Die Historiker der NBA hatten in der zweiten Nacht mit Playoff-Basketball im Jahr 2020 direkt einiges zu tun. Da wäre einerseits der Umstand, dass sowohl die Bucks als auch die Lakers als Nr.1-Seed ihrer jeweiligen Conference eine Auftaktpleite zu Beginn ihrer Postseason hinnehmen mussten - das gab es laut Elias Sports Bureau bis zur vergangenen Nacht zum ersten und einzigen Mal 2003 als die Pistons ebenfalls gegen die Magic und die Spurs gegen die Suns verloren.
Bezüglich der zweiten historischen Bestmarke der Nacht konnten die Statistiker noch so lange kramen, doch sie sollten nichts finden. Noch nie hat ein Spieler in einem Playoff-Spiel eine Statline mit mindestens 20 Punkten, 15 Rebounds und 15 Assists aufgelegt. Dann kam LeBron James.
Der King lieferte einen teils überragenden Auftritt in Spiel 1 der Erstrundenserie gegen die Blazers ab. Vor allem begeisterte er mit seinem Passing, so packte er den ein oder anderen spektakulären Assist aus, auf dem Weg zu einem Playoff-Career-High von 16 Vorlagen. Dazu kamen 23 Punkte und 17 Bretter vom King (hier geht es zu den LeBron-Highlights). Und doch reichte das alles nicht.
"Wir hatten ein paar großartige Möglichkeiten. Wir hatten ein paar großartige Looks. Wir haben sie einfach nicht versenkt", fasste LeBron das Geschehene simpel zusammen. "Sie haben gegen Ende des Spiels genug Plays gemacht. Wir nicht."
"Sie", das war in erster Linie Damian Lillard. Der Point Guard der Blazers, aktuell der wohl heißeste Spieler der Liga, setzte seinen irren Lauf mit einigen tiefen Dreiern in der Schlussphase fort. Etwas mehr als drei Minuten vor dem Ende drückte Big Game Dame einfach mal vom Logo ab und brachte sein Team mit seinen Punkten 32, 33 und 34 auf die Siegerstraße (hier gibt es alle Punkte von Lillard gegen die Lakers).
Damian Lillard versenkt die Lakers in der Schlussphase
"Offensichtlich war das ein Big-Time-Shot", musste LeBron nach der Partie anerkennen. "Aber es war auch eine Panne von uns in der Defense. Er nimmt wichtige Würfe und versenkt sie auch, dafür muss man ihn loben."
Ob es nun wirklich eine Lapsus der Lakers-Defense war, sei einmal dahin gestellt (Anthony Davis stand bereits an der Dreierlinie und versuchte zumindest noch, den Wurf zu beeinflussen). Anschließend präsentierte die Defense dagegen wirklich in zwei Situationen kleinere Lücken. L.A. zwang mit Double-Teams den Ball aus Lillards Händen, doch die Rotationen waren zu langsam. Das bestraften erst Carmelo Anthony und dann Gary Trent Jr. von Downtown.
"Wir waren in der richtigen Coverage aber einfach einen Schritt zu spät, um Melo den Wurf zu erschweren", analysierte Coach Frank Vogel das Play, das die Blazers zweieinhalb Minuten vor dem Ende auf sechs Zähler weg brachte. Der Dreier von Trent Jr. stellte schließlich auf 98:93 gut eine Minute vor dem Ende. Das war zu viel für die Lakers.
Los Angeles Lakers: Shooting-Debakel setzt sich fort
Die Partie hat erneut unter Beweis gestellt, dass die Titelhoffnungen der Lakers, die eigentlich als einer der Favoriten gehandelt wurden, auf wackligen Beinen stehen. Schon in den acht Seeding Games seit dem Restart überzeugte Purple-and-Gold nur bedingt (Bilanz: 3-5), vor allem in der Offensive haperte es gewaltig. Immerhin hatten die Lakers dort noch die Ausrede, dass es um nichts mehr ging und L.A. sich Richtung Playoffs treiben ließ. Ganz im Gegensatz zu den Blazers.
"Jedes Spiel seit wir hier sind war ein Playoff-Spiel", sagte Lillard nach der Partie. "Das hat uns gut auf eine Partie wie diese vorbereitet. Es ist aber nur ein Sieg. Ich bin froh, in den Playoffs zu stehen, aber wir müssen weitermachen." Und die Lakers müssen möglichst schnell ihre Playoff-Form finden.
