Die L.A. Clippers haben Eric Bledsoe nach Kalifornien zurückgeholt. Der Point Guard könnte sich als Upgrade herausstellen - doch das Sportliche ist nur ein Nebenaspekt. Für die Memphis Grizzlies ist die Arbeit nach diesem Deal derweil noch lange nicht abgeschlossen.
Die wichtigsten Entscheidungen der Free Agency sind gefallen, doch vom Sommerloch ist die NBA weiterhin weit entfernt. Zu verdanken hat die Liga dies den Clippers und Grizzlies, die sich auf einen Trade von Eric Bledsoe geeinigt haben. Als Gegenwert schickt L.A. drei Spieler zurück, von denen es sich keiner allzu gemütlich machen sollte.
NBA: Der Trade zwischen den L.A. Clippers und Memphis Grizzlies im Detail
Team | Bekommt |
L.A. Clippers | Eric Bledsoe |
Memphis Grizzlies | Patrick Beverley, Rajon Rondo, Daniel Oturu |
Der Bledsoe-Trade aus der Sicht der Grizzlies
Komplett unglücklich schien Beverley mit seinem nahenden Umzug nach Memphis nicht zu sein. Auf Twitter schrieb der Point Guard kurz nach Bekanntwerden des Deals: "Grit and Grind. Let's GO!" Seine Vorfreude auf den bestens bekannten Kämpfer-Basketball bei den Grizzlies kommt nicht von ungefähr, er selbst passt mit seiner Spielweise in der Theorie hervorragend in dieses Konzept.
Dennoch sollte er sich in Memphis nicht allzu sehr einrichten, denn langfristig wird der 33-Jährige in den Planungen der Franchise wohl kaum eine Rolle spielen. Ähnliches war auch bei Bledsoe der Fall, der erst vor wenigen Wochen von den Pelicans kam und relativ schnell weitergeschickt wurde. Laut Adrian Wojnarowski (ESPN) sind die Grizzlies offen für weitere Deals.
Beverley und Rondo (35) werden hinter der Zukunft der Franchise Ja Morant und Backup-Guard Tyus Jones wohl nur die dritte und vierte Geige spielen. Rondo dürfte von dem Trade ohnehin nicht ganz so begeistert sein wie sein Kollege, schließlich wird er auf seine alten Tage viel lieber um einen Titel mitspielen wollen, als in Memphis bei der Entwicklung der jungen Spieler zu unterstützen.
Womöglich gelingt es Memphis, entweder noch vor dem Saisonstart oder spätestens zur Trade Deadline, weitere Assets für Rondo und/oder Beverley von einem Contender abzustauben. Entsprechend ist dieser Trade aus Grizzlies-Sicht auch noch nicht final zu bewerten.
Memphis Grizzlies: Flexibilität ist Trumpf
Ob Daniel Oturu eine Zukunft am Mississippi hat, ist derzeit noch offen. In seiner Rookie-Saison spielte er sich insbesondere mit einer 5/21-Performance am letzten Spieltag der Regular Season in die Schlagzeilen, als die Clippers alle Stars schonten und eine Niederlage ... nun ja ... in Kauf nahmen, um einem potenziellen Matchup mit den Lakers in den ersten beiden Playoff-Runden zu entgehen. Ansonsten agierte Oturu unauffällig, in der Summer League zeigte er bisher aber gute Leistungen.
Insgesamt stehen aktuell 17 Spieler in Memphis mit einem garantierten Vertrag im Kader, zum Start der Regular Season muss dieser noch um zwei Mann verkleinert werden. Noch ein Grund, warum die Offseason der Grizzlies noch lange nicht abgeschlossen ist.
In erster Linie haben die Grizzlies nun erst einmal Bledsoes bis 2023 laufenden Kontrakt (wenn auch nur teilweise garantiert im letzten Vertragsjahr) in drei auslaufende Verträge umgewandelt. Im nächsten Sommer verfügt Memphis somit über etwas mehr finanzielle Flexibilität. Dann steht die Vertragsverlängerung mit Jaren Jackson Jr. an, die er bereits jetzt aushandeln darf. Ein Jahr später folgt Morant.
