Die Minnesota Timberwolves haben Jimmy Bulter in einem Blockbuster-Trade zu den Philadelphia 76ers geschickt und dafür Robert Covington, Dario Saric und Jerryd Bayless erhalten. Sind die Wolves dadurch immer noch ein Playoff-Team und können die Sixers nun ernsthaft um die Championship mitspielen? SPOX beleuchtet die wichtigsten Fragen.
Wie sieht der Trade im Detail aus?
Die Daily Soap in Minnesota hat endlich ein Ende gefunden. Nach wochenlangem Hin und Her haben die Timberwolves Jimmy Butler überraschend zu den 76ers getradet. Zusammen mit dem viermaligen All-Star wechselt auch der verletzte Sophomore Justin Patton in die Eastern Conference.
Im Gegenzug kommen mit Dario Saric und Robert Covington zwei gestandene Forwards ins kalte Minneapolis, wobei vor allem Saric mit seinen 24 Jahren noch Potenzial nach oben hat. Zudem bekommen die Wolves noch Jerryd Bayless und einen zukünftigen Second-Rounder obendrauf.
Butler hatte Ende September, also gut drei Wochen vor Beginn der Regular Season, einen Trade gefordert. In der Folge wurden vor allem die Namen der Heat und der Rockets als Topkandidaten für eine Verpflichtung des 29-Jährigen in den Topf geworfen. Laut Medienberichten stand ein Trade zum South Beach auch schon kurz vor einem Abschluss, doch die Verantwortlichen der Wolves wollten den besprochenen Deal in allerletzter Sekunde noch einmal erhöhen, woraufhin Miami ausstieg. Houston wiederum soll vier Erstrundenpicks geboten haben.
Die Sixers galten hingegen die meiste Zeit lediglich als Underdog auf eine Verpflichtung. Laut Kevin O'Connor von The Ringer hatte sich Philly zwar mit einem Angebot in Minnesota gemeldet, diese sollen aber eine Einbeziehung von Ben Simmons in einen etwaigen Deal gefordert haben.
Die Parameter der Butler-Trades
Die Sixers bekommen: Jimmy Butler, Justin Patton
Die Wolves bekommen: Robert Covington, Dario Saric, Jerryd Bayless, Zweitrundenpick 2022
Was bedeutet der Deal für die Wolves?
Die Bedeutung für die Wolves muss man von unterschiedlichen Seiten beleuchten. Erst einmal gibt es innerhalb der Organisation (und auch des Teams) wohl einige, die ziemlich froh darüber sind, dass das Butler-Drama nun endlich ein Ende gefunden hat. Über die letzten Wochen dominierte dieses Thema die gesamte Franchise, sodass die sportlichen Aspekte schon fast ins Hintertreffen rückten - die Situation war schlichtweg katastrophal.
Das gesamte Hickhack um Butlers Attitüde im Training und ob er spielt oder aussetzt zog das ganze Team mit in den Dreck und machte es oft genug zum Gespött der Liga. Damit ist nun Schluss. Mit dem Abgang von Butler wird auch das ganze Scheinwerferlicht langsam aber sicher erlöschen und Karl-Anthony Towns und Co. die Chance geben, Normalität einkehren zu lassen.
Minnesota Timberwolves: Zwei Starter für Jimmy Butler
Aus rein sportlicher Sicht hinterlässt der Abgang von Butler natürlich erstmal ein großes Loch. Der Guard gilt nicht umsonst als einer der besten Two-Way-Player der Liga und wurde darüber hinaus viermal zum All-Star gewählt. Mit Robert Covington und Dario Saric hat man dafür aber sehr soliden Ersatz bekommen. Zwar ist keiner der beiden der schillernde Superstar a la Butler, ein solcher Spieler war als Gegenwert jedoch auch nicht auf dem Markt.
Die beiden agierten die gesamte Saison über als Starter und könnten sich nahtlos in Thibs System einfügen. Mit RoCo darf man dabei einen der besseren 3-and-D-Player der Liga in seinen Reihen begrüßen. Saric suchte zuletzt war nach seinem Wurf, wenn dieser aber zurückkehrt, könnte er gut zum Kern der T-Wolves passen.
Ein Line-Up bestehend aus Jeff Teague, Covington, Andrew Wiggins, Taj Gibson und Karl-Anthony Towns mit Saric als Sixth Man von der Bank macht auf dem Papier zunächst mal keinen schlechten Eindruck. Hinzu kommt, dass beide Verträge über diese Saison hinaus besitzen (Covington wird 2022 FA, Saric 2020), was Minnesota zusätzliche Sicherheit für die Zukunft gibt.
