NBA Above the Break: Die Warriors-Defense, Twin Towers bei den Mavericks, Playmaker Kawhi Leonard

Ole Frerks
30. Oktober 201911:10
In der neuen Kolumne geht es unter anderem um Draymond Green, Kawhi Leonard und Kristaps Porzingis.getty
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Die erste Saisonwoche ist rum und hat bereits zu diversen Überreaktionen geführt - natürlich auch bei Above the Break. SPOX-NBA-Redakteur Ole Frerks teilt einige seiner Beobachtungen und ordnet sie ein.

Mit dabei: Die nächste Entwicklungsstufe von Kawhi Leonard, der perfekte Partner für Kristaps Porzingis, die Schwächen der Defense bei den Golden State Warriors und ein beförderter Sixth Man.

Brandon Ingram und der Saisonstart der Pelicans

Den Start in die Saison haben sich die Pelicans definitiv anders vorgestellt. Zion Williamson fällt wochenlang aus, die ersten vier Spiele gingen gleich alle verloren, die Defense ist bisher mehr als nur anfällig (116,6 zugelassene Punkte auf 100 Ballbesitze: Platz 29 beim Defensiv-Rating) und die Euphorie hat eine ordentliche Delle bekommen. Dennoch empfiehlt es sich schon jetzt, sich die Spiele dieses Teams anzusehen.

Es passt noch nicht alles zusammen, bei weitem nicht. Aber es gibt Momente, teilweise auch ganze Viertel, in denen das Potenzial durchblitzt: Wenn Lonzo Ball das Tempo forciert, in Jrue Holiday und Brandon Ingram zwei weitere starke Playmaker mitwirken, Derrick Favors zum Korb rollt oder Nicolo Melli Bomben von Downtown einstreut, kann es teilweise fast magisch werden.

Das erste Viertel bei der Niederlage gegen Dallas ging in diese Richtung. Die Mavs switchten alles, die Pelicans teilten den Ball wunderbar und nutzten das teilweise schwache Timing von Kristaps Porzingis (siehe unten) gnadenlos aus, sodass ihre Offense bisweilen einer Layup-Line gleichkam.

In solchen Momenten blitzt der kollektive Basketball-IQ des Teams durch; 14 Assists und 41 Punkte standen für New Orleans nach nur einem Viertel zu Buche. Stafetten wie diese hier waren keine Seltenheit.

Dallas adjustierte, in der Folge blieb es bei weitem nicht so flüssig. Den Pelicans fehlen dann teilweise die Mittel, zumal sie offensiv schon brillant sein müssten, um die katastrophale Defense zu kaschieren. Trotzdem: Ansätze für eine rosige Zukunft zeigen sich, auch ohne Zion. Nicht zuletzt hat das mit der Personalie Ingram zu tun.

In Abwesenheit vom Nr.1-Pick ist Ingram der Starter auf der Vier und auch der Spieler mit der größten Offensivlast. Die individuellen Resultate sind bisher vielversprechend. Über seine ersten vier Spiele für New Orleans hat Ingram 27,3 Punkte, 9,5 Rebounds und 4,8 Assists aufgelegt. Besonders auffällig sind die Quoten: 50 Prozent aus dem Feld, 50 Prozent von der Dreierlinie.

Nun ist die Prozentzahl selbst vorerst gar nicht so wichtig, die Stichprobe ist zu gering, auch wenn Ingram immerhin schon 28-mal in vier Spielen draufgehalten hat. Das Volumen ist wichtiger. Ingram nimmt Würfe ohne zu zögern, häufig aus der Ecke, sein Wurfprofil ist moderner geworden als in den letzten Jahren.

Generell wirkt er weniger hektisch, als würde sich das Spieltempo für ihn verlangsamen. Er lässt das Spiel mehr auf sich zukommen. Auch wenn er isoliert wird und aus der Mitteldistanz draufhält, macht er das bisher effizient. Am Ring muss er noch zulegen, Freiwürfe zieht er nicht viele, mehr denn je zeigt Ingram aktuell aber das Potenzial, ein kompletter Offensiv-Spieler werden zu können.

