NBA - LeBron James’ legendäres Spiel 5 gegen die Detroit Pistons 2007: Als der Osten einen neuen König bekam

Gianluca Fraccalvieri
15. September 202110:45
LeBron James zeigte 2007 gegen die Detroit Pistons eine Leistung für die Geschichtsbücher.getty
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2007 zeigte LeBron James in den Playoffs gegen die Detroit Pistons eine der legendärsten Vorstellungen der NBA-Geschichte. Spiel 5 der Conference Finals sollte für immer als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem der Osten einen neuen König bekam.

LeBron James durfte in seiner langen Karriere schon viele legendäre Spitznamen sein Eigen nennen. "L-Train", "The Akron Hammer" und "The Chosen One" entstammen alle seiner frühen Karriere, der einzige und vielleicht legendärste Spitzname, der sich aber bis heute gehalten hat, ist "The King".

Schon während der Highschool tauchte der Name "King James" auf, wie sein Jugendfreund Randy Mims mal in einem Interview mit Uninterrupteds "More Than An Athlete" verriet.

"In seinem Freshman-Jahr gewann er die State-Meisterschaft und ein paar Kinder rannten im Hotel herum und sprachen von einem 'King James'. Also fragte ich einen von ihnen und er meinte zu mir: 'Du kennst King James nicht? Das ist LeBron James!'"

Mims erzählte seinem Buddy von dieser Begegnung, der konnte darüber nur lachen. "Das war der Moment als ich realisierte, was für eine große Nummer LeBron war", führte Mims aus.

Dass LeBron auch eine große Nummer in der NBA werden würde, war von der ersten Sekunde an klar. Bis sich der Name "King James" in der besten Basketballliga der Welt etablieren sollte, dauerte es aber ein paar Jahre.

LeBron James: Ein Palast für einen König

Drei Jahre musste sich LeBron nach dem Draft 2003 gedulden, bis er erstmals auf der großen NBA-Bühne Playoff-Luft schnuppern durfte. Nur ein Jahr später führte er die Cavs bereits in die Conference Finals gegen die Pistons. Nach vier spektakulären Spielen stand es in der Serie 2-2. Keine der Partien war bis dato mit mehr als sechs Punkten Unterschied entschieden worden. Spiel 1 und 2 gingen an das favorisierte Team aus Mo-Town, das als Nr.1-Seed über die Magic und Bulls gewalzt war.

In Spiel 1 hatten die Cavs eine Chance auf den Sieg, LeBron traute sich den potenziellen Gamewinner mit wenigen Sekunden auf der Uhr aber nicht zu und gab den Ball an Donyell Marshall, der verfehlte. In Spiel 2 war es schließlich James höchstpersönlich, der einen Versuch aus gut zwei Metern mit fünf Sekunden auf der Uhr für den möglichen Sieg an den Ring setzte.

Nach der 2-0-Führung war man in Detroit schon voll des Jubels. Wie die Pistons, eines der besten Defensivteams der Liga, James in Schach hielten, erinnerte an die Bad Boys der 80er, die MJ das Leben immer wieder zur Hölle machten. 10 Punkte in Spiel 1 und 19 in Spiel 2 waren dem Youngster nicht würdig, der in der regulären Saison 27,3 Zähler im Schnitt aufgelegt hatte.

"Auf der Autofahrt nach Hause war ich sicher, dass diese Serie vorbei war. LeBron war gebrochen", schrieb Journalist Brad Callas (medium) einst. Oh, wie er sich täuschte. 32 und 25 Punkte von James in Spiel 3 und 4 in der Quicken Loans Arena reichten, um die Serie auf Gleichstand zu stellen. Damit ging es für Spiel 5 zurück nach Detroit in den Palace of Auburn Hills. Und der Palast war bereit, für die Krönung des Königs.

LeBron James gegen die Pistons in seiner eigenen Welt

31. Mai 2007, Eastern Conference Finals zwischen den Detroit Pistons und Cleveland Cavaliers, Spiel 5.

Trotz der zwei Niederlagen in Serie wähnten sich die Pistons weiterhin in der Favoritenrolle. Schließlich hatten sie schon im vergangenen Jahr die Cavs ausgeschalten und damals sogar 2-3 zurückgelegen. Und das Konzept gegen die damaligen Cavaliers war ja ohnehin ziemlich einfach: Schalte LeBron aus und du schaltest die Cavs aus. Von Zydrunas Ilgauskas, Aleksandar Pavlovic oder Anderson Varejao hatte der Überraschungschampion von 2004 wenig zu befürchten.

Vom Tip-Off weg war das Spiel eng und umkämpft. Kein Team schaffte es, sich abzusetzen, sodass die Entscheidungen in den finalen Minuten fallen würde. Mit 6:05 Minuten auf der Uhr und einer 79:78 Führung für Cleveland lag James bei 19 Punkten und damit erneut deutlich unter seinem Saisondurchschnitt. Dann schaltete er aber in einen Modus, der in der langen Geschichte der NBA nur selten zu sehen war.

Unbeeindruckt von der 7-Punkte-Führung der Pistons mit drei Minuten zu spielen, riss LeBron das Spiel komplett an sich. Beim Stand von 88:87 für Detroit mit 40 Sekunden auf der Uhr pflügte er durch die Zone und ließ die Halle mit einem krachenden Dunk komplett verstummen. Ein Dunk, der so brachial war, dass Tayshaun Prince, seines Zeichens einer der besten Verteidiger der Liga, nur noch zusehen konnte, dass er nicht auf dem Poster landete.

