Bob Pettit spielte in den Anfangsjahren der NBA und gilt neben Bob Cousy und George Mikan als einer der ersten Stars einer inzwischen fast vergessenen Zeit. Der Star der St. Louis Hawks war ein Muster an Konstanz und einer der ersten Spieler, die das Krafttraining für sich entdeckten. Selbst Bill Russell und die Boston Celtics zogen einmal den Kürzeren. Dennoch bleibt auch ein dunkler Fleck auf der Vita eines der besten Forwards aller Zeiten.
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Dieser Artikel erschien erstmals am 22. August 2019. Bob Pettit feiert heute seine 89. Geburtstag.
George Mikan, Wilt Chamberlain, Bill Russell. Erinnern sich Fans an die dominanten Spieler der frühen Tage der NBA, also die 50er und 60er Jahre, fallen vor allem diese Namen. Mit Recht, teilten sich doch diese Spieler das Gros der Meisterschaften dieser Zeit. Russell, der Herr der Ringe, gewann alleine zwischen 1956 und 1969 elf Titel, andere großartige Spieler dieser Zeit gerieten so in Vergessenheit.
So auch Bob Pettit, der die meiste Zeit seiner Karriere während der Russell-Ära in der NBA spielte. Wie später auch Wilt, scheiterte Pettit mehrfach mit seinen St. Louis Hawks an den Boston Celtics, Coach Red Auerbach und eben Russell.
Individuell lesen sich die Errungenschaften von Pettit dennoch beeindruckend. 1954 kam der Big Man als zweiter Pick zu den Milwaukee Hawks, in den folgenden elf Jahren wurde er stets All-Star und zehnmal ins All-NBA First Team berufen. Bis heute konnten dies lediglich LeBron James, Kobe Bryant und Karl Malone übertreffen.
Bob Pettit: Ein Muster an Konstanz
Wie all die Genannten war der Hawks-Forward vor allem ein Muster an Konstanz. In jeder seiner Spielzeiten wurde Pettit mindestens Siebter im Scoring, zweimal holte er sich die Punktekrone (1956, 1959). Durch diese Beständigkeit war Pettit auch der erste Spieler, der die Schallmauer von 20.000 Punkten durchbrach, zudem schnappte er sich jede Saison mindestens 12,4 Rebounds. Heutzutage würde man dies als Double-Double-Maschine bezeichnen.
Und dennoch wird Pettit gerne in der Diskussion um die besten Power Forwards vergessen. Einerseits gibt es wenige bewegte Bilder von seinem Spiel, andererseits war der 2,06-Meter mit den haarigen Schultern auch nicht spektakulär oder gar innovativ. The Bombardier from Baton Rouge war vielmehr ein unermüdlicher Arbeiter, ein Mann fürs Grobe.
Diese Eigenschaften ermöglichten Pettit 1954 überhaupt erst den Sprung in die Liga. Auf dem College hatte er für LSU noch ausschließlich auf der Fünf gespielt und dort dominiert, doch die NBA-Teams hatten Zweifel, ob Pettit bei den großen Jungs mit seinen gerade einmal 90 Kilo mithalten könnte. Was sie aber übersahen, war sein unbändiger Wille.
Bob Pettit: Der erste Star der Hawks
Auch die Hawks mit dem späteren Knicks-Coach Red Holzman wussten zunächst nicht so genau, was sie mit Pettit anfangen sollten, auch wenn sie ihm einen Vertrag über 11.000 Dollar anboten - so viel hatte ein Rookie bis dahin noch nie erhalten. Holzman hatte aber eine Lösung und stellte Pettit fortan als Forward auf, eine Position, die dieser bis dahin noch nie gespielt hatte.
"Das war die größte Umstellung für mich, als ich in die NBA kam", erinnerte sich Pettit später. Doch er biss sich durch, so wie er es immer tat. Auch in seiner Jugend wurde Pettit stets angezweifelt, auf der High School schaffte er es in den ersten beiden Jahren nicht ins Team. Nur aufgrund seines Vaters, einem Sheriff, blieb er am Ball und führte seine Schule 1950 zur ersten Staatsmeisterschaft seit über 20 Jahren.
Auch mit den Hawks in der NBA stellte sich mit Pettit langsam aber sicher Erfolg ein. Vor ihm hatte die Franchise in fünf Jahren nur drei Playoff-Spiele bestritten, in Pettits zweiter Saison, in der er bereits zum MVP gewählt wurde, ging es immerhin in die Division Finals (das heutige Äquivalent wären die Conference Finals). 25 Punkte und 15 Rebounds von Pettit wurden zur Gewohnheit.
