Lonzos außergewöhnliche Erziehung
In einem Interview mit Jeff Goodman erzählte Lonzo kürzlich von einem NCAA-Spiel, nach dem Reporter ihn bedrängten. Seine Mutter Tina hatte kurz zuvor einen Schlaganfall erlitten und LaVar war zuhause geblieben, um die Reha selbst in die Hand zu nehmen. "Ich wurde wütend - aber das kannst du nicht zeigen", reflektierte Lonzo. In so einem Moment könne man nichts tun, außer es "abzuhaken und weiterzumachen".
Diese Selbstbeherrschung und Vernunft gegenüber den Reportern ist bei einem Jungen seines Alters alles andere als selbstverständlich. Sie ist das Ergebnis der strengen Hand LaVars, der auch schon mal bekannt gab, dass körperliche Züchtigung und Angst probate Mittel zur Erziehung seien. Und das Ergebnis seiner schier grenzenlosen Unterstützung und des Vertrauens in seinen Sohn.
Unabhängig davon, was man von LaVars Methoden hält - Fakt ist: Bei Lonzo haben sie gefruchtet. Lakers-Coach Luke Walton sagte unlängst, die anscheinende Omnipräsenz und Hybris des Vaters seien keine "Deal-Breaker". Der Grund dafür ist sicher nicht (nur) in den Stats zu finden, die Ball in seiner College-Saison auflegte. Es ist vielmehr sein eigener Charakter.
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Obwohl der Guard nur ein einziges Jahr an der UCLA spielte, sind seine Mitspieler voller Lob: "Er geht einfach mit gutem Beispiel voran", sagte Senior Bryce Alford, der ebenfalls bei den Lakers vorspielen durfte. "Lonzo interessiert sich wirklich mehr dafür, was seine Teamkollegen brauchen, als für sich selbst."
Power Forward T.J. Leaf äußerte sich gegenüber der Sports Illustrated ähnlich: "Er ist der geborene Anführer." Denn auch wenn Ball auf dem Platz eher der stille, konzentrierte Typ sei, bekäme man ihn in der Umkleide kaum dazu "die Klappe zu halten."
Dass Leaf zurzeit in den Mockdrafts als mittlerer Firstrounder auftaucht, verdankt er nicht zuletzt Lonzo Ball. Dessen Art motiviere das ganze Team, auch den nächsten Extra-Cut mit vollem Speed zu laufen, erklärte Alford. "Er spielt immer für die Stärken des Teams", erkannte Ende letzten Jahres auch Kentucky-Coach John Capliari an.
Lonzo und Los Angeles - ja oder nein?
Diese Lobeshymnen werden natürlich auch bei den Lakers-Scouts gehört. Deshalb ist die These des Bleacher Reports, Balls "durchschnittliches" erstes Work-Out in L.A. habe "die Tür für andere Prospects geöffnet" mit Skepsis zu genießen. Zumal solche Gerüchte nach dem zweiten Training weitestgehend verstummten.
Traden die Lakers ihren Pick, um Platz für Paul George und LeBron zu machen (L.A. Times)? Holen sie lieber einen athletischen Swingman wie Tatum oder Jackson und lassen D'Angelo Russell noch ein Jahr, um sich zu beweisen (lakersnation.com/ESPN)? Oder bekommen sie an zweiter Stelle sogar noch eine Chance auf Markelle Fultz (ESPN)?
All das sind Fragen, die natürlich gestellt werden dürfen. Letztendlich wird Ball an zweiter Stelle voraussichtlich der "Best Player Available" sein - und er bringt Qualitäten mit, die gerade in der Stadt der Engel über allem Anderen stehen.
Zum einen identifiziert er sich mit seiner Heimatstadt. Er ist ein Home-Town Hero oder will zumindest einer werden. Gegenüber Jeff Goodman sagte Ball: "Für die Lakers zu spielen wäre ein Segen. Ich bin sehr stolz darauf, für meine Stadt und die Westküste zu spielen." Ball hat L.A.-DNA in seinem Blut.
Für den zweiten Punkt kann noch einmal UCLA-Teamkollege Alford zitiert werden: "Das Wichtigste hier ist, eine Gewinner-Mentalität mitzubringen. Und Mann - Dieser Typ gewinnt." Was banal klingt, ist beim 16-fachen NBA-Champion tatsächlich elementar. In Los Angeles stehen die Spieler unter besonders genauer Beobachtung unter der Erfolgsdruck ist gewaltig. Wer nicht überzeugt davon ist, ein Champion zu sein, hat es hier schwer.
Die Balls: Das Gewinnen liegt in der Familie
Eben dieses unerschütterliche Selbstvertrauen, dass in L.A. und auch der NBA vonnöten ist, hat Ball von Geburt an eingeimpft bekommen. Vor allem durch seinen Vater LaVar. Und auch wenn er es nicht so lautstark kundtut wie sein alter Herr, sollte man sich nicht täuschen lassen: Sein Ehrgeiz kennt kaum Grenzen.
Im Players Tribune erzählt Ball von einem Spiel, bei dem er mit seinen Brüdern gegen eine ältere und körperlich weit überlegene Mannschaft aus New York antrat: "Die Art von Spiel, in das die meisten Teams schon mit der Einstellung gegangen wären, dass sie verlieren werden." Die Ball-Brüder aber waren von Anfang an sicher, zu gewinnen - und das taten sie am Ende auch. "Wir haben Dreier auf sie regnen lassen", erinnert sich Lonzo. Warum sie so überzeugt waren? LaVar hatte ihnen nie etwas anderes beigebracht.
"Ich werde der Beste sein - bei weitem. Da bin ich mir sicher", sagte Lonzo zuletzt bei Jimmy Kimmel. Der Talkshow-Host wollte wissen, welcher der drei Brüder das größte Talent habe. Lonzos Antwort wäre vermutlich aber genauso ausgefallen, wenn Kimmel nach der gesamten NBA gefragt hätte.
Diese extrem ehrgeizige Einstellung kombiniert mit seiner Fähigkeit, trotz des jungen Alters den Leader zu geben und sein unbestreitbares Skillset können Ball weit bringen - Im Draft. Bei Los Angeles. In der NBA.
Doch jetzt wird es Zeit, aus dem schützenden Schatten seines Vaters zu treten. Das nächste Kapitel seiner Karriere - es muss Lonzos eigenen Stempel tragen. Und es beginnt am 22. Juni in New York.