Die Los Angeles Lakers gehen in eine Offseason mit vielen Fragezeichen. Nach dem Verpassen der Playoffs ist klar, dass Veränderungen hermüssen, doch wie sollen die aussehen? Ein Sündenbock scheint bereits festzustehen, die Personalie Russell Westbrook gestaltet sich dagegen kompliziert.
Los Angeles Lakers: Wie ist es zum Debakel gekommen?
Die Saison der Los Angeles Lakers begann mit Championship-Hoffnungen, sie endete in der Nacht auf Mittwoch vorzeitig mit dem endgültigen Aus aller NBA-Playoff-Träume. Die Postseason 2022 wird ohne die Lakers, ohne LeBron James, stattfinden, die 48. Niederlage im 79. Saisonspiel gegen die Suns hat darüber endgültige Klarheit gebracht. Die Lakers waren einfach nicht gut genug, um sich für die Playoffs, noch nicht einmal für das Play-In-Turnier zu qualifizieren.
Damit haben die Suns zum zweiten Mal in Folge der Saison der Traditionsfranchise aus Hollywood ein Ende bereitet. Letztes Jahr geschah dies noch in der ersten Runde der Playoffs (2-4). Anthony Davis hatte vor Kurzem vollmundig erklärt, Phoenix' Sieg sei aufgrund seiner eigenen Verletzung in der damaligen Postseason ein Glückstreffer gewesen. "Wir wissen es und sie wohl auch." Es wird den Suns zumindest einen Hauch Genugtuung geben, erneut die Lakers eliminiert zu haben.
Davis aber sah nun nach dem Verpassen der Playoffs einen ähnlichen Grund wie für das Erstrundenaus im Vorjahr: die Verletzungen. "Unser Ziel war die Meisterschaft und ich glaube weiterhin, dass wir dafür die Puzzlestücke hatten. Die vielen Verletzungen haben das aber verhindert, das ist der Unterschied in dieser Saison gewesen", ist sich AD sicher.
Tatsächlich grassierte das Verletzungspech bei den Lakers, damit waren sie ligaweit aber nicht alleine (siehe Nuggets, Clippers). Davis stand nur in 40 Spielen auf dem Parkett, LeBron James kommt bislang auf 56 Einsätze. Beide zusammen haben nur 22 Spiele absolviert, Offseason-Neuzugang Kendrick Nunn absolvierte gar keine Partie. Insgesamt musste Coach Frank Vogel 39 unterschiedliche Starting Lineups zusammenkratzen - laut ESPN ligaweit die zweitmeisten hinter den Brooklyn Nets.
Los Angeles Lakers: Die "größte Enttäuschung der NBA-Geschichte"?
Mit mehr gemeinsamen Minuten, so Davis, hätte sich das Superstar-Trio LeBron, Russell Westbrook und er selbst schon noch gefunden. Nur insgesamt 393 Minuten in 21 Spielen riss diese Big Three gemeinsam ab, die den eigenen Ansprüchen nie gerecht wurde. Das Net-Rating der Lineups mit LeBron, AD und Russ beträgt -3,5, der Fit war die komplette Saison über ein Problem. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die Lakers dies mit mehr gemeinsamen Minuten wirklich gelöst hätten.
Letztlich passte weder dieses Trio zusammen, noch der Kader drumherum. Zu alt, zu wenig Defense, zu wenig Shooting. So kamen die Lakers zu keinem Zeitpunkt in der Saison an das vor dem Saisonstart erhoffte Ceiling eines Titelanwärters. Stattdessen wurde L.A. insgesamt 15-mal mit mindestens 15 Punkten Differenz vom Gegner abgeschossen, teils mit LeBron und mit Davis.
Am Ende muss die Lakers-Saison als historisches Debakel beschrieben werden. Seit vor Saisonbeginn die Titelfavoriten gekürt werden (1984), haben es laut StatMuse die beiden in Las Vegas bestplatzierten Teams immer in die Playoffs geschafft - die Lakers bilden nun erstmals die Ausnahme. Ex-NBA-Center Kendrick Perkins, der heute als Experte für ESPN arbeitet, polterte auf Twitter und sprach gar von "einer der größten Enttäuschungen der NBA-Geschichte". Nun muss die Franchise im Sommer einige drängende Fragen beantworten.
Los Angeles Lakers: Wann haben die Lakers das letzte Mal die Playoffs verpasst?