Angesichts seines Blutgerinnsels im Arm aus dem Frühling ist das keine Selbstverständlichkeit. Natürlich können und werden sich auch die Zahlen wieder etwas einpendeln und wie Ingrams Rolle neben Zion aussehen wird, ist nicht gewiss. Defensiv offenbart er bisweilen große Defizite, nach wie vor auch aufgrund seiner fehlenden Physis. Seine Auftritte zum Saisonstart sind dennoch ein sehr gutes Zeichen.

Und eins ist klar: Wenn er das auch nur annähernd beibehalten kann, wird er im kommenden Sommer als Restricted Free Agent teurer werden als die Spieler seines Draft-Jahrgangs, die vor Saisonstart auf den letzten Drücker noch ihre Verträge verlängert haben. Ob bei den Pelicans oder anderswo.

Die bisherige Wurfverteilung von Brandon Ingram in dieser Saison.nba.com/stats

Große Jungs bei den Dallas Mavericks

Im angesprochenen Spiel zwischen den Pelicans und Dallas legte auch Kristaps Porzingis eine recht interessante Partie hin. Der Lette kam zwar auf gute 24 Punkte, in der Schlussphase setzte Rick Carlisle ihn jedoch auf die Bank, nachdem er mehrfach unkluge Isolation-Plays versucht hatte; den Sieg brachten die Mavs dann ohne ihn nach Hause.

Porzingis hat sein Timing noch nicht komplett zurück, was nach einer so langen Pause nicht verwundern sollte. Für viel mehr Platz sorgt er offensiv dennoch, auch wenn er nach wie vor kaum dribbeln kann und sein altes Faible für schwierige Mitteldistanzwürfe nicht verloren hat. Das ist für Dallas momentan aber halb so wild, zumal Luka Doncic sich zumeist in bestechender Form präsentiert und auch die Bank für Siege sorgen kann.

Die beiden zeigen schon jetzt einige gute Ansätze im Zusammenspiel und es dürfte nur noch besser werden. Interessanter ist vielleicht schon die Frage, wie man Porzingis' defensiven Einfluss am besten maximiert. Auch hier sorgte das Pelicans-Spiel für einige Anschauungsbeispiele in mehrere Richtungen.

Mit Porzingis als einzigem echten Big hatten die Mavs defensiv große Probleme, was sich bisher durch die Saison zieht. New Orleans verwickelte ihn in viele Pick'n'Rolls und zog ihn weg vom Korb; während KP auf den kleineren Guard switchte, rollte sein Gegenspieler Favors immer wieder ab und kam dann völlig offen an Korbleger. Porzingis war hier oft den einen Schritt zu langsam, großartige Hilfe gab es von den anderen Mavs allerdings auch nicht.

Das änderte sich vor allem durch zwei Personalien. Maxi Kleber und Delon Wright stopften schon im zweiten Viertel diverse Löcher und wurden in der zweiten Hälfte dann auch in die "Starting Five" befördert. Gerade Kleber wirkte dabei mit seiner Fähigkeit zu switchen wie ein idealer Komplementärspieler zu Porzingis.

Mit ihm auf dem Court schafften es die Mavs regelmäßig, dass einer von beiden Bigs in Korbnähe blieb, um den Ring zu beschützen, was vorher überhaupt nicht funktioniert hatte. Einige Male trieb Kleber gewissermaßen die Gegenspieler Richtung Korb, wo Porzingis dann wartete (insgesamt 5 Blocks im Spiel). Genauso gelang es ihm auch in der Schlussphase gegen Denver, in der das Lineup mit den beiden "Twin Towers" den Sieg herbeiführte.

