Die Boston Celtics sind in den Eastern Conference Finals deutlich an den Cleveland Cavaliers gescheitert. Was hat noch gefehlt? Was passiert mit Isaiah Thomas und dem Brooklyn-Pick? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was hat den Celtics gegen die Cavs noch gefehlt?
"Ich weiß, dass wir ein gutes Team sind. Ich weiß aber auch, dass wir noch kein großartiges Team sind", sagte Danny Ainge auf einer ausführlichen Pressekonferenz nach dem Aus gegen die Cleveland Cavaliers.
Gegen den Champion aus Ohio war genau das das Problem: Gut zu sein reicht nicht aus, um in einer Playoff-Serie gegen LeBron und Co. zu bestehen. Es war kein Zufall, dass der einzige Sieg nur zustande kam, als der King offensichtlich komplett neben sich stand.
Der Ausfall von Isaiah Thomas sollte auch nicht zu hoch bewertet werden: Die Cavs hatten ihn in den Spielen 1 und 2 gut im Griff und zwangen ihn durch Traps und Double-Teams, den Spalding an die Teamkollegen abzugeben. IT stand bei 7/25 Treffern aus dem Feld, ehe seine Hüfte das Playoff-Aus besiegelte.
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Auch als er noch auf dem Feld stand, offenbarte sich das Problem fehlender Feuerkraft im Kader. Das Doppeln gegen Thomas wurde einfach nicht bestraft. Mit Avery Bradley, Marcus Smart oder Al Horford gibt es zwar Spieler, die temporär von der Dreierlinie heiß laufen können. Nicht selten folgt allerdings auf ein starkes Spiel der genannten ein enorm schwaches.
35 Prozent von Downtown (Cavs: 43 Prozent) über die ganze Serie sprechen eine deutliche Sprache, vor allem vor dem Hintergrund, dass sich Cleveland defensiv nicht mit Ruhm bekleckert hat und haufenweise offene Würfe zuließ. Auch, wenn es die alte Leier ist: Den Celtics fehlt ein offensiver Go-to-Guy. In den Playoffs reicht ein Kollektiv oder ein brillant aufgemaltes Play von Brad Stevens nach einer Auszeit nicht aus, um ganz oben mitzuspielen. Vor allem dann nicht, wenn Thomas ersetzt werden muss.
Auch defensiv waren die Kobolde der Übermacht aus Ohio nicht gewachsen. Bradley und Smart mögen zwar starke Individual-Verteidiger sein - doch auch sie schafften es nicht, Kyrie Irving von seinen Drives abzuhalten. Stehen die beiden in Kombination mit Crowder und Jonas Jerebko auf dem Court, geht es zwar hart und dreckig zu, doch erstens ist diese Kombination offensiv nicht tragbar und zweitens löst sie das Problem der Rim Protection nicht.
Denn wenn der Ball erstmal in Brettnähe war, hatte Boston keine Waffen mehr. Al Horford wird als Verteidiger zwar unterschätzt, doch alleine ist er machtlos. Das Rebound-Duell ging meist klar an den Gegner. Ein Spieler wie Tristan Thompson bereitete den Grünen schon die ganze Saison über Probleme, was sich auch in den East Finals bestätigte. 3,1 Offensiv-Rebounds pro Spiel sind für einen einzelnen Spieler zu viel.
Wie ist die Saison zu bewerten?
"Trust The Process" ist zwar das vielbesungene Motto der Philadelphia 76ers, darf jedoch getrost auch als Mantra der Celtics festgehalten werden. Danny Ainge ist enorm vorsichtig damit, strikte Ziele zu äußern oder seine gefühlt unendliche Anzahl an Picks und Trade-Bausteinen für einen Superstar-Deal zu opfern.
Vor diesem Hintergrund ist das Erreichen der East Finals als Top Seed ein klarer Fortschritt im Vergleich zum Ausscheiden in der ersten Runde im Vorjahr, doch kaufen können sich die Celtics dafür nichts. Das sieht auch Ainge so: "Es fühlt sich so an, als wäre es völlig egal, ob wir in den Conference Finals waren oder ob wir Spiel 7 gegen die Wizards verloren haben."
Denn die Niederlage gegen die Cavs war einfach zu deutlich, um die Hoffnung zu schüren, dass ohne große Veränderungen die Lücke im nächsten Jahr geschlossen werden kann. "Dieser letzte Schritt ist der härteste überhaupt", weiß Ainge, der betont: "Jeder in der Organisation weiß, dass wir besser werden müssen. Wir müsse unserem Kader noch etwas hinzufügen."
