Die Dallas Mavericks hatten in der Partie gegen die Houston Rockets am vergangenen Samstag nicht ihren besten Tag erwischt: Knapp drei Minuten vor Ende führten die Texas-Rivalen der Mavs komfortabel mit 102:94 und die Zuschauer im American Airlines Center zu Dallas machten sich gedanklich schon auf den Heimweg. Sie wussten, dass die Mavericks in der letzten Saison nicht gerade für ihre Performance in engen Spielen bekannt waren.
Dann aber trat ein 19-jähriger Rookie aus Slowenien in Erscheinung, der bis zu diesem Zeitpunkt wahrlich kein gutes Spiel abgeliefert hatte. Durch einen offenen Dreier aus der Ecke sammelte Luka Doncic Selbstvertrauen und war in der Folge nicht mehr zu stoppen: Step-Back-Dreier, Floater, Step-Back-Dreier. Innerhalb von zwei Minuten hatte der Wonderboy die Partie mit einem persönlichen 11:0-Lauf gedreht und die Texaner zum neunten Heimsieg in Serie geführt.
"Doncic hat ein ganz besonderes Gefühl für entscheidende Momente und fürchtet sich nicht. Eine solche Leistung sieht man nicht jeden Tag. Luka ist ein spektakulärer junger Spieler, der besser und besser wird", erklärte Head Coach Rick Carlisle im Anschluss an das Spiel gegen die Rockets.
Es folgten zwei weitere Heimsiege gegen die Magic und die Hawks, Nummer 10 und 11 in Serie. Trotz des Ausrutschers in Phoenix: Es geht bergauf bei den Mavericks - und der dritte Pick des diesjährigen Drafts ist nicht der einzige Grund, warum in Dallas vieles besser läuft als gedacht und die Playoffs bei einer 15:12-Bilanz alles andere als Träumerei sind.
Luka Doncic führt Dallas Mavericks zur Wende
Nach einem 2:7-Start in die aktuelle Spielzeit - unter anderem mit Niederlagen gegen Lottery-Teams wie New York, Phoenix und Atlanta - sahen sich viele Kritiker bestätigt, dass mit den Dallas Mavericks in dieser Saison nicht zu rechnen ist. Doch dann ging es konsequent aufwärts. Es folgten Siege gegen vermeintliche Playoff-Teams wie OKC, Utah, Golden State, Houston (2x) und Boston, die zwar allesamt nicht auf der Höhe ihres Schaffens waren, aber dennoch erst einmal geschlagen werden müssen.
Die Gründe für den Aufschwung sind vielfältig: Natürlich ist an erster Stelle Doncic zu nennen, der sich schnell in der NBA zurechtfand, mehr und mehr die Angriffe initiiert und auch in der Crunchtime die erste Option ist. Nach einer Clutch-Bilanz von 12 Siegen und 38 Niederlagen in der vergangenen Saison - also in Spielen, bei denen innerhalb der letzten fünf Minuten kein Team mit mehr als fünf Punkten führt - stehen die Mavs in dieser Spielzeit bei 7:5 in solchen Begegnungen.
Am meisten beeindruckt aber, dass Doncic Spiele auch prägen kann, in denen er nicht scort. Bestes Beispiel ist der Sieg gegen die Magic in der Nacht von Montag auf Dienstag, bei dem der Rookie nur sieben Punkte erzielte, dafür aber mit guter Rebound-Arbeit (11 Bretter) und Übersicht (9 Assists) glänzte. Das hat er den meisten anderen Liganeulingen voraus.
"Luka bewegt den Ball sehr gut. Wir wissen, dass er unfassbare Plays machen kann, aber am wichtigsten ist, dass er seine Mitspieler involviert. Diesbezüglich hat er heute sein bestes Spiel gemacht", lobt Carlisle den Neuling nach dem lockeren Sieg gegen die Magic.
Maxi Kleber als starker Ringbeschützer für die Mavericks
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die überragende Bank der Mavericks. Diese war bereits in der schwachen Saison 2017/2018 einer der Lichtblicke - das Lineup aus Yogi Ferrell, Devin Harris, J.J. Barea, Dirk Nowitzki und Dwight Powell gehörte zu den besten der Liga. Und auch 2018/19 ergänzen sich die Reservisten um Maxi Kleber sowohl in der Defensive als auch in der Offensive prächtig.
Angeführt wird die Second Unit vom ewigen Barea, der zwar seinen Dreier nur unterdurchschnittlich trifft, aber dem Spiel Struktur gibt und im Pick and Roll brilliert. Kleber verbucht zudem als Ringbeschützer 1,3 Blocks pro Spiel und hat mit einem Wert von 14,8 das dritthöchste Net Rating der Liga.
Dwight Powell - im desaströsen Rondo-Trade 2014 als Sidekick nach Dallas gekommen - bringt als Rim-Roller und durch seine Athletik ein anderes Element ins Spiel und steht aktuell bei einer True Shooting Percentage von 66,6 Prozent (Platz 9 in der Liga).
Doch damit nicht genug: Dorian Finney-Smith hat einen enormen Entwicklungsschritt vollzogen und ist wohl der beste Wing-Defender der Mavericks. Auch trifft er den Dreier mit einer Quote von 40 Prozent, ein unfassbarer Sprung von zehn Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Saison. Dieser Wert wird sich sicherlich nicht konservieren lassen, zeugt aber vom großen Potential des 25-Jährigen, der 2016 ungedraftet aus Florida kam.
Dirk Nowitzki feiert Saisondebüt für die Mavs
Zunehmend erhält auch Jalen Brunson das Vertrauen von Carlisle, der dies mit guten Leistungen zurückzahlt. Und dann gibt es da ja auch noch einen gewissen 40-jährigen Würzburger, der gegen die Suns erstmals wieder auf dem Feld stand.
