Herkulesaufgabe für Schröder

Ole Frerks
29. April 201714:26
Dennis Schröder wird es gegen John Wall nicht gerade leicht haben getty
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Dennis Schröder und Paul Zipser gehen mit ihren Teams als Underdogs in die erste Runde, haben aber Chancen. Der Greek Freak fordert die Raptors - und dann ist da natürlich noch der Champion aus Cleveland. Wir haben alle Serien des Ostens unter die Lupe genommen! Hier geht es zum Check der Western Conference.

Boston Celtics (1) - Chicago Bulls (8)

Saisonbilanz: 2-2 (99:105, 107:100, 103:104, 100:80)

Ausgangslage

Es ist eine etwas trügerische Ausgangslage, mit der man auf diese Serie blickt: Während die Bulls bis zum letzten Tag der Saison um den Playoff-Einzug bangen mussten (na gut, sie mussten gegen die Nets gewinnen) und eine teilweise haarsträubend lustlose Saison gespielt haben, machten die Celtics am gleichen Tag den ersten Platz in der Eastern Conference klar - und setzten damit den Deckel auf ihre beste Saison seit den Tagen von KG, Pierce und Allen.

Nicht nur vom Seeding her liegen Welten zwischen beiden Teams: Boston lebt von einer teamdienlichen Offensive und traf in der Saison die drittmeisten Dreier, die Bulls spielten eher Iso-lastig, ohne viel Shooting (die zweitwenigsten Dreier der Liga) und gewannen ihre Spiele meist dann, wenn sie ihre Gegner auf ihr langsames Tempo herunterziehen und sie defensiv dominieren konnten.

Chicago ist ein Team, das komplett von seiner Tagesform und -motivation abhängt - und natürlich von Jimmy Butler und Dwyane Wade. Die Bulls haben in dieser Saison alle vier Spiele gegen die Cavaliers gewonnen, dafür aber unter anderem dreimal gegen die Knicks und zweimal gegen die Wolves verloren - auch gegen Brooklyn und Philly kassierten sie jeweils eine Niederlage. Man weiß bei den Bulls nie so recht, welche Version man am jeweiligen Tag erleben wird.

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Genau darin liegt allerdings die Gefahr für Boston. Denn der No.1-Seed sollte niemanden bei den Celtics denken lassen, man hätte auf einmal einen echten Titelkandidaten. Die Celtics hatten über die Saison eine Punktedifferenz von +2,7, was der schlechteste Wert für einen 1-Seed seit 1978/79 ist und normalerweise eher bei Teams der Fall ist, die um den Heimvorteil in der ersten Runde kämpfen.

Sie haben ihre Conference nicht dominiert, im Gegenteil. Sie waren am Ende einfach das von der Bilanz her beste aus einem Cluster von Teams, die alle über signifikante Schwächen verfügen (Cleveland, Toronto, Washington). Und deswegen darf man auch nicht davon ausgehen, dass die erste Runde für sie ein Selbstläufer wird. Eine der größten Bulls-Stärken ist das Rebounding (Platz 3 ligaweit), eine Kategorie, in der Boston absolut katastrophal ist (Platz 27). In den Spielen beider Teams in der Regular Season war dies teilweise mehr als deutlich zu sehen.

Bostons (erweiterter) MVP-Kandidat Isaiah Thomas zeigte sich daher bereits am Mittwoch gewarnt: "Sie mögen der 8-Seed sein, aber sie sind besser als ihre Platzierung", sagte IT4 über die Bulls. "Sie können richtig gefährlich sein, vor allem jetzt, wo Wade von seiner Verletzung zurück ist. Wir müssen uns für einen Kampf bereit machen." Sollte dies nicht von seinem gesamten Team akzeptiert werden, könnten die Bulls den Celtics ernsthaft gefährlich werden.