Saison | Bilanz | Platz | Playoffs |
2018/19 | 37-45 | 10. | verpasst |
2019/20 | 52-19 | 1. | Champion |
2020/21 | 42-30 | 7. | Aus in Runde eins |
2021/22 | 31-48 | 11. | verpasst |
L.A. Lakers: Welche personellen Konsequenzen wird es geben?
Ein Sündenbock für das enttäuschende Abschneiden der Lakers steht bereits so gut wie fest. Es ist offenbar nur noch eine Frage der Zeit, bis Head Coach Frank Vogel sein Büro räumen muss, das berichtete Jake Fischer von Bleacher Report bereits am Dienstag vor dem offiziellen Postseason-Aus.
Vogels Stuhl wackelt schon lange bedenklich, im Januar tauchten erstmals Berichte auf, der 48-Jährige stehe vor dem Aus. Damals habe ein Sieg gegen die Jazz ihm vor der Entlassung gerettet, vorerst zumindest. Ein "Weiter so" kann es in L.A. nach dieser Saison natürlich nicht geben, Vogel wird als Bauernopfer herhalten müssen.
Die Probleme des Teams sind bei weitem nicht allein dem Head Coach anzuhängen. Seit 2019 ist der Defensiv-Spezialist im Amt, 2020 führte er die Lakers zur Championship. Seither hat er das Coachen sicherlich nicht verlernt. Komplett frei von Schuld ist auch Vogel nicht, im Laufe der Saison schaffte er es scheinbar nicht, das Team hinter sich zu versammeln und eine Einheit zu formen, auch wurden teils seine Rotationen kritisiert. Doch mit der Kaderzusammenstellung hat ihm das Front Office keinen Gefallen getan.
"Er ist ein Coach, kein Magier", brachte es NBA TV-Experte Brendan Haywood nach der Pleite gegen die Suns auf den Punkt. Defensiv-Spezialist Vogel standen kaum gute Verteidiger zur Verfügung, hinzu kam das angesprochene Westbrook-LeBron-Davis-Dilemma. Auf dem freien Coaching-Markt wird Vogel sicherlich ein begehrter Mann sein, nur bei den Lakers wird es für ihn nicht weitergehen.
Los Angeles Lakers: Wer wird Nachfolger von Coach Vogel?
Erste Namen für die Nachfolge sind bereits durch den Äther gesickert, Marc Stein (Substack) brachte zum Beispiel Jazz-Coach Quin Snyder ins Spiel, Fischer nannte Sixers-Coach Doc Rivers als Kandidaten. Die Nachfolge wird wohl General Manager Rob Pelinka bestimmen, obwohl auch der starke Mann im Front Office eigentlich stark in der Kritik steht.
In den vergangenen Wochen deuteten die Anzeichen aber darauf hin, dass er auch weiterhin die Fäden ziehen darf. Stein und Fischer berichteten zuletzt übereinstimmend, dass Pelinka - obwohl angeblich unbeliebt bei seinen GM-Kollegen innerhalb der Liga - das Vertrauen von Lakers-Teambesitzerin Jeanie Buss und ihren einflussreichen Beratern Kurt und Linda Rambis genießt. Klar ist aber auch: Pelinka muss in dieser Offseason liefern. Und das wird nicht einfach.
Los Angeles Lakers: Wird Russell Westbrook nun getradet?
Angesprochen auf seine Zukunft äußerte sich Westbrook nach dem Verpassen der Playoffs diplomatisch. Mit den Lakers nochmal anzugreifen sei der Plan, so der Point Guard, "aber es gibt keine Versprechen. Wir wollen aber natürlich sehen, wie es aussieht, wenn wir alle 82 Spiele absolvieren."
Nur: Außerhalb der Kabine scheint es wenige Menschen zu geben, die das wirklich sehen wollen. Weder im lila-goldenen Fanlager, noch im Front Office der Lakers. Schon zur Trade Deadline hatte L.A. angeblich versucht, Westbrook zu traden, im März erklärte Insider Marc Stein, ein Verbleib des 33-Jährigen bei den Lakers sei "unmöglich". Und hinter verschlossenen Türen soll auch Westbrook selbst angedeutet haben, einem neuerlichen Tapetenwechsel nicht abgeneigt zu sein.
Es deutet also alles auf eine Trennung im Sommer hin, die große Frage ist nur: Wie? Sportlich hat Westbrook in der abgelaufenen Saison keine Argumente gesammelt, warum andere Teams zuschlagen sollten. Knapp 19/7/7 klingen bei Punkten, Rebounds und Assists nicht verkehrt, doch die Defense und die Effizienz ließen zu wünschen übrigen (51,2 Prozent True Shooting).