Bob Pettit: Vorsprung durch Krafttraining
Meist kam diese Ausbeute leise zustande. Pettit war nicht spektakulär und kein überragender Athlet, aber er hatte solide Post-Moves, einen annehmbaren Sprungwurf und keine klare Schwäche. Wie Pettit an seine Punkte kam, beschrieb er nach seiner Karriere wie folgt: "Durch Offensiv-Rebounds holte ich 8 bis 12 Punkte, dazu kamen 10 Zähler von der Freiwurflinie. Dazu musste ich nur ein paar Sprungwürfe treffen und schon war ich auf dem Weg zu einem guten Spiel."
Das mag einfach klingen, doch es steckte harte Arbeit dahinter. Die NBA mag zwar damals eine professionelle Liga gewesen sein, die Verhaltensmuster vieler Spieler waren es aber nicht. Es wurde auch in den Kabinen munter getrunken und geraucht, Fitness-Training war dagegen ein Fremdwort.
"Bob war einer der ersten Spieler, die Gewichte gestemmt haben", erinnerte sich Mitspieler Ed Macauley in SLAM. "Uns wurde damals gesagt, dass man mit Krafttraining das Gefühl für den Wurf verlieren würde."
Pettit hielt von dieser Theorie eher wenig, wodurch aus dem schmächtigen Youngster ein Bulle wurde, den man am Korb und am offensiven Brett (auch ohne Sprungkraft) kaum kontrollieren konnte, nicht zuletzt deshalb, weil in der NBA zu dieser Zeit viele große weiße Center auf dem Feld standen, die Dick oder Don mit Vornamen hießen.
Bob Pettit: Duelle mit Boston Celtics und Bill Russell
Dazu zählte natürlich nicht Russell, doch auch der Celtics-Star hatte Probleme mit dem Bruiser aus St. Louis, wohin die Franchise nach dessen erstem Jahr gezogen war. 1957 erzwangen die Hawks in den Finals ein siebtes Spiel und ließen die Fans im Boston Garden lange zittern.
Pettit schickte die Partie mit zwei Freiwürfen sogar in die Verlängerung, nach zehn Extra-Minuten setzten sich die Celtics aber ihre erste NBA-Krone auf. Noch heute gilt die Partie als eines der besten Finals-Spiele aller Zeiten.
Die Revanche folgte im Jahr darauf, als sich St. Louis den Titel sichern konnte. Zwar fehlte Russell in einigen Spielen verletzt, doch in Spiel 6 war der Celtics-Anker wieder da, auch wenn er nur 20 Minuten spielte, und musste zusehen, wie Pettit den Celtics satte 50 Punkte einschenkte. Er war es auch, der 18 der 21 letzten Hawks-Zähler erzielte, darunter einen Jumper sowie einen Tip-In in den letzten 20 Sekunden, St. Louis siegte mit 120:119.
"Eines der besten Spiele aller Zeiten"
Es sollte die erste und bis heute einzige Meisterschaft für die Hawks-Franchise bleiben. Nicht nur deswegen werden die Hawks von 58 für immer in Erinnerung bleiben. St. Louis stellte dabei übrigens den letzten Titelträger, welcher komplett aus weißen Spielern bestand.
Pettit war der unumstrittene Leader dieser Truppe, das wusste jeder. "Ich sagte zu den Jungs, dass ich jedem einzelnen den Arm breche, der Bob nicht den Ball gibt und selbst wirft", berichtete Macauley. "Er war in Spiel 6 nicht zu stoppen und hat eines der besten Spiele aller Zeiten abgeliefert."
In den folgenden Jahren behielten aber die Celtics die Oberhand, St. Louis verlor die folgenden beiden Finals, obwohl Pettit nun erst die Blüte seiner Karriere erreichte. 1961/62 legte der Abo-All-Star 31,1 Punkte und 18,7 Rebounds auf, nur der Teamerfolg wollte nicht mehr zurückkehren. Die Hawks wurden nicht unbedingt schlechter, doch es strömten immer bessere Spieler in die Liga, allen voran natürlich afro-amerikanische Spieler.
Bob Pettit: Rassismus bei den Hawks?
