Die Finals werden für langweilige Playoffs entschädigen
Andre Voigt: Jein. Es kommt darauf an, was man als Entschädigung ansieht. Wenn der Maßstab "spannende Spiele" herangezogen wird, kann es gut sein, dass man nicht entschädigt wird. Wenn man aber darauf schaut, wie die Teams versuchen werden, das jeweils andere zu schlagen, welche Änderungen es von Spiel zu Spiel geben wird - dann wird man auf jeden Fall entschädigt. Die Finals werden von der ersten Minute an ein Schachduell sein, denn beide Teams kennen sich sehr gut, auch, wenn bei den Warriors inzwischen Kevin Durant dabei ist. Tyronn Lue bei den Cavs und das "Coach-Konglomerat" bei den Warriors werden mit vielen verschiedenen Taktiken daherkommen und ihre Strategien immer wieder verschieben. Und genau darauf freue ich mich am meisten - auch dann, wenn es in fünf Spielen schnell vorbei sein sollte.
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Thorben Rybarczik: Es bleibt natürlich erstmal die Frage, ob die Playoffs tatsächlich langweilig waren. Wenn man die Dominanz der Warriors und Cavs ausklammert - schließlich waren wir uns alle sicher, dass es zum Finals-Rematch kommt - gab es abseits davon doch viele spannende Geschichten und Serien. Zu nennen wäre da allen voran die Serie Wizards gegen Celtics, bei der ja auch schon diese Anpassungen in der Ausrichtung von Spiel zu Spiel zu sehen waren. Auch die Personalie Isaiah Thomas hat genügend Stoff geliefert. Wie er mit der Tragödie um seine Schwester umgegangen ist - Wahnsinn. Oder nehmen wir die Serie der Rockets gegen die Spurs unter dem Gesichtspunkt, wie James Harden von der Defense kaltgestellt wurde. Und was war bitte mit Spiel 1 zwischen den Warriors und Spurs? Klar, es wurde von der Verletzung Kawhi Leonards überschattet. Trotzdem war es an Dramatik kaum zu überbieten. Die Finals müssen also gar nicht - auch, wenn sie hoffentlich episch werden - für die vorherigen Playoffs entschädigen.
Alex Schlüter: Ich bin da zwiegespalten. Es gab tatsächlich Spiele und ganze Serien, die mich gefesselt haben, beispielsweise die der Spurs gegen die Rockets. Auch Boston gegen Washington hat doch das Maximum an Spannung geboten, auch, wenn ich die Serie taktisch nicht auf dem ganz großen Niveau gesehen habe. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Serien und Teams, die mich enttäuscht haben. Es gab im Osten zu wenig Gegenwehr für die Cavs, gerade von den Raptors habe ich mir mehr erhofft. Auch die Warriors sind ungeprüft durchmarschiert. Das war aber nur wegen eben dieser Verletzung Leonards möglich - ich bin der Meinung, dass dies die beste Serie war, die es nie gab. Die Spurs hätten Spiel 1 ohne Frage gewonnen und wir hätten sieben epische Spiele erlebt. Also: Ein paar Teams kann man schon den Vorwurf machen, dass der Weg in die Finals zu einfach war, bei wiederum anderen haben Verletzungen Spannung einfach nicht zugelassen. Nun dürfen wir uns Hoffnung auf eine klasse Serie machen: Die Warriors haben die Erwartungen komplett erfüllt, während die Cavs sogar deutlich besser unterwegs waren, als es nach der Regular Season viele für möglich gehalten hatten.
Thorben Rybarczik: Wie kann man es überhaupt langweilig finden, den Warriors zuzuschauen? Wie sie es schaffen, aus dieser nie dagewesenen Konstellation mit vier Stars heraus einen solch selbstlosen Stil aufzuziehen? Und das ohne den eigentlichen Head Coach. Ich rede jetzt nicht von der Garbage Time, von der es ja jede Menge gab, sondern davon, wie schnell dieses Team einen Run hinlegen kann, der das Spiel aus dem Nichts entscheidet. Auch im Osten macht es einfach Spaß, LeBron dabei zuzuschauen, wie er wieder in der Lage ist, den Playoff-Schalter so konsequent umzulegen und alles und jeden auf unterschiedlichste Art und Weise zu dominieren.
Andre Voigt: Mir wird das Thema "Langeweile" zu sehr auf die Ergebnisse bezogen. Zudem läuft mir die Kritik an den sogenannten "Superteams" zu sehr ins Leere - besonders im Hinblick auf den historischen Kontext. Teilweise entlarvt das die Leute auch und zeigt, dass sie sich nicht viel mit der Vergangenheit der Liga auseinandergesetzt haben. Denn: Es gab schon immer Superteams und es wird auch immer welche geben. Egal, wie groß die Liga ist oder war, es gab immer nur einige wenige Teams, die Meister werden konnten. Das ist dieses Jahr mit den Cavs und Warriors plus vielleicht den Spurs auch nicht anders. Parität gab es in der Liga noch nie, ganz egal, wie man am CBA herumschraubt. Die Superstars haben einen viel größeren Einfluss auf das Spiel und ihre Zukunft, anders als es beispielsweise in der NFL der Fall ist. Wenn sie also ein Superteam bilden wollen, werden sie es tun. Und das schadet der Liga nicht! In allen Hochzeiten der NBA gab es diese Teams, ob es die Celtics um Bird, die Lakers um Magic oder die Bulls um Jordan waren. Von daher ist das Thema "Langeweile" für mich künstlich erzeugt, auch durch die sozialen Medien und dadurch, dass jeder immer alles gucken kann und sich aufgrund weniger Eindrücke eine Meinung des großen Ganzen bildet.
Ole Frerks: Im Großen und Ganzen wurde das Meiste gesagt und ich stimme dir im Wesentlichen auch zu, Dre, dass wir hier keine neue Entwicklung sehen. Wobei es bisher eben nicht den Fall gab, dass in beiden Conferences ein Team so weit über allen anderen schwebte. Das nimmt mir, wenn ich in der Nacht vorm Rechner hänge und das Spiel teilweise schon im zweiten Viertel entschieden ist, dann doch den Spaß und das ist auch keine künstlich erzeugte Langeweile. Und es ging dabei nicht nur um den Spielstand, sondern auch um das Thema Dramaturgie im Hinblick auf eine Serie. Die gab es weder bei den Cavs noch bei den Warriors, zumindest nicht aus meiner Sicht (auch nicht gegen die Spurs). Ich habe mich als Celtics-Fan über den Sieg in der Lottery fast genauso sehr gefreut wie über Spiel 7 gegen Washington - das sollte meiner Meinung nach nicht so sein, aber es ist für die "kleineren" Teams derzeit einfach kaum möglich, gegen Golden State oder Cleveland so etwas Ähnliches wie Hoffnung zu erzeugen. Von daher sage ich als Basketball-Fan: Ich hoffe, dass wenigstens die Finals spannend werden. Einige Highlights ändern für mich wenig daran, dass die Post-Game-PK in diesen Playoffs bisher häufig spannender war als das eigentliche Spielgeschehen.