NBA: James Harden ist noch nicht zum Training erschienen: Die Trümpfe halten weiter die Houston Rockets

Robert Arndt
08. Dezember 202012:44
James Harden ist noch immer nicht in Houston.getty
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James Harden ist verspätet zum Training Camp in Houston erschienen. Zuvor sorgte mit seinen nächtlichen Ausflügen für Aufsehen. Will der Superstar einen Trade erzwingen? Wie könnte ein solcher aussehen und wie reagieren die Rockets auf das Verhalten des Franchise-Stars?

Houston, wir haben einige Probleme. Anders lässt sich die Situation in Texas nicht analysieren. Die Zeiten, in denen die Rockets als einziges Team im Westen den übermächtigen Golden State Warriors Paroli boten, sind vorbei.

Die Rockets hatten 2018 in den Conference Finals daheim in Spiel 7 eine goldene Chance, diese ließen sie ungenutzt. Seitdem befindet sich die Franchise im Sinkflug, hier kurz die wichtigsten Eckpunkte:

  • Trevor Ariza wird im Sommer 2018 nicht gehalten (Besitzer Tilman Fertitta wollte keine Luxussteuer zahlen), er schließt sich für mehr Geld den Phoenix Suns an.
  • Chris Paul und James Harden zerstreiten sich 2019 in der Warriors-Serie. Die Dubs gewinnen die letzten beiden Spiele ohne Kevin Durant, der sich in Spiel 5 verletzte.
  • CP3 wird (wohl auf Wunsch Hardens) nach Oklahoma City getradet. Im Gegenzug kommt Russell Westbrook, ein Buddy des MVPs von 2018.
  • Die Vertragsverhandlungen mit Coach Mike D'Antoni geraten ins Stocken.
  • Die Rockets beginnen enttäuschend, GM Daryl Morey riskiert alles und tradet im Februar 2020 seinen einzigen Center Clint Capela für Flügelspieler Robert Covington.
  • Westbrook verletzt sich in der Bubble am Quadrizeps und ist ein Schatten seiner selbst. Die Rockets verlieren in Runde zwei sang- und klanglos gegen die Lakers in fünf Spielen.
  • Mike D'Antoni verkündet, dass er nicht mehr Coach der Rockets ist, wenig später tritt auch der langjährige GM Morey zurück
  • Es gibt erste Trade-Gerüchte um James Harden, wenig später will auch Westbrook weg.
  • Die Rockets traden Westbrook nach Washington, im Gegenzug kommt der lange verletzte Ex-All-Star John Wall.

James Harden: In den Klubs der Welt, nur nicht in Houston

Schon kurz nach dem Trade für Wall fragte man sich innerhalb der Liga, wie und ob Wall und Harden zusammen funktionieren können. Der Point Guard betonte zwar, dass er mit Harden in Kontakt stehe, doch die Gerüchteküche brodelte weiter.

Nun sind die Training Camps gestartet - und Harden ist noch immer nicht in Houston, also auf dem Papier. Der neue Rockets-Coach Stephen Silas versuchte zunächst zwar gute Miene zum bösen Spiel zu machen, auf seiner PK am Montag gab er dann zu, dass er keine Ahnung habe, wo sich Harden aufhalten würde.

Dank Social Media kann man es aber erahnen. Freitagabend weilte Harden bei einer Geburtstags-Party für Rapper Lil Baby, zwei Tage später tauchten Fotos von "The Beard" auf, wie er es in einem Stripclub munter Scheine regnen ließ - jeweils ohne eine Maske.

Für Harden ist dies nichts Ungewöhnliches, sein Ruf als NBA-Star, der das Nachtleben in vollen Zügen genießt, eilt ihm voraus. Nicht umsonst machte sich ein Reddit-User die Mühe, um einen Zusammenhang zwischen den Stripclubs in den NBA-Städten und Hardens Leistungen auf dem Feld herzustellen.

