem Distanzwurf gefunden hat, einfach nicht wirkungsvoll. In der Pick-and-Roll-Defense ist Bogut einfach nicht schnell genug, um den Pull-up Jumper, vor allem von Kyrie Irving, zu verteidigen- Mit Iggy und Green auf den großen Positionen wäre das anders.
Allerdings hat die fehlende Rim Protection in Spiel 3, in dem Bogut nur 12 Minuten spielte, auch LeBron James den Weg zum Korb eröffnet. Keine leichte Entscheidung also für Steve Kerr.
Lues Love-Dilemma
Für die Cavs hat sich derweil an der Ausgangslage im Vergleich zum vorherigen Spiel nicht wirklich was verändert. Ein 1-3-Rückstand mit - wenn überhaupt - noch zwei Gastspielen in der Bay Area wäre im Prinzip genauso unverzeihlich wie ein 0-3. "Es ist erneut ein 'Do-or-Die'-Spiel für uns", macht LeBron James unmissverständlich klar.
Was bezüglich einer Lineup-Veränderung auf die Dubs noch zukommen könnte, haben die Cavs schon hinter sich, allerdings gezwungenermaßen. Aufgrund des Ausfalls von Kevin Love (Gehirnerschütterung) lief Veteran Richard Jefferson von Anfang an auf und nicht, wie vermutet, Big Man Timofey Mozgov.
Mit LeBron auf der Vier, der Green verteidigte, klappte es vor allem defensiv deutlich besser. Jefferson kann viel schneller als Love zu den Schützen rotieren und ist zudem stark in der Hilfe. Das stellt Head Coach Tyronn Lue nun vor ein Dilemma.
Love hat inzwischen wieder trainiert und könnte für Game 4 fit sein (die endgültige Freigabe steht noch aus). Der jüngste Erfolg spricht aber eigentlich dafür, Love von der Bank zu bringen. Ob dieser sich damit abfinden würde, steht allerdings in den Sternen.
Ob von Anfang an oder als sechster Mann - Lue braucht seinen Big Man: "Wir vermissen sein Rebounding, seine Post-Präsenz, seine Gefahr von draußen", so der Coach. "Wir wollen ihn definitiv so schnell wie möglich zurückhaben." Zur Rolle von Love äußerte sich Lue aber noch nicht.
Kritiker sind "Idioten"
Dabei spricht neben dem defensiven Aspekt auch am anderen Ende des Parketts viel für Love als sechsten Mann. Denn Scoring von der Bank gibt es in Ohio praktisch nicht, was sich mit dem Big Man ändern kann. Im besten Fall würde er den Warriors damit ihr bisher größtes Plus nehmen - nämlich ebendiesen Vorteil der Reservisten, den er kompensieren könnte.
Fest steht, dass Love - natürlich - ob seines Ausfalls enorm frustriert ist. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er wohl schon in Spiel 3 auflaufen können. Dass er dies nicht tat, wurde ihm teilweise als Schwäche ausgelegt. Im Hinblick auf die strikt einzuhaltenden Regularien des Gehirnerschütterungs-Programms der NBA ist das völliger Schwachsinn, da er es nicht selbst in der Hand hatte.
Das sieht übrigens auch Gegner Bogut so, der Anfang der Saison zwei Wochen mit einer ähnlichen Verletzung fehlte: "Leute, die Kevin Love als weich bezeichnen, sind Idioten. Mit dem Gehirn muss man vorsichtig sein", so der Warrior. "Denn was bringt es, wenn du in den NBA Finals 2016 ein Held bist und 2021 dein Essen durch einen Strohhalm zu dir nehmen musst?"
Ein Held in den Finals 2016 - wer das sein könnte, darauf gibt es vor Spiel 4 noch keinen Hinweis. Vielleicht Love, der sich eventuell einer neuen Rolle fügt und seinem Team von der Bank hilft? Oder Curry, der wieder mal eine starke Reaktion zeigt und in den MVP-Modus schaltet? Nach der bisherigen Finals-Achterbahnfahrt scheint beides möglich - oder etwas völlig anderes.