St. Louis, eine Stadt der früheren Südstaaten, passte sich dagegen kaum an, wobei auch Pettit wohl eine Rolle spielte. 1961 drafteten die Hawks den afro-amerikanischen Guard Cleo Hill, der auf dem College als Scorer brilliert hatte. Auch der Start für Hill war vielversprechend, er punktete in sieben der ersten elf Spiele zweistellig, darunter 26 Zähler in seinem Debüt.
Einige Veteranen, darunter wohl auch Pettit, beschwerten sich jedoch beim Management und forderten eine kleinere Rolle. Coach Paul Seymour weigerte sich - und wurde daraufhin entlassen. Pettit übernahm kurzfristig als Spieler-Coach, Hill blieb zumeist auf der Bank und legte über die Saison nur 5,5 Zähler auf. Es ist heute unklar, ob es rassistische Motive hatte oder ob die Veteranen den Youngster einfach nur einbremsen wollten. Der Leidtragende war Hill, er sollte im Anschluss nie wieder in der NBA auflaufen.
Pettit spielte dagegen noch ein paar Jahre in der NBA und tat das, was er auch zuvor machte: er produzierte und produzierte und produzierte. "Bob hat den Begriff 'Second Effort' in das Vokabular im Sport gebracht", adelte Russell Pettit. "Er ist dir stets im Nacken, kämpft immer um eine gute Position, um dich von den Brettern fernzuhalten."
Heute ist Pettit neben Michael Jordan der einzige nicht mehr aktive Spieler, der in jeder Spielzeit mindestens 20 Punkte pro Spiel aufgelegt hat. Die Hawks zogen das Jersey von Pettit mit der Nummer 9 nach seinem Rücktritt 1965 schnell unter die Hallendecke, 1970 ging es für den Power Forward völlig verdient in die Hall of Fame.
Bob Pettit: Seine Statistiken in der NBA
Saison | Spiele | Minuten | Punkte | FG% | FT% | Rebounds | Assists |
1954/55 | 72 | 36,9 | 20,4 | 40,7 | 75,1 | 13,8 | 3,2 |
1955/56 | 72 | 38,8 | 25,7 | 42,9 | 73,6 | 16,2 | 2,6 |
1956/57 | 71 | 35,1 | 24,7 | 41,5 | 77,3 | 14,6 | 1,9 |
1957/58 | 70 | 36,1 | 24,6 | 41,0 | 74,9 | 17,4 | 2,2 |
1958/59 | 72 | 39,9 | 29,2 | 43,8 | 75,9 | 16,4 | 3,1 |
1959/60 | 72 | 40,2 | 26,1 | 43,8 | 75,3 | 17,0 | 3,6 |
1960/61 | 76 | 39,8 | 27,9 | 44,7 | 72,4 | 20,3 | 3,4 |
1961/62 | 78 | 42,1 | 31,1 | 45,0 | 77,1 | 18,7 | 3,7 |
1962/63 | 79 | 39,1 | 28,4 | 44,6 | 77,4 | 15,1 | 3,1 |
1963/64 | 80 | 41,2 | 27,4 | 46,3 | 78,9 | 15,3 | 3,2 |
1964/65 | 50 | 35,1 | 22,5 | 42,9 | 82,0 | 12,4 | 2,6 |
Karriere | 792 | 38,8 | 26,4 | 43,6 | 76,1 | 16,2 | 3,0 |
Bob Pettit: Einer der ersten Legenden der NBA
Trotz allem geriet Pettit nach seiner Karriere ein wenig in Vergessenheit. Die Franchise aus St. Louis zog wenige Jahre nach seinem Rücktritt nach Atlanta weiter, nur noch wenige haben den Forward überhaupt einmal live mit eigenen Augen gesehen. Ein weiterer Grund könnte sein, dass sich Pettit vom Basketball weitestgehend verabschiedete und lieber als Banker in seiner Heimat Baton Rouge arbeitete.
Auch in diesem Sektor hatte er Erfolg, später gründete Pettit sogar eine eigene Berater-Firma, von der er sich erst 2006 lossagte. Wieder war es seine harte Arbeit, die sich auszahlte, wie es schon zu Spieler-Zeiten der Fall war. Pettit war vielleicht nicht der Spieler mit dem meisten Talent, doch in seiner Ära arbeitete keiner härter. Dieser Eifer machte ihn neben Mikan und Cousy zum größten Star der Anfangstage der Association und somit zu einer der ersten echten NBA-Legenden.