Player to watch

Al Horford. Schon als die Celtics im Sommer 113 Millionen Dollar investierten, war ihnen bewusst, dass Horford kein elitärer Rebounder ist - aber 6,8 Boards pro Spiel waren auch für ihn ein Karrieretiefstwert. Horford hat viele Stärken, mit denen er den Celtics auf subtile Art und Weise hilft, unter anderem mit 5 Assists pro Spiel - aber wenn sie in den Playoffs etwas reißen wollen, muss Horford öfter dahin gehen, wo es weh tut. In den vier direkten Duellen beider Teams holte Chicago im Schnitt 15 Offensiv-Rebounds - das ist einfach zu viel.

Rajon Rondo. Gibt es sie noch, die Legende des Playoff-Rondo? Falls ja, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um sich mal wieder zu zeigen, schließlich geht es gegen die alte Liebe. Und Rondo ist in Form: Nachdem er während der Saison mehrfach bei Coach Hoiberg in Ungnade fiel, lief es nach dem All-Star Break deutlich besser für Rondo (10,8 Punkte, 7,1 Assists). Zuletzt durfte er auch wieder starten. Trotz seiner bekannten Schwächen hat er noch immer seinen Wert als Playmaker, wovon besonders die Rollenspieler wie Nikola Mirotic oder Paul Zipser profitieren, wenn sie mit ihm auf dem Court stehen.

Prognose

Die Bulls verlangen den Celtics alles ab und sichern sich eins der ersten beiden Spiele in Boston. Stevens verfügt aber über deutlich mehr Tricks in seiner Kiste als Gegenüber Hoiberg und findet eine Lösung, um die limitierte Offense der Bulls einzuschränken. Boston kommt mit einem blauen Auge davon. Celtics in 6.

Cleveland Cavaliers (2) - Indiana Pacers (7)

Saisonbilanz: 3-1 (93:103, 132:116, 113:104, 135:130 2OT)

Ausgangslage

Wohlwollend könnte man es als kleinere Schwächephase bezeichnen, was die Cavs in der zweiten Saisonhälfte veranstalteten. Etwas kritischer formuliert könnte man aber auch sagen: Der Champion war über die letzten Monate nicht selten ein Schatten seiner Selbst. Gerade defensiv präsentierte man sich desolat - nach der All-Star Break legten nur die Lakers ein schlechteres Defensiv-Rating auf als Cleveland (111,1).

Wie problematisch das ist? Nun, von den Finals-Teilnehmern seit 1980 hatten nur die Lakers '01 ein schlechteres Defensiv-Rating im Verhältnis zum Ligadurchschnitt, wie es Cleveland nun tut. Diese Lakers konnten dank Shaq und Kobe bekanntlich den Schalter umlegen und walzten durch die Postseason. Aber sind diese Cavaliers dazu auch in der Lage?

Einige der Probleme des Teams dürften tatsächlich auf fehlende Motivation zurückzuführen sein, aber es ist fraglich, ob sie defensiv noch die gleichen Höhen erreichen können wie in den letztjährigen Finals.

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In die erste Runde, sowie eigentlich in die gesamten Ost-Playoffs, geht Cleveland natürlich trotzdem als Favorit. Denn die Pacers gehören zu den wenigen Teams, die wohl noch mehr Identitätskrisen während der Saison hinter sich haben - mehrfach zählte der frustrierte Paul George seine Teammates an, zur Deadline sah es sogar so aus, als würde er getradet werden. Die Playoff-Teilnahme wurde erst am Ende der Saison gesichert.

Immerhin: In den letzten Wochen präsentierte sich PG-13 in absoluter Bestform und auch die Pacers als Team wurden wieder etwas konstanter. Wenn das 2OT-Spiel vor wenigen Wochen als Vorschau auf diese Serie gelten darf, kann man sich auf etwas gefasst machen.

Player to watch

LeBron James. Wenn Cleveland tatsächlich eine Chance auf den Repeat haben will, hängt einmal mehr fast alles davon ab, ob der King die Höhen erreichen kann, die auf der Welt derzeit allein ihm vorbehalten sind. Wie abhängig die Cavs von James sind? Steht der King auf dem Court, hat Cleveland ein starkes Net-Rating von 7,7, ohne ihn sind es -8,5 - das ist abermals in etwa Lakers-Niveau (diese Saison, nicht '01). Selbst die vermeintlichen Superstars Kevin Love und Kyrie Irving produzieren zusammen nur ein -3,1-Rating, wenn LeBron nicht mit ihnen auf dem Court steht.