Der balldominante Point Guard liefert auf seine alten Tage kein Shooting und die Athletik ist auch nicht mehr da wie früher, gleichzeitig war er offenbar nicht bereit, seinen Spielstil oder seine Rolle gravierend zu ändern. Und er besitzt eine Spieleroption über 47,1 Mio. Dollar für die kommende Saison, die er sich wohl kaum entgehen lassen wird.
Los Angeles Lakers: Gefangen im Westbrook-Dilemma
Entsprechend überschaubar sind die Optionen eines Westbrook-Trades. Die größte Hoffnung der Lakers, dass sich ein Team mit viel Cap Space (hust, Thunder) findet, das Russ im Tausch für kleinere Verträge aufnimmt, ist sehr unrealistisch. Dafür reichen selbst die beiden letzten verbliebenen, zukünftigen Erstrundenpicks der Lakers (2027 und 2029 - der aktuelle geht bei Nr. 1-10 nach New Orleans oder bei Nr. 11-30 nach Memphis) nicht, um dies schmackhaft zu machen.
Der Stand jetzt einzig realistische Deal ist wohl der für John Wall. Der Rockets-Veteran besitzt einen ähnlichen Vertrag (noch ein Jahr und 47,4 Mio. Dollar), die beiden Guards könnten also Eins-zu-Eins ausgetauscht werden. Allerdings wird Houston auch hier noch Draft-Kapital obendrauf verlangen, ob Wall aber ein echtes Upgrade für Purple-and-Gold ist, ist fraglich. Auch er ist mittlerweile 31 Jahre alt, hat seit fast einem Jahr kein Spiel mehr bestritten, hat mehrere Verletzungen hinter sich und war ebenfalls nie als guter Schütze bekannt.
Eine andere Möglichkeit: Westbrook erstmal behalten und hoffen, dass Richtung Trade Deadline ein abwanderungswilliger Star auf den Markt kommt und dass rivalisierende Teams mit den beiden zukünftigen First Roundern und der Aussicht auf den auslaufenden Westbrook-Vertrag zufrieden sind. Oder den Guard per Stretch-Provision loswerden, dadurch würde man allerdings sein Gehalt auf drei Jahre aufteilen und 2023 weniger Cap Space haben. Laut Fischer ist das unwahrscheinlich.
Keine dieser Optionen klingt nach einer bedeutenden, kurzfristigen Verbesserung für das Team um LeBron. Dafür sind alle Optionen langfristig gesehen extrem kostspielig. Es rächt sich nach der enttäuschenden Saison 21/22 somit gleich doppelt, den Kader im vergangenen Jahr fast komplett umgeschmissen zu haben, um Westbrook ins Team zu holen.
Lakers: Wie kann das Team in der Offseason verstärkt werden?
Falls der Westbrook-Teil die Lakers-Fans bereits ernüchtert hat, es wird beim Blick auf die weiteren Optionen in der anstehenden Offseason nicht besser. Werfen wir zunächst mal einen Blick auf die Finanzen. Mit Westbrook stehen die Lakers für die kommende Spielzeit bei 148,9 Mio. Dollar für sieben Mann - die Luxussteuergrenze wird wohl bei 149 Mio. liegen (und der Salary Cap bei 122 Mio.).
Soll heißen: In der Free Agency werden die Lakers kein großer Spieler sein, nur mit der Taxpayer-Midlevel-Exception oder Minimalverträgen können potenzielle Neuzugänge (dann vielleicht auch welche unter 30 Jahre) angelockt werden. Das Front Office muss also kreativ werden.
Viel hängt dabei natürlich von der Personalie Westbrook ab. Ein potenzieller Tausch für Wall wird an der finanziellen Situation nichts ändern, ansonsten wird entscheidend sein, wie viele Picks die Lakers abgeben müssen, um den nominellen dritten Star loszuwerden. Beziehungsweise wie viel Draft-Kapital anschließend noch für weitere Deals zur Verfügung steht.
Die einzigen Assets neben den 2027er und 2029er Erstrundenpicks sind Talen Horton-Tucker (noch zwei Jahre und 21,3 Mio.) und Kendrick Nunn, der eine Spieleroption (5,3 Mio.) für kommende Saison besitzt. Können die Lakers womöglich THT, Nunn und Picks in einen fähigen dritten Starter neben LeBron und AD upgraden? Dieses Paket wurde wohl schon zur Trade Deadline diskutiert, ohne zählbare Ergebnisse.