Die Kombination der beiden ist offensiv nicht ohne Herausforderungen, solange es bei Kleber ein Auf und Ab bleibt. Offensiv kommen die Mavs mit beiden bisher nur auf ein schwaches 100er-Rating, da Dallas eben auch auf dem Flügel nicht ausschließlich gute Schützen aufbietet; das Spacing ist nicht ideal. Auch sind beide keine herausragenden Rebounder, wobei das zu vernachlässigen ist, solange die Mavs als Team genug Rebounds einsammeln.

Defensiv ist das Potenzial aber sehr groß, bisher verzeichnet Dallas mit beiden Bigs ein Rating von 103,7, was letzte Saison ligaweit Platz 1 bedeutet hätte. Kleine Stichprobe, natürlich - so gut muss es nicht bleiben.

Fakt ist aber, dass Kleber und Porzingis defensiv extrem gut zueinander passen. Übrigens auch deutlich besser als Porzingis und Dwight Powell, der bei seiner Rückkehr gegen Denver direkt wieder startete, dabei allerdings nur sechs Minuten neben KP auf dem Court verbrachte.

In entscheidenden Momenten könnte (und sollte) man Kleber häufiger auf dem Court sehen als ihn. Sobald der Deutsche seinen bisher schwachen Distanzwurf (25 Prozent) stabilisiert bekommt, haben die Mavs in ihm und Porzingis großes Two-Way-Potenzial auf den großen Positionen.

Die Probleme der Warriors-Defense

141 Punkte im ersten Spiel von den Clippers kassiert, 120 im zweiten gegen OKC (wobei es nach drei Vierteln schon 105 waren), 123 (trotz Sieg) gegen NOLA - die Defense der Warriors wirkt zum Saisonstart besorgniserregend, oder, um es mit Draymond Green zu sagen, "richtig scheiße." Die Warriors agieren nicht selten wie ein Team, das noch nie zusammen versucht hat zu verteidigen.

Einerseits ist das angesichts des Personals kein Wunder, zumal mit Kevon Looney und Willie Cauley-Stein gleich beide der wichtigsten Big Men ausfallen (Cauley-Stein wird zeitnah zurück erwartet). Marquese Chriss und Basketball-IQ wurden noch nie positiv innerhalb eines Satzes miteinander verbunden, ansonsten ist Omari Spellman schon fast die einzige Option auf der Fünf und ebenso kein Ringbeschützer.

Dabei gäbe es so viele Lücken, die man stopfen müsste, denn auf dem Flügel fehlt es ja auch an Länge und defensiver Kompetenz. Die Warriors hatten über die letzten Jahre in Klay Thompson, Andre Iguodala oder auch Kevin Durant defensiv eine enorme Klasse auf dem Flügel, die angesichts der offensiven Brillanz manchmal unterging.

Aktuell tummeln sich auf dem Flügel fast nur Spieler, die Rookies sind oder eher in die G-League gehören, weil sie noch nicht auf dem NBA-Level verteidigen können. Und natürlich D'Angelo Russell, dessen Qualitäten ausschließlich vorne liegen - wobei er selbst das bisher nur gegen New Orleans zeigen konnte und sonst wie ein Fremdkörper wirkte.

Gegen OKC ließ Steve Kerr auch deshalb immer wieder Zone verteidigen, wohl mit der Hoffnung, dass der einzelne darin weniger Schaden anrichten könne, aber weit gefehlt. Im falschen Moment rückte der falsche Mann raus (oder rein), es kamen Double-Teams, wo es keine brauchte, der Korb war immer wieder völlig blank. Green, in Bestform ein Genie der Helpside-Defense, hätte auch mit zwölf Armen und dem Geist von Hakeem Olajuwon nicht all diese Fehler kaschieren können.

In den letzten Jahren konnte man Curry, einen überdurchschnittlichen Verteidiger, hinter überragenden Verteidigern "verstecken". Jetzt müsste Curry selbst derjenige sein, der einen fürchterlichen Verteidiger wie Russell irgendwie versteckt. Gleichzeitig braucht man die Energie des zweifachen MVPs in der Offensive.

