Gegen die Golden State Warriors sind die Utah Jazz in der zweiten Playoff-Runde zwar sang- und klanglos ausgeschieden, dennoch muss das Saisonfazit nicht negativ ausfallen. Doch wie geht es weiter? SPOX beantwortet die fünf wichtigsten Fragen.
Was hat den Jazz gegen die Warriors gefehlt?
Glück, Firepower und Gottes Beistand. Im Ernst: Selbst eine so gute Defense wie die der Jazz bekommt Probleme, wenn es gegen dieses so unfassbar talentierte Warriors-Team geht. Das beste Beispiel dafür war Spiel 3, das einzige Spiel der Serie, in dem Utah noch im vierten Viertel mal in Front lag. Es war ein Spiel, in dem sie defensiv nahezu alles richtig machten.
Klay Thompson wurde fast komplett aus dem Spiel genommen, auch Stephen Curry war lange kaum ein Faktor. Aber genau für diese Situationen hat Golden State eben mittlerweile Kevin Durant - und die 38 Punkte des früheren MVPs, den wohl niemand davon abhalten kann, dass er souverän an seine Punkte kommt, konnte Utahs unterdurchschnittliche Offense letzten Endes nicht kontern.
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Quin Snyder merkte schon vor Spiel 1, dass sein Team offensiv ein Upgrade brauchen würde, und ließ daher Joe Johnson anstelle von Boris Diaw starten. Iso Joe konnte seine starke Serie gegen die Clippers aber nicht bestätigen - die Dubs waren offensichtlich bereit für ihn und hielten den Veteranen in vier Spielen bei nur 8 Punkten und 31,6 Prozent aus dem Feld.
Dass Point Guard George Hill nur in Spiel 1 zur Verfügung stand, machte es nicht gerade einfacher, denn umso mehr konnten sich die Dubs darauf konzentrieren, Gordon Hayward zu stoppen.
Hayward spielte abgesehen von Spiel 1 eine starke Serie, allerdings musste er für seine Punkte sehr viel arbeiten und war lange nicht so effizient wie noch gegen Los Angeles. Die Jazz wurden die ganze Saison über für ihre Tiefe gelobt, gegen die Dubs blieb aber fast der gesamte Supporting Cast blass - gerade von Rodney Hood (6,3 Punkte, 7 (!) Prozent von der Dreierlinie) und Derrick Favors (3,3 Punkte) kam einfach viel zu wenig.
Hätte es für die Jazz gereicht, wenn Hill fit gewesen wäre und die Rollenspieler besser abgeliefert hätten, wenn Alec Burks zur Verfügung gestanden hätte? Nein, nicht gegen dieses Monster aus der Bay Area. Aber wenigstens ein oder zwei Siege wären womöglich drin gewesen - und man könnte die Offseason etwas hoffnungsvoller angehen.
Wie ist die Saison insgesamt zu bewerten?
Kein Team wird gerne gesweept, schon gar nicht mit zweistelliger Punktedifferenz in jedem der vier Spiele. Im Gegensatz zu etwa den Clippers, Raptors und auch Blazers war diese Saison für Utah aber alles andere als Stillstand oder gar ein Rückschritt. Man sollte nicht vergessen, dass die Jazz zuletzt 2012 in den Playoffs standen, als Hayward in seinem zweiten Jahr stand und die besten Spieler des Teams Al Jefferson und Paul Millsap hießen.
Für Spieler wie Gobert, Hood, Joe Ingles oder Dante Exum war es die erste Playoff-Teilnahme überhaupt, zum ersten Mal seit 2013 hatte Utah eine positive Bilanz und mit 51 Siegen spielte man die beste Saison seit der Deron-Williams-Ära (2010). Dazu waren die Jazz nicht lediglich Playoff-Kanonenfutter, sie gewannen vielmehr ein siebtes Spiel in fremder Halle - gerade für die jungen Spieler dürfte das eine unbezahlbare Erfahrung gewesen sein.
