SPOX: Mr. Breen, Millionen um Millionen Basketball-Fans auf der ganzen Welt beneiden Sie um Ihren Job! Können Sie das nachvollziehen?
Breen: Ehrlich gesagt ist es für mich schwierig, diese Frage exakt zu beantworten! Wissen Sie, ich bin einfach unglaublich dankbar, dass ich das machen und den Sport begleiten darf, den ich seit meiner Kindheit liebe. Wenn du dann auch noch das große Glück hast, sowohl bei "normalen" als auch bei außergewöhnlich wichtigen Partien am Spielfeldrand zu sitzen und diese kommentieren darfst, dann ist das wie ein riesengroßes Geschenk für mich. Ich bin mir diesem Privileg auch absolut bewusst und reflektiere das immer wieder, um mir das entsprechend vor Augen zu führen. Gleichzeitig will ich mich aber auch nicht wichtiger machen als ich bin.
SPOX: Wie würden Sie grundsätzlich Ihre Tätigkeit beschreiben? Ist es ein Job? Ein Hobby? Eine große Leidenschaft?
Breen: Es ist - ohne Frage - meine ganz große Leidenschaft. Glücklicherweise bin ich auch noch in der Lage, meinen Beruf und meine Leidenschaft miteinander zu verbinden. Ich liebe es nach wie vor jeden einzelnen Tag, zur Arbeit zu gehen. Ich weiß, dass viele Leute sehr hart in ihren jeweiligen Berufen arbeiten. Das tue ich in meinem Job auch. Und es ist etwas Wunderbares, wenn du trotzdem immer und immer wieder sagen kannst: Ich kann es kaum erwarten, heute zur Arbeit zu gehen.
SPOX: Angefangen von der Vorbereitung bis zur Kommentierung einer Partie: Gibt es für Sie in Ihrer Arbeitsweise einen Unterschied zwischen einer Begegnung in der Hauptrunde, einem Match in den Playoffs sowie den Finals?
Breen: Ich denke, dass es letztlich absolut keinen Unterschied machen sollte und darf. Wenn man sich auf ein Match vorbereitet, muss es egal sein, ob dieses nun im November stattfindet oder es sich um Spiel sieben der Finals handelt. An einem Abend kann so viel passieren, dass du im Grunde auf alles vorbereitet sein musst. Das bedeutet zwar auf der einen Seite viel Arbeit. Auf der anderen Seite macht es das Ganze aber auch wesentlich interessanter und spannender. Letztlich musst du dich auf die jeweilige Partie so gut vorbereiten, dass du mit dem Selbstvertrauen und der Gewissheit in eine Live-Übertragung gehst, mit allen möglichen Szenarien umgehen zu können - egal, was an diesem Tag passiert.
SPOX: Sie befinden sich aktuell in Ihrer 25. Saison als NBA-Broadcaster. In dieser Zeit haben Sie sowohl als Radio- als auch TV-Kommentator gearbeitet und dabei unter anderem die Ären eines Michael Jordan, Kobe Bryant sowie aktuell eines LeBron James oder Stephen Curry hautnah begleitet. Hat sich in diesem Viertel-Jahrhundert eigentlich auch die Arbeit eines Kommentators verändert?
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Breen: Das ist eine sehr gute Frage! Im Endeffekt kann man sagen, dass sich die Arbeitsweise in dieser Zeit grundlegend verändert hat. Als ich vor 25 Jahren mit diesem Job begonnen habe und zu einem Auswärtsspiel der Knicks geflogen bin, war es meine erste und wichtigste Aufgabe, mir gleich am Morgen möglichst alle Lokalzeitungen zu besorgen. Aus diesen habe ich dann nahezu ausschließlich meine aktuellen Informationen über den jeweiligen Gegner gezogen. Damals gab es schlichtweg noch kein Internet! Heutzutage ist das natürlich völlig anders. Mittlerweile kann ich - wenn ich will - am Spieltag fünf Stunden lang im Internet surfen und mir dort alle möglichen Dinge über beide Mannschaften besorgen. Die Gefahr besteht dabei freilich, dass man sich am Ende mit Informationen "überlädt". In meinen Augen ist es entscheidend, dass man eine gute Mischung aus Informationen auf der einen Seite sowie der Geschichte, die das Spiel an diesem Abend schreibt, auf der anderen Seite findet. Vor allem Letzteres ist hierbei entscheidend. Man sollte der Partie das Geschehen selbst diktieren lassen. Als Kommentator ist es dann deine Aufgabe, so gut vorbereitet sein, um den Zuschauern je nach Situation die richtige Information an die Hand zu geben.
SPOX: Dementsprechend dürften dann auch viele Aufzeichnungen und Notizen, die Sie sich im Vorfeld einer Begegnung gemacht haben, des Öfteren unbenutzt im Mülleimer landen...
Breen (lacht): Ganz genau! Es gibt Abende, an denen greife ich auf alle Informationen zurück, die ich während meiner vierstündigen Vorbereitung gesammelt habe. Andererseits gibt es dann aber auch Partien, in denen meine kompletten Aufzeichnungen umsonst waren, weil es der Spielverlauf einfach nicht hergegeben hat, dass ich darauf zurückgreifen musste oder konnte. Man muss einfach ein Gefühl dafür entwickeln, wann und wo man etwas sagt beziehungsweise sich selbst zurücknimmt. Das Spiel an sich ist nun einmal das Wichtigste. Und daran gilt es sich zu orientieren.
SPOX: In Ihrem "Haupt-Job" arbeiten Sie als TV-Kommentator bei MSG Network und begleiten dort die Spiele der Knicks. Können Sie uns als Insider einmal das Geheimnis um den "Mythos" Madison Square Garden verraten? Vor allem die Superstars der Vergangenheit und Gegenwart wie eben Jordan, Bryant, James oder Curry - um nur einige zu nennen - liefen dort immer wieder zu Höchstleistungen auf, da sie offensichtlich irgendwo noch ein paar zusätzliche Prozente aus sich herauskitzelten...
Breen: Ich denke, dass es für sehr viele Künstler - und dabei meine ich jetzt nicht nur die NBA-Profis - nach wie vor etwas ganz Besonderes ist, in New York aufzutreten. Diese einzigartige Stadt verfügt schon immer über eine unbeschreibliche Strahlkraft. Auch für einen Frank Sinatra war es immer etwas Außergewöhnliches, eine Gala in New York abzuhalten. Um das Ganze zu übertragen: MJ etwa wusste sehr genau, dass ganz New York auf ihn blickt, wenn er im MSG mit den Bulls aufläuft. Das hat ihn geradezu elektrisiert. Vielleicht fehlt es mir in diesem Punkt etwas an der nötigen Objektivität, da ich ja selbst aus New York komme und nach wie vor dort lebe. Aber wenn die Knicks erfolgreich sind und ein großes Spiel ansteht, dann gibt es nirgendwo eine bessere Atmosphäre als im Madison Square Garden. Die Fans sind unglaublich begeisterungsfähig, die Lichtshow vor Spielbeginn - das hat schon fast etwas Magisches!