All das klingt nicht unbedingt nach Begeisterung über das in dieser Saison Erreichte. Nach außen hin wurde ohnehin das ganz große Ziel kommuniziert: Nach jedem Sieg in den Playoffs wurde die Anzahl der Spiele heruntergezählt, die es für eine Championship noch zu gewinnen galt.
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Ainge weiß natürlich, dass das viel zu hochgestapelt war. Denn gegen die Cavaliers mit einem LeBron in Überform war es unmöglich, mit diesem Team mitzuhalten. Vermutlich wäre es auch mit Jimmy Butler oder Paul George nicht viel anders gelaufen, die vor der Trade Deadline hoch gehandelt wurden. Zumal durch solch einen Deal die berüchtigte Kadertiefe einen Einschnitt erhalten hätte. Was also bleibt, ist das Fazit, dass Coach Stevens das Maximum aus dieser Truppe herausgeholt hat.
Was passiert mit Isaiah Thomas?
Der letzte Pick des Draft 2011 hat eine unfassbare Saison hingelegt. Mit 28,9 Punkten pro Spiel schaffte er den Sprung zum All-Star und bewies sich in vielen Situationen als einer der besten Clutch-Scorer der Liga.
Mit seinem Salär von 6,5 Millionen Dollar ist er neben Steph Curry der wohl unterbezahlteste Spieler der Association, zumal es nächste Saison um 300.000 Dollar sinkt. Dann wird er Unrestricted Free Agent.
Bemühungen, den Vertrag von IT4 vorzeitig zu verlängern, sind bis dato noch nicht zu erkennen. Aus finanzieller Sicht macht es für Ainge auch durchaus Sinn, damit zu warten, denn Thomas Wert war nie höher als diesen Sommer und wird auch vermutlich nie höher sein. Ein langfristiger Maximal-Vertrag ist äußerst riskant, denn: IT4 ist auch schon 29. Und ein Blick in die Vergangenheit verrät, dass die Prime von besonders kleinen Spielern, die von ihrem Antritt leben, viel schneller vorbei ist das die der größer gewachsenen Kollegen.
Tritt dieser Fall auch bei Thomas mit einem Max-Deal ein, steht im Jahre 2020 im schlechtesten Fall ein Spieler mit 30 Millionen Dollar in den Büchern, der das Niveau von einem Nate Robinson in den Dreißigern nicht unbedingt übertrifft.
Was die Entscheidung rund um Thomas auch noch beeinflusst, ist der Draft 2017. In diesem besitzen die Celtics bekanntlich den ersten Pick in einem Jahrgang, in dem es vor talentierten Point Guards praktisch wimmelt. Behält man den Pick und draftet beispielsweise Markelle Fultz, dann könnte Thomas im nächsten Sommer verzichtbar sein, sofern Fultz die an ihn gesetzten hohen Erwartungen erfüllt.
Bleibt die Option eines Trades in diesem Sommer. Ein solcher ist mehr als unwahrscheinlich. Denn Ainge weiß, dass er der unglaublichen Euphorie in der Stadt einen Dämpfer setzen und sich selber unbeliebt machen würde. Thomas ist - gerade nach der Tragödie um seine Schwester und die Art und Weise, wie er damit umgegangen ist - unangefochtener Publikumsliebling.
Aus Sicht der Franchise ist es also die sinnvollste Variante, einfach ein Jahr abzuwarten und dann eine Entscheidung zu treffen. Denn so "billig" bekommt man im Sommer 2017 keinen Ersatz - und Thomas dürfte mit dem Wissen, weiterhin um einen dicken Vertrag zu spielen, nicht unbedingt weniger motiviert sein.
Er selber übt sich auch in Geduld und soll der Franchise mitgeteilt haben, dass ein neuer Vertrag warten kann - die Akquirierung von hochkarätigen Spielern sei wichtiger. "Ich werde der Organisation helfen, wo ich kann. Ich möchte einen Ring gewinnen. Wir waren dieses Jahr nah dran, weswegen ich es nun noch mehr möchte", erklärte er.
Welche Zukunfts-Optionen gibt es?
Celtics-Insider Kevin McConnor von The Ringer lieferte eine treffende Zusammenfassung der Celtics-Optionen im Sommer: "Sie können in alle Richtungen gehen. Sie haben ein talentiertes Team und einen überragenden Head Coach. Sie sind in die East Finals gekommen. Sie besitzen den No.1-Pick. Sie können Cap Space für einen Superstar im Sommer schaffen. Kurz: Danny Ainge hat alle Trümpfe in der Hand."