Die Rede ist natürlich von Dirk Nowitzki, der sich bei seinem Saisondebüt nach langer Verletzungspause mit einem butterweichen Jumper zurückmeldete - in seinen 6 Minuten auf dem Parkett insgesamt aber noch recht rostig wirkte.
"Natürlich wartet noch eine Menge Arbeit auf mich", musste Nowitzki nach der Partie zugeben. "Ich bin bisher nur auf dem Laufband gelaufen, das ist einfach nicht dasselbe wie das NBA-Tempo, wenn man gegen ein paar 20-Jährige spielt."
Interessant wird sein, wie Nowitzki im Laufe der Saison in die Rotation eingebaut wird. Am wahrscheinlichsten erscheint es, dass er einige Minuten von Powell und Kleber erhalten wird und mit der Second Unit um Barea und Harris aufläuft. Man wird sich wohl daran gewöhnen müssen, dass der große Blonde teilweise weniger als 20 Minuten auf dem Parkett stehen wird - im Sinne des Mannschaftserfolgs.
Mavs: DeAndre Jordan erfüllt die Erwartungen
Den sollen natürlich nicht nur die Reservisten garantieren. Auch in der Starting Five profitieren die Akteure von einer klaren Rollenverteilung. Musste beispielsweise Wesley Matthews zu Beginn der Saison Aufgaben übernehmen, die nicht zu seinen Stärken gehören (Ballvortrag, Drives, Post-Ups), kann er sich seit der Genesung von Harrison Barnes wieder auf seine Stärken konzentrieren: beinharte Defense und offene Dreier. Diese trifft er mit einer Quote von knapp 40 Prozent besser als je zuvor in seiner Zeit als Maverick.
Auch Barnes macht das Spielfeld als (zu teurer) Shooter breit und schafft Platz für die Drives von Doncic und Smith Jr. Durch seine gute Arbeit in der Verteidigung entlastet er die jungen Spieler und ist in schwierigen Phasen eine brauchbare Option bei Isolationen.
Derweil erfüllt Clippers-Neuzugang DeAndre Jordan im Großen und Ganzen die in ihn gesteckten Erwartungen. Zwar taucht er in einigen Spielen ab und verlässt auch bei Switches nur sehr ungern die Zone, dennoch bringt er dem Team die in den letzten Jahren fehlende Präsenz unter dem Korb - und trifft absurde 74,8 Prozent seiner Freiwürfe (was darin gipfelte, dass er sich in einem Freiwurf nach einem technischen Foul versuchen durfte).
Dallas Mavericks: Es bleiben einige Fragezeichen
Nun stellt sich die Frage, ob dieser allgemeine Trend in Dallas wirklich nachhaltig oder schon in wenigen Wochen wieder überholt ist. Fakt ist, dass die Mavericks in den kommenden Begegnungen gegen die Kings und Nuggets (ohne die verletzten Harris und Millsap) gute Chancen haben, die Pleite gegen die Suns als einmaligen Ausrutscher abzuhaken. Auch vermitteln in der chaotischen Western Conference momentan nur wenige Teams einen konstanten Eindruck (Golden State, OKC, und dann?).
Dennoch bleiben einige Fragezeichen. An erster Stelle steht hierbei das Zusammenspiel zwischen Doncic und Smith Jr. Letzterer hat den erhofften Entwicklungsschritt nur in Ansätzen vollzogen (verbesserter Dreier und mehr Engagement in der Defense, unter anderem beim siegbringenden Block gegen die LA Clippers), aber muss seinen Wurf weiter stabilisieren, um als Off-Ball-Option neben Doncic zu funktionieren.
Da Smith Jr. keine einzige Minute mit Barea auf dem Feld steht, ist dies für ihn die einzige Chance, um sich dauerhaft in Dallas durchzusetzen. Smith Jr. selbst steht diesem Problem unbesorgt gegenüber: "Ich habe kein Problem damit, abseits des Balls zu spielen. Luka hat einen hohen Basketball-IQ und ich kann auch ohne Ball effektiv sein."
Der Fortschritt ist bei den Dallas Mavericks klar erkennbar
Kritisch ist außerdem die Tiefe auf dem Flügel: Auch wenn Carlisle als Freund von Lineups mit drei Guards bekannt ist, stehen mit Matthews, Barnes, Finney-Smith und Doncic nur vier nominelle Wings im Kader, die regelmäßig eingesetzt werden. Verletzungen kann sich Dallas auf dieser Position keine erlauben.
Und bei aller Heimstärke: Die Auswärtsbilanz von 2 Siegen bei 10 Niederlagen sollte dringend aufgebessert werden, da die Siegesserie der Mavericks im American Airlines Center irgendwann sicherlich wieder enden wird. Gegen Phoenix - immerhin das schlechteste Team der gesamten Association - gelang dies schon mal nicht.
Doch bei allen Zweifeln, die man an der Entwicklung der Mavericks (zurecht) noch haben kann, steht eines fest: Es geht aufwärts. Aufgrund des First Round Picks 2019, der sehr wahrscheinlich an die Atlanta Hawks geht (Top-5-geschützt), gibt es keinen Grund, die Handbremse zu ziehen und auch ein achter Platz - und eventuell vier Playoff-Spiele gegen die Warriors - wären ein großer Fortschritt im Vergleich zur Tanking-Saison 2017/2018. Und sollte es in den Playoffs zu einem engen Spiel kommen, wäre schon jetzt klar, zu wem der Ball gehen wird.