Die Dallas Mavericks haben ihre Erstrundenserie gegen die Jazz ausgeglichen. Möglich machten es Maxi Kleber, der nach langer Dürreperiode sein Dreierglück wiederfand, eine Crunchtime-Offense mit chirurgischer Präzision und Jalen Brunson, der weitere Argumente für seinen Zahltag sammelte. Für die Jazz gab es derweil ein Deja-Vu der unschönen Art.
1. Maxi Kleber kann doch noch Dreier treffen
Eine Wiederauferstehung zu Ostern, passender hätte Maxi Kleber das Ende des schlimmsten Shooting-Slumps seiner basketballerischen Laufbahn nicht wählen können. Pünktlich kam die Dreier-Explosion auch für die Mavs, die ohne den verletzten Luka Doncic einen unfassbar wichtigen 110:104-Erfolg in Spiel 2 der Erstrundenserie gegen die Jazz zum 1-1-Ausgleich einfuhren.
Kurz ein Blick auf die Horrorzahlen aus den vergangenen Wochen, um zu unterstreichen, welche mentale Last Kleber mit seinem heißen Händchen abgeschüttelt haben muss: Seit dem All-Star Break hat er 64-mal aus der Distanz abgefeuert, aber nur 12-mal getroffen (18,8 Prozent). In 18 Partien in Folge kam er nicht über mehr als 2 erfolgreiche Triples hinaus. Nun nagelte er im wichtigsten Saisonspiel 8/11 durch die Reuse.
Das sorgte auch bei den Teamkollegen für Staunen, obwohl Jalen Brunson eigentlich weiß: "Wenn Maxi ein paar Mal trifft, dann ist er on fire. Aber 8 von 11? Jesus ... 25 Punkte? Jesus ..." Für den Deutschen stellte diese Ausbeute einen persönlichen Playoff-Bestwert dar, zählt man die reguläre Saison dazu, hat er nur einmal mehr Zähler aufgelegt (26). Und das nach acht Wochen Dürreperiode. "Das war extrem wichtig. Ich freue mich für ihn", sagte Brunson.
Kleber selbst hatte am Morgen gegenüber Dorian Finney-Smith bereits angekündigt, es regnen zu lassen. Er ließ seinen Worten Taten folgen, auch in der Crunchtime war sein heißes Händchen zur Stelle. Drei Dreier markierte er im vierten Viertel, darunter zwei in Folge gut vier Minuten vor dem Ende, die Dallas die Führung bescherten.
Schon vor der Serie wurde Kleber eine wichtige Rolle zugesprochen, um den Small-Ball der Mavs auf ein neues Level zu hieven und so Rudy Gobert vom Korb wegzuziehen. In Spiel 2 zeigte er, wie das gehen kann. Auch ein Doncic wird sich freuen, bei seiner Rückkehr aufs Parkett - laut Coach Jason Kidd bewegt er sich "in die richtige Richtung" - wieder den alten Kleber (37,2 Prozent Dreierquote vor der All-Star-Pause) neben sich zu wissen. Wenn der dabei manchen Mavs-Fan wahlweise an Michael Jordan oder an Dirk Nowitzki erinnert, umso besser.
2. Deja-Vu? Wie Dallas die Jazz auseinandernahm
Bei den Jazz-Fans wurden dagegen ganz andere Erinnerungen wach, ziemlich düstere. Die Mavs nahmen die Defense der Gäste in der Crunchtime mit genau dem gleichen Rezept auseinander wie beispielsweise im Jahr zuvor die Clippers: 5-out-Lineup mit Brunson oder Spencer Dinwiddie als Ballhandler, simple Penetration gegen die schwache Guard-Verteidigung, Gobert muss zur Hilfe kommen und an der Dreierlinie steht ein Schütze sperrangelweit offen.
