Luka Doncic legt für die Dallas Mavericks im Moment historische Zahlen auf und ist der Hauptgrund, warum die Texaner so gut gestartet sind. Der Slowene gilt inzwischen als MVP-Kandidat und einer der zehn besten Spieler der Liga. Ist das zu hochgegriffen? Ein Blick in die Zahlen legt dar, dass Doncic selbst den jungen LeBron James in den Schatten stellt.
Mavs-Coach Rick Carlisle ist kein Mann der großen Worte, kein Lautsprecher, der seine Spieler in den Medien bewusst über den grünen Klee lobt. Zu viel hat der inzwischen 60-jährige Meistercoach von 2011 gesehen. Als Spieler der Boston Celtics begleitete er über Jahre Larry Bird, sah Magic Johnson oder Michael Jordan, coachte Dirk Nowitzki in seiner Prime.
Bei Luka Doncic scheint Carlisle aber eine Ausnahme zu machen, es vergeht kaum ein Spiel, nach dem er nicht ein Loblied über den Slowenen anstimmt. So auch nach dem Blowout gegen die Golden State Warriors, als Doncic in gerade einmal 25 Minuten ein 35-Punkte-Triple-Double auflegte. Eine Statline, welche in so wenig Spielzeit noch nie erreicht wurde.
"Luka ist ein besonderer Spieler, der gerade einen Lauf hat. Ich erzähle euch da nichts Neues, inzwischen ist das alles ganz normal." Normalität nennt es Carlisle also, wenn ein 20-Jähriger beinahe im Alleingang Abend für Abend ein Team trägt wie es sonst nur etablierte Stars wie LeBron James, James Harden oder Kawhi Leonard können.
Luka Doncic führt beste Offensive der Liga an
Es ist vor allem Doncic zu verdanken, dass die Mavs, nach Jahren im Niemandsland der knüppelharten Western Conference, wieder ernsthaft um die Playoffs mitspielen können. Im Moment stehen die Texaner bei einer Bilanz von 9-5, solch ein guter Start gelang zuletzt 2013. Und er hätte auch noch besser sein können, so unnötig wie die beiden Niederlagen gegen die New York Knicks waren. Auch die Spiele gegen Portland und die Los Angeles Lakers hätten problemlos mit einem Sieg enden können.
Prunkstück ist bisher die Offensive. Mit einem Offensiv-Rating von 114,7 führt Dallas die Liga recht deutlich an und agiert damit auf einem Niveau, welches in den vergangenen Jahren nur die Golden State Warriors und mit Abstrichen die Houston Rockets erreicht haben. Das waren historisch gute Teams, angeführt von den besten Offensiv-Spielern der Dekade (Stephen Curry, Kevin Durant, Harden), die Mavs schaffen dies vor allem dank eines 20-Jährigen!
Sicherlich ist diese Ausgabe der Mavericks um Längen besser als in den vergangenen Jahren, dazu war der Spielplan auch recht moderat. Trotzdem ist es bemerkenswert und höchst selten, dass ein Profi im zweiten Jahr bei einem potenziellen Playoff-Team so dominiert.
Luka Doncic: Der Alles-Könner
Vergessen wir dabei einmal die sieben Triple-Doubles in den ersten 14 Spielen, was zuletzt Oscar Robertson in den 60er-Jahren schaffte. Hier mal ein paar statistische Nuggets, wie dominant Doncic auftritt:
- 101 Touches pro Spiel, kein Spieler ist im Schnitt häufiger am Ball.
- Vierter in Usage Rate hinter Harden, Leonard und Giannis Antetokounmpo.
- 1,09 Punkte pro Play aus Isolations, nur Damian Lillard (1,18) war effizienter bei mindestens 3 ISOs pro Spiel.
- 1,14 Punkte pro Play als Ballhandler im Pick'n'Roll, hier wird er nur von Lillard (1,19) übertroffen.
- 1,36 Punkte pro Play aus Post-Up-Situationen werden nur von Andrew Wiggins, Cody Zeller und Aron Baynes getoppt.
- 66,3 Prozent seiner Drives schließt Doncic erfolgreich ab, das übertrifft niemand, erst recht nicht bei dem Volumen von 18,1 Drives pro Spiel.
Diese Liste könnte beliebig fortgeführt werden, wenn man denn noch weitersuchen würde. Nach einer phänomenalen Rookie-Saison hat der Slowene mehr als nur eine Schippe draufgelegt. Und das hat Gründe. "Er hat in der Offseason an seinem Körper gearbeitet und ich habe sofort gesehen, dass er bereit war", berichtete General Manager Donnie Nelson.
Auf Instagram war dies wunderbar zu sehen, der Babyspeck der Premierensaison hatte sich in Luft aufgelöst. Vielleicht war es sogar ein Segen, dass Slowenien aufgrund der neuen Qualifikations-Fenster der FIBA die WM in China verpasste. So hatte Doncic ausreichend Zeit, um endlich einmal durchzuschnaufen und dann gezielt seinen Körper in Bestform zu bringen.
Luka Doncic: Im Rampenlicht seit der Kindheit
Das war 2018 noch anders, als Doncic mit Real Madrid eine kräftezehrende Saison spielte, um dann völlig ausgelaugt in Texas anzukommen. Niemand sollte vergessen: Kein Teenager, der jemals in die NBA gekommen ist, hatte bereits so viele Minuten auf professionellem Level abgespult wie Doncic, vielleicht mit Ausnahme vom früheren Wunderkind Ricky Rubio.