Der Bledsoe-Trade aus der Sicht der L.A. Clippers
Vor elf Jahren begann der Point Guard als 18. Pick im Draft 2010 in der Stadt der Engel seine NBA-Karriere, bekam dort sogar den Spitznamen "Mini-LeBron" verpasst, bevor ihm Chris Paul vor die Nase gesetzt wurde und die Clippers ihn nach drei Jahren in Richtung Phoenix tradeten.
Später ging es zu den Bucks, dann weiter nach New Orleans und nach einem knapp dreiwöchigen Zwischenstopp in Memphis schließlich zurück in die alte Heimat. Dass er bei den Grizzlies nach dem Valanciunas-Adams-Trade keine Zukunft mehr haben würde, war bereits bekannt, nun hofft L.A. auf eine Revitalisierung des 31-Jährigen.
Bledsoes Ruf hat in den vergangenen Jahren extrem gelitten, in erster Linie aufgrund mangelhafter Playoff-Auftritte im Trikot der Bucks. In Milwaukee schaffte er es zwar zweimal ins All-Defensive Team und lieferte in der regulären Saison ab, doch auf der großen Playoff-Bühne tauchte er regelmäßig ab. Die Bucks schickten ihn nach NOLA und holten im Gegenzug mit Jrue Holiday auf der Eins den Titel. Bledsoe zeigte bei den Pels dagegen statistisch einen Rückschritt (12,2 Punkte und 3,8 Assists bei 42,1 Prozent aus dem Feld und 34,1 Prozent aus der Distanz).
Dennoch könnte sich der Trade als Upgrade für die Clippers herausstellen, vor allem in der regulären Saison. Das liegt einerseits daran, dass Beverley in den vergangenen beiden Jahren viel verletzt fehlte. Der bissige Verteidiger und Fanliebling verpasste 2020/21 32 Partien, zudem ist er bereits 33 Jahre alt.
Und Rondo? Der zweite Veteran-Point-Guard, der L.A. verlassen muss, schlug nach dem Midseason-Trade aus Atlanta im Clippers-Trikot nie so richtig ein. Der gewünschte Effekt mit Rondo als erfahrenem Leader und zusätzlichem Playmaker blieb aus, in den Playoffs fiel er sogar aus der Rotation von Head Coach Tyronn Lue.
gettyL.A. Clippers: Upgrade als Nebenaspekt
Für die reguläre Saison bekommt L.A. nun als Ersatz einen guten Verteidiger, der seine Dreier trifft und auch als Playmaker Last von Paul Georges Schulter nehmen kann. Zwar machen auch die bisherigen Playoff-Auftritte von Bledsoe nicht zwingend Hoffnung, dass es mit ihm in der Postseason besser wird, doch hinter Reggie Jackson wird auf ihn nicht so viel Verantwortung zukommen wie noch zu Bucks-Zeiten. Das könnte ihm helfen.
Und sollte Kawhi Leonard nicht rechtzeitig fit werden, könnte das Playoff-Bledsoe-Thema unerheblich werden, da die Titelchancen der Clippers in diesem Fall ohnehin in den Keller fallen.
Der Hauptgrund für diesen Deal könnte also auch hier ein anderer Aspekt gewesen sein: die Finanzen. Wie Cap-Experte Bobby Marks (ESPN) vorrechnet, sinkt die Luxussteuerrechnung beim Tausch von Beverley (14,3 Millionen Dollar Gehalt in 2021/22), Rondo (7,5 Mio.) und Oturu (1,5 Mio.) für Bledsoe (18,1 Mio.) von 125 Mio. auf 95 Mio. Dollar.
L.A. spart also 30 Mio. Luxussteuer und geht mit Bledsoe kaum ein Risiko ein. Von den 19,4 Mio. Dollar, die ihm in seinem letzten Vertragsjahr 2021/22 zustehen, sind nur 3,9 Mio. garantiert. Im Deal bekam das Team auch noch eine Trade-Exception, die in zukünftigen Deals interessant werden könnte, außerdem hat Teampräsident Lawrence Frank einen zusätzlichen Kaderplatz kreiert. Vor dem Deal stand L.A. bei 16 garantierten Verträgen, nun ist im 15-Mann-Kader noch ein Platz frei. Allein aus diesen Gründen ist der Trade für die Clippers ein Gewinn.