Nach dem Abgang von Gordon Hayward 2017 nahm Mitchell in der NBA sofort eine Rolle an, die er zuvor nie in seinem Leben gespielt hatte. Bis heute ist er darin nicht perfekt, natürlich nicht, aber er ist enorm gewachsen und war schon als Rookie gut genug, um den Jazz einen nahtlosen Übergang in die neue Ära zu ermöglichen.
Utah erreichte in jedem Jahr mit Mitchell die Playoffs, als Rookie führte er die Jazz mit 28,5 Punkten im Schnitt zu einem Serien-Sieg über OKC mit dem damals amtierenden MVP Russell Westbrook und Paul George. Seither wurde keine Serie mehr gewonnen, aber ist das Mitchell anzulasten? Beim 7-Spiele-Epos gegen Denver in der Bubble kam er auf 36,3 Punkte im Schnitt bei Quoten von 52,9 Prozent aus dem Feld und 51,6 Prozent von der Dreierlinie.
Je 5 Rebounds und Assists gab es obendrauf. Zweimal erzielte er über 50 Punkte, insgesamt verzeichnete er die meisten Punkte jemals in einer Erstrundenserie. Und bei "Inside the NBA" wird darüber diskutiert, ob so jemand die Nr.1-Option eines Top-Teams sein kann?
Donovan Mitchell ist das Gesicht der Utah Jazz
Kein Hahn kräht in Salt Lake City mehr nach Hayward, Mitchell ist das Gesicht des Teams und hat in der Offseason gerade eine vorzeitige, maximale Vertragsverlängerung unterschrieben. Ist er Stephen Curry oder gar LeBron James? Nein. Gut möglich, dass er deren Dominanz auch nie erreicht, auch wenn seine ersten drei Jahre in der NBA besser waren als die von Curry. Aber an der Motivation wird das kaum liegen.
Mitchell hat sich auf dem bisher Erreichten nie ausgeruht. Insbesondere sein Spielverständnis aus Anfangszeiten ist kaum noch zu vergleichen mit der heutigen Version, in der Utah ihn bedenkenlos Pick'n'Roll um Pick'n'Roll laufen lässt - was er, wie gesagt, vor seiner NBA-Karriere nie in hoher Frequenz getan hat.
Sein Start in die laufende Saison war nicht ideal, trotzdem lag er vor dem schwachen Auftritt (beim Sieg) gegen die Knicks bei den Punkten, Assists, der Dreier- und der effektiven Wurfquote auf Kurs Karrierebestwert. Vor dem New York-Spiel kam Mitchell über zehn Spiele auf 26,6 Punkte und 48-47-89er Splits bei 5,1 Assists im Schnitt. Er nimmt und trifft mehr Dreier als jemals zuvor. Klingt das nicht nach diesem nächsten Schritt, den Shaq gefordert hat?
Nicht aus Zufall waren die Jazz zuletzt das heißeste Team der Liga und haben neun Spiele in Folge gewonnen. Bei der besagten Interaktion zwischen Shaq und Mitchell hatten sie gerade den sechsten Sieg dieser Serie eingefahren, nachdem zuvor unter anderem auch schon die Bucks und Nuggets geschlagen wurden.
Utah ist das heißeste Team der Liga
Es ist noch früh in der Saison, aber für den Moment sieht es so aus, dass die Jazz ihr stärkstes Team der Mitchell-Ära versammelt haben, denn auch Mike Conley ist endgültig angekommen und ermöglicht es Mitchell, sich noch mehr auf seine größten Stärken zu konzentrieren. Utah rangiert bei Offensiv- wie Defensiv-Rating in der Top 5, klassische Merkmale der meisten Contender.
Ein ironischer Nebenaspekt der ganzen Geschichte ist, dass die Jazz momentan auch deshalb so stark sind, weil Mitchell eben nicht - wie teils in den Playoffs gegen Denver - auf sich allein gestellt ist. Im Gegenteil: Das gesamte Team feuert aus allen Rohren. Das ist auch deshalb möglich, weil Mitchell eben nicht im Sinne des "nächsten Schritts" die eigenen Zahlen jagt, sondern den Ball bereitwillig teilt und nur dann übernimmt, wenn es sein muss. In der jetzigen Version der Jazz muss er kein perfekter Spieler sein, nur eben der beste Offensiv-Spieler eines starken Kollektivs.
Natürlich sind Zweifel daran erlaubt, ob die Jazz auf einer Stufe etwa mit den L.A.-Teams stehen. Dagegen spricht vor allem, dass Rudy Gobert in den Playoffs bisher nicht immer an seine starken Regular Season-Leistungen anknüpfen konnte und dass es an Länge auf dem Flügel fehlt, um die Superstars ebendieser L.A.-Teams zu verteidigen - um Mitchells Offense dürfte man sich in Utah derzeit am wenigsten Sorgen machen. Für die TNT-Crew schien das keine Rolle zu spielen.
"Am Ende des Tages, wie auch immer sie uns nennen wollen, sie werden uns trotzdem zusehen müssen, wenn wir weiter Spiele gewinnen", sagte Gobert, der während der Offseason auch bereits aus dem Nichts von Shaq angegriffen wurde. "Hoffentlich müssen sie uns bis zum Juli zusehen. Dann können sie uns nennen, wie sie wollen." Eigentlich kann das nicht der einzige Anspruch sein.