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Aufgrund des Seedings sind sie nur eben danach in eine Kreissäge namens Golden State gerannt, und das ohne die volle Mannstärke. Würde man die Saison positiver bewerten, wenn sie sich statt des Sweeps eine enge Zweitrundenserie mit Houston oder San Antonio geliefert hätten? Vermutlich - aber am realistischen Fazit hätte dies nichts geändert.
Die Jazz sind ein gutes, recht junges Team, aber noch kein Contender. Der Kern, wenn er denn zusammenbleibt, könnte dazu reifen, wenn er sich noch weiter entwickelt (wie es Hayward und Gobert bisher in jedem Jahr getan haben) und punktuell ergänzt wird.
Dies ist allerdings mit viel "hätte" und "wäre" verbunden. Man wird erst in der Zukunft beantworten können, ob diese Saison das Ende vom Anfang des Jazz-Aufstiegs war - oder der Anfang vom Ende. Es könnte schließlich auch ganz schnell wieder vorbei sein mit der Herrlichkeit.
Was passiert mit Gordon Hayward?
Bei allem Respekt für Gobert - der Hauptgrund für den Aufstieg der letzten Jahre in Utah hört auf den Namen Hayward. Dass der All-Star nach dieser Saison (21,9 Punkte, 5,4 Rebounds, 3,5 Assists) aus seinem Vertrag aussteigen wird, ist trotz seiner angeblichen Unentschlossenheit so sicher wie das Amen in der Kirche, da er von etlichen Teams mehr Geld bekommen wird als die 16,7 Millionen Dollar, die ihm per Option im kommenden Jahr noch zustünden.
Die Jazz wissen das natürlich auch und werden Hayward vermutlich um 0.01 Uhr am 1. Juli einen Maximalvertrag unterbreiten, anders als vor drei Jahren, als man ihn als Restricted Free Agent einen Vertrag bei den Hornets unterschreiben ließ, statt ihn längerfristig an Utah zu binden.
Damals war sich General Manager Dennis Lindsey anscheinend noch nicht ganz so sicher, ob sich Hayward wirklich so gut entwickeln würde. Dies könnte sich nun rächen.
In einer nicht unbedingt herausragenden Free-Agent-Klasse gehört Hayward klar zu den besten Spielern (gehen wir mal davon aus, dass Kevin Durant und Stephen Curry in Golden State bleiben) und wird einiges Interesse auf sich ziehen, unter anderem von den Celtics, bei denen sein College-Coach Brad Stevens das Zepter führt.
Utah kann mit einer guten sportlichen Situation locken, Boston (und andere Interessenten) allerdings auch. Die Jazz haben aber bekanntlich auch noch den Vorteil, dass sie Hayward einen längeren Vertrag und ein etwas höheres Gehalt anbieten können - und dass die Fans in Salt Lake City schon während der Saison die #stayward-Kampagne gestartet haben.
Lindsey wird hoffen, dass das reicht; sollte Hayward ohne Gegenwert das Weite suchen, wäre die Franchise auf einen Schlag um Jahre zurückgeworfen.
Was passiert mit George Hill und Joe Ingles?
Hill hat sich für die Jazz als absoluter Glücksfall erwiesen. Er wird nie ein All-Star sein, die Stärken des 31-Jährigen sind in Utah allerdings gerne gesehen: Er verteidigt auf hohem Niveau, kann werfen (40,3 Prozent 3FG), leistet sich kaum Ballverluste (1,7 pro Spiel) und funktioniert auch abseits des Balles, ist also bestens mit Hayward kompatibel.
Das Problem: Auch er wird Unrestricted Free Agent und ist im Gegensatz zu Hayward nicht mehr im besten Alter. Während der Saison konnten sich beide Parteien nicht auf eine vorzeitige Verlängerung einigen, was nahelegt, dass die Vorstellungen bezüglich Hills Wert ein Stück weit auseinandergehen. Doch kann Utah es sich erlauben, Hill nach nur einem Jahr wieder zu verlieren?