In Pandemie-Zeiten kann dies jedoch nur als Provokation aufgefasst werden. Nach acht Jahren in Houston, in denen er nie die Finals erreichte - inwieweit Harden dafür verantwortlich ist, lassen wir mal dahingestellt - neigt sich seine Zeit dem Ende entgegen. Allerdings besitzt der 31-Jährige auch noch einen Vertrag bis 2023, das letzte Jahr ist dabei aus Hardens Sicht optional.

So reagieren die Houston Rockets

Durch die vergleichsweise lange Vertragsdauer haben die Rockets keinen Druck, Harden abzugeben und so operieren sie auch. Silas verkörperte in all seinen PKs eine gewisse Ruhe, während GM Rafael Stone seit längerer Zeit nicht mehr mit den Medien gesprochen hat.

"Ich habe es schon erlebt, dass Spieler in einen Streik getreten sind und wir haben jede Situation anders geregelt", sagte Silas am Montag. "Für den Moment steht noch keine Strafe im Raum. Wir arbeiten uns aber Stück für Stück vor." Medienberichten zufolge waren auch die Texaner überrascht, dass Harden einfach nicht erschien, angeblich soll Harden nie kommuniziert haben, dass er nicht mehr für die Rockets spielen möchte.

So oder so dürfte es auf Strafen hinauslaufen, schließlich sind die Spieler in der Pflicht, pünktlich zum Start der Vorbereitung zu erscheinen, was Harden offensichtlich nicht tat. Gleichzeitig dürfte auch der NBA das Verhalten eines ihrer Aushängeschilder sauer aufstoßen, speziell in Zeiten von Corona.

James Harden: Folgt nun eine Strafe der Liga?

Die Liga betrieb viel Aufwand, um eine Saison außerhalb der Bubble zu organisieren, das neu ausgearbeitete Hygiene-Konzept umfasst alleine über 150 Seiten. Harden hat dieses in den vergangenen Tagen komplett ignoriert. So wurde eigentlich verordnet, dass alle Spieler sich in ihren Märkten in häusliche Quarantäne begeben müssen und nur für notwendige Erledigungen wie Einkaufen oder Familienangelegenheiten das Haus verlassen sollen. Hardens Aktivitäten erfüllen keine dieser Kriterien.

Früher oder später wird Harden in Houston wieder auftauchen, zu groß dürfte der Druck seitens der Liga mit jedem weiteren Fehltag werden. Von dort an liegt der Ball bei den Rockets, ob sie Hardens Willen entsprechen. Wie schon geschrieben, die Texaner haben keine Eile und könnten den Superstar einfach aus dem Verkehr ziehen. Für einen 31-jährigen Superstar am Ende seiner Prime ist das sicherlich kein schönes Szenario.

Innerhalb der Liga sollen die Rockets bereits deutlich gemacht haben, dass sie Harden nur für einen All-Star oder einen der besten Youngster der Liga traden wollen, was völlig verständlich ist. Harden alleine garantiert einem Team eine Playoff-Teilnahme, so gut ist der Guard - speziell in der Regular Season.

Wer sind mögliche Trade-Partner für James Harden?

Brooklyn Nets

Houstons Forderung würde somit die Nets mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen. Kyrie Irving und Kevin Durant sind unantastbar, daneben haben die Nets einige gute, aber keine All-Star-Spieler in der Hinterhand - mit allem Respekt für Caris LeVert, Spencer Dinwiddie oder auch Jarrett Allen.

In der NBA gibt es keine Rechnung, in der drei Drittel ein Ganzes ergeben. Star-Power ist Trumpf und diese können die Nets in einem Trade zunächst einmal nicht bieten. Vor einigen Wochen hatten wir bereits verschiedene Szenarien aufgezeichnet, wie Harden in Brooklyn landen könnte. Stand jetzt würden die Rockets dem aber für den Moment nicht zustimmen.

