Die Celitcs haben in Spiel 2 der Eastern Conference Semifinals eindrucksvoll zurückgeschlagen. In der ersten Halbzeit entschlüsseln Jaylen Brown und Co. mit einem simplen Trick die Defense der Bucks, Giannis Antetokounmpo wird auf der anderen Seite auf eine einsame Insel eingeladen. Die Erkenntnisse.
1. Wie Boston die Defense des Champions entschlüsselte
Nach der Auftaktpleite gegen die Bucks war die Offense das Gesprächsthema Nummer eins hinter den verschlossenen Celtics-Türen, wie Grant Williams zugab. Verständlich nach gerade einmal zehn Treffern aus dem Zweierbereich und einer Feldwurfquote von 33,3 Prozent. In Spiel 2 legte Boston Wert darauf, die guten Würfe von Spiel 1 - die meistens nicht fallen wollten - in noch bessere Würfe einzutauschen.
"Im ersten Spiel haben wir überstürzt gespielt, teilweise unsere Würfe erzwungen. Den ersten offenen Dreier, den wir gesehen haben, haben wir genommen, auch wenn drei Leute angeflogen kamen", analysierte Williams nach der 109:86-Revanche. "Heute wussten wir: Je mehr wir den Ball bewegen, desto mehr Möglichkeiten würden wir bekommen, wirklich offen zu sein."
Bewegung - dieses Zauberwort bezog sich nicht nur auf den Ball, sondern auch auf die Spieler. Die Celtics-Offense ließ den Wilson in der dominanten ersten Halbzeit von einer Ecke in die nächste flitzen, attackierte aber in fast jeder Possession mit mehreren Drives die Zone, um die Defense auseinanderzuziehen. Nach einem Drive folgte der Kick-Out-Pass, anstatt sofort abzuschließen kam aber der nächste Drive plus Kick-Out-Pass - eben so lange, bis Boston nicht nur einen guten, sondern den richtigen Wurf hatte.
"Von gut zu großartig, das betonen wir schon eine Weile", sagte Jayson Tatum. "Sie sind ein sehr gutes Team, die erste Aktion wird also nicht unbedingt funktionieren, vielleicht nicht einmal die zweite. Du musst immer weiter den Ball bewegen und weiter zum Korb ziehen, bis du den bestmöglichen Wurf bekommst. Das haben wir heute getan."
Zahlentechnisch liest sich das folgendermaßen: In Hälfte eins gingen den 23 erfolgreichen Field Goals 17 Assists voraus. Die am Ende 20 Treffer von Downtown stellten einen Postseason-Franchise-Rekord dar (bei 43 Versuchen, 46,5 Prozent). Als das Ball-Movement nach dem Seitenwechsel stagnierte, stagnierte auch die offensive Produktion.
Ein Paradebeispiel für das anfangs hervorragende Ball-Movement war diese Possession knapp vier Minuten vor dem Ende der ersten Halbzeit. Der Angriff nahm 16 Sekunden von der Uhr, nach sechs Pässen und drei Drives Richtung Zone stand Al Horford schließlich blank in der Restricted Area. "Das war aufregend, während dieser Possession auf dem Court zu stehen", freute sich Williams, der als einziger Kelte in diesem Angriff nicht den Ball berührte, obwohl er in der Ecke frei stand. "Jeder hat dem anderen vertraut, wir hatten Spaß und so hat man auch Erfolg als Team."
2. Celtics vs. Bucks: Die Rückkehr des Jaylen B.
Die deutlich verbesserte Offense führte auch zu einer deutlich verbesserten Wurfverteilung bei den Hausherren. Besser heißt in diesem Fall variabler. Nach 50 Dreiern bei nur drei Mitteldistanzwürfen am Sonntag nahm Boston in Spiel 2 nun 15 Versuche aus der Midrange (immerhin sechs Treffer), 23 Abschlüsse in der Zone und 43 aus der Distanz. Ganz zur Freude von Coach Ime Udoka.
