Die Golden State Warriors kommen immer besser in Gang. Nach zwei hohen Pleiten zum Saisonstart reiht sich nun Sieg an Sieg. Die Zahlen sind beeindruckend, Kevin Durant wirkt schon bestens integriert. Das Beängstigende daran: Sie sind noch längst nicht am Limit angekommen...
Was waren das noch Zeiten. Damals, vor knapp einem Monat. Der 26. Oktober war ein glorreicher Tag, um ein Hater zu sein - schließlich hatten die Golden State Warriors, dieses neu formierte Superteam, soeben ihr Auftaktspiel mit 29 Punkten Unterschied verloren. Zuhause.
Wasser auf die Mühlen all derer, die es schon immer besser gewusst hatten. "Die Spurs sind ein TEAM, die Warriors sind SÖLDNER! Durant ist ein Versager, der nie etwas gewinnen wird! Man kann nichts gewinnen, wenn man Dreier wirft! Mexiko bezahlt die Mauer!" So in etwa. Natürlich hatte wenig, vielleicht sogar nichts davon etwas mit der Realität gemein, aber das hat Hater ja noch nie gestört.
Heute, knapp einen Monat später, gibt es die Hater natürlich immer noch, ganz so glorreiche Zeiten erleben sie jetzt allerdings nicht mehr. Die Warriors haben Anfang November ihr letztes Spiel verloren, seitdem reiht sich Sieg an Sieg - meistens deutlich. Und dabei lernen sie sich immer noch kennen.
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Es wächst zusammen
"Ich habe das Gefühl, dass wir als Team mit der Zeit besser werden", sagte Steve Kerr am Montag, als die Warriors den Pacers (ohne Paul George, okay) soeben deren höchste Heimniederlage der Franchise-Geschichte beschert hatten. Das ist einerseits absolut legitim und zu erwarten, andererseits aber auch ziemlich furchteinflößend.
Denn auch wenn die Warriors bisher trotz vieler Auswärtsspiele nicht unbedingt den härtesten Spielplan hatten, ist gerade die aktuelle Serie von acht Siegen nacheinander schon sehr beeindruckend gewesen. Durchschnittlich wurden diese Spiele mit 16,25 Punkten Unterschied gewonnen, knapp wurde es nur in Milwaukee und in Toronto. Bei jedem der acht Siege wurden mindestens 30 Assists verteilt, eine nahezu unerhörte Statistik.
Derzeit steht der Vizemeister bei einer 12-2-Bilanz und damit auf Platz zwei hinter den Clippers. Die Warriors erzielen die meisten Punkte (117,1), sie verteilen die meisten Assists (30,9) - jeweils mit großem Abstand. Nach den Clippers haben sie mit 10,3 auch das zweitbeste Net-Rating, also die Differenz zwischen Offense und Defense über 100 Ballbesitze.
Startschwierigkeiten? Nicht wirklich
Wer auf Startschwierigkeiten gehofft hatte, wie sie LeBron James beispielsweise 2010 mit Miami und 2014 mit den Cavaliers hatte, wird bisher enttäuscht - was allerdings auch keine riesige Überraschung sein dürfte. Gerade 2010 wurde am South Beach ja ein völlig neues Team zusammengestellt, während in Golden State ja zumindest fünf der sechs besten Spieler schon länger zusammen sind.
Und auch Kevin Durant wirkt nicht unbedingt so, als hätte er Heimweh: KD erzielt im neuen Umfeld bisher 26,9 Punkte, greift 8,2 Rebounds und verteilt 4,5 Assists pro Spiel. Er nimmt derzeit "nur" 17 Würfe, weniger als je zuvor in seiner Karriere. Allerdings trifft er sie auch deutlich besser als jemals zuvor: Seine effektive Feldwurfquote (eFG) liegt bei 62,4 Prozent, was mit Abstand Career High bedeutet - und über die Saison gesehen der zweitbeste Wert der Geschichte für Perimeter-Scorer wäre.
"Er ist mindestens genauso gut, wie wir es uns erhofft hatten", sagte Stephen Curry kürzlich über Durants überragende Zahlen. Das Gemeine an den Warriors? Curry selbst ist seit der vergangenen Saison mit 63 Prozent eFG der Rekordhalter für Perimeter-Player. Ganz so verrückt ist der Chef aktuell zwar nicht unterwegs, 26,1 PPG bei 59,4 Prozent eFG sind aber auch alles andere als schäbig.
