NBA: Sind die Houston Rockets der (bisherige) Verlierer der Offseason im Westen?

Robert Arndt
13. Juli 201814:06
Die Houston Rockets wollen erneut die Golden State Warriors angreifengetty
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Die Houston Rockets haben in der Free Agency mit Chris Paul ihren größten Free Agent halten können, mussten aber in Trevor Ariza und Luc Mbah a Moute zwei exzellente Verteidiger ziehen lassen. Auch beim Poker um Clint Capela ist noch kein Ende in Sicht. Und: Was wollen die Rockets mit Carmelo Anthony?

Einen guten Monat ist es nun her, dass die Houston Rockets das Super-Team aus der Bay Area beinahe vom Thron gestoßen hätten. Golden State wankte und schwankte in den Western Conference Finals bedenklich, selbst ohne Chris Paul führten die Rockets in den Spielen 6 und 7 zweistellig, nur über die Ziellinie brachten sie es letztlich nicht.

Es blieb das Gefühl einer verpassten Chance, die vielleicht sogar einmalig war. Die 27 vergebenen Dreier in Folge in Spiel 7 werden wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Zum Posterboy wurde dabei Trevor Ariza, der alle seine 12 Würfe vergab, aber immerhin gegen Kevin Durant in der Defensive aufopferungsvoll dagegen hielt.

Ariza folgt dem Ruf des Geldes nach Phoenix

Die Rockets werden nun aber einen anderen KD-Stopper suchen müssen. Nur 40 Minuten nach Beginn der Free Agency berichtete Shams Charania von Yahoo! Spors, dass sich Ariza den jungen, aufstrebenden Phoenix Suns angeschlossen hatte - 15 Millionen Dollar für ein Jahr, Geld welches die Rockets dem inzwischen 33-jährigen Flügelspieler nicht zahlen wollten.

"Phoenix war das aggressivste Team", erklärte Ariza seine Entscheidung bei der Vorstellung in Arizona. "Sie haben das meiste Interesse gezeigt. Man will geschätzt werden, das ist völlig menschlich." Geschätzt heißt im Ariza-Sprech "bezahlt" und ist völlig legitim für einen Spieler, dessen Karriere-Herbst vor der Tür steht, auch wenn es heißt, dass er nun nicht um einen weiteren Ring spielen wird.

"Dass wir Trevor verloren haben, tut weh", gestand Mike D'Antoni gegenüber ESPN. "Wir können ihn nicht ersetzen, aber wir werden uns etwas ausdenken." Houston hätte Ariza also gerne behalten, doch mit einer Weiterbeschäftigung des Forwards wäre die Luxussteuer-Rechnung noch dicker geworden, als sie ohnehin sein wird. Im Moment liegen die Rockets mit 6 Millionen noch knapp darunter.

Chris Paul bekommt seinen Maximal-Vertrag

Dass dies der Fall ist, war im Prinzip vergangenen Sommer klar, als Houston mit dem Trade für Chris Paul über Nacht zum größten Widersacher der Warriors aufstieg. Der Spielmacher zog dafür extra seine Option und wurde so erst 2018 zum Free Agent. Im Gegenzug wurde bereits damals unter dem Tisch vereinbart, dass CP3 dann seinen Maximal-Vertrag bekommen würde.

Die Dinge änderten sich aber ein wenig in Texas. Der langjährige Besitzer Leslie Alexander verkaufte die Franchise an den lokalen Milliardär Tilman Fertitta und es gab Zweifel, ob dieser tatsächlich bereit sei, Unsummen an Luxussteuer zu bezahlen. Letztlich bekam Paul pünktlich seinen Max-Vertrag, wenn auch nur über vier statt der vollen fünf Jahre.

"Wir wussten, dass wir die Luxussteuer zahlen werden müssen", erklärte der Owner am Rande der Summer League. "Wenn man um eine Championship spielen will, braucht man schon sehr viel Glück, um nicht im Luxussteuer-Bereich zu sein. Das war also keine Diskussion für uns."

