NBA: Die Los Angeles Lakers 2001 - Ein magischer Run verpackt als Seifenoper

Robert Arndt
23. August 201813:10
Kobe Bryant und Shaquille O'Neal waren der vielleicht gefährlichste One-Two-Punch der NBA-Geschichte.getty
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Der Playoff-Run der Los Angeles Lakers im Jahr 2001 zählt zu den größten Errungenschaften der NBA-Geschichte. Das Team um Kobe Bryant und Shaquille O'Neal verlor in den Playoffs gerade mal ein Spiel und dominierte wie kaum ein Team zuvor. Der Weg dahin war aber äußerst steinig: Zahlreiche Machtkämpfe ließen die Spielzeit zwischenzeitlich zur Seifenoper verkommen.

Es ist schon ein wenig lustig. Der Moment, der die Finals 2001 prägte, gehörte keinem Lakers-Spieler, sondern Allen Iverson, als dieser die ShaKobe-Lakers in Spiel 1 im Alleingang erlegte und nach einem getroffenen Wurf über Guard Ty Lue stieg. Es sollte die einzige Niederlage der Lakers in dieser Postseason darstellen, der ultimative Höhepunkt der Ära von Kobe Bryant und Shaquille O'Neal in der Stadt der Engel.

Ein Jahr später sollte noch der dritte Titel am Stück folgen, doch bereits 2000/01 deuteten sich die ersten Risse in LaLa-Land an - trotz des magischen Runs im Frühjahr, der zu diesem Zeitpunkt einmalig war und erst 2017 von den Golden State Warriors wiederholt wurde (16-1).

Shaq war außer Form

Über Shaq, Kobe und die Lakers dieser Zeit gibt es inzwischen zahlreiche Bücher, so viel Drama boten diese Jahre. Da machte auch die Saison 2000/01 keine Ausnahme. Die Probleme begannen bereits in der Vorbereitung, als der Diesel völlig außer Form im Trainingscamp auftauchte. Der Center, der im Vorjahr die beste Spielzeit seiner Laufbahn auf das Feld gezaubert hatte, feierte den Titel ein wenig zu ausgiebig und schleppte zahlreiche Kilos zu viel mit sich herum.

Ganz anders Kobe. "Er sagte mir, dass er in der Offseason hart an seinem Wurf, an seinen Moves gearbeitet habe, um der beste Spieler der Liga zu werden", erinnerte sich Assistent Coach Tex Winter. Als Bryant dann den übergewichtigen Shaq sah, begann es in Kobe zu brodeln. Gleichzeitig stieß es der damaligen Nummer acht sauer auf, dass Coach Phil Jackson mehr oder weniger über die Disziplinlosigkeiten des Big Fellas hinwegsah.

So begann die Spielzeit mit einem Hahnenkampf der zwei großen Egos. Auf der einen Seite O'Neal, die Urgewalt, der Tank, der nicht zu verteidigen war und zum Finals-MVP 2000 gekürt worden war und auf der anderen Seite der aufstrebende und ehrgeizige 23-jährige Kobe, der seinem Idol Michael Jordan nacheiferte und selbst den Laden schmeißen wollte.

Kritik am egoistischen Bryant wird lauter

Entsprechend holprig war der Start, viele Siege gegen schwache Teams waren wenig überzeugend. Zu allem Überfluss brach sich auch noch Spielmacher Derek Fisher den Fuß. Die Lakers schlafwandelten so durch die erste Saisonhälfte und vor allem defensiv fehlte es oft an Intensität - was auch an Shaq lag, der seiner Meinung nach, zu wenig in die Offense von Kobe eingebunden wurde.

"Er sagte uns: Wenn er nicht der Fokus in der Offense sei, sollten wir auch nicht erwarten, dass er harte Defense spielt", verriet Winter. Doch nicht nur Shaq musste sich Kritik anhören, auch Bryant wurde mit Vorwürfen konfrontiert, mit denen er sich über weite Strecken seiner Karriere immer auseinandersetzen musste. Er spielt egoistisch, er weiß nicht, was es heißt, in einem Team zu spielen und schaut nur auf sich selbst. Andererseits führte der Shooting Guard die Liga in Scoring an und sicherte so den Lakers einige Male die Haut.

Bryant ärgerte die ständige Kritik an seiner Person und ging im Januar seinerseits in die Offensive. "Eines Morgens bin ich aufgewacht und entschied, dass ich mich davon nicht mehr beeinflussen lasse", erläuterte die Mamba. Für Wirbel sorgte eine Cover-Story bei ESPN, als Bryant seine Mitspieler kritisierte und daraus folgerte, dass er selbst mehr machen müsse. Noch vor der Veröffentlichung warnte er seine Mitspieler, doch so oder so kam dies überhaupt nicht gut an.

