NBA

Team-Stats: Bill Russell hat (fast) immer Recht

Von Simon Haux
LeBron James und seine Cavaliers unterlagen in den NBA-Finals 2017 den Golden State Warriors
© getty

Im Rahmen der NBA-Themenwoche "Analytics" blickt SPOX heute auf Team-Stats jenseits von Siegen und Niederlagen. Wie misst man die Qualität der Offensive und Defensive? Welche Daten beschreiben die unterschiedlichen Stärken, Schwächen und Spielideen? Und welche Statistik sagt mehr über die Leistungsfähigkeit eines Teams aus als dessen Bilanz?

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"Die einzig wichtige Statistik ist das Endergebnis des Spiels", gab der elffache Champion Bill Russell einst zu Protokoll. Wenn es am Ende der Saison um den Einzug in die Playoffs und einige Wochen später um den Titel geht, schert sich wohl wirklich niemand darum, wie und warum eine Mannschaft an diesen Punkt gelangt ist.

Dennoch bieten die Datenberge, die jedes Jahr in über 1200 NBA-Spielen erhoben werden, zahlreiche wertvolle Einblicke in das Innenleben der Teams.

Der Trend zu immer mehr Distanzwürfen eroberte die Liga in den vergangenen Jahren im Sturm. Seit 2012 stieg die Anzahl der genommenen Dreier um mehr als 80 Prozent. Das Moreyball-System, das vor allem wenig ertragreiche Mitteldistanzwürfe zu eliminieren versucht, wird inzwischen beinahe als Synonym für modernen Basketball angesehen.

Moreyball? Wurfauswahl, Ball-Movement und Spielgeschwindigkeit

In welchem Ausmaß Teams auf diese Strategie setzen, lässt sich zuallererst anhand ihrer Dreier-Rate (3PAr) erkennen. Sie misst den Anteil der Distanzwürfe an allen Wurfversuchen einer Mannschaft. Seit General Manager Daryl Morey vor fünf Jahren den Trade für James Harden einfädelte, dominieren die Houston Rockets die NBA in dieser Kategorie und erreichten in der abgelaufenen Saison einen historischen Höchstwert: Mehr als 46 Prozent ihrer Würfe feuerten Harden, Trevor Ariza, Eric Gordon und Co. von jenseits der Dreierlinie ab.

Aber auch beim Rest der Liga zeigt der Trend in die gleiche Richtung. Lag die durchschnittliche 3PAr in der Saison 2011/12 noch bei gut 22 Prozent, kommt inzwischen fast jeder dritte Feldwurf aus der Distanz. Der Vorteil ist offensichtlich: Macht ein Spieler aus der Mitteldistanz den Schritt hinter die Dreierlinie, bringt jeder Treffer einen zusätzlichen Punkt.

Ein weiterer Weg, die Punktausbeute pro Angriff zu erhöhen, sind "leichtere" Würfe in direkter Korbnähe. Obwohl die Rockets auch darauf großen Wert legen, machte ihnen in der abgelaufenen Saison ein anderes Team den Spitzenplatz streitig. Angeführt von MVP Russell Westbrook zogen die Oklahoma City Thunder häufiger als jedes andere Team für Dunks und Layups zum Korb und nahmen rund 38 Prozent ihrer Würfe innerhalb der Restricted Area direkt am Ring.

Free Throw Rate (FTr) und Pace

Neben der durchschnittlich höheren Trefferquote dieser Würfe ergibt sich noch ein weiterer Vorteil. Teams, die wie die Rockets und Thunder besonders oft den Korb attackieren, provozieren dabei meist auch mehr Fouls und kommen häufiger zu Freiwürfen, den mit Abstand "besten" Würfen im Basketball.

Das Verhältnis von Frei- zu Feldwürfen misst die sogenannte Free Throw Rate (FTr). Nimmt eine Mannschaft in einem Spiel 100 Würfe und marschiert zudem 25 Mal an die Linie, ergibt sich eine Freiwurf-Rate von 25 Prozent.

Einen weiteren Hinweis auf die Strategie eines Coaches gibt der Blick auf die Geschwindigkeit (Pace), mit der sein Team spielt. Diese gibt die Anzahl der Ballbesitze an, die eine Mannschaft durchschnittlich pro Spiel hat. Unter den Schnellsten der Saison 2016/17 waren neben den Rockets oder Warriors auch die Suns und Nets - junge Teams, die (aktuell noch ohne zählbaren Erfolg) versuchen, "moderne" Spielsysteme zu etablieren.

Übrigens: Die für ihre Geschwindigkeit berüchtigten "7 Seconds or Less"-Suns des heutigen Rockets-Coaches Mike D'Antoni hatten in dessen fünfjähriger Amtszeit (2003-2008) nur zweimal die höchste Pace der NBA.

Assists, Pässe und Ball-Movement

Neben ihrer Pace stach im Spiel der Suns in dieser Ära noch ein zweites Merkmal hervor: die Uneigennützigkeit ihres Franchise Players. Insbesondere dank Point Guard Steve Nash gehörte die Truppe aus Arizona über Jahre zu den Teams mit der höchsten Assist Percentage (AST%). Diese gibt Auskunft, wie viele getroffene Würfe eines Teams direkt von einem Mitspieler vorbereitet wurden.

Nash hievte die Suns innerhalb von zwei Jahren nach seiner Ankunft aus Dallas vom letzten Platz in die Spitzengruppe der Liga. Inzwischen ist das selbstlose Spiel der Warriors das Maß aller Dinge. In der Saison 2016/17 lag die AST% des Champions bei 70 Prozent, mehr als zwei Dritteln ihrer getroffenen Würfe ging also ein Assist voraus.

Den Gegenpol stellen Teams dar, die sich wie die Raptors (47 Prozent) und Thunder (53 Prozent) stärker auf die Qualität herausragender individueller Scorer wie DeMar DeRozan oder Russell Westbrook verlassen.

Zahlreiche Assists sind natürlich noch kein Beleg für ausgeprägtes Ball-Movement. Seit die NBA im Jahr 2013 in den Arenen aller 30 Teams Kameras installierte, um jede Bewegung von Ball und Spielern zu verfolgen, wird dazu auch die Anzahl der gespielten Pässe erhoben. Erneut liefern dabei die Rockets ein extremes Beispiel: Trotz der ligaweit vierthöchsten AST% belegten sie mit 272 Pässen pro Spiel in der letzten Saison nur Platz 27.

Dies deutet vor allem auf die besondere Rolle von Superstar James Harden hin. Der Guard dominiert den Ball wie kaum ein Zweiter, während seine Mitspieler das Feld breit machen oder die von Harden eingeleiteten Angriffe abschließen sollen. Auch die Cavaliers, Raptors, Thunder und Wizards bewegen den Ball nur wenig durch die eigenen Reihen, während die Warriors, Spurs und Celtics besonders passfreudig sind. Ball-Movement ist also weniger eine Frage des Erfolges als des Stils - und natürlich des zu diesem Stil passenden Personals.

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