@segele14: Wie sehr sollten die Rockets versuchen einen Big zu bekommen der Range hat und zudem switchable ist? Beispielsweise ein Aaron Baynes oder Daniel Theis (und sicher auch andere) würden doch perfekt in das System passen und wenigstens ein wenig Rim-Protection liefern.
Die Rockets haben sich vor der Deadline bewusst gegen eine solche Lösung entschieden. Nicht aus grundsätzlicher Abneigung gegen Bigs - natürlich würden sie Anthony Davis oder Kristaps Porzingis nehmen, wenn sie sie haben könnten -, sondern weil sie keine realistisch umsetzbare Lösung für diese Saison gesehen haben, die ihnen eine bessere Chance auf den Titel verschaffen würde.
Ringbeschützung läuft bei den Rockets seither im Kollektiv, mal mit guten (siehe letztes Viertel gegen Dallas), mal mit weniger guten (siehe die vorigen drei Viertel) Resultaten. Das gilt auch für das Thema Rebounds. Der Micro-Ball der Rockets mit "kleinen" Spielern kann funktionieren, er erfordert allerdings hundertprozentigen Einsatz und Fokus, den gerade die beiden Superstars James Harden und Russell Westbrook defensiv nicht immer an den Tag legen.
Grundsätzlich denke ich nicht, dass die Rockets nun für immer dogmatisch daran festhalten werden. Micro-Ball ist auch für sie ein Experiment und sollte der perfekte Big verfügbar werden, könnten sie jederzeit aktiv werden. So einen perfekten Big zu finden, wird aber eine deutlich größere Herausforderung, als es diese Frage andeutet.
Rockets: Switch-Everything oder ein echter Big Man?
Beispiel Baynes: Der Australier ist für einen Big Man beweglich, das ist aber eine andere Art von beweglich als die der (im Bestfall) hyperaktiven Rockets-Defense. Vom Switch-Everything-Scheme müsste Houston mit ihm wieder absehen. Dieses "Problem" gäbe es mit einem Theis wiederum nicht, der ist aber wiederum offensiv als Roll-Man und Blocksteller wertvoller denn als Schütze.
Seitdem Harden für seine Dreier keinen Switch mehr braucht, ist das Pick'n'Roll für Houston nicht mehr wichtig, sonst hätte man Clint Capela nicht abgegeben. Offensiv besteht genau darin Theis' größte Stärke. Werfen kann er zwar auch, es ist aber nicht sein Spezialgebiet: Aus dem Catch-and-Shoot hat der Nationalspieler in dieser Saison 29 von 85 Dreiern getroffen (34,1 Prozent). Damit wäre er ein Kandidat, den gegnerische Teams offen lassen würden, um Harden und Westbrook den Platz zu nehmen.
Nochmal: Das heißt nicht, dass es keinen Big für die Rockets geben kann. Es muss jedoch einer mit einem sehr speziellen Skillset sein, da die beiden Guards ein ganz bestimmtes Konstrukt um sie herum brauchen, um erfolgreich zu koexistieren. Die Chance, mehr bullige, defensivstarke und langarmige Wings wie P.J. Tucker oder Robert Covington zu bekommen, ist vermutlich höher.
Damit ab in den Osten!
@dirkules22: Wer wird den Bucks im Osten am gefährlichsten? Die Raptors, Celtics oder sogar die Sixers?
Vorweg: Ich sehe die Bucks immer noch als klaren Finals-Favoriten in der Eastern Conference an. Ein Spaziergang wird es aber nicht und mindestens ein Team wird ihnen eine richtig enge Serie bieten können. Da es keinen Heimvorteil gibt, könnten die Bucks eventuell etwas anfälliger sein als in einem normalen Playoff-Szenario. Vier Teams haben meiner Meinung nach zumindest die Qualität, um die Bucks herauszufordern.
