NBA

"Man sollte Russell nicht widersprechen"

Von Interview: Dirk Sing
Enes Kanter
© getty

Enes Kanter ist bei den Oklahoma City Thunder als Sixth Man unverzichtbar. Im Interview mit SPOX spricht er über Veränderungen im Team seit dem Abgang Kevin Durants, der Anführer-Rolle von Russell Westbrook und über Reisen durch Europa. Außerdem klärt er über das Verhältnis zu seinem "Konkurrenten" Steven Adams auf.

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SPOX: Enes, da Sie in Zürich geboren worden sind, könnten wir dieses Interview fast auf Deutsch führen, oder?

Enes Kanter (lacht): Oh ja, ich wünschte, dass ich das tatsächlich könnte. Dann würde ich das natürlich auch sehr gerne machen. Als ich neun Monate alt war, bin ich allerdings mit meinen Eltern zurück in die Türkei gegangen. Heute würde ich mir wünschen, dass wir viel länger in Zürich geblieben wären, damit ich eine weitere Sprache hätte lernen können. Ich habe aber schon gehört beziehungsweise weiß auch aus eigener Erfahrung, wie schwierig die deutsche Sprache ist.

SPOX: Sie waren erst in der Sommerpause für einige Tage in Deutschland! Was war der Hintergrund Ihres Besuchs?

Kanter: Ja, das stimmt. Ich habe insgesamt sechs Städte in Deutschland, darunter Berlin und Köln, bereist. Das Ganze war ein Teil einer Tour durch Europa, Afrika und Asien. Neben vielen Schulen habe ich dabei beispielsweise auch Projekte besucht, die sich um Kinder kümmern, denen es nicht so gut geht. Wissen Sie, für mich ist es wichtig, den Leuten etwas zurückzugeben. Um auf Deutschland zurückzukommen: Dort hat es mir sehr, sehr gut gefallen. Europa liebe ich ja ohnehin. Gerade die Spiele und das Herumreisen mit der Nationalmannschaft haben mir immer viel Spaß gemacht.

SPOX: Lassen Sie uns auf das Sportliche zu sprechen kommen. Seit Monaten gibt es rund um die Oklahoma City Thunder eigentlich fast nur ein Thema beziehungsweise eine Person, über die permanent gesprochen wird: Die Triple-Double-Maschine Russell Westbrook. Sie spielen mit ihm seit Februar 2015 zusammen und kennen ihn daher sehr gut. Sind Sie von seinen bisherigen Leistungen überrascht?

Kanter: Eigentlich nicht. Seit ich bei den Thunder spiele, habe ich Russ als einen Spieler kennengelernt, der unglaublich hart an sich arbeitet. Selbst wenn wir mal einen Tag frei haben, geht er oftmals in die Halle, um an irgendwelchen Details zu feilen. Seine Einstellung ist einfach unglaublich. Wie ernst er das Ganze nimmt, hat man ja auch beispielsweise beim All-Star Game gesehen. Während viele andere Jungs eigentlich ganz entspannt und locker etwas gezockt haben, hat er Vollgas gegeben und wollte auch diese Partie unbedingt gewinnen. Das ist Russ! Er ordnet alles dem Erfolg unter. Mit seiner Einstellung und seinem Auftreten macht er nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitspieler besser. Das ist wirklich sehr beeindruckend.

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SPOX: Sind Sie also der Meinung, dass er im Vergleich zur vergangenen Spielzeit nochmals einen Schritt nach vorne gemacht hat?

Kanter: Oh ja, definitiv! Wie schon gesagt, er wird in meinen Augen von Tag zu Tag besser. Er hat in der letzten Saison bereits erstklassige Leistungen für unser Team abgeliefert und es jetzt geschafft, sein Spiel nochmals auf ein höheres Level zu heben. Wann und wo das enden wird, ist unmöglich zu beantworten.

SPOX: Wenn wir erneut bei der Saison 2015/2016 bleiben, als sich Oklahoma City erst in den Conference Finals den Golden State Warriors geschlagen geben musste: Würden Sie sagen, dass die Thunder bereits zu diesem Zeitpunkt Westbrooks oder noch Kevin Durants Team waren?

Kanter: Es war bereits im letzten Jahr ganz klar die Mannschaft von Russell. Er war unser Point Guard und Floor General, der die Kommandos auf dem Feld und auch in der Kabine gegeben hat. Jeder im Team hat auf ihn gehört und ist ihm gefolgt. Von dem her war Russ auch schon in der Vergangenheit definitiv unser Anführer.

SPOX: Wie würden Sie Ihre Gefühlslage beschreiben, als Sie im Sommer davon erfahren haben, dass Kevin Durant die Thunder verlässt und sich den Golden State Warriors anschließt?

Kanter: So hart es vielleicht klingen mag - aber so läuft es nun mal in diesem Geschäft! Jeder muss für sich die aus seiner Sicht beste Entscheidung treffen und diese dann auch gegenüber sich selbst verantworten. Kevin hat sich dazu entschieden, künftig bei den Warriors zu spielen. Wir können nichts dagegen machen, sondern müssen das so akzeptieren. Für uns galt es, uns darauf zu konzentrieren, was wir selbst beeinflussen können - nämlich unsere Leistung und unser Team. Und genau das haben wir auch gemacht.

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