Cavaliers: Ein Champion geht am Stock

Paul George. 26,4 Punkte und 7,3 Rebounds hat PG nach dem All-Star Game aufgelegt, bei Quoten von 49-41-87. Das sind die Superstar-Zahlen, auf die Indiana bauen muss, wenn die Pacers auch nur die geringste Chance haben wollen. Im Idealfall nimmt George natürlich auch noch LeBron aus dem Spiel - es gibt ligaweit wohl keinen Spieler, der in Runde eins eine größere Verantwortung trägt. Allerdings lebt PG für genau diese Momente und hat im Vorjahr auch schon die Raptors fast im Alleingang erledigt.

Prognose

Dank 40+ Punkten von George klauen die Pacers Spiel eins, im Anschluss reißen sich die Cavs aber endlich zusammen. George punktet viel, aber von den Kollegen Teague, Ellis, Young und Turner kommt letztendlich zu wenig Unterstützung. Cavs in 5.

Toronto Raptors (3) - Milwaukee Bucks (6)

Saisonbilanz: 3-1 (105:99, 122:100, 102:86, 94:101)

Ausgangslage

Es war ein Auf und Ab für die Raptors in dieser Saison: Nach der Deadline sah man durch die Akquisen von Serge Ibaka und P.J. Tucker noch wie ein Geheimfavorit aus, dann aber verletzte sich kurz danach der wichtigste Spieler Kyle Lowry - und auf einmal wirkte es, als könnte das Team einbrechen. Stattdessen aber hielten DeMar DeRozan und Co. die Raptors auf Kurs - und kurz vor den Playoffs gab nun auch Lowry wieder sein Comeback.

Prompt haben die Raptors ihre letzten vier Spiele vor den Playoffs gewonnen und gehen mit viel Selbstvertrauen in die Postseason. Endlich ist das gesamte Team fit (auch wenn DeRozan zuletzt erkältet war) und kann von seiner Tiefe und Balance profitieren: Toronto kombiniert eine der besten Offenses (Platz 6) mit einer Defense, die über die Saison immer stärker wurde (insgesamt Platz 11).

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Auch das Matchup mit Milwaukee scheint zu passen: "Jonas Valanciunas hatte gute Spiele gegen die Bucks, er ist physisch für Milwaukee sicher ein großes Problem. Wie gegen jeden Gegner haben wir mit Kyle Lowry und DeMar DeRozan auch auf den Außenpositionen ein großes Plus. In der Defense verfügen wir mit DeMarre Carroll, P.J. Tucker und Patrick Patterson über ein Trio, das auf der Position von Antetokounmpo gut verteidigen und ihm alles abverlangen kann", lautete die Analyse der Serie von Raps-Rookie Jakob Pöltl.

Die Bucks gehen derweil selbst mit einigem Selbstvertrauen in die Playoffs. Nachdem Milwaukee über einige Wochen der Saison eher vor sich hindümpelte und dann auch noch Jabari Parker verlor, hat die Rückkehr von Khris Middleton das Jahr gerettet. Der Rückkehrer gab dem Team dringend benötigtes Shooting (43 Prozent 3FG) und einen weiteren starken Verteidiger. Sixth Man Greg Monroe und Neu-Starter Malcolm Brogdon wuchsen zudem immer mehr in ihre Rollen herein.

Player to watch

Kyle Lowry. Wie fit ist Torontos Bester wirklich? In den vier Spielen seit dem Comeback kam er im Schnitt auf gute 17,3 Punkte und 7,8 Assists, allerdings sah der Dreier deutlich schlechter aus (nur 33,3 Prozent, vorher 41,7). Nur der kleinen Stichprobe geschuldet? Vielleicht. Gegen Milwaukee darf sich Lowry ruhig noch ein wenig einspielen, spätestens für ein potenzielles Zweitrundenmatchup gegen Cleveland muss er seinen Rhythmus aber gefunden haben, will Toronto eine Chance haben.

