Es war der 11. Juli 2014, der das Verhältnis von LeBron James und Pat Riley nachhaltig zerstörte. LeBron verkündete seine Rückkehr zu den Cleveland Cavaliers. Nach vier Finalteilnahmen und zwei Titeln in vier Jahren war die Ära der Big Three in Miami wieder beendet.
Eine Ära, die 2010 mit einem Riesen-Bohei startete. Die Verkündungsshow "The Decision", eine Vorstellungs-PK vor 18.000 Fans, die Euphorie am South Beach war riesig. LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh. Dass sich drei Superstars in einem Team zusammenschließen, das hatte es so in der NBA noch nicht gegeben.
LeBron fieberte der Zusammenarbeit mit der Coaching-Legende Pat Riley, der nun als Präsident der Franchise die Geschicke leitete, entgegen. Zwei extrem talentierte und ehrgeizige Vertreter ihres Fachs, die hart zu sich und ihren Kollegen waren, die für ihre Teams durchs Feuer gingen, es aber auch nicht scheuten, alte Zöpfe abzuschneiden, um eine größere Aussicht auf Erfolg zu haben. Der King hätte es am liebsten gesehen, dass Riley gleich selbst wieder das Team coachen würde. Doch auch so versprach diese Partnerschaft jede Menge Titel. "...not two, not three, not four, not five, not six not seven [championships]...'', posaunte der euphorisierte LeBron so auch den Fans bei der Vorstellung der Big Three entgegen.
Daraus wurde nichts. James zog selbst den Schlussstrich. Die Finals-Niederlage gegen die San Antonio Spurs war noch frisch, doch auch als LeBron per Player Option aus seinem Vertrag ausstieg, glaubte kaum jemand, dass James die Heat wirklich verlassen könnte. Doch er tat es und stellte so das Machtgefüge der NBA (mal wieder) auf den Kopf.
Riley nahm LeBron-Abgang aus Miami persönlich
Der erfolgsverwöhnte Heat-Präsident Pat Riley stand vor einem Scherbenhaufen. "Ich war zwei, drei Tage richtig sauer. Ich war absolut wütend. Mein wunderschöner Plan fiel plötzlich zusammen", blickte Riley später im Buch "The Soul of Basketball: The Epic Showdown between LeBron, Kobe, Doc and Dirk that Saved the NBA" von Ian Thomsen zurück.
"Ich sah meine Dynastie aus dem Fenster fliegen. Ich wusste, das war ein Team für zehn Jahre. Ich wollte diese Dynastie unbedingt", gab er auch ESPN einen Einblick in seine damalige Denkweise. "Ich nahm es persönlich. Ein sehr guter Freund hielt mich damals davon ab, rauszugehen und etwas Ähnliches zu sagen wie Dan Gilbert." Der Cavs-Besitzer feuerte nach LeBrons Entscheidung pro Miami 2010 in seinem fast schon legendären Brief gleich mehrere Giftpfeile in Richtung des Superstars und sorgte so für ein jahrelang eisiges Verhältnis der beiden.
Für Riley war es damals nicht nachzuvollziehen, wie man ein funktionierende und erfolgreiche Mannschaft verlassen kann. "Legendäre Teams bleiben zusammen. Die Spieler bleiben zusammen. Denn sie wissen, was sie haben. Sie sehen, was sie bereits gewonnen haben. Sie sehen, dass man vielleicht Kleinigkeiten ändern muss und sie wollen nicht gehen. Schließlich kann es sein, dass du so etwas nie wieder bekommst."
Am Abend vor LeBrons Entscheidung sprachen Riley und LeBron noch einmal miteinander. Danach nie wieder.
Riley schickte LeBron eine Nachricht während der Finals 2016
Es brauchte eine Weile, bis Riley den Schritt seines Superstars verstehen konnte. "Bei all dem Ärger, den er in Cleveland und Miami hinterlassen hat, hat er das Richtige getan. Ich habe es letztlich akzeptiert, dass er und seine Familie sagten, dass er nie in seine Heimatstadt wieder akzeptiert werden würde, wenn er nicht zurückgehen und versuchen würde, einen Titel zu holen. [...] Er könnte der größte Spieler der Geschichte sein, aber es würde ihn dort niemand akzeptieren."
Diese Einsicht Rileys, der neun NBA-Titel sein Eigen nennt, führte allerdings nicht dazu, dass er versuchte, die Sache aus der Welt zu schaffen.
Erst 2016, LeBron stand gerade in Spiel 7 der Finals gegen die Golden State Warriors auf dem Court, schickte Riley dem King eine kurze Nachricht, ganz bewusst während des Spiels und nicht davor: "Win this and be free."
James gewann und erfüllte sich seinen Traum, für den ersten NBA-Titel der Cleveland Cavaliers zu sorgen, für seine Cleveland Cavaliers. Eine persönliche Antwort bekam Riley allerdings nicht.
Vielmehr reagierte LeBron öffentlich und mit Genugtuung. "Als ich mich entschied, Miami zu verlassen - ich werde keine Namen nennen, das kann ich nicht -, aber da gab es einige Leute, denen ich vertraute und mit denen ich in diesen vier Jahren Beziehungen aufbaute, die mir sagten, dass ich den größten Fehler meiner Karriere machen würde. Und das hat mich verletzt. Ich weiß, es war eine emotionale Zeit und sie haben es gesagt, weil ich ging, aber genau das war meine Motivation", offenbarte LeBron in einem Gespräch mit ESPN. Riley verneinte, dass er es war, der dies James mit auf den Weg gab, doch dürfte genau dies auch damals seine Meinung gewesen sein.
Keine Rachegelüste vorhanden
Sechs Jahre sind seit seinem Abschied vom South Beach vergangen, inzwischen spielt James im zweiten Jahr bei den Los Angeles Lakers und steht nun zum neunten Mal in zehn Jahren in den NBA Finals, zum zehnten Mal insgesamt. Dort warten nun die Miami Heat. Ausgerechnet, wie es so schön in der Reportersprache heißt.
Aus seiner Zeit sind noch der inzwischen ergraute und von ihm sehr geschätzte Udonis Haslem dabei und natürlich Head Coach Erik Spoelstra, den LeBron Gerüchten zu folge, bereits in seiner ersten Saison am liebsten durch eben Riley ersetzt gesehen hätte.
Bei allem Zwist, den James' Abschied nach sich zog, dürfte es auf beiden Seiten keine Rachegelüste geben. LeBron hat eine andere Agenda, zehn Jahre nach der letzten Lakers-Meisterschaft, den Titel zurück nach Los Angeles zu bringen, im Jahr des traurigen Unfalltods von Kobe Bryant, dürfte an Emotionalität kaum zu toppen sein. Da braucht es keine weitere Motivation.
Für Riley ist das Thema ohnehin abgehakt. Der "Godfather" dürfte allein schon durch den überraschenden und beeindruckenden Finalseinzug seiner Heat eine gewisse Genugtuung verspüren - auch wenn für ihn am Ende nur der Titel zählen wird.
Die Geschichte zwischen beiden wird trotzdem ein Thema bleiben - bis sich beide begegnen. Spätestens dann, wenn der Verlierer dem Gewinner fair zum Titel gratulieren wird.