Nach dieser Blaupause kamen die letzten drei Triples der Mavs zustande, da wäre zum Beispiel dieser Drive-and-Kick von Dinwiddie zu Kleber ...
nba.com/stats... oder in einer leicht abgeänderten Variante Brunson zu Finney-Smith in derselben Ecke.
nba.com/statsIm vierten Anlauf mit dieser Taktik sprang Finney-Smiths Dreier mit viel Pech aus dem Ring, bei diesem Versuch stand DFS wie zuvor auch aber komplett blank.
nba.com/statsViermal dieselbe Taktik, viermal (fast) dasselbe Resultat. Die aus Jazz-Sicht katastrophale Bilanz: Laut ESPN versenkte Dallas 17 uncontested - sprich relativ offene - Dreier. Siebzehn! Kein Team hatte in den vergangenen zehn Jahren in der Postseason mehr. Allein sieben der acht Kleber-Dreier wurden als uncontested deklariert - eine Dreier-Wiederauferstehung freundlich unterstützt von den Utah Jazz. Am Ende verbuchten die Mavs Franchise-Playoff-Rekorde bei den erfolgreichen Dreiern (22) wie auch bei den Versuchen (47).
Gobert, der Spiel 1 mit seiner Defense dominiert hatte, traf übrigens bei keinem dieser Dreier die Schuld, auch wenn auf dem Papier sein Mann den Treffer erzielte. Jedes Mal ließen sich die Guards veräppeln, mehrfach Mitchell, aber auch Royce O'Neale oder zuvor Mike Conley konnten die Drives der Mavs nicht aufhalten. Dadurch war Gobert gezwungen, seinen Gegner an der Dreierlinie offen stehen zu lassen, um den Korb zu beschützen. Die anschließenden Rotationen klappten nicht. Andere Male wurden sie mit einem Extra-Pass bestraft.
"Es fängt mit der Verteidigung gegen den Ball an", gab auch Mitchell zu. "Wir müssen die Gegner vor uns halten, die Driving Lanes waren weit offen." Die Vergleiche zur Clippers-Serie 2021, die Utah in sechs Spielen gegen deren Small-Ball verlor, wies der 25-Jährige aber zurück. "Mein Knöchel war angeschlagen, Mike [Conley] hatte Oberschenkelprobleme. Dieses Jahr können wir das Problem lösen. Wir werden das schaffen." Diese Lösung fängt auch bei Mitchell an und sollte am besten bereits in Spiel 3 gezeigt werden.
3. Jalen Brunson: Cuban, hol' schon mal den Geldtransporter
"Er wird im Sommer eine Menge Geld machen. Ich weiß nicht, ob er noch einen Agenten braucht, aber ich würde da meinen Namen in den Hut werfen", scherzte Coach Kidd nach der 41-Punkte-Performance seines Guards. "Er hat nicht nur heute gezeigt, dass er es verdient hat, bezahlt zu werden. Er erledigt seinen Job auf einem sehr hohen Niveau - und er ist ein Gewinner."
In Abwesenheit von Doncic war es der angehende Free Agent, der einen Großteil der Mavs-Offense schulterte. In den ersten Spielminuten nutzte er eine Drop-Coverage der Jazz aus, um sich in einen Rhythmus zu ballern. Später zog er mit Leichtigkeit an seinen Verteidigern vorbei - er pickte sich gezielt Mitchell oder Jordan Clarkson heraus -, um entweder selbst zu scoren oder wie beschrieben offene Dreier für die Teamkollegen zu generieren. Dafür hagelte es sogar "MVP"-Sprechchöre.
Schon während der regulären Saison bewarb sich der 25-Jährige, der in der aktuellen Spielzeit 1,8 Millionen Dollar verdient, für einen kräftigen Zahltag. Am Samstag war zum Playoff-Auftakt bereits ein ganzer Knicks-Tross um Executive Vice President William Wesley und Star-Forward Julius Randle vor Ort, um Brunson genauer zu beobachten. Dessen Auftritt in Spiel 2 werden sie am Fernseher ebenfalls nicht verpasst haben.
