Jede große Heldengeschichte muss irgendwo anfangen. Arnold Schwarzenegger stieg in "Terminator" nackt aus einem gigantischen Spannungsfeld, Nicolas Cage wollte in "Con Air" einfach nur auf dem schnellsten Weg nach Hause fliegen und bei Giannis Antetokounmpo war es vor allem ein ominöses YouTube-Video, das ihm den Weg nach Milwaukee ebnete.
Den Grundstein für ihren heutigen Erfolg legten die Bucks 2013, als sie den mysteriösen Griechen an Position 15 im Draft auswählten - es war jedoch nicht der einzige Volltreffer, den sie in diesem schicksalsreichen Sommer landeten. Wenige Wochen später brachte ein Trade auch den zweiten Eckpfeiler des heutigen Titelkandidaten in die Bierstadt.
Der damalige General Manager John Hammond hatte es dabei gar nicht primär auf diesen Spieler abgesehen. Als der Vorjahres-Topscorer Brandon Jennings nach Detroit getradet wurde, kam als Gegenwert in erster Linie Brandon Knight zurück, zusammen mit Viacheslav Kravtsov. Und mit einem eher unscheinbaren Swingman namens Khris Middleton.
Milwaukee Bucks: Khris Middleton war nur ein Anhängsel
Es ist nicht bekannt, inwieweit die Bucks Middleton wirklich haben wollten. Fakt ist aber, dass Knight, ein Top-10-Pick aus dem Jahr 2011, der Headliner dieses Trades war. Middleton war dagegen das benötigte Puzzlestück, um die Transaktion auch wirklich durchzuführen. Der damals 22-Jährige hatte in seiner Rookie-Saison gerade einmal 27 Partien absolviert, nicht ungewöhnlich für einen Zweitrundenpick (#39), der Middleton 2012 für Detroit war.
Milwaukee war damals nicht wirklich ein fortschrittlich denkendes Team. Besitzer war Herb Kohl, ein anerkannter früherer Senator in Wisconsin, der wenig von Tanking hielt und stattdessen Jahr für Jahr die Playoffs als Ziel ausgab. "Bei uns herrscht ein Wettbewerbsgedanke vor, wir wollen jede Saison so gut wie möglich sein", erklärte Kohl 2013 die Marschroute seiner Franchise.
Gut ist dabei ein relativer Begriff. 1985 erwarb Kohl die Franchise, welche unter dem legendären Coach Don Nelson mit Spielern wie Sidney Moncrief, Terry Cummings oder Rickey Pierce am Contender-Status kratzte. In einer Eastern Conference mit Boston, Philadelphia und später Detroit sowie Chicago gerieten diese guten Bucks-Teams jedoch in Vergessenheit.
Das galt auch für die Franchise, seit 1990 dümpelten die Bucks nur noch im unteren Mittelfeld der NBA herum - abgesehen vom Ausreißer 2001, als Milwaukee in den Conference Finals höchst umstritten Allen Iversons Sixers in sieben Spielen unterlag. Stattdessen hagelte es bis 2018 satte zwölf Erstrunden-Niederlagen.
Milwaukee Bucks: Zufrieden im Mittelmaß
"Es ist wichtig, ein gutes Produkt für die Fans anzubieten", verteidigte Kohl die Marschroute seiner Franchise. Das war jedoch ein Teufelskreis. Die Bucks pickten zwischen 2000 und 2013 mit einer Ausnahme immer zwischen Position sechs und 15, kommende Superstars sind da kaum verfügbar. Kurzum: Die Bucks waren über Jahrzehnte dort, wo keiner sein wollte - im tristen Mittelmaß.
Kohl wusste um diesen Umstand, verwies aber auch auf das Beispiel Chicago. Die Bulls hatten 2008 mit einer Chance von 1,7 Prozent den Jackpot gezogen und den ersten Pick erhalten, mit welchem sie Derrick Rose zogen: "Das war pures Glück und hatte nichts mit Planung zu tun. Ohne ihn wären sie kein Contender geworden."
Milwaukee hatte zwar kein Glück mit den Pingpong-Bällen, bewies aber bei Antetokounmpo das richtige Näschen und bekam so an Position 15 ihre eigene Version von Rose. All das, was seither aufgebaut wurde, basiert auf der märchenhaften Entwicklung des nun zweifachen MVPs.
Abzusehen war das nicht, stattdessen glaubte man in Milwaukee, 2014 den Retter der Franchise gefunden zu haben. All die mittelmäßigen Sommer-Signings von O.J. Mayo über Zaza Pachulia oder Luke Ridnour fruchteten nicht und nach Jahren im Mittelmaß waren die Bucks plötzlich doch da, wo sie unter Kohl nie sein wollten - im Keller der NBA.
Bucks: Die Kultur verändert sich mit einem Besitzerwechsel
Der Draft 2014 galt als vergleichbar stark. Es entstand ein Hype um Spieler wie Andrew Wiggins, Joel Embiid, Julius Randle oder Dante Exum, im Nachhinein entpuppten sich aber nur Embiid und mit Abstrichen Zach LaVine als Franchise-Stars. Die Bucks wählten letztlich mit dem zweiten Pick Jabari Parker, den damals viele als eine gute Wahl ansahen.
Der Forward aus Chicago war auch in Milwaukee bereits ein Begriff und hatte kein Problem damit, für eine kleinere Franchise zu spielen. Anders als Embiid, der wegen seiner Rückenverletzung das ganze Jahr verpassen würde, aber auch kein Interesse an Milwaukee hatte. Als "corny" soll der Center die Stadt bezeichnet haben, wenn man dem Buch "Tanking to the Top" von New-York-Times-Autor Yaron Weitzman Glauben schenken darf.
Parker war jedoch nicht der gewünschte Heilsbringer, dennoch tat sich etwas in Wisconsin. Kohl verkaufte das Team an das Unternehmer-Trio Wes Edens, Jamie Dinan und Marc Lasry, die versprechen mussten, dass die Franchise in Milwaukee verbleiben müsse. Mit Jason Kidd wurde ein junger, ambitionierter Coach geholt, der die jungen Spieler wie Antetokounmpo, Middleton oder Parker anleiten sollte.
Die Bucks wurden zur Überraschung der Saison, stellten plötzlich eine Top-5-Defense und zogen mit einer ausgeglichenen Bilanz in die Playoffs ein. Der Kern kristallisierte sich heraus, mit einem Trade für den früheren Rookie of the Year Michael Carter-Williams sollte auch das Vakuum auf der Spielmacher-Position gefüllt werden.