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Giannis Antetokounmpo. Der Greek Freak ist die eierlegende Wollmilchsau in Milwaukee - mit 22,9 Punkten, 8,8 Rebounds, 5,4 Assists, 1,9 Blocks und 1,6 Steals führte Giannis sein Team in ALLEN statistischen Hauptkategorien an. Reminder: Der Junge ist 22 Jahre alt. Den Raptors schenkte er in der Saison sogar 25, 8 und 7 ein - allerdings war da Tucker noch nicht dabei. Kann er auch gegen die verbesserte Raps-Defense dominieren?

Prognose

Giannis und seine jungen Wilden toben sich aus, aber die Matchups und Erfahrung sprechen klar pro Toronto. Die Raptors gewinnen in 5. Milwaukees Zeit wird aber schon bald anbrechen.

Washington Wizards (4) - Atlanta Hawks (5)

Saisonbilanz: 3-1 (99:114, 95:92, 112:86, 104:100)

Ausgangslage

Es ist mittlerweile ein bisschen her, dass man die Wizards als Haupt-Herausforderer der Cavaliers im Osten wähnte - dafür war die Defense in den letzten Wochen einfach zu schlecht und die Leistungen nach dem All-Star Break insgesamt nicht konstant genug. Dennoch: Die Saison war nach dem Katastrophenstart mit dem ersten Division-Titel seit 1979 in jedem Fall ein Erfolg. Und sie soll noch nicht vorbei sein.

Das Problem für die Wizards: Mit Ian Mahinmi fällt ein wichtiger Big Man wohl bis Ende April aus, nachdem er sich an der Wade verletzt hat - gerade gegen Dwight Howard hätte man den Franzosen gut gebrauchen können. Und auch John Wall plagt sich mit dem Quadrizeps herum, soll aber für Spiel eins auf jeden Fall wieder fit sein. Der Point Guard hat nach seiner mit Abstand besten Saison ohnehin noch eine Rechnung mit den Hawks offen.

Es ist schließlich nur zwei Jahre her, dass sich die beiden Teams in den Semifinals gegenüberstanden. Die Wiz gingen mit 2-1 in Führung, dann jedoch verletzte sich Wall schwer und musste zusehen, wie sein Team die nächsten drei Spiele verlor und die Chance auf die Conference Finals flöten ging. Das soll diesmal anders werden.

Anders als damals geht Washington diesmal als Favorit in die Serie. Denn Atlanta hat zwar eine sehr gute Defense, dafür aber auch eine absolut katastrophale Offense (Platz 27) - wenn der Dreier nicht fällt, produzieren Dennis Schröder und Co. einfach nicht genug Punkte und nach dem Trade von Kyle Korver haben die Hawks kaum richtige Shooter im Team.

Player to watch

Dennis Schröder. Es ist eine monströse Herausforderung, die hier auf Schröder wartet. Einerseits muss er mit John Wall den wohl besten Point Guard des Ostens verteidigen, andererseits muss er sich gegen die ebenfalls elitäre Defense Walls insofern behaupten, dass die Hawks offensiv überhaupt eine Chance haben. Es ist die Art von Bühne, die Schröder mag - allerdings brauchen die Hawks ihren Point Guard auch auf absolutem Top-Niveau, um in dieser Serie bestehen zu können.

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Otto Porter. Der Swingman will im Sommer ordentlich entlohnt werden - dafür wäre es praktisch, wenn er seine starken Leistungen aus der Saison (13,4 Punkte, 43,4 Prozent 3FG) bestätigt. Beal und Wall haben schon gezeigt, dass sie in den Playoffs abliefern können, nun soll auch Porter zeigen, dass er auf der großen Bühne seinen Mann stehen kann - auch defensiv. Da die Wizards gern klein spielen, dürfte Porter es einige Male mit Atlantas bestem Scorer Paul Millsap zu tun bekommen.

Prognose

In zwei Spielen schaffen es die Hawks, die Partie zur Schlacht zu machen und Washington mit Defense und Rebounds zu zermürben. Wenn die Dreier von Beal, Porter und Bogdanovic jedoch fallen, sind die Wizards nicht zu stoppen. Wizards in 6.

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