Und Green bräuchte man am besten 82-mal in Playoff-Form; gegen NOLA ließ Kerr Draymond tatsächlich auf der Fünf starten, was in den letzten Jahren für besonders wichtige Momente reserviert wurde, weil es Green so viel Energie abverlangt. Das half, aber wie oft kann man das realistischerweise vom 29-Jährigen erwarten? Es ist eminent wichtig, dass Looney so schnell wie möglich und so fit wie möglich zurückkehrt und seine nervlichen Probleme hinter sich lässt.

Es wäre viel zu früh, die Warriors jetzt schon abzuschreiben. Es haben schon andere Teams den Saisonstart versemmelt, und die Warriors haben ihre DNA nicht einfach verloren. Das Spiel gegen die Pelicans war ein erster Schritt in die richtige Richtung, der eine oder andere No-Name wird sich festspielen (Rookie Jordan Poole wäre ein guter Tipp).

Es hat dennoch eine neue Ära begonnen. Nach Jahren, in denen wenn überhaupt auf hohem Niveau gemeckert wurde, haben die Warriors auf einmal fast schon normale Probleme. Und offensichtlich viele davon.

Hassan Whiteside, Stopper

Meine absolute Lieblings-Aktion der ersten NBA-Woche.

Wer kennt nicht diesen Moment bei NBA2K, wenn der Controller im falschen Moment nicht mehr funktioniert und die Befehle einfach nicht mehr ankommen? Das ist Hassan Whiteside in dieser Szene. Ein Kunstwerk, vor allem in Kombination mit der, nun, dynamischen Aktion von Nikola Jokic.

Allerdings: Auch wenn es hier nicht so aussieht und ich die Whiteside-Verpflichtung (bzw. eher das teils überschwängliche Lob dafür) im Sommer kritisch gesehen habe, sind die ersten Eindrücke von Whiteside in Portland überwiegend ordentlich, auch wenn es der Auftakt-Spielplan nicht gut mit den Blazers gemeint hat (nur zwei Heimspiele unter den ersten acht?!).

Nur die Jazz, Bucks und Clippers lassen bisher weniger Abschlüsse in Ringnähe zu, Whitesides Einschüchterungsfaktor ist hier nicht zu unterschätzen. In den Minuten mit ihm auf dem Court verfügt Portland über ein gutes Defensiv-Rating von 105,8, das ohne ihn ein wenig schlechter wird. Größer ist der Unterschied allerdings offensiv.

Mit Whiteside auf dem Court beträgt das Offensiv-Rating bärenstarke 113,2, ohne ihn sind es 97,5 - also ein massiver Unterschied. Bevor man daraus allerdings schlussfolgert, dass Whiteside Portlands Erfolgsgarant schlechthin ist: Er steht lediglich 2,6 Minuten pro Spiel ohne Damian Lillard auf dem Court. Ohne Kontext sollte man also nicht zu viel aus diesen Zahlen machen.

Die Statistiken von Hassan Whiteside in Portland

SpielePunkteFG%ReboundsBlocks
4137012,31

Das ist keine Kritik an Whiteside. Der frühere Heat-Center füllt die ihm angedachte Rolle als Rim-Runner und Reste-Verwerter gut aus und Lillard weiß ihn einzusetzen, entsprechend sinnvoll ist es, beide so viel wie möglich gemeinsam spielen zu lassen.

Solange Whiteside diese Rolle annimmt und nicht wieder anfängt, wie in Miami Post-Plays zu fordern oder aus der Mitteldistanz zu ballern (San Antonio provozierte ihn einige Male dazu), kann er absolut einen positiven Einfluss in Portland haben und die Zeit überbrücken, bis Starting Center Jusuf Nurkic wieder gesund ist. Selbst wenn der Controller mal ausfällt.

Fred VanVleet, Starter

Nick Nurse hat nicht zuletzt in den Finals bewiesen, dass er zu den kreativsten und wohl auch mutigsten NBA-Coaches gehört, als er beispielsweise die legendäre Box-And-1-Defense gegen Stephen Curry auspackte und damit auch noch Erfolg hatte. Zum Saisonstart hat er nun mal wieder eine kleine Überraschung aus dem Hut gezaubert.