4. Mavs vs. Jazz: Utahs Crunchtime-Probleme
Brunson erzielte übrigens allein im vierten Viertel 10 Punkte, Mitchell kam auf der Gegenseite immerhin auf 7. Das große Aber: In den letzten zwei Minuten des Spiels erzielte der All-Star keinen einzigen Punkt mehr, stattdessen setzte er drei Versuche (ein Hook-Shot nach einem Drive, ein Layup und einen späten Dreier) daneben.
Bojan Bogdanovic war in der entscheidenden Phase der einzige erfolgreiche Jazz-Scorer, als Team stand Utah in den finalen zwei Minuten bei einem 5-Punkte-Rückstand allerdings nur bei 1/6 aus dem Feld. Auch in der regulären Saison standen die Jazz bei den Clutch-Statistiken (die letzten 5 Minuten eines Spiels bei 5 Punkten Differenz oder weniger) im unteren Tabellendrittel, sowohl beim Net-Rating (-6,7, Platz 23) als auch beim True Shooting (53,5 Prozent, Platz 21).
Solche Probleme trug auch Mitchell mit sich herum, sein True-Shooting-Wert betrug gar katastrophale 39,4 Prozent. So wird es für die Jazz enorm schwierig, in den Playoffs Spiele zu gewinnen.
5. Der Lichtblick der Utah Jazz: Das Rebounding
Auch wenn bei den Jazz-Fans auf Twitter teils so etwas wie Weltuntergangsstimmung herrschte, verloren ist diese Serie natürlich noch lange nicht. Unterm Strich kann Utah mit einer Bilanz von 1-1 nach den ersten beiden Auswärtsspielen sogar zufrieden sein, der Heimvorteil liegt nun bei den Jazz. Solange Doncic fehlt, hatten sie sich aber dennoch ein anderes Ergebnis erhofft.
Ein Grund zum Optimismus für die Jazz bleibt das Rebounding. In dieser Hinsicht hatte Utah auch in Spiel 2 einen gewaltigen Vorteil (50:31), die 11 Offensiv-Rebounds wurden in 18 Second Chance Points umgewandelt (Dallas: 4). "Wir müssen als Team ausboxen", wusste auch Kleber um diese Problematik. "Das müssen wir in den nächsten Spielen besser machen. Wir müssen die Possessions zu Ende bringen." Immerhin gelang das den Mavs in der Crunchtime schon etwas besser, als sich auch Kleber wichtige Rebounds holte.
In Spiel 1 standen die Jazz bei 13 Offensiv-Rebounds, die Mannen vom Salzsee halten also einen Vorteil im Possession Game. Den egalisierte Dallas am Montag jedoch, da sie ungemein gut auf den Ball aufpassten. Die 3 Turnover werden die Mavs aber wohl nicht wiederholen können. Zudem werden die Jazz anführen, dass dies wohl auch für eine weitere solche Brunson- oder Kleber-Explosion gilt. Auf der anderen Seite droht aber eben auch das Comeback von Doncic. Letztlich hat Utah eine gute Chance liegen gelassen.
NBA Playoffs: Mavs vs. Jazz - Die Serie im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 16. April | 19 Uhr | Dallas Mavericks | Utah Jazz | 93:99 |
2 | 19. April | 2.30 Uhr | Dallas Mavericks | Utah Jazz | 110:104 |
3 | 22. April | 3 Uhr | Utah Jazz | Dallas Mavericks | - |
4 | 23. April | 22.30 Uhr | Utah Jazz | Dallas Mavericks | - |
5 | 26. April | TBD | Dallas Mavericks | Utah Jazz | - |
6* | 29. April | TBD | Utah Jazz | Dallas Mavericks | - |
7* | 1. Mai | TBD | Dallas Mavericks | Utah Jazz | - |
*falls nötig