Das mag einerseits Belastung, andererseits aber auch wertvolle Erfahrung sein. Der ganze Rummel, die Aufmerksamkeit, dies kennt Doncic aus Madrid oder aus Slowenien, wo er bereits jetzt den Status eines Volkshelden besitzt. "Ich stehe seitdem ich 16 Jahre alt bin im Fokus. Bei Real Madrid haben sie mir geholfen, dass ich mich auf Basketball fokussiere", erklärte Doncic bei NBA.tv.
Und so war Doncic bereit für seine zweite NBA-Saison, nachdem er am Ende seines Rookie-Jahrs merklich abgebaut hatte. Der Slowene wirkt spritziger denn je und hat sich in allen wichtigen Kategorien verbessert, obwohl seine Verantwortung für das Team noch einmal größer geworden ist, eine seltene Kombination.
Luka Doncic: Seine Karriere-Statistiken für Real Madrid und die Dallas Mavericks
Saison | Team | Spiele | Minuten | Punkte | FG% | 3P% | Rebounds | Assists |
14/15 | Madrid | 5 | 4,8 | 1,6 | 33,3 | 33,3 | 1,2 | 0,0 |
15/16 | Madrid | 55 | 12,1 | 4,1 | 50,0 | 36,8 | 2,5 | 1,8 |
16/17 | Madrid | 80 | 20,2 | 7,9 | 44,3 | 33,3 | 4,5 | 3,6 |
17/18 | Madrid | 73 | 25,1 | 14,1 | 45,0 | 31,0 | 5,3 | 4,5 |
18/19 | Dallas | 72 | 32,2 | 21,2 | 42,7 | 32,7 | 7,8 | 6,0 |
19/20 | Dallas | 14 | 34,3 | 29,9 | 48,6 | 33,6 | 10,6 | 9,4 |
Seine verbesserte Fitness spielt dabei eine große Rolle. Es kommt nicht von ungefähr, dass Doncic knapp die Hälfte seiner Abschlüsse in der Zone nimmt, ein fast fünfprozentiger Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Da der Mavs-Spielmacher nun häufiger seine Gegenspieler stehenlassen kann, kollabiert die Defense häufiger, mehr freie Würfe werden erspielt.
Immer häufiger werden so Vergleiche mit LeBron gezogen, die einerseits unfair, andererseits nicht an den Haaren herbeigezogen sind. Beide sind unglaublich intelligente Basketballspieler, die Pässe spielen, die andere Akteure gar nicht sehen würden.
Auch die Zahlen lassen dies zu. So verrückt das klingt - Doncics Zahlen im zweiten Jahr stellen die von James deutlich in den Schatten wie diese Grafik recht anschaulich zeigt. Die unglaubliche Assist-Percentage, also der Anteil von direkten Vorlagen, die ein Spieler verteilt, wenn er auf dem Feld steht, ist mit über 48 Prozent so hoch, wie sie LeBron noch nie in seiner Karriere erreicht hat.
Luka Doncic: Fitter und effizienter denn je
So kann das Argument, dass die Zahlen durch das höhere Tempo dieser Ära aufgebläht seien, ein wenig entkräftet werden. Gleichzeitig passt Doncic perfekt in diese Zeit und modelliert sein Spiel immer mehr danach. Wie schon erwähnt, zieht der Slowene vermehrt in die Zone und hat das Spiel aus der Mitteldistanz fast komplett aus dem Repertoire gestrichen.
Stattdessen versucht sich Doncic vermehrt mit Floatern (über 55 Prozent Erfolgsquote!) und Distanzwürfen. Hier sticht natürlich der Stepback-Dreier hervor mit 4,5 Versuchen pro Spiel. Diesen besonders schweren Wurf trifft der 20-Jährige zu knapp 35 Prozent, nur minimal schlechter als der Meister dieser Disziplin, James Harden.
Der Vergleich mit dem Bärtigen ist beinahe noch interessanter, da hier noch mehr Parallelen zu finden sind, allen voran der Stepback-Dreier, den James so nicht hat. LeBron ist dagegen mit einer Athletik gesegnet, die seinesgleichen sucht. Das wird Doncic dagegen niemals sein, seine körperlichen Voraussetzungen erinnern eher an Harden.
In dieser Spielzeit hat Doncic bereits zweimal mindestens 10 Assists, 10 Versuche von der Dreierlinie sowie 10 Freiwürfe aufgelegt, eine Statline, die Harden in den vergangenen Jahren geprägt hat. 49 solcher Spiele legte der Bärtige auf, auf Platz zwei folgt Teamkollege Russell Westbrook mit gerade einmal 9 solcher Partien.
NBAKann Luka Doncic in dieser Saison MVP werden?
Viel wichtiger ist aber, dass Dallas tatsächlich so auch Spiele gewinnen kann, die Statistiken sind nicht leer, wodurch inzwischen auch zwangsläufig darüber diskutiert wird, ob Doncic nicht auch MVP werden kann. Die Konkurrenz ist jedoch gewaltig, mit Harden, James, Giannis Antetokounmpo, Anthony Davis oder auch Leonard gibt es einige Kandidaten, die selbst gewichtige Argumente haben.
Der jüngste MVP aller Zeiten ist übrigens Derrick Rose, der 2011 mit 22 Jahren zum wertvollsten Spieler ernannt wurde, Doncic hätte also sogar noch eine weitere Saison Zeit, um diesen Rekord zu brechen. Das ist aber zunächst einmal Zukunftsmusik, auch wenn der Slowene im Moment bereits zu den besten zehn Spielern in der NBA gehört.
Bei allem individuellen Erfolg wurde Doncic aber nie müde zu erwähnen, dass der Teamerfolg im Vordergrund steht. "Wir werden die Playoffs erreichen, nein, wir müssen die Playoffs erreichen. Das ist der Plan", kündigte der Guard schon vor der Saison an. Kann er diese fast schon unheimlichen Leistungen bestätigen, kann das wahr werden.