Fred VanVleet ist auf einmal Starter und komplettiert mit Kyle Lowry den derzeit kleinsten Backcourt der NBA: Lowry ist 1,85 m groß, VanVleet gar nur 1,83 m - zusammen formen sie also quasi einen Tacko Fall. Trotzdem funktioniert es bisher gut, in den gemeinsamen Minuten des Zwergen-Backcourts verfügen die Raptors über ein Net-Rating von +7,8.

Das ist einerseits keine Überraschung, weil die Raptors in den letzten Jahren oft Erfolg hatten, wenn beide Guards auf dem Court standen. Lowry ist trotz seiner Größe ein exzellenter Verteidiger, der auch gegen größere Wings dagegenhält (oder umfällt und Offensiv-Fouls annimmt), VanVleet ist eine Pest am Ball (einfach Curry fragen), und vorne ergänzen sich beide gut mit und ohne Ball.

Andererseits verwundert der Erfolg doch ein wenig, da sich die Umstände verändert haben. Es gibt keinen Kawhi Leonard mehr in Toronto, und die Kombination wird anders genutzt: In der letzten Saison waren Lowry-VanVleet-Lineups ein Stilmittel, nicht selten gegen die Bank des Gegners, 13,5 Minuten standen beide pro Spiel zusammen auf dem Court. In den ersten vier Spielen waren es schon insgesamt 120 Minuten, trotzdem konnte bisher keiner VanVleets Größe ausnutzen, im Gegenteil. Die Raptors-Defense funktioniert bisher herausragend (Platz 3: 96,7).

Womöglich wird sich das mal ändern, zumindest in vereinzelten Spielen. Ob VanVleet beispielsweise auch gegen die gigantischen Sixers starten kann, ist eine interessante Frage. Für den Moment überwiegen aber die positiven Eindrücke, auch wenn der einstige Sixth Man bei steigendem Volumen immer noch streaky ist. Aber Verteidiger respektieren seinen Wurf und seinen Drive, was ihm eine völlig andere Anziehungskraft verleiht als etwa Norman Powell, der "konventionellen" Lösung neben Lowry.

Die Statistiken von Fred VanVleet in der NBA

SaisonMinutenPunkteWürfeFG%3FG%Assists
16/177,92,9335,137,90,9
17/18208,67,242,641,43,2
18/1927,5119,44137,84,8
19/2038,81814,338,640,76,3

Durch die Weggänge von Leonard und Danny Green sind bei den Raptors viele Würfe freigeworden. Pascal Siakam nimmt einige davon, O.G. Anunoby auch, Spieler wie Lowry oder Marc Gasol werden ihr Naturell aber nicht mehr ändern und auf einmal Gunner werden. So bleibt viel für VanVleet übrig, der schon immer selbstbewusst war, in den Finals aber noch einen weiteren Schub bekommen hat.

So permanent aggressiv wie zum Saisonstart hat man den kleinen Guard bisher noch nicht gesehen, teilweise (etwa gegen Orlando) überdrehte er auch ein wenig. Offensichtlich will Nurse das grüne Licht für ihn aber anlassen, zumal es eben nicht so viele andere schusswütige Alternativen bei den Raptors gibt. VanVleet hat sich zu einem essenziellen Teil der Post-Kawhi-Raptors entwickelt.

Das Timing dafür könnte kaum besser sein. Im kommenden Sommer wird der 25-Jährige Free Agent - und zwar Unrestricted. Man darf gespannt sein, wie tief Masai Ujiri (oder jemand anderes) dann für den einst ungedrafteten VanVleet in die Tasche greifen wird.

James Harden und der wacklige Wurf

Diese Szene ist auf dem Niveau von Jokic vs. Whiteside (man beachte den Blick von Josh Hart!).