Zu wenig Geld für Mbah a Moute

Für Ariza oder auch Luc Mbah a Moute schien der Geldbeutel allerdings nicht offen zu sein. Mbah a Moute entschied sich nach einigen Tagen des Wartens für die Clippers, da Houston wohl nur Veteranen-Minimum (2,4 Mio.) und nicht die Mini-Midlevel-Exception (5,3) anbot. Dabei erklärte der Kameruner sogar noch einmal, wie gerne er weiter in Houston spielen würde.

"Trevor und Mbah a Moute hatten im vergangenen Jahr einen großen Anteil an unserem Erfolg", wusste auch GM Daryl Morey. "Es ist unser Job, für das kommende Jahr ein neues Team zusammenzustellen und wir sind zuversichtlich. Wir brauchen unser bestes Team ab dem 15. April."

Es schadet aber auch nicht, wenn bereits zum Saisonauftakt ein starkes Team bereitsteht. Mit Ariza und Mbah a Moute verloren die Rockets ihren beiden besten Flügelverteidiger und damit das, was Houston auszeichnete. Eine Top-6-Defense, die auf jeder Menge Switching fußte und den beiden Defensiv-Allroundern wie auf den Leib geschneidert schien.

Es bleibt der Wühltisch

Nun klafft dort ein großes Loch, auch wenn immerhin mit P.J. Tucker ein weiterer Garant dieser Verteidigung langfristig verlängerte und auch Gerald Green (1 Jahr, 2,4 Mio.) günstig gehalten wurde. Doch ansonsten? Lange war Michael Carter-Williams der einzige Free Agent von außerhalb. Dieser legte vergangene Saison in Charlotte 4,6 Punkte und 2,2 Assists pro Spiel auf und hat einen Karriere-Dreierschnitt von 25 Prozent.

Auf den ersten (und wohl auch auf den zweiten) Blick ist das keine Verstärkung. MCW ist obendrein ein großer Guard und kein Flügelspieler, nach denen die Rockets so händeringend suchen. Doch der Markt ist ausgetrocknet. Für Restricted Free Agents wie Rodney Hood fehlt die Capflexibilität, die guten Free Agents haben ihre Schäfchen bereits ins Trockene gebracht.

Es bleibt die berüchtigte Resterampe, von der sich Houston nun mit James Ennis (zuvor Memphis) bediente. Dazu wurden Trevon Graham (Charlotte), Nick Young (Golden State) oder auch James Nunnally (Fenerbahce) mit den Rockets in Verbindung gebracht. Das sind alles solide 3-and-D-Jungs (Swaggy P mal ausgeschlossen), welche dies aber noch nie in den NBA Playoffs unter Beweis stellen konnten. Immerhin dürften sie für einen schmalen Taler erhältlich sein.

Der Poker um Clint Capela

Teuer wird dagegen Clint Capela werden. Der Eidgenosse ist Restricted Free Agent, die Parteien haben sich noch immer nicht geeinigt und sollen laut diverser Medienberichte weit auseinanderliegen. Das Camp von Capela will angeblich einen Vertrag a la Steven Adams in OKC (4 Jahre, 100 Millionen), die Rockets sollen nur 60 Millionen für den gleichen Zeitraum bieten. Der Houston Chronicle sprach zuletzt von einem Angebot am 1. Juli, für das der Big 5 Jahre und 85 Millionen kassiert hätte.

Möglich ist auch, dass Capela das Qualifying Offer in Höhe von 4,7 Millionen akzeptiert. Das mag auf den ersten Blick preiswert klingen, auf der anderen Seite würden die Chancen der Rockets sinken, den Center langfristig zu halten, da dieser im Sommer 2019 dann Unrestricted Free Agent wäre.

