NBA: 5 Fragen zum Trade von Kristaps Porzingis: All-In von allen Seiten

Robert Arndt
01. Februar 201910:50
Dirk Nowitzki und Kristaps Porzingis könnten bald zusammen für die Knicks auflaufen.getty/SPOX
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Die Dallas Mavericks haben Kristaps Porzingis per Trade von den New York Knicks geholt und im Gegenzug unter anderem Dennis Smith Jr. in den Big Apple geschickt. Es ist ein absoluter Blockbuster-Deal, doch dieser ist gleichzeitig mit einem hohen Risiko verbunden - für beide Parteien.

Wie sieht der Trade im Detail aus?

Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Mavs sichern sich Kristaps Porzingis in einem echten Blockbuster-Deal, der scheinbar völlig aus dem Nichts kam. Mit dem Letten werden auch Tim Hardaway Jr., Courtney Lee und Trey Burke nach Texas umziehen.

Im Gegenzug schickt Dallas als Hauptteil des Trades Dennis Smith Jr. in den Big Apple. Auch Shooting Guard Wesley Matthews und Center DeAndre Jordan werden in der Zukunft (vermutlich) für die New York Knicks auflaufen. Zusätzlich dazu bekommen die Knicks zwei Erstrundenpicks, wahrscheinlich die in den Jahren 2021 und 2023.

Wann die Knicks die Picks erhalten werden, ist noch unsicher, da Dallas bereits seinen First Rounder 2019 im Rahmen des Trades für Luka Doncic am Draft-Tag 2018 nach Atlanta abgegeben hat. Dieses Auswahlrecht ist allerdings Top-5-geschützt. Sollte Dallas also in dieser Draft unter die ersten Fünf rutschen, bekommen die Hawks erst 2020 den Pick.

Da aber die sogenannte Stepien Rule besagt, dass ein Team nicht zwei Erstrundenpicks in Folge wegtraden darf, würden die Knicks den ersten Erstrundenpick aus Dallas erst im Jahr 2022 erhalten. Der zweite First Rounder käme dann folgerichtig 2024. Das Spiel lässt sich auch für die folgenden Jahre fortführen, die Hawks bekommen den Mavs-Pick erst 2023 komplett ungeschützt, allerdings ist dieses Szenario eher unrealistisch.

Eine Protection hat auch der spätere Pick, den Dallas zu den Knicks schicken wird. Während der erste Pick aus 2021 ungeschützt ist, wird das zweite Auswahlrecht von 1-10 geschützt sein.

Kristaps Prozingis: So sieht der Trade im Detail aus

Dallas MavericksNew York Knicks
Dennis Smith Jr.Kristaps Porzingis
DeAndre JordanCourtney Lee
Wesley MatthewsTim Hardaway Jr.
Erstrundenpick 2021 (ungeschützt), 2023 (geschützt von 1-10)Trey Burke

Welche Gefahren birgt der Trade für die Mavs?

Es gibt einige. Offensichtlich ist der Lette noch verletzt und befindet sich ohne ein fixes Rückkehr-Datum in der Reha. Damit können die Mavs sicherlich leben, doch es ist sicher nicht optimal, dass Porzingis bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in seiner Karriere einen Kreuzbandriss erlitten hat. Hinzu kommt, dass der ehemalige No.4-Pick eben auch über 2,20 Meter groß ist und damit ohnehin anfälliger für Verletzungen ist.

Neben seinem gerissenen Kreuzband hatte Porzingis in seinen drei Jahren in der NBA immer wieder kleinere Blessuren, weswegen er vor dieser Saison bereits insgesamt 60 von möglichen 246 Spielen verpasste. Diese Saison kam er überhaupt nicht zum Einsatz.