Sie steht sinnbildlich für den Saisonstart von Harden, der aktuell mit Backsteinen um sich wirft, als wolle er eine Mauer bauen: 40 Dreier in drei Spielen hat er versucht, sechs davon getroffen. Das macht 15 Prozent, und da fast zwei Drittel seiner Würfe aus dem Feld bisher Dreier waren, ist es bei der Gesamtquote kaum besser (28,6 Prozent). 16 Freiwürfe pro Spiel (!) bei 95,8-prozentiger Quote (!) retten Harden momentan fast im Alleingang die Ehre.

Sorgen machen muss man sich deswegen nicht. Harden ist noch nicht in der Saison angekommen, muss sich an die neuen "Points of Emphasis" der Schiedsrichter noch gewöhnen, wie vor allem seine 5 Offensiv-Fouls (!) gegen die Bucks demonstrierten. Er verfehlt gleichzeitig jede Menge Würfe, die er in der Vergangenheit getroffen hat.

Er wird sie auch wieder treffen. Jeder großartige Shooter erlebt seine Slumps, ob Reggie Miller, Ray Allen, Curry, J.J. Redick oder eben Harden. Wenn man sich in der Hinsicht um jemanden Sorgen machen möchte, ist das derzeit Mike Conley bei den Jazz, aber nicht Harden. Die in positiver Hinsicht albernen Boxscores werden schon sehr bald wieder zurück sein.

Wichtiger ist, dass Houston auch so ineffiziente Spiele von ihm gewinnen kann - und dass Russell Westbrook und er sich bisher durchaus ordentlich ergänzen, wenn man den Zeitpunkt berücksichtigt. Wenn Harden seinen Wurf erst findet, hat dieses Team zumindest offensiv enormes Potenzial.

Die nächste Evolutionsstufe von Kawhi Leonard

Dass die Clippers ziemlich gut sein würden, war im Sommer von wohl jeder Seite erwartet worden. Als einzige mögliche Schwachstellen wurden einerseits die Rim-Protection und andererseits das Playmaking ausgemacht - die Clippers hatten vermeintlich keinen Spieler im Kader, der für andere elitär Würfe kreieren kann.

Die frühen Saisonresultate zeigen etwas anderes. Einerseits ist der Pick'n'Roll-Tanz zwischen Lou Williams und Montrezl Harrell nach wie vor eine Augenweide und produziert automatisch Punkte, andererseits ist dieser Creator vielleicht doch im Kader. Denn in den ersten Clippers-Spielen hat Kawhi Leonard ein Passing Game gezeigt, das man so noch nicht von ihm kannte.

3,5 Assists pro Spiel waren bisher Leonards Top-Wert über eine Saison (16/17), derzeit sind es 7,5. Wichtiger als die Zahlen ist aber die Entstehung dieser Vorlagen: Leonard läuft in L.A. bisher über 10 Pick'n'Rolls pro Spiel als Ballhandler, bisher waren es nie mehr als 6,5.

Und er sucht dabei stärker den Pass als je zuvor; bisher war der eigene Abschluss hier fast immer die erste und zweite Option. Auch aus der Isolation heraus spielt er Pässe, die man in der Regelmäßigkeit bisher nicht von ihm gesehen hat.

Leonard ist seit Jahren ein Biest, wenn es um die Kreation eigener Würfe geht, die letzte vermeintliche Schwachstelle in seinem Offensivspiel war das Passspiel. Es ist noch zu früh, um das für abgeschlossen zu erklären, aber zu Beginn der Saison sieht es so aus, als habe er hier den nächsten (letzten?) Schritt vollzogen.

Nie war Leonard so gut darin, die Panik gegnerischer Defensiv-Teams, die durch seine eigene Gefahr entsteht, zu manipulieren und auszunutzen, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere. Wenn man bedenkt, dass die Clippers ihm bald mit Paul George noch einen weiteren elitären Shooter an die Seite stellen werden, kann das alle anderen Teams nur alarmieren.