Kobe-Verletzung bringt die Wende

Vor allem Shaq war außer sich über diese Kommentare, es kamen Gerüchte auf, wonach der Center hinter den Kulissen versuchte einen Trade von Kobe zu forcieren. Auch der Zen-Master höchstselbst goss in einem Interview mit der Chicago Sun-Times noch einmal Öl ins Feuer, als er behauptete, dass Bryant während seiner High School-Zeit Spiele manipuliert hatte, damit er selbst am Ende als Held dastehen würde. Das befeuerte natürlich die Trade-Gerüchte, die auch Jackson nicht entkräftete. Als der Erfolgscoach in der Jay Leno Show gefragt wurde, ob er einen Kobe-Trade verkünden möchte, lächelte er diese Frage lediglich weg.

Die Titelverteidigung geriet so beinahe zur Nebensache, die komplette Organisation schien sich in Machtspielchen zu verstricken und darin verloren zu gehen.

Doch das Team fand rechtzeitig zurück, zufällig genau in einer Phase, als Bryant in den letzten Zügen der Regular Season verletzt ausfiel. Shaq schrieb folgerichtig später in seinem Buch, dass dieser Umstand das Team zusammenbrachte. Ohne Kobe beendeten die Lakers die Regular Season mit acht Siegen am Stück und schnappten den Kings mit 56 Siegen so noch die Divisionskrone weg. Die beste Bilanz im Westen wiesen aber die Spurs (58-24) auf.

Die Lakers holen den Besen raus

Pünktlich zum Start der Playoffs war die Mamba wieder einsatzbereit. Es warteten die Blazers, die mit jeder Menge Revanche-Gedanken in die Serie gingen: Im Vorjahr hatte Portland beinahe die Championship der Lakers verhindert, doch ein epischer Zusammenbruch in Spiel 7 der Conference Finals ließ alle Träume platzen.

Diesmal waren Scottie Pippen, Detlef Schrempf, Rasheed Wallace und Co. aber völlig chancenlos, nach drei Spielen in der damaligen Best-of-five-Serie war Feierabend. Auch die Sacramento Kings ereilte wenig später das gleiche Schicksal. Der Diesel brummte auf Hochtouren und schenkte dem Team, welches er später einmal als "Queens" bezeichnen sollte, in den ersten beiden Partien insgesamt 87 Punkte ein.

Doch auch Kobe kam nicht zu kurz. Als Kings-Coach Rick Adelman Center Shaq konsequent doppelte, bescherte dies Bryant Räume. Nach 36 Zählern in Spiel 3 folgten 48 in der vierten Partie - die Bühne für den Giganten-Clash mit San Antonio war bereitet. Die Spurs waren heiß auf diesen Vergleich, hatte dem Champion von 1999 in den vergangenen Playoffs doch Tim Duncan verletzungsbedingt gefehlt.

Es sollte eine der bittersten Serien für die Spurs in der Popovich-Ära werden, die darüber hinaus nur noch 2010 von den Phoenix Suns gesweept wurden. Kobe blieb heiß und schenkte der besten Defense der Liga 45 Punkte in Spiel 1 ein. Selbst Shaq staunte nicht schlecht und bezeichnete seinen Sidekick als "sein Idol." Auf Nachfrage bestätigte The Big Aristoteles, dass er dies sogar ernst gemeint hätte.

Der Kader der Los Angeles Lakers 2001 in den Playoffs

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Derek FisherKobe BryantRick FoxHorace GrantShaquille O'Neal
Ron HarperBrian ShawDevean GeorgeRobert HorryGreg Foster
Ty LueIsaiah Rider Mark Madsen
Mike Penberthy Stanislav Medvedenko

Lakers: ShaKobe und erfahrene Veteranen

Nach all den Querelen der Regular Season hatte sich das Team zum genau richtigen Zeitpunkt gefunden und zusammengerauft. Hilfreich waren vor allem die zahlreichen routinierten Rollenspieler. Ron Harper pfiff zwar inzwischen auf dem letzten Loch, war aber, ebenso wie Big Man Horace Grant, Teil der Bulls-Dynastie und verstand die Triangle Offense im Schlaf. Dazu kamen der zuverlässige Rick Fox - und natürlich Robert Horry, der auch in diesen Playoffs fleißig an seiner Legende des "Big Shot Bob" strickte.

In den Finals besorgte der Forward in Spiel 3 den Sieg beinahe im Alleingang. Shaq foulte knapp drei Minuten vor dem Ende aus, Horry sprang mit 12 der letzten 15 Lakers-Punkte in die Bresche. L.A. siegte 96:91 und hatte den Heimvorteil von Philly wieder zurückerobert.