Dieses Szenario würden die Rockets sicher gerne vermeiden, zu essenziell war Capela vor allem in den Playoffs für die Spielweise der D'Antoni-Truppe. Nur wenige Center können so problemlos auf Guards geswitcht werden wie der Schweizer, das weiß auch sein Agent, der nun das Beste für seinen Klienten aus den Rockets pressen will. Wie lange die Verhandlungen noch andauern werden, ist unklar. Die Fronten scheinen verhärtet.

Kann Carmelo Anthony den Rockets helfen?

Doch die Rockets sind nicht nur auf Capela fokussiert. Houston ist zudem einer der Favoriten auf Carmelo Anthony, der die Thunder aller Voraussicht nach verlassen wird, per Trade, Buyout oder durch eine Entlassung. Darauf deuten zumindest die letzten Berichte von Adrian Wojnarowski (ESPN) und Co. hin.

Per Trade werden die Rockets Melo sicher nicht bekommen, da OKC Geld einsparen will und zum Beispiel nicht den dicken Vertrag von Ryan Anderson haben möchte, der zudem noch ein Jahr läuft. Houston wird so auf einen Buyout hoffen, um Anthony so zum Veteranen-Minimum zu verpflichten. Sein Geld kriegt Melo von den Thunder ja ohnehin.

Wie gut dann aber der Fit in Texas wäre, ist fraglich. Schon in Oklahoma City hatte Anthony große Schwierigkeiten, als seine Touches weniger wurden und der einstige Elite-Scorer nur noch ein Spotup-Shooter war. Von 24 Spielern mit mindestens 1168 Wurfversuchen war Melo in Sachen Effizienz Letzter. Über seine Defense wurde obendrein genug berichtet, er kann einfach keinen Spieler mehr vor sich halten, egal ob Guard oder Forward.

Dennoch scheint Coach D'Antoni nicht von der Idee mit Melo abgeneigt zu sein, auch wenn die Beziehung mit dem einstigen Superstar gelinde gesagt holprig war. MDA würde Melo gerne als scorenden Power Forward von der Bank kommend sehen, auch soll Anthony nicht abgeneigt sein. Es ist schon lustig, denn letztes Jahr wollte Melo weiter starten und in New York unter D'Antoni weigerte er sich als Vierer aufzulaufen.

Depth Chart der Houston Rockets

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Chris PaulJames HardenGerald GreenP.J. TuckerClint Capela (RFA)
M. Carter-WilliamsEric GordonJames EnnisRyan AndersonNene Hilario
Zhou QiChinanu Onuaku

Harden und Paul verschlingen jede Menge Geld

Den Rockets steht also noch jede Menge Arbeit ins Haus, zu viele Fragezeichen schweben noch rund um das Toyota Center. Es ist der Preis des vergangenen Sommers, als man durch den Trade für Chris Paul All-in gegangen war und in der Folge die beste Regular Season der Franchise-Geschichte spielte und die Dubs bis ans Limit pushte.

Die beiden Stars im Backcourt sind nun beide mit neuen Maximalverträgen ausgestattet und werden in der Saison 2021/22 zusammen 88 Millionen Dollar kassieren (Cap Prediction für diese Spielzeit: 121,8 Mio.), CP3 ist dann fast 37 Jahre alt. Der Traum vom Titel lebt dennoch weiter im Lone Star State, nur scheint der Abstand zu den Warriors wieder größer geworden zu sein - trotz der Verlängerung von Paul.

Es lässt sich leicht sagen, dass dies - mit den Abgängen wichtiger Rollenspieler - die Rockets zu einem der großen Verlierer der Offseason macht. Ein Teil ihrer DNA ist flöten gegangen, ein Umstand, der zumindest in Teilen zu vermeiden gewesen wäre. Doch wie Morey bereits ankündigte, wird es weitere Veränderungen geben, ob im Sommer, zur Trade Deadline oder erst im März auf dem Buyout-Markt.

Bis dahin leben die Rockets in ihrer eigenen Blase: nicht gut genug für die Warriors, aber wohl besser als der Rest der ambitionierten Teams im Westen.