Um die Möglichkeiten aufzulisten, die sich daraus ergeben, fehlt an dieser Stelle der Platz. Überspitzt gesagt gibt es zwei Strategien: Soll der Titel 2018 angegriffen werden oder der Titel 2025? Diese Frage sollten sich alle anderen Ost-Teams auch stellen (Hallo, Toronto), ob es sich überhaupt lohnt, in der LeBron-Ära gut zu sein.
Entscheidet man sich für die "Variante 2018", wird die Jagd auf Free Agents im Sommer 2018 eröffnet werden. Es gibt die Möglichkeit, Cap Space zu schaffen, ohne wirkliche Verluste hinnehmen zu müssen. Beispielsweise werden Jonas Jerebko (5 Millionen Dollar dieses Jahr) und Amir Johnson (12 Millionen Dollar) Unrestricted Free Agents. Nimmt man an, dass die beiden nicht bleiben und Kelly Olynyk (RFA) nicht mit Geld zugeschüttet wird, stehen rund 30 Millionen Dollar zur Verfügung.
Ein Name, der schon länger kursiert, ist Gordon Hayward. Er wäre die lang ersehnte, konstante Scoring-Option neben Thomas und passt mit seinem ruhigen und selbstlosen Charakter perfekt ins Konstrukt. Diese Eigenschaft könnte ihn zum Beispiel von Butler oder George unterscheiden, die ohnehin nur per Trade zu haben wären.
Mit dem jetzigen Kader plus beispielweise Fultz und einer Leistungssteigerung von den anderen Jungspunden würde die Celtics mit Hayward ihren Status als Nummer 2 im Osten untermauern. Die Lücke zu den Cavs wäre aber noch da und so wohl nicht zu schließen. Und wenn LeBron endlich aus seiner Prime raus ist (sofern dies überhaupt jemals geschieht), wären die besten Spieler auch nicht mehr die jüngsten.
Bleibt die "Variante 2025" (James wäre dann 40). Bei dieser wäre ein Trade des Nets-Picks (siehe Frage 5) keine Option, auch ein Jaylen Brown oder Terry Rozier kämen als Trade-Kandidaten nicht mehr infrage. Stattdessen würde alles erstmal so bleiben, wie es ist. Eine Hausnummer im Osten wäre Boston natürlich nach wie vor, ein Contender jedoch nicht. Das würde sich ändern, wenn die jungen Spieler zu Stars gereift sind und die Cavs nicht mehr das Finals-Abo haben. Die Jagd auf Free Agents würde dann also auf die kommenden Sommer verschoben werden. Und: Isaiah Thomas oder Al Horford spielen in einem möglichen, künftigen Championship-Team nicht mehr die allergrößte Rolle.
Was passiert mit dem No.1.-Pick?
DeMarcus Cousins sowie Brooklyns Draft-Pick 2017. Diesen beiden "Dinge" waren in der Vergangenheit das heißeste Trade-Thema überhaupt. Da Boogie nun unter der Haube ist, hat der Pick die alleinige Vormachtstellung - und seit feststeht, dass er der allererste sein wird, wurde es nur noch "schlimmer".
"Der Pick ist enorm wertvoll und wir werden uns weiterhin anhören, was Leute dafür bieten", erklärte zuletzt Danny Ainge. Das gleiche Szenario gab es allerdings auch schon im Vorjahr, als die Celtics bekanntlich auch schon den Nets-Pick ihr eigen nennen durften. Am Ende behielten sie ihn und drafteten Jaylen Brown.
Und auch dieses Jahr ist es wahrscheinlich, dass bis zum Draft gar nichts passiert, auch, wenn Paul Pierce das gerne anders haben würde. Denn wie in Frage 4 schon erklärt, ist ein Trade für einen Superstar noch längst keine Garantie auf einen Contender-Status. Und das, was rund um die Trade-Dedline gehört werden konnte, wurden für Butler oder George deutlich höhere Preise aufgerufen als "nur" dieser Pick.
Ein anderes Szenario ist trotzdem möglich. Ainge könnte versuchen, nach dem Draft einen Free Agent (Hayward?) an Land zu ziehen und anschließend erst einen Trade einzufädeln. Als Erfolgsbeispiel können hier die Cavaliers dienen, die 2014 erst Andrew Wiggins drafteten, dann LeBron James via Free Agency holten und zuletzt Wiggins für Kevin Love eintauschten. Auf diesem Wege könnte Boston auch eine Big Three formen.