Franz Wagner vor dem NBA Draft 2021 im Interview: Mock Drafts? "Jeder Typ kann sowas hochladen"

Robert Arndt
29. Juli 202108:06
Franz Wagner gilt im anstehenden Draft als Lottery Pick.getty
Werbung

Franz Wagner könnte im NBA Draft 2021 der erste deutsche Lottery Pick seit Dirk Nowitzki vor 23 Jahren werden. Im Interview mit SPOX sprach der Berliner über Mock Drafts, den Pre-Draft-Prozess und auch über wilde Fragen im Interview-Prozess mit den verschiedenen Teams.

Zudem verriet der 19-Jährige, welche Ratschläge ihm sein Bruder Moritz gab und wie sich seine Vorbereitung auf den Draft von der des aktuellen Centers der Orlando Magic unterschied.

In der Nacht auf Freitag (ab 2 Uhr live auf DAZN) steigt der Draft im Barclays Center in Brooklyn, Wagner wird das Geschehen aus dem Green Room verfolgen. Der Forward ist damit einer von 20 Auserwählten, denen diese Ehre zuteil wird. Es ist meist ein gutes Zeichen dafür, dass die Eingeladenen früh gedraftet werden.

Wagner weilte zum Zeitpunkt des Interviews zur Vorbereitung auf den Draft bereits in New York City. Der Berliner stellte von Beginn an klar, dass er weiterhin nicht verraten wolle, für welche Teams er Workouts absolviert habe. Dies ist eine Strategie, welche einige Spieler wählen, die aber doch eher selten vorkommt.

Berichten zufolge gab es ein Versprechen der Sacramento Kings (Pick Nr. 9), angeblich habe Wagner jedoch auch bei den Golden State Warriors (7 und 14) vorgespielt - beides wollte er aber nicht bestätigen. Als sicher erscheint, dass Wagner in der ersten Runde ausgewählt wird, entsprechend entspannt und locker zeigte sich der Ex-Wolverine im Interview.

Herr Wagner, als wir das letzte Mal miteinander sprachen, sagten Sie, dass Sie kein Freund von Setzlisten am College seien. Wie sieht es denn mit Mock Drafts aus?

Franz Wagner: Ziemlich ähnlich. Mock Drafts sind gefühlt x-beliebige Listen, die im Internet stehen. Jeder Typ kann so etwas hochladen. Natürlich gibt es Seiten wie ESPN oder Bleacher Report, die sich viele Spiele anschauen und scouten. Die haben dann mehr Ahnung als viele andere Leute, aber wissen tun sie es im Endeffekt auch nicht. Ich weiß es schließlich auch nicht und das gilt vermutlich auch für die Teams. Das Meiste wird erst in der Draft-Nacht entschieden und in den Minuten davor. Das macht es aber auch so interessant. Es ergibt nur keinen Sinn, sich im Vorfeld auf etwas festzulegen.

Sie werden bei den meisten einschlägigen Portalen zwischen 6 und 16 eingeordnet. Lesen Sie sich solche Mock Drafts durch und fragen sich dann, warum ein bestimmter Spieler höher als Sie eingeordnet wird?

Wagner: Ich habe eine gute Meinung von meinem Spiel und von dem, was ich machen kann. Ich glaube deswegen schon, dass ich einer der besten Spieler in diesem Draft bin. Am Ende des Tages musst du es dann aber auch zeigen. Es gibt genug Storys von Leuten, die erst in der zweiten Runde gedraftet werden und es gibt andere, die Lottery-Picks waren und dann schnell von der Bildfläche verschwinden. Die Zahl, mit der du gezogen wirst, ist sicherlich cool für die Medien und sorgt für Aufmerksamkeit, aber im Prinzip heißt das nichts. Es geht darum, was du dann daraus machst und ob du auf dem Court deine Leistung bringen kannst.

Wissen Sie, wer bislang der am höchsten gepickte deutsche Spieler der Geschichte ist?

Wagner: Das müsste Detlef Schrempf an Nummer acht gewesen sein.

Absolut richtig, das war 1985. Dann wäre doch Nummer sieben für Sie gar nicht so schlecht, das wären Stand jetzt die Golden State Warriors.

Wagner: (lacht) Sieben wäre tatsächlich nicht so schlecht ...

Die College-Saison war für Sie Anfang April vorbei. Das heißt, Sie hatten nun fast vier Monate bis zum Draft zu überbrücken. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?

Wagner: Zunächst habe ich es ausklingen lassen. Ich habe das Semester fertig gemacht und die Zeit mit meinen Freunden ein wenig genossen. Mitte April habe ich dann in Michigan wieder angefangen, ein bisschen zu trainieren. Die Coaches haben mir dabei geholfen, weil einige von ihnen selbst schon bei NBA-Teams solche speziellen Workouts absolviert haben. Das war gut für mich, weil ich da Input bekommen habe, was so auf mich zukommt. Im Mai war ich dann zwei, drei Wochen in Berlin. Dort habe ich viel mit meiner Familie gemacht, aber auch weiter trainiert, um in bestmöglicher Form zu bleiben. Ende Mai ging es dann nach Los Angeles, wo der ganze Prozess so richtig angefangen hat. Wir haben uns da die Lottery angeschaut, um dann zu erörtern, was für mich Sinn ergibt, wo man trainieren kann und solche Sachen. Im Sommer bin ich dann in L.A. geblieben, um meinen Rhythmus zu finden. Ich habe zwei-, dreimal am Tag in der Halle trainiert und bin dann im Juli für Workouts zu ein paar Teams geflogen.

Sie sagen, dass Sie sich Teams gewissermaßen ausgewählt haben. Haben Sie sich schon im Voraus Feedback abgeholt, worauf diese Teams besonderen Wert legen oder woran Sie am besten arbeiten sollten?