"Wir wissen, dass die Mitteldistanz offen ist", sagte Udoka in Anspielung auf das Defensiv-Konzept der Bucks, möglichst die Zone dichtzumachen. "Man muss es mit den Penetrationen in die Zone und den Drives genau in die Bigs nicht übertreiben oder nur den Dreier nehmen. Wir haben zwei elitäre Schützen aus der Mitteldistanz und wir begrüßen diese Würfe, vor allem, wenn sie in der Drop Coverage sind."
Dabei hilft es natürlich, dass einer dieser elitären Midrange-Schützen sich in Spiel 2 in beeindruckender Manier von seinem schwachen Serienauftakt rehabilitierte. Bei seinem ersten Wurf des Abends, ein Pullup aus dem langen Zweierbereich, hatte Jaylen Brown noch etwas Glück, als der Ball über den Ring tanzte und dann erst reinfiel. Doch im Anschluss war der Korb für den Guard doppelt so groß als normal.
In Spiel 1 sammelte Brown noch mehr Turnover (7) als erfolgreiche Field Goals (4), nun war er auf Wiedergutmachung aus. "Er kam schon fokussiert in die Arena. Du hast an seinem Auftreten schon gemerkt, dass er bereit für dieses Spiel war. Ich habe es in seinen Augen gesehen", sagte Williams.
getty"Wir wussten, dass wir rauskommen und so spielen müssten, als stünde unsere ganze Saison auf dem Spiel. Das haben wir getan", erklärte Brown seine Herangehensweise, die ihn offenbar zu Höchstleistungen motivierte. Der 25-Jährige war phasenweise so heiß, dass er im ersten Viertel lange Zeit mehr Punkte auf dem Scoreboard hatte als das komplette Bucks-Team.
17 Punkte im ersten Abschnitt, fast perfekte 25 Zähler in der ersten Halbzeit (9/10 FG, 5/5 Dreier) und am Ende 30 Punkte standen auf der Habenseite. "Wir hatten eine tolle Serie gegen Brooklyn und dann im ersten Spiel gegen Milwaukee wurden wir ins Gesicht geschlagen. Das hat uns aufgeweckt", so Brown.
Nach dem Seitenwechsel und auch im vierten Viertel konnte Brown allerdings nicht mehr ganz an seine spektakuläre erste Halbzeit anknüpfen. Womöglich machte ihm sein lädierter Oberschenkel zu schaffen, Brown wurde auch früher als die anderen Starter vom Court genommen. Der Oberschenkel könnte gegen Ende von den Spielen "zuziehen", erklärte Udoka diese Vorsichtsmaßnahme nach 38 Minuten Einsatzzeit für Brown. Der wiederum betonte, er sei in Ordnung und werde für Spiel 3 bereit sein.
3. Celtics vs. Bucks: Eine einsame Insel für Giannis
Nach seinem dominanten Auftritt in Spiel 1 war Giannis Antetokounmpo in der ersten Halbzeit von Spiel 2 fast gar kein Faktor. Dessen Ausbeute: 5 Punkte bei 2/12 aus dem Feld! Interessanterweise verzichteten die Celtics weitestgehend auf Double-Teams, sondern ließen Al Horford und Grant Williams den Griechen im Eins-gegen-Eins bearbeiten - mit Erfolg.
Insbesondere Williams, der deutlich früher im ersten Viertel für Robert Williams eingewechselt wurde als noch in der Auftaktpartie, machte gegen den Greek Freak einen starken Job. Der Celtics-Big ließ sich weder im Post durch die Gegend schubsen, noch hatte er Angst vor den kraftvollen Drives des zweifachen MVP, bei denen die Teamkollegen erst spät aushalfen. So hielt Boston Giannis in der ersten Halbzeit bei gerade einmal drei Abschlüssen in der Restricted Area und erzwang mehrere Jumper.
"Ich betrachte es so, als würde ich ihn auf einer Insel verteidigen, wo es nur ihn und mich gibt", sagte Williams. "Man muss seinen Job erledigen. Man muss einfach auf seine Arbeit vertrauen, die man bisher investiert hat, und gegen einen der besten Spieler der Welt sein Bestes geben."