Los Angeles Lakers: Kommt in der Offseason der große Knall?
Ansonsten muss der Kader wieder mit Veteranen aufgefüllt werden. Malik Monk oder Carmelo Anthony waren teils noch Lichtblicke der Saison, beide werden aber Free Agents. Mit den anderen Verpflichtungen aus dem Sommer 2021 griff GM Pelinka zu oft daneben, in dieser Offseason braucht er dringend ein besseres Händchen.
Oder kommt es doch zum ganz großen Knall? Manche Rivalen haben sich offenbar bereits die Frage gestellt, ob AD nicht vielleicht auf den Markt kommen könnte. Schließlich würde er - abgesehen von LeBron - den höchsten Gegenwert einbringen. Laut Bleacher Report sei das aber keine ernsthafte Option.
Genauso wenig wie der rote Knopf, sprich alles einreißen: Westbrook, Davis, selbst LeBron, alle traden. Das Problem dabei ist allerdings: Genügend Stars als Gegenwert, um direkt wieder oben anzugreifen, wird es nicht geben. Ein Rebuild ergibt ebenfalls keinen Sinn, im nächsten Jahr haben die Pelicans das Recht, Picks zu tauschen, in 2024 gehört der Lakers-Erstrundenpick so oder so New Orleans. Und ein LeBron-Trade würde der Glamour-Franchise ohnehin einen schweren Schlag versetzen.
Los Angeles Lakers: Die Verträge für die Saison 2022/23 im Überblick
Spieler | Gehalt | Option |
Russell Westbrook | 47,1 Mio. Dollar | Spieleroption |
LeBron James | 44,5 Mio. Dollar | |
Anthony Davis | 38,0 Mio. Dollar | |
Talen Horton-Tucker | 10,3 Mio. Dollar | |
Kendrick Nunn | 5,3 Mio. Dollar | Spieleroption |
Stanley Johnson | 2,4 Mio. Dollar | Teamoption |
Austin Reaves | 1,6 Mio. Dollar | Teamoption |
Gesamt | 148,9 Mio. Dollar |
Los Angeles Lakers: Hat L.A. eine vielleicht letzte starke LeBron-Saison verschenkt?
Mal ganz abgesehen davon, dass LeBron sportlich gesehen immer noch eine überragende Figur der National Basketball Association ist. Selbst im fortgeschrittenen Alter von 37 Jahren und in seiner aktuell 19. Saison. Sollte er in der laufenden Saison noch in zwei Spielen auflaufen, würde er die Mindestanzahl an absolvierten Partien erreichen und wäre ein heißer Anwärter auf die Scoring-Krone. Wie gesagt, mit 37 Jahren!
Allerdings muss langsam aber sicher die Frage erlaubt sein: Wie lange kann James dieses Level noch halten? Auch wenn er sich im Laufe der regulären Saison mental ein ums andere Mal abmeldete, agierte er doch auf All-NBA-Niveau. Gevatter Zeit macht sich jedoch immer mehr bemerkbar.
Der übermenschliche Freak King James, der Dauerbrenner der jüngeren NBA-Vergangenheit mit über 63.000 gespielten Minuten in der regulären Saison sowie den Playoffs stand vergangene Saison in nur 45 Spielen (von 72) auf dem Parkett, dieses Jahr steht er bei 56 Einsätzen. Es erscheint nicht realistisch, dass man in den kommenden Jahren regelmäßig 70 bis 80 Auftritte pro Spielzeit von LeBron erwarten darf. Nach dann 20 Jahren NBA ist das auch in Ordnung.
Umso wichtiger ist es für die Lakers, ein schlagkräftiges Team um ihn herum aufzubauen, um seine letzten guten Jahre nicht zu verschwenden. Das ist in dieser Saison definitiv nicht gelungen. In Person von Davis hat LeBron einen verletzungsanfälligen Co-Star an seiner Seite, dahinter war 21/22 viel Brachland. Wie John Hollinger (The Athletic) hervorhob, hat abgesehen von diesem Duo kein einziger Laker ein positives Box Plus/Minus vorzuweisen, alle haben schlechter agiert als der Ligadurchschnitt.
Die Lakers müssen in diesem Sommer sicherstellen, dass LeBron mehr Hilfe an seine Seite bekommt, um gemeinsam mit dem viermaligen Champion ein weiteres Mal nach der Krone zu greifen - und vor allem die düstere Saison 2021/22 vergessen zu machen.
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