Getragen wurden die Lakers aber selbstverständlich vom vielleicht gefährlichsten One-Two-Punch aller Zeiten. Über die kompletten Playoffs legte das Duo zusammen im Schnitt 57,2 Punkte, 18,6 Rebounds und 8,7 Assists auf. Waren beide in Top-Form, bedeutete dies für den Gegner beinahe eine Mission impossible.

"Sie können sich nur selbst schlagen"

Das musste selbst Spurs-Coach Gregg Popovich nach den Conference Finals kleinlaut zugeben. "Uns wurde der Hintern versohlt. Man muss schon zurück zu den Showtime Lakers oder den Celtics gehen, wenn man einordnen möchte, was diese Lakers hier leisten." Die Spurs wurden nicht nur geschlagen, nein, in den Spielen 3 und 4 im Staples Center wurde das stolze Texas-Team gedemütigt. Mit 39 bzw. 29 Zählern Unterschied wurde kurzer Prozess gemacht.

Auch David Robinson stimmte seinem Coach zu: "Ich habe noch nie gegen ein solches Team gespielt. Sie können sich nur selbst schlagen." Das stellte sich als nicht ganz korrekt raus, denn die tapferen Sixers klauten tatsächlich Spiel 1 in L.A., auch wenn es dafür 48 Punkte von Iverson inklusive der angesprochenen Aktion gegen Lue brauchte.

Der Weg der Los Angeles Lakers 2001 zum Titel

RundeGegnerErgebnisResultate
Erste RundeBlazers3-0106:93, 106:88, 99:86
Conference SemifinalsKings4-0108:105, 96:90, 103:81, 119:113
Conference FinalsSpurs4-0104:90, 88:81, 111:72, 111:82
FinalsSixers4-1101:107 (OT), 98:89, 96:91, 100:86, 108:96

Die folgenden vier Spiele waren dann aber wieder eine Einbahnstraße, in der Shaq mit Dikembe Mutombo den vielleicht besten Defensiv-Spieler der Liga wie einen kleinen Schuljungen wirken ließ. In den fünf Spielen legte der Diesel im Schnitt 33,0 Punkte, 15,8 Rebounds sowie 3,4 Blocks auf und wurde folgerichtig erneut zum Finals-MVP gekürt.

Lakers 2001: Das vielleicht beste Team aller Zeiten

Es war die ultimative Demonstration der Stärke, eine Dominanz, die in dieser Form noch nie dagewesen war. Erst die Golden State Warriors konnten in den letzten beiden Jahren ähnliche Runs hinlegen. Das Team von Steve Kerr musste sich dabei immer wieder dem Vorwurf der Langeweile gefallen lassen: Die Liga würde durch dieses Superteam ruiniert werden.

Ähnliche Vorwürfe gab es auch damals zur Lakers-Dominanz, allerdings in abgeschwächter Form. Der Grund ist simpel: Während die Warriors zumeist als homogene Einheit daherkamen, waren die ShaKobe-Teams ein Zirkus, eine tickende Zeitbombe, die jederzeit explodieren konnte. Bekanntlich geschah dies dann auch endgültig im Jahr 2004, als O'Neal zu den Miami Heat getradet wurde.

Die Saison 2001 ist das Vermächtnis dieser Ära: Eine nicht zu zähmende Bestie, welche für immer zu den besten Teams aller Zeiten gezählt werden muss. Aufgrund der unterschiedlichen und schwierigen Charaktere war es aber eben auch nur ein Projekt auf Zeit. Noch ein Titel und eine Finalteilnahme sprangen letztlich heraus, eigentlich zu wenig, wenn man bedenkt, dass die vielleicht zwei besten Spieler dieser Zeit in einem Team spielten.

Entsprechend beschränkt sich der Titel 2001 nicht auf einen einzelnen Moment (wie zum Beispiel 2000 in den Conference Finals), sondern auf den Zeitraum dieser magischen zwei Monate. Zu selten waren die Spiele eng aufgrund der offensichtlichen Überlegenheit.

Es ist bezeichnend, dass stattdessen vor allem die Heldentaten von The Answer in Spiel 1 hängenblieben. Mit einem limitierten Cast war er es, der Goliath im Alleingang die einzige Pleite zufügen konnte, auch wenn es nur ein kleiner Hieb und kein Wirkungstreffer war. Es ist aber auch die Anerkennung für diese Lakers-Truppe, die ansonsten unbezwingbar war und für alle Ewigkeit ihren Platz in den Geschichtsbüchern sicher haben wird.