Wagner: Man hat im Voraus natürlich schon eine Ahnung, was Teams wollen. Mein Agent ist da vermutlich der beste Ansprechpartner, weil er zu den Teams mehr Kontakt hatte als ich. Aber ich wusste auch schon direkt nach der College-Saison, dass viel davon abhängen wird, wie gut ich werfen kann, wie konstant der Wurf ist. Der Rest meines Spiels lässt sich dagegen recht gut auf die NBA übertragen. Ich kann gut verteidigen, kann mich gut in ein Team integrieren und in einem solchen spielen. Dazu habe ich einen hohen Basketball-IQ und das kannst du auf dem Feld immer gebrauchen. Ich wusste, dass ich eine gute Chance habe, wenn ich gut werfen kann. Ich glaube, dass ich das bei den Workouts auch gut gemacht habe und ich denke, dass ich allgemein besser geworden bin.

Aber vermutlich haben Sie nicht den ganzen Tag nur geballert ...

Wagner: Nicht nur. Für mich war es gleichzeitig auch wichtig, mein Spiel zu erweitern. Ich wollte an meinen Fähigkeiten am Ball arbeiten, damit ich auch mehr Entscheidungen mit dem Ball treffen kann. Wenn ich das in den nächsten Jahren hinkriegen kann, wäre das auf jeden Fall ein großer Schritt. Das große Thema war aber der Wurf und dass ich zeigen konnte, dass ich athletischer bin und mich besser bewegen kann, als die meisten Leute denken.

Hat es Ihnen persönlich auch geholfen, dass Ihr Bruder Moe den ganzen Draft-Prozess bereits durchlaufen hat und Sie das am Rande miterlebt haben?

Wagner: Klar, ich habe mich mit Moritz auch wieder häufiger darüber ausgetauscht, aber bei jedem Spieler ist es anders. Moritz war in einer etwas anderen Position als ich und hat deutlich mehr Workouts absolviert. Er war damals noch bei einer anderen Agentur. Vieles hängt aber auch von der Konkurrenz ab. Was mir aber Moritz und alle anderen gesagt haben, war, dass die Workouts extrem anstrengend werden.

Und waren sie das?

Wagner: Die Teams wissen ja, wie du Basketball spielst. Es geht da mehr darum, was du für ein Typ bist und wie du dich in gewissen Situationen verhältst. Was macht er, wenn er müde ist? Wie geht er damit um? Darauf habe ich mich fokussiert und wollte sichergehen, dass ich da in bestmöglicher Verfassung erscheine. Dass es anstrengend wird, war klar, aber ich habe gezeigt, was mich ausmacht, vor allem neben dem Feld. Genau darum ging es in diesen Workouts.

Das ist doch vor allem eine mentale Frage, wenn Sie da alleine trainieren und all diese wichtigen Leute schauen an der Seitenlinie zu. Ist das das Schwierigste, all das auszublenden und sich auf das Workout zu fokussieren?

Wagner: Das ist wirklich die Kunst. Da sitzt das ganze Front Office, vielleicht ein, zwei Coaches, das ist bei jedem Team ein bisschen anders. Mir hat geholfen, dass ich Vertrauen in mich selbst hatte. Die wirkliche Arbeit hatte ich schon zuvor erledigt. Ich habe mir es verdient, in dieser Situation zu sein und zu zeigen, was ich wirklich drauf habe. Im Spiel ist es schließlich nicht anders. Wenn du denkst: 'Oh, jetzt schauen mir so viele Leute zu', dann beeinflusst das deine Leistung. Ich versuche, Spiele zu genießen und so bin ich auch diese Workouts angegangen. Diesen Prozess durchlebt jeder Spieler nur einmal in seinem Leben, wenn du bei all diesen Teams vorspielen kannst. Jetzt kann ich nur hoffen, dass es am Donnerstag gut laufen wird.

Das hoffen wir natürlich auch. Abschließend: Man hört ja immer wieder von wilden Fragen, welche den Spielern in ihren Interviews gestellt werden. Was war denn bei Ihnen die kurioseste Frage, die Sie zu beantworten hatten?

Wagner: Manche Fragen waren schon lustig, es wurden mir häufiger Charakterfragen gestellt, die man gar nicht so richtig beantworten kann. Ungefähr so: 'Willst Du lieber erste Option bei einem schlechten Team sein oder 15. Mann bei einem Championship-Team?' Genau kann ich das jetzt nicht mehr wiedergeben, aber es waren schon einige wilde Dinger dabei. Ich habe einfach versucht, so normal wie möglich zu antworten.

NBA Draft: In dieser Reihenfolge ziehen die Teams

PickTeam
1.Detroit Pistons
2.Houston Rockets
3.Cleveland Cavaliers
4.Toronto Raptors
5.Orlando Magic
6.Oklahoma City Thunder
7.Golden State Warriors (von Minnesota)
8.Orlando Magic (von Chicago)
9.Sacramento Kings
10.Memphis Grizzlies (von New Orleans)
11.Charlotte Hornets
12.San Antonio Spurs
13.Indiana Pacers
14.Golden State Warriors
15.Washington Wizards
16.Oklahoma City Thunder (von Boston)
17.New Orleans Pelicans (von Memphis)
18.Oklahoma City Thunder (von Miami)
19.New York Knicks
20.Atlanta Hawks
21.New York Knicks (von Dallas)
22.Los Angeles Lakers
23.Houston Rockets (von Portland)
24.Houston Rockets (von Milwaukee)
25.Los Angeles Clippers
26.Denver Nuggets
27.Brooklyn Nets
28.Philadelphia 76ers
29.Phoenix Suns
30.Utah Jazz