Von oben nach unten:
@svlkicker: Die Raptors machen bisher in der Bubble den besten Eindruck. Was sind deine Eindrücke bisher? Kann ihre Defense so auf die PO übertragen werden? Sind sie für dich mittlerweile schon mehr als ein Geheimfavorit auf den Titel?
Die Defense der Raptors ist schon die ganze Saison über eine Augenweide. Das einzig Neue daran ist aktuell der vollständige Kader des Teams: Abgesehen von O.G. Anunoby fehlte jeder wichtige Rotationsspieler mindestens einen Monat, jetzt sind alle wichtigen Spieler fit. Und teilweise deutlich beweglicher als beim letzten Eindruck, was insbesondere Marc Gasol betrifft.
Was dadurch entsteht, ist das im Kollektiv intelligenteste Defensiv-Team der Liga. Toronto hat in seiner Kernrotation keine einzige echte Schwachstelle. Norman Powell ist kein überragender Verteidiger, aber er ist mindestens solide. Und von ihm aus geht es eigentlich nur noch aufwärts, bis hin zu Anunoby, der mittlerweile klar zu den besten Flügelverteidigern der Welt gehört.
Toronto hat auf fast jede Herausforderung eine Antwort. Gegen Miami identifizierte man Duncan Robinson als Problem und neutralisierte es (siehe unten), gegen die Lakers wurde Anthony Davis so konsequent angegangen, dass er eine Halbzeit lang gar nicht stattfand. Die Raptors können Zone, sie können Mann-gegen-Mann, groß, klein, Box-and-One, Ganzfeldpresse - wie ein Chamäleon passen sie sich jedem Gegner an. Nick Nurse ist in der Hinsicht vermutlich auch "aktiver" im Spiel und kreativer als nahezu jeder andere Coach.
An der Defense habe ich auch im Hinblick auf die Playoffs keine Zweifel. Interessanter ist eher die Offensive. Die Raptors hatten im Lauf der Saison gerade im Halbfeld eine durchschnittliche Offense, elitär waren sie nur im Schnellangriff. In den Playoffs gibt es traditionell jedoch weniger Gelegenheit, um ins Laufen zu kommen. Deswegen wird es in der Hinsicht spannend.
Die Raptors haben auch vorne einen enormen kollektiven IQ. Possessions wie diese erinnern an die Spurs zu besten Zeiten, das geduldige Ball-Movement ist bisweilen eine Augenweide. Zudem hat man Spieler wie Kyle Lowry oder Fred VanVleet, die von Downtown jederzeit heiß laufen und auch mal Spiele entscheiden können. Beiden strömt der Championship-Swagger aus jeder Pore, bei Lowry dient vor allem das Spiel gegen die Lakers als gutes Anschauungsbeispiel.
Raptors: Siakam als Nr.1-Option gut genug?
Die Fragezeichen stehen letztendlich hinter Pascal Siakam und dessen Tauglichkeit als Nr.1-Option im Stile eines Kawhi Leonard - beziehungsweise der Frage, ob es so eine "klassische" Nr.1 überhaupt braucht, wenn man so viele 1b-Lösungen hat. Man kann die letzten Playoffs als Beweisstück dafür werten, dass es so jemanden braucht, gerade gegen Milwaukee und Philly hätten die Raptors es ohne Leonard nicht geschafft. Andererseits ist der Raptors-Kader im Kollektiv und auch individuell fast durch die Bank besser und selbstbewusster geworden als letztes Jahr.
Es ist spannend. Die Raptors haben dieses innere Selbstverständnis, das kein anderes Ost-Team (und auch kein West-Team abgesehen von den jeweils besten Spielern LeBron und Kawhi) hat. Sie werden mindestens gegen die Bucks und Sixers, vielleicht aber sogar auch gegen die Celtics und Heat nicht den individuell besten Spieler der Serie haben.
Vielleicht sind sie aber das beste Team. Weder gegen Milwaukee noch gegen die L.A.-Teams wäre Toronto Favorit, trotzdem ist eine Titelverteidigung möglich. Sie sind ein legitimer Contender.