Die Pistons antworteten mit einem Dreier und James donnerte in der folgenden Possession wieder durch zu Zone und dunkte zum Ausgleich. Overtime!

Es folgten zwei Verlängerungen und ein James, der durch nichts und niemanden zu stoppen war. Egal, ob per Dreier, schwerem Midrange-Jumper, Dunk oder Lay-Up - der damals 22-Jährige spielte an diesem Abend in seiner eigenen Welt.

LeBron James gegen die Pistons: Der neue König des Ostens

"Wir haben alles versucht", sagte Pistons-Star Chauncey Billups nach der Partie. "Aber wir konnten ihn einfach nicht aufhalten." So war es schließlich auch James, der mit zwei Sekunden zu spielen in der zweiten Overtime erneut in die Zone zog und einen Layup zur Entscheidung versenkte.

Er beendete die Partie mit 48 Punkten (9 Rebounds, 7 Assists und 2 Steals) in 50 Minuten, erzielte 29 (!) der letzten 30 Cavs-Punkte und davon die letzten 25 (!!) allesamt im Alleingang. Zu diesem Zeitpunkt war allen Beteiligten klar, dass die Serie vorbei war. Ein neuer König war geboren, der ab sofort über den Osten herrschte.

"Wir hatten das Gefühl, eine Menge Ärger am Hals zu haben. Nicht nur jetzt, sondern in den kommenden Jahre", sagte Rip Hamilton 2017 bei CBS.

"Wir wussten, dass er viele Punkte erzielte hatte. Wenn ich sage viele, meine ich, dass wir dachten, er hätte um die 10 Punkte in Serie erzielte. Wir dachten niemals, dass es 25 waren", erinnerte sich Hamilton. Die Pistons mit Hamilton, Billups, Prince, Rasheed Wallace und Chris Webber waren so ein hervorragendes Defensivteam, dass sie niemals mit einem solchen Einbruch gerechnet hätten.

"Wir dachten damals, dass wir unbesiegbar sind. Es ist unmöglich, dass ein Individuum uns besiegen kann. Kobe Bryant und Shaq konnten es nicht - wir dachten nicht, dass LeBron es könnte", sagte er.

Und LeBron selbst? Er zeigte sich von seiner Performance für die Geschichtsbücher bewusst unbeeindruckt. "Warum sollte ich überrascht sein?", sagte er nach der Partie. "Ich habe viele gute Szenen gehabt. Natürlich sind sie ein großartiges Defensivteam, aber ich war entschlossen zu attackieren."

LeBron James war gegen die Detroit Pistons nicht zu stoppen.getty

LeBron James' Statistiken in der Serie gegen die Detroit Pistons 2007

SpielePunkteReboundsAssistsStealsFeldwurfquoteDreierquoteMinuten
625,79,28,52,744,935,746,2

LeBron James und die Vergleiche mit Kobes 81 Punkten

Spiel 6 ging schließlich auch an Cleveland und der neu gekrönte King durfte im zarten Alter von 22 Jahren das erste Mal Finals-Luft schnuppern. Dort gab es zwar von den Spurs eine 0-4-Abreibung, Vorwürfe durfte sich LeBron dafür aber nicht machen.

Es grenzte fast an eine Sensation, dass er dieses 2007er Cavs-Team überhaupt so weit geschleppt hatte. Bei der Suche nach dem zweitbesten Spieler landet man wohl bei Namen wie Ilgauskas (mit 12,6 Punkten bereits zweitbester Playoff-Scorer für die Cavs), Drew Gooden oder Larry Hughes. Jahre später sollte dieses Aufgebot auf nicht nur einer Liste der schlechtesten Finals-Teams aller Zeiten auftauchen.

Dieser Umstand macht die erste Finals-Teilnahme der Franchise-Geschichte und LeBrons unglaublichen Weg dorthin umso beeindruckender. Larry Drew, Assistant-Coach der Cavs von 2014 bis 2018, stellte James' Leistung sogar in eine Reihe mit Kobes 81 Punkte in Toronto. "Man muss das auf dieselbe Stufe stellen, denn so ein Moment bleibt für immer in Erinnerung", sagte er 2017.

LeBron vs. Pistons: Der Anfang vom Ende

Für die Pistons war die Niederlage so etwas wie der Anfang vom Ende. Zwar schafften sie es im Folgejahr noch mal bis in die Conference Finals, das Gefühl der Unbesiegbarkeit sollte aber nie mehr zurückkommen, gegen den späteren Champion aus Boston scheiterten sie in sechs Spielen.

In der darauffolgenden Saison begann die Mannschaft langsam auseinander zu brechen. Zwar schaffte es das Team 2009 noch in die erste Runde der Playoffs, dort gab es aber einen Sweep - von LeBron und den Cavs. Danach sollte es sieben Jahre dauern, bis die Fans in Detroit wieder die Playoffs bejubeln durfte. Jedoch war wieder in der ersten Runde Schluss, wieder mussten sich die Pistons mit 0-4 verabschieden - wieder gegen LeBron und die Cavs.

Von den vergangenen zwölf direkten Playoff-Duellen zwischen LeBron und den Pistons gingen somit alle zwölf an den King. "Wenn LeBron unsere Spielweise versteht, haben wir ein Problem", hatte Hamilton bereits 2003 zu seinem Teamkollegen Prince gesagt. Er sollte Recht behalten.