Bogut fehlt trotz allem
Kurzum: Es läuft bei den Warriors. Besser, als es zu diesem frühen Zeitpunkt zu erwarten war. Und das, obwohl der Saisonstart einige Stärken, aber auch einige Schwächen dieses Kaders eklatant aufgezeigt hat.
Allen voran die Defense: Ohne Andrew Bogut und mit einem offensichtlich alternden Andre Iguodala legen die Dubs derzeit ein äußerst mittelmäßiges Defensiv-Rating von 103,6 auf, das weit vom Liga-Bestwert der Hawks (95,9) entfernt ist. Es fehlt bisweilen an Rim-Protection und nicht zuletzt auch am Einsatz, da man sich gerne auf die pure eigene Firepower verlässt.
"Manchmal hat man diese Tage, an denen man einfach mehr Punkte erzielen muss als der Gegner", sagte Durant stellvertretend nach dem unnötig knappen Sieg gegen die Suns am 14. November, als Golden State 120 Punkte zuließ. "Manchmal muss sich einfach in so eine Schlacht begeben und einen Korb mehr erzielen."
Das ist natürlich richtig - und es war womöglich noch nie in der Geschichte ein NBA-Team besser dazu ausgerüstet, einen Shootout nach dem anderen zu gewinnen. Kerr stellte nach demselben Spiel allerdings auch klar, dass man mit dieser Strategie natürlich nicht Meister werden könne.
KD als Ringbeschützer gefordert
Und nur das zählt bekanntlich in der Bay Area. Wie es gehen kann, deutete der Sieg in Indiana an, als das Quartett JaVale McGee, Kevon Looney, Durant und Draymond Green gemeinsam neun Würfe blockte. Gerade von Durant erhoffen sich die Warriors solchen Einsatz regelmäßig, erinnert sich doch noch jeder daran, welchen Einfluss er in den Conference Finals defensiv auf die Thunder hatte.
"Diese Jungs sind vielleicht nicht die klassischen dominanten Inside-Spieler, aber sie sind athletisch und haben lange Arme, um Würfe zu erschweren und zu blocken", sagte Curry. Es gibt nicht mehr diesen Sicherheitsanker wie Bogut oder sogar Festus Ezeli - also muss die Rim-Protection gewissermaßen "by committee" erreicht werden.
Wer schmeißt die Bank?
Dass die Fähigkeiten dazu immerhin vorhanden sind, sollte Kerr etwas ruhiger schlafen lassen - allerdings lässt sich das über die andere große Schwachstelle so noch nicht sagen. Zwar war schon erwartet worden, dass das Team einiges an Tiefe eingebüßt hatte, die bisherige Produktion der Rollen- und Bankspieler ist dann aber doch ein Stück weit alarmierend.
Durant, Curry, Klay Thompson und Green machen zusammen gut 84 Punkte, das sind über 70 Prozent der erzielten Zähler. Der fünftbeste Scorer im internen Warriors-Ranking ist derzeit Iguodala mit 5,6 Punkten - dieses Gefälle ist etwas bedenklich. Während Iggy Career-Lows bei Punkten und Quoten hinlegt und generell einen Schritt langsamer wirkt, konnte sich bisher auch noch keiner der Youngster im Team so richtig hervortun.
Klay-Gerüchte: Yeah, right
Aber wie gesagt - diese Schwachstellen tun sich beide keineswegs überraschend auf. Beide dürften sich mit der Zeit schon von alleine verringern und gerade für die Bank gibt es immer günstige Optionen, ob ein D-League-Talent oder ein ringhungriger Veteran, der sich während der Saison aus seinem Vertrag herauskaufen lässt. Mit einem Paket aus dem bisher enttäuschenden Zaza Pachulia und einem jungen Spieler ließe sich zur Not vermutlich sogar ein Trade einfädeln.
Dass allerdings ein Spieler aus der Big Four getradet werden könnte, wie es vergangene Woche kurzzeitig gemunkelt wurde, ist allerdings genau das, was Kerr dazu sagte: Schwachsinn. Das "Death Star Lineup" aus Curry, KD, Green, Iggy und Klay ist mit einem Net-Rating von 30,9 schon jetzt das ligaweit beste Lineup, das mindestens 50 Minuten gemeinsam auf dem Court stand. Obwohl es zum Saisonauftakt von den Spurs verprügelt wurde.
Nein, man muss sich um dieses Team keine Sorgen machen. Goliath hat die Grundschule schon jetzt verlassen wird auch die Aufs und Abs der Pubertät früher oder später hinter sich lassen. Und dann sind es alle anderen Teams, um die man sich Sorgen muss.