NBA - Die Trades von P.J. Tucker zu den Bucks und Trevor Ariza zu den Heat in der Analyse: Mehr All-In geht kaum

Philipp Jakob
18. März 202112:45
Giannis Antetokounmpo bekommt auf der Jagd nach einer Championship künftig Unterstützung von P.J. Tucker.getty
Werbung

Die Milwaukee Bucks und Miami Heat haben gut eine Woche vor der Trade Deadline aufgerüstet. Die Bucks verstärkten sich mit einem Trade für P.J. Tucker von den Houston Rockets, Miami schnappte sich Trevor Ariza von den Thunder. Was bedeuten die Deals für den Kampf um die Krone in der Eastern Conference?

P.J. Tucker zu den Bucks: Der Schlüssel im Championship-Run?

Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis P.J. Tucker die Umzugswagen bestellen konnte. Seit Ende vergangener Woche war klar, dass der ehemalige Bamberger kein Spiel mehr für die Rockets absolvieren würde. Angeblich war er frustriert, dass die Rockets ihn noch nicht zu einem Titelanwärter verschifft hatten. Nun bekommt er seinen Willen.

Die zweite, noch wichtigere Frage war: Wohin wird es für den 35-Jährigen gehen? In der Gerüchteküche wurden einige Interessenten gehandelt, darunter die Los Angeles Lakers, Miami Heat, Brooklyn Nets oder eben die Bucks, die sich nun den "Big" sowie Rodions Kurucs sicherten und dafür D.J. Augustin, D.J. Wilson und Picks Richtung Houston verschifften.

Mit Tucker (noch 1 Jahr/8 Mio. Dollar) holen sich die Bucks einen potenziellen Schlüsselspieler für die Frontcourt-Rotation. Der 1,96-Meter-Mann bringt Defense, Toughness, Playoff-Erfahrung und eine gewisse Gefahr aus der Distanz mit, vor allem ersteres wird für Milwaukee entscheidend sein. In den vergangenen Jahren arbeitete Bucks-Coach Mike Budenholzer mit sehr viel Drop-Coverage in Pick'n'Rolls anstatt switchen zu lassen. Das wurde sowohl 2019 als auch 2020 in den Playoffs gnadenlos bestraft.

Mit Tucker bekommen die Bucks nun einen hervorragenden Small-Ball-"Big", mit dem sich der Fokus auf eine etwas switchlastigere Defense, womit Coach Bud in der laufenden Saison bereits öfters experimentiert hat, legen ließe. Tucker hat in Houston bewiesen, dass er sowohl gegen größere Gegenspieler unter dem Korb als auch gegen kleinere am Perimeter seinen Mann stehen kann.

Giannis Antetokounmpo bekommt auf der Jagd nach einer Championship künftig Unterstützung von P.J. Tucker.getty

Milwaukee Bucks: Mehr All-In geht kaum

Was er in Milwaukee allerdings noch beweisen muss, ist, wie viel er noch im Tank hat. In der laufenden Saison legte der Forward mit Ausnahme seines Rookie-Jahres Karrieretiefstwerte bei den Punkten (4,4), der Feldwurfquote (36,6 Prozent) und der Dreierquote (31,4 Prozent) auf. Muss er für die vielen Minuten und das jahrelange Verteidigen größerer Gegenspieler langsam Tribut zollen?

In Houston profitierte er in den vergangenen Jahren stark von James Harden und Chris Paul beziehungsweise Russell Westbrook, die die Aufmerksamkeit der Defense auf sich zogen und Tucker freie Würfe ermöglichten. Das war in dieser Saison nicht der Fall, möglicherweise gehen seine Statistiken an der Seite von Giannis Antetokounmpo und Co. wieder in die Höhe. Vor allem, weil er nun wieder motiviert sein dürfte, Leistung zu zeigen.

Die Bucks hoffen, mit Tucker ein weiteres Puzzleteil auf dem Weg zur ersten Championship seit 1972 gefunden zu haben. In Verbindung mit dem Deal um Torrey Craig, der bei den Bucks keine Rolle spielte und quasi ohne Gegenwert nach Phoenix geschickt wurde, sparte General Manager Jon Horst sogar noch etwas Geld und bekam zusätzliche freie Kaderplätze, um auf dem Buyout-Markt aktiv zu werden (zum Beispiel für einen Backup-Guard). Und dabei musste er nicht viel abgeben. Mit der Giannis-Verlängerung und nach dem Trade für Jrue Holiday sind die Bucks All-In, dafür nehmen sie den Verlust weiterer Picks gerne in Kauf.