Es verwundert auch ein wenig, dass es aus diversen Quellen kein echtes Bekenntnis zu seinem neuen Team gab. Dies war sicherlich einer der Gründe, warum die Knicks den eigentlichen Franchisespieler ziehen ließen. Porzingis wird im Sommer Restricted Free Agent und soll angeblich in Betracht ziehen, seine Qualifying Offer in Höhe von rund 4,5 Millionen Dollar zu unterschreiben. Dies berichtete Shams Charania von The Athletic.

Wettet Porzingis auf sich selbst?

So würden die Mavs das Einhorn ein weiteres Jahr in Dallas haben, dann aber Gefahr laufen, dass sie ihn im Sommer 2020 als Unrestricted Free Agent verlieren. Es gab in der Geschichte der Liga erst einen Fall, in der ein Spieler die QO unterschrieb und dann im folgenden Jahr beim gleichen Team blieb. Es war Spencer Hawes in den Jahren 2011 und 2012 bei den Philadelphia 76ers, also kein besonders prominenter Fall.

Ein weiteres Problem der Qualifying Offer ist, dass der Lette nicht ohne seine Zustimmung getradet werden könnte, die Gefahr, dass der einmalige All-Star 2020 wieder gehen könnte, wäre also durchaus gegeben.

Aber: Aus Sicht von Porzingis wäre es ein unfassbarer Move, die Qualifying Offer (knapp 5 Mio. Dollar) zu unterschreiben. Die Mavs werden ihm mit Sicherheit das maximale Geld und die maximale Anzahl an Jahren (5 Jahre, 157 Millionen Dollar) anbieten. Sollte Porzingis das mit seiner Verletzungshistorie tatsächlich ablehnen, wäre dies ein Gamble, der gewaltig in die Hose gehen könnte, und aus seiner Sicht eigentlich unverantwortlich.

Das gilt aber auch für die Mavs, sollte Porzingis einen Max nehmen und sich dann erneut verletzen. So oder so: Auf beiden Seiten gibt es jede Menge Risiken.

Was bedeutet der Trade für die Dallas Mavericks?

In Dallas ist man zuversichtlich, dass man den Letten von der Organisation überzeugen kann, und das ist nicht unbegründet. Angeblich soll Porzingis ein großer Fan von Luka Doncic sein, über seine Bewunderung für Dirk Nowitzki hat er schon oft gesprochen. Selbst wenn der Deutsche nach seiner 21. Saison die Sneaker an den Nagel hängt, dürfte der 40-Jährige weiterhin eine große Rolle innerhalb der Organisation einnehmen.

Mit dem Einhorn haben die Mavs nun zunächst einmal den zweiten Fixstern für die Zukunft gefunden, eine Rolle, die Smith anscheinend nicht zugetraut wurde. "Wir haben jetzt eine Combo, ähnlich wie damals mit Steve Nash und Dirk, nur dass die Jungs ein paar Zentimeter größer sind", sagte Mavs-Coach Rick Carlisle vor dem Spiel der Mavs in Detroit.

Das Gerüst für die weiteren Jahre steht damit, wenn man davon ausgeht, dass Porzingis im Sommer langfristig verlängert. Dafür nahmen die Mavs auch die längerfristigen Verträge von Lee (bis 2020 25 Mio.) und Hardaway (bis 2021 54,4 Mio.) in Kauf. Anders als die Knicks wird Dallas die beiden auch mit Sicherheit in die Rotation integrieren, da die Mavs bekanntlich nicht tanken wollen. Geht es nach den Texanern, wandert der 2019er-Pick schon in diesem Sommer nach Atlanta.

Apropos Sommer: Durch die Aufnahme von Lee und Hardaway werden die Mavs kein Player in der kommenden Free Agency sein. Mit nur acht Spielern im Kader bleiben Dallas rund 29 Millionen Dollar, um den restlichen Kader aufzufüllen, dabei sind aber auch die Spieleroptionen von Harrison Barnes und Dwight Powell mit eingerechnet, die diese wohl ziehen werden. Maxi Kleber ist Restricted Free Agent und dürfte teurer werden als bisher.