Sollte man sich mit Hayward einig werden und anderweitig keine Trades einfädeln, hätte Utah kein Geld mehr, um einen "fremden" Free Agent zu verpflichten - zumindest keinen, der das Team weiterbringen würde. Hill hingegen könnte man bezahlen, da die Jazz über seine Bird Rights verfügen. Will man keinen Rückschritt machen, müsste man Hill daher irgendwie halten, wenngleich Lindsey sich vermutlich schwer tun wird, dem Point Guard viel Geld über mehr als drei Jahre anzubieten.
Stand jetzt sind die Alternativen einfach nicht reizvoll genug. Dante Exum hat zwar gegen Golden State bisweilen Potenzial aufblitzen lassen, er ist aber noch weit davon entfernt, ein ambitioniertes Team anführen zu können. Shelvin Mack ist Shelvin Mack (und wird ebenfalls Free Agent). Raul Neto ist nicht die Lösung, Burks eher ein Sixth Man und leider viel zu selten fit.
Es ist jedoch enorm wichtig, sich mit einem Hill-Deal nicht die Zukunft zu verbauen. Hilfreich könnte für Utah hier sein, dass die allermeisten Teams derzeit bereits einen guten Point Guard haben und der Markt daher eher von Chris Paul und Kyle Lowry diktiert werden wird. Dennoch wird es natürlich Mitbewerber geben.
Das gilt auch bei Ingles, der in dieser Saison im zarten Alter von 29 Jahren seinen "Durchbruch" gefeiert hat. Bei dem Australier, der Hood mit seiner Mischung aus Defense und Shooting aus der Starting Five verdrängt hat, haben die Jazz allerdings die Möglichkeit, mit jedem Angebot mitzuziehen.
Die Frage lautet hier also, ob ein anderes Team den Jazz bei Ingles mit einem unmoralisch hohen Offer Sheet in die Suppe spucken will. Um jeden Preis wird man ihn nicht halten, allerdings hat sich Ingles zu einem wichtigen Rotationsspieler gemausert.
Welche Möglichkeiten hat Utah sonst noch?
Angesichts der durchaus angespannten Cap-Situation wären Trades eine Möglichkeit, das Maximum aus diesem Team herauszuholen. Auch finanziell könnte dies Entlastung schaffen - denn sobald Hayward (und Hill ODER Ingles) verlängern, befände sich Utah im Luxussteuerbereich. Die Jazz müssen entscheiden, ob ihr Kern dafür wirklich gut genug ist.
Die wohl interessanteste Personalie ist Derrick Favors. Der Big Man wird 2018 Free Agent, nun wäre also die letzte Möglichkeit, noch etwas Gegenwert für ihn zu bekommen. Dummerweise war sein Trade-Wert seit Jahren nicht so niedrig wie nach dieser verletzungsgeplagten Saison, in der lange nicht an die Leistungen der vergangenen Jahre herankam.
Favors sollte eigentlich der Power Forward der Zukunft NEBEN Gobert sein, gerade gegen Teams wie Golden State wirkt dies aber nicht realistisch. Zwei Big Men ohne Range auf dem Court kann sich in der heutigen NBA kein Team mehr erlauben, das irgendwelche Ambitionen hat.
Da Gobert mittlerweile der klar bessere Spieler ist und die Jazz nicht unbedingt in reizvollen Assets schwimmen, sollte es niemanden überraschen, wenn Favors bis spätestens zur Trade Deadline ein neues Zuhause hat.
Für finanzielle Entlastung könnte Utah darüber hinaus die Team-Option bei Boris Diaw verstreichen lassen, "The Big Croissant" könnte indes auch noch ein potenzieller Trade-Chip sein. Burks wäre nominell auch ein Trade-Kandidat, aufgrund seiner mittlerweile üppigen Verletzungsakte ist es jedoch fraglich, dass man für ihn wirklichen Gegenwert bekommen kann.
Für potenzielle All-In-Moves ist Utah ebenfalls ausgerüstet - die Jazz haben alle ihre Picks in den nächsten Jahren und zwei weitere Erstrundenpicks aus Golden State (2017) und Detroit (2018). Ein ereignisreicher Sommer dürfte es also so oder so werden in Salt Lake City - der erste Dominostein, von dem alles andere abhängt, ist jedoch Hayward.