Rockets und Bucks: Win-Win für alle Beteiligten

Wobei ohnehin nur ein zusätzlicher Erstrundenpick verloren geht, der in 2021. Houston erhielt das Recht, diesen in einen eigenen Zweitrundenpick einzutauschen, Milwaukee wird also wohl zu Beginn der zweiten Runde anstatt gegen Ende der ersten Runde draften. Kein herber Verlust. Die Texaner erhalten zusätzlich den Bucks-Erstrundenpick 2023, geben dafür aber den 2022er Bucks-Pick in die Bierstadt zurück, um den Deal unter NBA-Regularien möglich zu machen.

Auch die Abgänge Augustins und Wilsons sind zu verkraften. Letzterer spielte in der Bucks-Rotation ohnehin keine Rolle, Augustin konnte die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllen, seine Minuten stagnierten zuletzt. Die Rockets werden versuchen, ihn vor der Deadline am 25. März weiter zu verschiffen, um noch mehr zukünftiges Draft-Kapital anzuhäufen. In dieser Hinsicht half der Deal auch Houston, der Trade kann also als Win-Win für alle Beteiligten angesehen werden.

Trevor Ariza zu den Miami Heat: Hoffen auf Jae Crowder 2.0

Dreimal wurde Trevor Ariza in der Offseason 2020 getradet - innerhalb von nur fünf Tagen. Nun folgte der nächste Trade in seiner illustren Karriere und damit der Rekord: Der Forward wurde nun zum bereits elften Mal in seiner NBA-Laufbahn verschifft. Genau wie bei Tucker war es auch in diesem Fall nur eine Frage der Zeit.

Nachdem der 35-Jährige (noch 1 Jahr unter Vertrag für 12,8 Mio. Dollar) in der Offseason nach äußerst kurzen Zwischenstopps in Houston und Detroit schließlich in Oklahoma City landete, war klar, dass er bei den Thunder keine Rolle spielen würde. Stattdessen hielt er sich abseits des Teams fit und wartete auf einen Trade zu einem Contender. Nun hat Miami zugeschlagen.

Ariza hat seit dem 10. März 2020 kein NBA-Spiel mehr absolviert, die Bubble verpasste er aus persönlichen Gründen. Von daher ist der Forward eine kleine Wundertüte, ein ähnliches Risiko ging Miami auch im Vorjahr mit Andre Iguodala ein, was sich zumindest teilweise bezahlt machte.

In dem Trade für Ariza schwingt bei den Heat die Hoffnung mit, endlich einen adäquaten Ersatz für den in der Offseason Richtung Phoenix abgewanderten Jae Crowder gefunden zu haben. Moe Harkless oder Avery Bradley konnten diese Lücke nicht stopfen, Ariza bringt zumindest die richtigen Anlagen als 3-and-D-Forward dafür mit.

Miami Heat: Was hat Ariza nach langer Pause noch im Tank?

Bei seiner letzten "richtigen" Station, den Portland Trail Blazers, übernahm er regelmäßig den besten Angreifer auf dem Flügel und machte trotz seines mittlerweile fortgeschrittenen Alters einen guten Job. Schafft er das auch im Jahr 2021 noch? In Portland war Ariza zudem extrem heiß aus der Distanz, seine 40 Prozent von Downtown werden allerdings durch eine relativ geringe Stichprobe geschmälert (21 Spiele). Über die vergangenen Jahre gesehen fehlte Ariza die Konstanz bei seinem Dreier.

Wie gut dieser nach über einem Jahr Pause fällt und was Miami von ihm defensiv noch erwarten kann, bleibt abzuwarten. Immerhin sollte er mit seiner Länge auch in der gefürchteten Zonenverteidigung der Heat eine gute Rolle übernehmen. Und der amtierende Ost-Champion hofft, dass er genau wie Crowder pünktlich zu den Playoffs heiß läuft. Dann könnte es für die zuletzt wiedererstarkten Heat weit gehen.

Dass Miami neben zahlreichen Erstrundenpicks aus vorherigen Trades nun auch noch einen Zweitrundenpick 2027 an die Thunder abdrückt, macht den Kohl aus ihrer Sicht auch nicht mehr fett. Thunder-GM Sam Presti freut sich derweil über den 341. Draft-Pick (grob geschätzt) für die kommenden sechs Jahre - und setzt darauf, dass die Leistungskurve der Heat 2027 in eine andere Richtung zeigt als aktuell.

Meyers Leonard ist freilich weder für die Heat ein Verlust, noch ein Baustein für die Thunder-Zukunft. Der Center war nach antisemitischen Äußerungen zuletzt nicht mehr tragbar, aufgrund einer Schulterverletzung wäre er diese Saison ohnehin nicht aufs Parkett zurückgekehrt. Leonards Vertrag läuft praktisch aus (9,4 Mio. Dollar diese Saison und Teamoption über 10,2 Mio. Dollar für 2021/22) und könnte in weiteren Deals vor der Deadline als Salary-Filler inkludiert werden. Presti ist sicherlich noch nicht fertig, George Hill oder Al Horford könnten in weitere Assets umgewandelt werden.