Profiteur KAT - ungewisse Zukunft für Thibs
Und die Zukunft hat sich durch diesen Trade auch klarer definiert. Der Plan einer Big Three um Butler, Wiggins und KAT ist sang- und klanglos gescheitert, wodurch KAT und Wiggins als zukünftige Gesichter der Franchise übrigbleiben. Vor allem Towns könnte sich dadurch (endlich) als erste Option in der Offensive durchsetzen und sein enormes Potenzial auf den Court bringen.
Vor allem in Puncto Cap Space wird der Deal Wolves-Owner Glen Taylor ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Während Covington gerade in die erste Saison seines moderaten Vierjahresvertrags über 47 Millionen Dollar startete, verdient Saric dank seines Rookie-Vertrags diese und nächste Saison zusammenaddiert läppische 6 Millionen. Für den Fall, dass Teague seine Spieler-Option in Höhe von 19 Millionen für 2019-20 zieht, würde man gut 15 Millionen unter der Luxussteuergrenze bleiben. Hätte man Butler dagegen in diesem Sommer mit einem Max-Vertrag ausgestattet (was zweifellos der Plan war), hätte man auf jeden Fall Luxussteuern blechen müssen - für einen Non-Contender Team eine schwierig zu rechtfertigende Position.
Für Coach Tom Thibodeau wiederum dürfte der Druck nach dem Trade noch deutlich höher werden. Nicht nur sportlich lief bisher weniger zusammen (4-9 zum Start), auch im Butler-Deal machte der 60-Jährige keine gute Figur. Seine Forderungen wurden von den meisten Interessenten als astronomisch wahrgenommen und laut Adrian Wojnarowski trieb Taylor den großen Teil des jetzigen Trades selbst voran. Es wäre nicht verwunderlich, wenn Taylor neben der Überarbeitung des Rosters auch eine Überarbeitung des Front Office in Betracht zieht.
Für Minny wird sich in den nächsten Wochen zeigen, wohin die Reise diese Saison gehen kann. Kurzfristig geht es erst einmal darum, die desolate Bilanz aufzubessern und Ruhe ins Team zu bekommen. Sollten sich RoCo und Saric sofort gut ins System einfinden und ihre Leistungen abrufen, kann sogar eine erneute Playoff-Teilnahme am Ende der Saison dabei rausspringen - das Potenzial dafür bringt das Roster mit. Auch wenn man wohl festhalten muss: Für ihre Situation und auch für das Team wäre der kolportierte Deal mit Miami, das den Wolves den derzeit brandheißen Josh Richardson beschert hätte, wohl die bessere Alternative gewesen.
Was bedeutet der Deal für die Sixers?
Für die 76ers bedeutet der Trade in erster Linie, dass nun endgültig ein neues Zeitalter in der Stadt der brüderlichen Liebe angebrochen ist. Die Zeiten des Process sind endgültig gezählt und der Progress hat Einzug erhalten. Anders gesagt: Philly ist im Win-Now-Modus! Doch das Risiko ist nicht gering.
Mit der Verschiffung von Covington und Saric hat Philly seine beiden Starting Forwards abgegeben und damit auch das Five-Man Line-Up, bestehend aus Simmons, Redick, Covington, Saric und Embiid aufgebrochen, das in der letzten Saison ein Netrating von +21 aufs Parkett zauberte.
Im Gegenzug hat man dafür mit Butler einen der besten Defender der Liga bekommen, der dazu auch noch seinen eigenen Wurf kreieren kann - zwei der Hauptaspekte, die in der letztjährigen Playoff-Serie gegen Boston fehlten und Owner Josh Harris im Endeffekt wohl dazu bewegten, in den Deal einzuwilligen.
Die Probleme heißen Spacing und Tiefe
Ganz unproblematisch ist der Trade für Philly dennoch nicht. Vor allem das Spacing könnte zu einer (noch größeren) Aufgabe werden, vor allem wenn Redick nicht auf dem Court steht. Denn mit RoCo und Saric hat man gleich zwei der besten (und einzigen) Spot-Up Shooter am Perimeter verloren, ohne dass adäquater Ersatz existiert.