"Sie schicken starke Verteidiger, sind aktiv und physisch - das ist eigentlich alles", analysierte Antetokounmpo die Celtics-Defense. "Es ist härter geworden, die freien Teamkollegen zu finden." Coach Mike Budenholzer meinte: "Er muss einfach schauen und ein Gefühl [für die Defense] entwickeln - passen wir mehr und bekommen mehr Dreier oder muss er gegen die Eins-gegen-Eins-Verteidigung finishen. Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem. Giannis findet immer einen Weg."
Einen vielversprechenden Ansatz zeigte Antetokounmpo im dritten Viertel, als sein Jumper auf einmal fiel und er deutlich besser zum Ring kam. 18 Punkte sammelte er in diesem Durchgang, am Ende stand er bei 28 Zählern - benötigte aber auch 27 Würfe. In Spiel 3am Samstagabend (ab 21.30 Uhr live auf DAZN) wird auch er eine Reaktion zeigen wollen.
4. Celtics vs. Bucks: Kleine Rotation ohne Smart
Die defensive Leistung der Kelten war besonders beeindruckend, da in Person von Marcus Smart der Defensive Player of the Year und damit der Anführer der Verteidigung fehlte. Die Teamkollegen sprangen sehr gut in die Bresche, auch Brown machte mit Highlight-Plays in der Defense mal wieder auf sich aufmerksam.
Interessant war auch, dass Coach Udoka seine Rotation ohne Smart radikal von acht auf sieben Mann kürzte. Die restlichen eingesetzten Spieler kamen nur in der Garbage Time zum Einsatz. Auf Seiten der Bucks gab es in dieser Hinsicht keine Veränderungen, Coach Bud vertraute auf seine gewohnte Acht-Mann-Rotation.
Daniel Theis musste dieses Mal übrigens komplett zuschauen. Zum Auftakt der Serie durfte er immerhin noch vier Minuten ran, nun sah er gar nicht den Court. Viel Werbung konnte der deutsche Big in der kurzen Einsatzzeit ohnehin nicht für sich machen, die Bucks sind einfach nicht sein Matchup. Auch in den kommenden Spielen werden wir Theis wohl relativ wenig sehen.
5. Celtics vs. Bucks: Let's play basketball!
Bei aller Euphorie über den starken Celtics-Auftritt in den ersten 24 Minuten, nach dem Seitenwechsel zog sich die Partie teilweise gewaltig in die Länge. Die Verantwortung dafür trugen zu einem Großteil die Referees, die durch zahlreiche, teils komplett unnötige Reviews den Fluss der Partie durchbrachen.
"Let's play basketball!", forderte deshalb der genervte TNT-Experte Stan van Gundy im vierten Viertel, als die Refs, die teils ohnehin sehr unglücklich und ohne erkennbare Linie agierten, wieder einmal Richtung Monitor spazierten. Doch nicht nur den Fans waren die vielen Reviews ein Dorn im Auge.
"Ich denke, es gab manchmal eine Flaute", sagte Coach Udoka zur schwächeren zweiten Hälfte. "Ich bin mir nicht sicher, ob es an den Reviews lag oder was sonst." Sicher ist aber: Für den neutralen Beobachter waren die vielen Unterbrechungen kein Leckerbissen.
NBA Playoffs: Celtics vs. Bucks - Die Serie im Überblick (1-1)
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 1. Mai | 19 Uhr | Boston Celtics | Milwaukee Bucks | 89:101 |
2 | 4. Mai | 1 Uhr | Boston Celtics | Milwaukee Bucks | 109:86 |
3 | 7. Mai | 21.30 Uhr | Milwaukee Bucks | Boston Celtics | - |
4 | 10. Mai | 1.30 Uhr | Milwaukee Bucks | Boston Celtics | - |
5 | 12. Mai | 1 Uhr | Boston Celtics | Milwaukee Bucks | - |
6* | 14. Mai | TBD | Milwaukee Bucks | Boston Celtics | - |
7* | 16. Mai | TBD | Boston Celtics | Milwaukee Bucks | - |
*falls nötig