Jordan Poole hat sich mit seinen Auftritten in den Playoffs in aller Munde gespielt und lässt die Golden State Warriors gefährlich wie lange nicht mehr erscheinen. Allerdings hat die Leistungsexplosion des Shootingstars auch seine Schattenseiten.
Für alle NBA-Spieler ist das erste Playoff-Spiel etwas ganz Besonderes und mit entsprechend viel Aufregung verbunden. Stephen Curry kann davon ein Lied singen, 2013 brachte er bei seinem Debüt in der ersten Runde gegen die Nuggets magere 19 Zähler bei 7/20 Treffern aus dem Feld auf die Anzeigetafel. Für seinen Protege Jordan Poole scheint dies allerdings nicht der Fall zu sein.
Der 22-Jährige schüttelte mal eben 30 Punkte in Spiel 1 gegen die Denver Nuggets bei 9/13 aus dem Feld und 5/7 von Downtown aus dem Ärmel, nur um zwei Tage später 29 Punkte bei erneut über 60 Prozent aus dem Feld folgen zu lassen. Und das in seinen ersten beiden Auftritten auf der großen Playoff-Bühne.
Er schob sich damit mal eben auf Platz drei der besten Warriors-Postseason-Debüts aller Zeiten und seine 59 Punkte in den ersten zwei Playoff-Spielen hat nur der legendäre Wilt Chamberlain (63) überboten. Doch die Krönung von alldem ist, dass er nicht mal jemanden besonders überrascht hat.
Jordan Poole: Hard Work pays off
"Wir haben nichts anderes von ihm erwartet", sagte sein Coach Steve Kerr nach Spiel 1 unbeeindruckt. "Er hat keine Angst vor den großen Momenten. Er arbeitet jeden Tag, um sich darauf vorzubereiten." Diesen erbarmungslosen Willen, sein Spiel stetig zu verbessern, hat auch Klay Thompson dazu bewogen, Poole seit seiner Rookie-Saison unter seine Fittiche zu nehmen.
"Viele Jungs kommen in die NBA und sind damit zufrieden, aber Jordan war von Tag eins an im Gym. Nach dem Training, in der Nacht, nach einem schlechten Spiel - er blieb einfach dran", lobte Thompson seinen jungen Mitspieler, der sich auch von der Versetzung in die G-League in seiner Rookie-Saison nicht zurückwerfen ließ.
"Er ging in die G-League und wurde besser. Er hat einfach diesen Hunger", führte Thompson aus. Für Poole sieht er deshalb eine rosige Zukunft in der Association: "Das Talent hatte er schon immer. Er hat ein gutes Ball-Handling, einen guten Wurf, aber seine Arbeitsmoral wird ihn eines Tag zum Star machen."
Neben seiner Arbeitsmoral und seinem Talent stimmt bei Poole aber eben auch das Mindset. Da er mit zwei der besten Shootern aller Zeiten und dreifachen Champions zusammenspielt, nutzte er jede Gelegenheit, um aus den beiden jegliche Informationen über die Besonderheiten der Playoffs herauszuquetschen, um für den großen Moment möglichst gut vorbereitet zu sein.
"Er hat alles getan, um sich auf diesen Moment vorzubereiten. Sobald du diese mentale Hürde überwunden hast, kannst du viel befreiter aufspielen", lobte auch Curry seinen Schützling.
Jordan Poole: Leistungsexplosion kein Zufall
Dabei darf man nicht vergessen, dass Pooles Explosion in den Playoffs nur die Weiterführung seiner überragenden Leistungen der vergangenen Monate ist. Als Curry verletzt fehlte und die Warriors drohten, nach sieben Niederlagen aus acht Spielen noch Platz drei zu verlieren, lief Poole zur Bestform auf und rettete den Seinen mit 25,8 Punkten in den letzten 12 Spielen noch die drittbeste Bilanz.
Sowieso ist der Guard seit dem All-Star Break kaum zu bremsen. In den finalen Wochen der regulären Saison legte er im Schnitt 23,4 Punkte auf und traf über 40 Prozent von Downtown. Auch von seiner Versetzung in die zweite Garde nach dem Thompson-Comeback ließ er sich nicht beirren. In reduzierten Minuten produzierte er auf konstant hohem Niveau weiter und fand sich scheinbar mühelos in seiner neuen Rolle als Anführer der Bankspieler zurecht.
Ganz besonders blühte der Youngster aber in den gemeinsamen Minuten mit Curry auf. Das Zwei-Mann-Lineup mit dem Chefkoch war in der regulären Saison das zweitbeste der Warriors unter allen Spielern mit mindestens 500 Minuten (+15,2 Net-Rating). Gemeinsam mit Klay stieg das Rating sogar auf absurde +32,6 in 129 gemeinsamen Minuten.
Dieser Trend bestätigt sich auch in den Playoffs, in den 15 gemeinsamen Minuten mit dem Trio stehen die Warriors bei +57,7, was Platz zwei ligaweit bedeutet. Dabei erinnert Poole in seiner Spielweise stark an den zweimaligen MVP. Er kann von überall werfen, hat einen starken Zug zum Korb, starke Passqualitäten und stiftet auch mit Bewegung abseits des Balls ständige Verwirrung beim Gegner.
"Jordan macht Sachen wie Steph und das ist schwer. Er hat sich viel von Steph abgeschaut und eifert ihm bestmöglich nach und das ist unglaublich", lobte auch Draymond Green zuletzt. Thompson bezeichnete ihn nach Spiel 1 gar als "Baby Steph Curry".