Butler liebt die Würfe aus der Midrange. Alleine letztes Jahr nahm er 40 Prozent seiner Würfe von dort. Das ist zwar nichts Neues, neu ist aber, dass er auf einmal mit Simmons und Embiid zusammen auf dem Platz stehen wird, die ebenfalls gerne aus dieser Distanz beziehungsweise noch näher am Korb operieren. Die Folge wird (und muss) eine umfangreiche Veränderung der Starting Five sein. Auch Brett Brown wird mittlerweile eingesehen haben, dass Markelle Fultz nicht bereit ist, ernsthaft als Shooting Guard zu starten - vor allem nicht an der Seite eines Point Guards, der seinerseits den Jumper wahrlich nicht erfunden hat.
gettyWenn die 76ers das Maximum aus ihrem Roster rausholen wollen, könnte der Weg für Fultz daher wieder zurück auf die Bank führen, um Redick wieder starten zu lassen. Größter Profiteur innerhalb des Teams könnte zudem Rookie Landry Shamet sein, der gezeigt hat, dass er einen ordentlichen Distanzwurf besitzt (37,9 Prozent 3FG). Ihm könnte ein Starting Spot als Point Guard winken, wodurch Simmons auf die Vier rücken würde, aber natürlich immer noch der primäre Ballhandler bliebe. Zumindest solange, bis Wilson Chandler keine Minuten-Restriction mehr auferlegt wird.
Problem Nummer zwei könnte im Laufe der Saison die Tiefe des Rosters werden. Mit RoCo und Saric sind faktisch zwei Starter weggefallen, die in der bisherigen Saison zusammengenommen 64 Minuten im Schnitt pro Spiel auf dem Parkett standen. Stand jetzt hat Philly noch 14 Spieler unter Vertrag, von denen zwei verletzt sind (Patton & Zhaire Smith) und zwei junge Spieler sind, die limitierte Minuten sehen (Bolden & Korkmaz). Das lässt Brown auf zehn "echte" Rotationsspieler zurückgreifen, von denen zusätzlich einige lange Verletzungshistorien aufweisen (Chandler, Embiid und auch Fultz).
76ers: Dank Jimmy Butler einer der Contender im Osten
Was man aber freilich nicht unter den Tisch kehren darf, ist der Fakt, dass Philly sich mit dem Trade in eine deutlich bessere Championship-Position gebracht hat. Butler ist ein Hustler, dessen Mentalität zum Team passt. Mit den Sixers hat er ein junges Team gefunden, das in den nächsten Jahren sogar noch stärker werden kann. Wie Woj und Zach Lowe erfahren haben, plant Philly mit einer langfristigen Verpflichtung des Guards. Er soll die neue Big Three mit Embiid und Simmons komplettieren - inwieweit Fultz auch ein Teil der Zukunft ist, wird sich derweil erst zeigen müssen.
Natürlich liegt aber der Fokus erst einmal auf dieser Saison. Das klare Ziel der Sixers muss das Erreichen der Finals sein. Genau wie bei den Wolves wird man aber erst in ein paar Wochen oder eher Monaten sehen, wie und ob die Ergänzung von Butler das Team wirklich stärker macht. Klar ist jedoch auch, dass man ohne einen Move den Anschluss zu den Topteams des Ostens wohl nicht gehalten hätte.
Butler wird darüber hinaus voll motiviert sein, um sich für einen Max-Vertrag im Sommer zu empfehlen, den er nur bekommt, wenn die neue Big Three auch wirklich funktioniert. Letzten Endes wird die Bewertung auf die Frage hinauslaufen, ob ein 29-jähriger Butler besser als Saric, RoCo und die extra 15 Millionen an Cap Space ist, die da gewesen wären. Wenn Philly die Frage im Sommer klar mit 'Ja' beantworten kann, haben Elton Brand und Co. alles richtig gemacht.
Was bedeutet der Deal für Jimmy Butler?
Jimmy Butler hat einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, welche Macht Topspieler heutzutage haben. Butler hatte schlichtweg gesagt einfach keinen Bock mehr auf seinen Vertrag in Minnesota und setzte seinen Willen durch. Genau wie vor ihm Kawhi Leonard, Kyrie Irving und viele andere.
