Chris Paul war sichtlich bemüht, seine Emotionen in den Griff zu bekommen. Noch war die Sache schließlich nicht gegessen, zumindest nicht offiziell. Praktisch gesehen konnte gut zwei Minuten vor dem Ende von Spiel 6 der Western Conference Finals allerdings niemand mehr dem Point God die erste Finals-Teilnahme seiner Karriere nehmen, als er zwei Minuten vor dem Ende mit einem 24-Punkte-Vorsprung im Rücken ausgewechselt wurde.
"Chris, du stehst in den NBA Finals", sagte Suns-Coach Monty Williams, als er seinen Point God an der Seitenlinie empfang, "du musst dich nicht beruhigen." Auf dem Gesicht des 36-Jährigen machte sich ein breites Grinsen breit, als er seinem Coach in die Arme fiel. Einige Sekunden lang ließ er ihn nicht los, Williams klopfte ihm auf den Rücken, legte seine Hand in einer herzlichen Geste auf seinen Kopf.
Ziemlich genau zwei Wochen zuvor hatte sich ein ähnliches Bild gezeigt, als die Suns kurzen Prozess mit Denver gemacht hatten. Nach einer innigen Umarmung ging das Duo Arm in Arm Richtung Katakomben, fest entschlossen, den 16 Jahre lang gehegten Traum Pauls von den Finals zu erfüllen. Nun war es nach Spiel 6 gegen die Clippers endlich soweit und es passte, dass CP3 seine Emotionen mit dem Mann teilen konnte, der weit mehr ist als nur sein Coach.
Suns-Coach Monty Williams und seine dunkelste Stunde
"Chris bedeutet meiner Karriere, meinem ganzen Leben so unglaublich viel", betonte Williams die innige Beziehung zu seinem Point Guard nach dem Sweep gegen die Nuggets. "Chris war in der dunkelsten Stunde meines Lebens für mich da. Und jetzt ist er auch bei einem der Highlights meines Lebens hier. Ich danke Gott für ihn."
Diese dunkelste Stunde seines Lebens liegt gerade einmal fünf Jahre in der Vergangenheit. Sie führte fast dazu, dass Williams sein Taktikbrett an den Nagel gehängt hätte, nachdem seine Frau bei einem tragischen Autounfall starb. Ingrid Williams, Montys alte College-Liebe und Mutter seiner fünf Kinder, kam ums Leben, weil eine unter dem Einfluss von Methamphetaminen stehende Frau auf die falsche Fahrbahn abkam und frontal in Ingrid Williams' Auto krachte.
"Ich war erledigt", erinnerte sich Monty, der zu der Zeit als Assistant Coach bei den Thunder tätig war, einige Jahre nach dem Unfall gegenüber The Athletic. "Ich wollte meine Kinder nehmen und nach Wyoming ziehen. Aber ich wusste, dass ich damit meinen Kindern schaden würde. Und mir selbst." Stattdessen schrieb Williams das nächste Kapitel seiner einzigartigen Lebensgeschichte, in der er unzählige Widrigkeiten überkommen musste.
Monty Williams und Chris Paul: Gemeinsame Vergangenheit
Das begann schon als Aktiver. Noch bevor Williams' Spieler-Karriere richtig begann, stand sie vor dem Aus. Am College wurden bei einer Routineuntersuchung schwerwiegende Herzprobleme beim Forward entdeckt. Erst nach einer riskanten Herz-OP durfte er zwei Jahre später wieder aufs Parkett, schließlich schaffte er es im Draft 1994 als 24. Pick der New York Knicks in die NBA. Neun Jahre hielt er sich in der Liga, bevor Knieprobleme ihn zum Wechsel an die Seitenlinie zwangen.
Zunächst als Teil des Coaching Staffs von Gregg Popovich bei den Spurs, später bei den Trail Blazers erarbeitete er sich einen hervorragenden Ruf und katapultierte sich mit seiner liebevollen und unterstützenden Art in die Herzen von Spielern und Coaching-Kollegen. Über die Jahre stieg Williams zu einem der beliebtesten Coaches der Association auf. Als seine Frau starb, nahmen zahlreiche Weggefährten, Spieler wie Coaches, Anteil und unterstützen den damals 44-Jährigen in dieser so schwierigen Zeit. Auch Chris Paul.
Die gemeinsame Vergangenheit des Spieler/Coach-Duos geht auf die Saison 2010/11 zurück. Damals startete Williams bei den New Orleans Hornets in seine Karriere als Head Coach, an seiner Seite ein 25 Jahre alter Paul, der sehnlichst auf seinen ersten tiefen Playoff-Run wartete. Auch Coach Williams konnte ihm diesen Wunsch allerdings nicht erfüllen und so trennten sich nach nur einem Jahr die Wege, als CP3 nach seiner Trade-Forderung die Lob City-Ära in Los Angeles einleitete.
Williams blieb den Hornets noch vier weitere Jahre erhalten. Er führte das Team durch den Wiederaufbau und zurück in die Playoffs, doch nach einem Erstrundensweep der Warriors 2015 musste er seinen Hut nehmen. Anschließend heuerte er in OKC als Assistant an, bevor der Tod seiner Frau sein Leben durcheinanderwirbelte.