Philadelphia 76ers

Die andere offensichtliche Option sind die Sixers, selbst wenn Harden wohl vor allem Richtung Nets und einer möglichen Reunion mit KD schielt. Mit Morey zieht Hardens größter Förderer in der Stadt der brüderlichen Liebe die Fäden, eine Verbindung wäre also auch dort gegeben.

Mit Ben Simmons oder Joel Embiid könnten die Sixers zudem den All-Star liefern, den Houston will. Doch Morey wurde nicht müde zu betonen, dass er glaubt, dass das Duo Embiid/Simmons auf dem Feld miteinander funktionieren kann. Es ist wahrscheinlich, dass man es zumindest einmal versucht, vielleicht ist Harden im Februar immer noch auf dem Markt.

An dieser Stelle sollte aber auch erwähnt werden, dass Houston eher ungern mit Morey Geschäfte machen würde. Der langjährige GM trat zunächst mit dem Vorwand zurück, dass er mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen möchte. Nur eine Woche später wurde er als neuer Boss in Philadelphia vorgestellt, was im Lone Star State Stirnrunzeln verursachte.

James Harden möchte offenbar zu den Brooklyn Nets wechseln. Geht das?getty

Und die Anderen?

Schauen wir nun auf die anderen möglichen Kandidaten. Wir reduzieren das Ganze auf Teams, die mit Harden ernsthafte Titel-Anwärter sein könnten.

TeamAnmerkung
Milwaukee BucksHarden und Giannis mögen sich nicht
Toronto RaptorsRaptors wollen Giannis holen und haben keine Youngster
Boston CelticsTatum und Brown sind unantastbar
Miami HeatAdebayo kann nicht getradet werden
Los Angeles LakersHaben LeBron, Davis und keine Youngster
L.A. ClippersHaben die Rockets Lust auf die Paul-George-Erfahrung?
Denver NuggetsJamal Murray dürfte nicht zu haben sein
Utah JazzDie Rockets wollen sicher nicht Rudy Gobert, Mitchell kann nicht getradet werden
Dallas MavericksLuka Doncic hat den Ball
Portland Trail BlazersAuch hier fehlt der Gegenwert
Washington WizardsBeal für Harden (kleiner Scherz am Rande)

Die Optionen sind dünn, auch weil Harden ein komplizierter Spieler ist. Über Jahre hat "The Beard" seinen Status als eierlegende Wollmilchsau zementiert, gleichzeitig wurde in Houston nur Harden-Ball gespielt, was insbesondere CP3 bemängelte und deswegen wohl gehen musste.

Nun ist Harden 31 Jahre alt, viele Jahre seiner Prime bleiben nicht mehr. Seit Jahren gibt es keine Beweise mehr dafür, dass er auch abseits des Balles spielen kann. Bei den Rockets sah es meist so aus, dass sich der Guard selbst aus dem Spiel nahm und teilnahmslos weit weg vom Play die Beine in den Bauch stand.

Jedes Team, welches für Harden traden möchte, sollte sich dessen bewusst sein und das macht den Trade-Markt für ihn so eng. Am Ende des Tages läuft es wieder auf die Nets hinaus, die vielleicht nicht das Gewünschte bieten, dafür aber ein drittes oder gar viertes Team in den Deal holen könnten.

Zach Lowe (ESPN) brachte hierfür die Denver Nuggets ins Spiel, die in Michael Porter Jr. ein Ass im Ärmel hätten, welches das Interesse der Rockets wecken könnte. Das soll nur ein Beispiel dafür sein, dass es Wege gibt, um Houston zufriedenzustellen, wenn das Angebot der Nets nicht die Erwartungen erfüllt.

Das alles ist aber auch kompliziert und bedarf einiges an Arbeit. Die Rockets sind trotzdem weiterhin in einer guten Position, sie halten schließlich weiterhin die Trümpfe in der Hand, auch wenn es in der Öffentlichkeit etwas anders daherkommt.