Wobei man sagen muss, dass das Drama um Butler bisher ungeahnte Züge annahm. Unter seinen Tiraden hat auch sein eigener Ruf ziemlich gelitten, den es jetzt in Philadelphia aufzubessern gilt - am besten mit starken Leistungen. Er wolle "nur gewinnen", verkündete er nach seinen Trade-Forderungen in Minnesota häufig, und jetzt hat er die besten Möglichkeiten dazu. Dafür muss er sich aber auf dem Court und auch außerhalb des Courts anpassen.
Er wird damit leben müssen, an der Seite von "The Process" Embiid selten die erste Geige zu spielen. Und auch außerhalb muss er lernen, etwas vorsichtiger aufzutreten, nachdem die Chemie seiner Teams zuletzt sowohl in Chicago als auch in Minnesota zuletzt vergiftet erschien. Vor allem mit jungen Spielern hatte Butler in der Vergangenheit so seine Problemchen, sodass der ohnehin verunsicherte Fultz prädestiniert dafür scheint, als nächstes unter die Räder zu kommen.
Jimmy Butler muss sich beweisen
Jedoch wird auch Jimmy Buckets wissen, was die Stunde geschlagen hat. Nächsten Sommer wird er mit knapp 30 Jahren in seine letzte große Free Agency gehen und will noch einmal abkassieren. Genau aus diesem Grund wollte er nicht bis zur FA warten, sondern forcierte einen vorherigen Trade zu einem Contender. Im Sommer kann ihm nun nur Philly einen Fünfjahresvertrag in Höhe von 190 Millionen vorlegen, wohingegen alle anderen Teams ihm maximal vier Jahre und etwa 141 Millionen anbieten könnten.
Damit er die vollen 190 Millionen in Philadelphia mitnehmen kann, muss er funktionieren. Das weiß er selbst am besten. Wenn sich seine Masche jedoch am Ende auszahlt, was bedeutet, dass das Zusammenspiel mit Simmons und Embiid bestens funktioniert, ein Max-Vertrag und in naher Zukunft auch noch ein Ring dabei herausspringen, muss man Butler zu seinem unkonventionellen Vorgehen wohl gratulieren. Auch wenn sein Ruf darunter gelitten hat.
Was bedeutet der Deal für den Rest der Liga?
Vor allem die Topteams im Osten werden dem Trade nur wenig Sympathie entgegenbringen. Denn mit dem Saisonstart hatte sich schnell herauskristallisiert, dass es im Osten mit den Bucks, den Raptors und den Celtics drei ganz große Favoriten auf die Finals gibt. Den Sixers war hingegen anzumerken, dass sie noch ein, zwei Puzzleteile von der absoluten Spitze entfernt waren. Dies hat sich mit der Ankunft von Butler jedoch geändert.
Nun zählt man im Osten auf einmal vier Top-Teams, die alle problemlos in die Finals einziehen könnten. Angesichts der anstehenden Free Agency der beiden Superstars Kawhi Leonard in Toronto und nun Butler befinden sich davon zudem zwei im absoluten Win-Now-Modus, die Saison wird also die Zukunft diverser Teams nachhaltig prägen.
Mit Jimmy Butler ist der nächste große Free Agent vom Markt
Apropos Free Agency: Sollte Butler, wovon Berichten zufolge auszugehen ist, auch über die Saison in Philly bleiben, ist zudem ein weiterer der dicksten Fische der kommenden FA faktisch jetzt schon vom Markt. Das zeigt auf der anderen Seite noch mal, dass das Timing des Trades für Philly ziemlich clever war und sie aus ihren Fehlern der vergangenen FA gelernt haben, als sie keinen Großkaliber an Land ziehen konnten - trotz einer Menge Cap Space.
Dem haben sie nun entgegengewirkt, indem sie ihren Wunsch-Free-Agent einfach schon in der Vorsaison akquiriert haben, um ihm dann im Sommer das schmackhafteste Angebot machen zu können. Das bedeutet zugleich, dass die Liste der Superstars, die im kommenden Sommer Free Agent werden, immer kürzer wird. Ohne Butler, Kyrie Irving (Boston) und Klay Thompson (Golden State) bleiben womöglich nur noch Kawhi Leonard, Kevin Durant, DeMarcus Cousins sowie vielleicht Khris Middleton und Kemba Walker übrig.
Gut möglich also, dass viele der ambitionierten Teams, die teilweise sogar Platz für zwei Max-Verträge im Sommer haben, in die Röhre schauen werden. Insbesondere in New York und L.A., wo jeweils beide Teams mehr als gespannt auf diesen Sommer blicken, wird das niemandem gut gefallen.