Jordan Pooles Statistiken
Zeitraum | Spiele | Minuten | Punkte | Assists | Rebounds | FG% | 3P% |
Vor dem All-Star Break | 53 | 28,8 | 16,4 | 3,5 | 3,1 | 43,8 | 33,8 |
Nach dem All-Star Break | 23 | 32,8 | 23,4 | 5,2 | 4,1 | 46,5 | 40,8 |
Playoffs | 2 | 31,9 | 29,5 | 5,5 | 3,0 | 65,5 | 58,8 |
Jordan Poole bei den Warriors: Eine weitere Waffe
Es ist nahezu unfair, dass Poole als mittlerweile einer der besten Shooter der Liga ausgerechnet mit dem besten Shooting-Backcourt aller Zeiten zusammenspielt. Weil die Warriors so viele Verletzungssorgen in dieser Saison hatten, stand das Small-Ball-Lineup aus Curry, Poole, Thompson, Andrew Wiggins und Green keine einzige Sekunde zusammen auf dem Platz.
Die elf Minuten, die Kerr dieses Lineup gegen die Nuggets aber austestete, sollten die gesamte Liga in Alarmbereitschaft versetzen. Das Net-Rating ist in dieser kleinen Stichprobe natürlich nur bedingt aussagekräftig, aber mit +129,3 (!) ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die kommenden Gegner erwarten könnte.
Abgesehen von Green können in diesem Lineup alle Spiele vom Logo abdrücken, alle sind gute Ballhandler und Passgeber und mindestens ordentliche Verteidiger. Das gepaart mit dem Spielverständnis, der Erfahrung und der Spielfreude des Teams ergibt eine hochgefährliche Mischung, die keinen Gegner fürchten muss.
Jordan Poole: Verlieren die Warriors ihren Youngster bald?
Allerdings könnte die Freunde der Warriors an Poole von nicht allzu großer Dauer sein, schließlich will der 22-Jährige im Sommer reichlich für seine Dienste bezahlt werden. Derzeit liegt er im teaminternen Gehaltsranking mit 2,2 Millionen Dollar pro Jahr nur auf Platz elf, wird aber im Sommer 2023 Restricted Free Agent.
Um das zu verhindern, können die Warriors ihm schon in dieser Offseason eine Vertragsverlängerung anbieten. Die Frage ist allerdings, wie viel sie bereit sind, zu zahlen. Keith Smith, Salary-Cap-Experte von Spotrac, zufolge peilt er einen Vierjahresvertrag über 90 Mio. an, ein Experte gab aber schon während der Saison die Prognose ab, dass sein Preisschild deutlich über 100 Mio. steigen könnte, "falls er in den Playoffs explodiert". Und ganz danach sieht es ja gerade aus.
Das ist allerdings ganz und gar nicht ideal für die Warriors, die schon diese Saison mit 346 Mio. - inklusive Luxussteuern - den teuersten Kader der Geschichte stellen. Sollten sie Poole einen dicken Vertrag geben, könnte sich diese Zahl in der Saison 2023/24 auf rund 500 Mio. erhöhen.
In Anbetracht dieser Zahl dürfte selbst der wahrlich nicht als knausrig bekannte Warriors-Besitzer Joe Jacob schlucken. Dementsprechend vage antwortete er zuletzt auf die Frage, wie viel die Warriors bereit sind, in Poole zu investieren. "Ich rede nicht über Gehälter, weil es derzeit unwichtig ist", sagte er im Interview mit Tim Kawakami von The Athletic: "Nach dem Jahr werden wir sehen, wo wir stehen, und wir werden versuchen, das beste Team für die kommende Saison auf den Platz zu stellen."
gettyJordan Poole: Sein Verbleib ist alternativlos
Doch welche Alternative gibt es? Mit den dicken Verträgen von Curry, Klay und Green (die beiden Letzteren wollen ab 2024/25 auch wieder entlohnt werden), wird das Team über Jahre keine Kapazität haben, prominente Free Agents an Land zu ziehen.
Die einzige Chance besteht darin, darauf zu hoffen, dass sich einer ihrer Youngster zu einem Star entwickelt. Dementsprechend werden sie nicht drumherum kommen, Poole das zu zahlen, was er verlangt, vor allem in Anbetracht des fortschreitenden Alters von Curry und Co. Er hat schon mehr als bewiesen, dass er das Potenzial hat, das Team in der Post-Curry-Ära zu einem Contender zu machen und bis dahin als dritter Splash Brother sein Unwesen zu treiben.
Die Warriors sollten also die erste Chance nutzen, die sich ihnen bietet, um Poole langfristig an sich zu binden und ihn allmählich zum Nachfolger von Curry aufzubauen. Ihn wegen ein paar Millionen zu viel die Free Agency 2023 austesten zu lassen, könnte die Franchise richtig teuer zu stehen kommen. Nach einem "Baby Curry" sehnen sich schließlich die meisten Teams schon seit Jahren.
NBA Playoffs - Warriors vs. Nuggets: Die Serie im Überblick (2-0)
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 17. April | 2.30 Uhr | Warriors | Nuggets | 123:107 |
2 | 19. April | 4 Uhr | Warriors | Nuggets | 126:106 |
3 | 22. April | 4 Uhr | Nuggets | Warriors | - |
4 | 24. April | 21.30 Uhr | Nuggets | Warriors | - |
5* | 28. April | TBD | Warriors | Nuggets | - |
6* | 30. April | TBD | Nuggets | Warriors | - |
7* | 1. Mai | TBD | Warriors | Nuggets | - |
*falls nötig