Bedenkt man dann auch noch, dass Porzingis einen Vertrag über fünf Jahre und 157 Millionen Dollar unterschreiben kann, bleibt für weitere Free Agents nicht mehr viel Geld übrig. Das ist aber nicht weiter tragisch, da die Mavs ihrer Meinung nach nun ihre beiden Franchisespieler unter Vertrag haben, dazu laufen im Jahr darauf die Verträge von Lee (12,6 Mio.) und Barnes (25,1 Mio.) aus.

Mavs haben Fundament mit Doncic und Porzingis

Dallas hat nun Zeit und die Mavs können darauf bauen, dass sich Doncic und Porzingis aneinander gewöhnen und einspielen. In dieser Saison geht es ohnehin um nichts mehr. Der Playoff-Zug ist im Prinzip abgefahren, zum Tanken gibt es vor allem im Osten viel schlechtere Teams.

Es besteht daher auch kein Zwang, dass Porzingis verfrüht sein Comeback geben sollte. Dass der Lette in dieser Spielzeit aber noch sein Debüt geben wird, ist recht wahrscheinlich. Das Einhorn war mit den Plänen der Knicks, ihn in der Saison gar nicht spielen zu lassen, überhaupt nicht einverstanden und ist laut Informationen der New York Times nicht mehr weit weg von der medizinischen Freigabe.

Es ist ein beeindruckender Turnaround, den Dallas innerhalb von nur knapp zwei Jahren hingelegt hat. Vor dem Draft 2017 hatten die Mavs im Prinzip nichts, was Hoffnung machen konnte, nun stehen auf einmal zwei potenzielle Stars im Kader. Ein solch schneller Rebuild ist bei weitem nicht selbstverständlich, dazu braucht man nur nach Orlando oder Sacramento blicken, die Jahr für Jahr Lottery Picks hatten und dennoch nicht aus dem Morast kamen.

Schon im nächsten Jahr dürfte Dallas zumindest um die Playoffs spielen, auch wenn natürlich über den Sommer noch jede Menge passieren kann. In den kommenden Jahren werden sich auch sicher die Kräfteverhältnisse im Westen ein wenig ändern. Die Dynastie der Golden State Warriors könnte bald beendet sein, LeBron James wird nicht für immer Superteams bilden. Die Mavs haben mit diesem Deal die Weichen für die nächsten Jahre gestellt, nun braucht es Geduld und sinnvolle Ergänzungen, doch auch dafür gibt es jede Menge Zeit.

Was bedeutet der Trade für die New York Knicks?

Aus Knicks-Sicht sind die Absichten kein Geheimnis. Alles ist auf den Sommer 2019 ausgerichtet, wenn die Traditions-Franchise ein Big Player in der Free Agency sein möchte. Dieses Ziel wurde mit Glanz und Gloria erreicht, da man große langfristige Verträge (Hardaway, Lee) abstoßen konnte und im Gegenzug die auslaufenden Deals von Jordan und Matthews bekam.

"Wir haben rund 68 Millionen Dollar an Cap Space geschaffen", verkündete Mills stolz. Nach jetzigen Berechnungen haben die Knicks nun rund 74 Millionen für die Free Agency übrig, was reicht, um zwei Stars mit Maximal-Verträgen auszustatten, auch die kolportierten Kyrie Irving und Kevin Durant.

Es ist natürlich ein großes Risiko, den besten jungen Spieler in Porzingis abzugeben, doch auf der anderen Seite nehmen sich die Knicks nun den Druck, im Juli unbedingt die Bücher zu reinigen. So haben die Knicks sogar noch Picks bekommen, anstatt im Sommer welche abzugeben, um die faulen Verträge loszubekommen.

New York Knicks wollen Durant und Irving im Sommer

Gleichzeitig scheinen die Knicks recht optimistisch zu sein, dass ihnen im Sommer wirklich der große Wurf gelingen kann, ansonsten hätte New York einen solch riskanten Deal nicht durchgezogen. Wobei: Ganz so sicher kann man sich da bei den Knicks nie sein.