Das große Problem der Traditionsfranchise aus der Stadt der Engel ist und bleibt in Disney World die Offense. In Spiel 1 gegen Portland setzte sich das bisherige Shooting-Debakel nahtlos fort. Aus dem Feld traf L.A. magere 35,1 Prozent, von der Freiwurflinie waren es schwache 64,5 Prozent (20/31 FT) und von Downtown verzeichnete das Team sogar nur 5 Treffer bei 32 Versuchen. Die dazu passende Quote von 15,6 Prozent ist laut Law Murray die zweitschlechteste Dreierquote in der Playoffs-Geschichte (mindestens 30 Versuche).
So erreichte zum ersten Mal seit dem 7. Januar ein Blazers-Gegner nicht die 100-Punkte-Marke, also erstmals seit 37 Spielen, und das obwohl Portland mit 123,4 zugelassenen Zählern in den acht Seeding Games eine der schlechtesten Verteidigungen der NBA-Bubble stellt.
Los Angeles Lakers seit dem Restart im Shooting-Slump
Auch zum Playoff-Auftakt präsentierte Portland nicht auf einmal eine Lockdown-Defense. Stattdessen ließen die Lakers selbst einige offene Würfe teils kläglich liegen. Danny Green, eigentlich ein 3-and-D-Spezialist, traf nur 2 seiner 8 Versuche aus der Distanz (10 Punkte), zwei davon schafften es nichtmal an den Ring.
Kentavious Caldwell-Pope (1 Punkt) machte es mit 0 von 5 von Downtown sogar noch schlechter. Auch AD (0/5 Dreier), Kyle Kuzma (1/5, ein Versuch landete an der Seite des Backboards) oder Alex Caruso (0/3) bekleckerten sich nicht unbedingt mit Ruhm.
Noch weigert man sich im Lakers-Camp aber, ob der katastrophalen Offense in Panik auszubrechen. "Wir haben unsere Würfe nicht getroffen. Ich denke, wir werden besser werfen, als wir es heute getan haben", sagte Coach Vogel betont nüchtern angesprochen auf den Shooting-Slump seiner Mannen.
Ein ähnliches Credo predigten die Lakers allerdings auch schon nach der 86:105-Niederlage gegen die Oklahoma City Thunder, Spiel vier der Seeding Games. Geändert hat sich seither in der Lakers-Offense nicht viel. Von den als "offen" oder "weit offen" deklarierten Würfen der Lakers flutschen seit dem Restart laut stats.nba.com nur desolate 38,2 Prozent durch die Reuse.
Die Dreierquoten aller Lakers-Spieler in Spiel 1 gegen die Trail Blazers
Name | James | Davis | Green | Caldwell-Pope | Kuzma | Morris | Caruso | Gesamt |
Dreier | 1/5 | 0/5 | 2/8 | 0/5 | 1/5 | 1/1 | 0/3 | 5/32, 15,6 Prozent |
Lakers suchen nach Lösungen: "Werfen, bis du heiß läufst"
Kein Wunder, dass sich Portland in vielen Situationen darauf fokussierte, die Zone zuzustellen, und teilweise mit Jusuf Nurkic und Hassan Whiteside (5 Blocks) eine Art Twin-Tower-Lineup aufs Parkett schickte. Das wiederum führte dazu, dass L.A. in der Restricted Area nur unterdurchschnittliche 57,1 Prozent der Versuche in direkten Ringnähe traf (24/42 FG). Die Blazers konnten es sich erlauben, die Zone dicht zu machen, weil die Lakers-Schützen derzeit kaum Gefahr ausstrahlen.
Auch das eigentlich vielversprechende Lineup mit Davis als Center blieb so unter seinen Möglichkeiten. AD auf der Fünf sollte Coach Vogel künftig aber wohl öfters in Betracht ziehen, die Blazers-Defense hat an sich große Probleme mit der Braue. Das zeigt die Tatsache, dass er trotz seiner beeindruckenden Statline (28 und 11) ebenfalls nicht komplett überzeugen konnte (8/24 FG, 12/17 FT). Auch er sollte davon profitieren, wenn die Schützen endlich ihre Dreier treffen und von der Defense respektiert werden müssen.
"Wir müssen unsere Erinnerungen auslöschen", führte Kyle Kuzma einen Vorschlag zur Problembewältigung an. "Da heißt es auch, selbstbewusst zu sein. Ich sage gerne, 'Wirf einfach, bis du heiß läufst'. Ich glaube, wir haben die Fähigkeit, genau das zu tun."
Im Idealfall sollten die Lakers schon in Spiel 2 in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (ab 3 Uhr live auf DAZN) damit beginnen, sich in einen Rhythmus zu ballern. Einen weiteren Ausrutscher gegen den nominellen 8-Seed, der angeführt von Lillard deutlich gefährlicher ist als der typische 8-Seed, werden sich die Lakers nicht erlauben dürfen.