In Smith haben die Knicks zudem ein weiteres wertvolles Asset bekommen und wer weiß, vielleicht gibt es noch potenzielle Contender, die sich um Matthews oder Jordan bemühen und dafür eine kleine Gegenleistung liefern. Mills wollte aber von potenziellen weiteren Trades oder gar Buyouts nichts wissen. "Wir freuen uns auf die beiden, sie werden hoffentlich als Mentoren einen positiven Einfluss auf unsere jungen Spieler haben."

Ob man dem Glauben schenken mag, darf jeder selbst entscheiden. New York hat keinerlei Aktien, in dieser Saison überhaupt noch ein Spiel zu gewinnen. Mit 10-40 haben sie aktuell die Rote Laterne in der Association inne und haben somit Chancen auf den ersten Pick und damit College-Sensation Zion Williamson.

Durch die neuen Lottery-Regeln haben allerdings die drei schlechtesten Teams die gleiche Quote von 14 Prozent. Es gibt eine 48-prozentige Chance, dass das Team mit der schlechtesten Bilanz erst an Position 5 picken darf, von Sicherheiten kann hier also auch nicht die Rede sein.

Was lief zwischen Porzingis und den Knicks schief?

Steve Mills wurde nach dem Trade sofort deutlich, warum die Knicks diesen Move machten. "Kristaps ist ein toller Spieler und er sollte ein wichtiger Baustein unserer Zukunft sein, aber er war von unseren Plänen nicht überzeugt. Er hat uns klargemacht, dass er nicht mehr Teil dieser Franchise sein möchte."

Nur wenige Stunden vor dem Trade gab es gemäß Adrian Wojnarowski (ESPN) noch ein Gespräch mit dem Letten, in der die unterschiedlichen Ansichten der Parteien zu Tage getreten seien. Danach ging alles sehr schnell.

Was Porzingis und dessen Agenten missfiel, wurde nicht kommuniziert, vielmehr schob Mills die Frage in Richtung des Letten. Porzingis beantwortete dies mit einem kryptischen Post auf Instagram, in der er schrieb, dass die Wahrheit früher oder später ans Licht kommen würde.

Laut diversen Medienberichten sollen die Knicks bereits einige Tage Angebote für Porzingis eingeholt haben. Das ergibt Sinn, denn es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass die Knicks innerhalb weniger Stunden ein Trade-Paket schnürten, welches die Franchise derart in seinen Grundfesten erschütterte. Stattdessen wird der Deal mit den Mavs wohl schon einige Tage in der Schublade gelegen haben.

Porzingis war unzufrieden in New York

Die Beziehung von Porzingis und den Knicks war ohnehin meist schwierig, nicht nur während der Regentschaft von Phil Jackson, als das Einhorn im Jahr 2017 das Exit Meeting schwänzte und direkt nach der Saison in die Heimat floh. Auch unter Perry und Mills war das Camp des Letten stets unzufrieden mit der Ausrichtung, was darin resultierte, dass man sich nicht über eine vorzeitige Verlängerung des Rookie-Deals in der vergangenen Offseason einigen konnte.

Knicks-Coach David Fizdale versuchte mehrfach die Wogen zu glätten, unter anderem mit einem Besuch in Lettland, doch auch er verbrannte sich an Porzingis die Finger, als er während der Saison erklärte, dass der verletzte Big noch nicht einmal Laufeinheiten absolvieren würde. Wenig später postete Porzingis ein Video, wie er auf einer Laufbahn sprintete.

Das Tischtuch zwischen der Franchise-Hoffnung und den Knicks war wohl schon länger zerschnitten, deswegen kam die Trennung nicht unbedingt überraschend, sieht man einmal vom Zeitpunkt ab. Die Knicks müssen nun im Sommer liefern, in Form mindestens eines Stars, wenn nicht gar zwei, sonst haben Mills, Perry und Co. mal wieder mit Zitronen gehandelt.