Die Dallas Mavericks haben auch das vierte Spiel der Conference Semifinals gewonnen und ihre Serie gegen die Phoenix Suns damit ausgeglichen. Wieder fällt auf, dass die Mavs-Defense Phoenix zu schaffen macht - und dass Luka Doncic durchaus Hilfe hat. Die Erkenntnisse zum Spiel.
1. Die Mavericks-Defense ist real
Nach dem zweiten Sieg in Serie kann man wohl nicht mehr von einem Ausrutscher sprechen: Dallas hat einen Weg gefunden, den Suns ihren Rhythmus zu nehmen. Nachdem diese über neun Playoff-Spiele in Serie immer mindestens 50 Prozent aus dem Feld getroffen hatten, scheiterten sie nun zum zweiten Mal an dieser Marke (46 Prozent) und legten ihre zweitniedrigste Punkteausbeute in dieser Postseason hin (nach Spiel 3).
Phoenix hatte selbst seinen Anteil daran, aber die Mavs verteidigten es auch erneut stark als Team. Es wurde großer Druck auf den ballführenden Spieler ausgeübt, gerade Reggie Bullock hatte wieder einen großen Anteil daran, dass die Suns oft nur langsam in ihre Offense (beziehungsweise über die Mittellinie) kamen.
Vor allem in den Minuten mit Maxi Kleber als einzigem Big setzten es die Mavs zudem sehr konsequent um, dass Phoenix' Stars (über weite Strecken war es nur einer: Devin Booker) geblitzt wurden und sich zumeist dazu gezwungen sahen, den Ball aus der Hand zu geben.
Dadurch oblag es schwächeren Offensivspielern, Entscheidungen zu treffen. Jae Crowder nutzte die Räume teilweise, mit seinen 15 Punkten konnte Dallas jedoch gut leben, und zumeist gelang es den Mavs ohnehin, schnell weiter zu rotieren und so möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Das ganze Team war daran beteiligt, auch Luka Doncic machte in dieser Hinsicht ein überwiegend gutes Spiel.
Booker kam natürlich trotzdem auf 35 Punkte, für den Großteil musste er jedoch hart arbeiten - und auch mit der Wurfverteilung konnten die Mavs wohl gut leben. Phoenix hatte massive Defizite an der Dreierlinie und kam über das gesamte Spiel selten in einen Flow. An ihren besten Tagen gleiten die Suns fast schon über den Court, aber die Mavs haben die Serie zuhause quasi in den Treibsand gezogen.
Zweimal nacheinander haben sich die Suns nun 17 Ballverluste geleistet. In der gesamten Regular Season gab es nur vier Spiele, in denen sie mehr hatten - Turnover sind eigentlich überhaupt nicht ihr Ding. In diesem Spiel schoss sich das eigentlich so clevere beste Team der Saison immer wieder selbst in den Fuß.
2. Luka Doncic hat von Chris Paul gelernt
Wir erwähnten Doncics gute Defense: Sein größter Beitrag waren wohl die Offensivfouls, die er annahm. Das gleiche galt für Jalen Brunson. Die Mavs verkauften jeden Kontakt, sie fielen um, sie hängten Booker drei Offensiv-Fouls an und zwei dem zunehmend verzweifelten Chris Paul.
Das mag kritisch klingen, tatsächlich war das Flopping (auf beiden Seiten) anstrengend mit anzusehen - aber es funktionierte und war insofern (leider) gerechtfertigt. Und es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Paul zum "Opfer" wurde, der im Lauf seiner Karriere vermutlich mehr Calls manipuliert hat als jeder andere aktuelle NBA-Spieler.
"Uns wird das von einem der besten Point Guards aller Zeiten auf der Gegenseite beigebracht. Das ist ziemlich cool", sagte Mavs-Coach Jason Kidd nach dem Spiel über das Ziehen von Fouls zu wichtigen Zeitpunkten, wohlwissend, dass die Leistung der Schiedsrichter auch nach diesem Spiel wieder ein großes Thema sein wird.
Doncic hatte während Spiel 3 selbst mehrfach mit einer Geste Richtung Publikum angedeutet, die Schiedsrichter seien gekauft - in dieser Partie nutzte er sie zu seinem Vorteil. Wie etwa kurz vor dem Ende des zweiten Viertels, als er im Kampf um einen Rebound Kontakt von Paul aufnahm und zu Boden ging wie ... Paul eben.
"Ich habe diesen Flop von dir gelernt", sagte Doncic wohl unmittelbar danach an der Freiwurflinie zu CP3. In diesem Spiel ließ der Slowene den Maestro von der eigenen Medizin kosten. Paul kassierte einige unglückliche Calls, allerdings ging er eben auch unnötiges Risiko ein und verstand es nicht, sein Spiel der pingeligen Linie der Refs anzupassen.
3. Die Suns spielen nicht Suns-y
Noch einmal zur Suns-Offense. Eigentlich ist dieses Team berühmt dafür, methodisch nach Lücken zu suchen und diese auch zu finden. Die Suns entblößen Schwachstellen, sie nutzen Mismatches aus, sie spielen kalkuliert und als Team. All das taten sie in Spiel 4 nicht, jedenfalls nicht durchgängig.
Abgesehen von den Ballverlusten fehlte ihnen oft der konkrete Plan und die Bewegung, die sie sonst so stark machen. Das permanente Mismatch namens Deandre Ayton spielte wieder kaum eine Rolle - eigentlich nicht zu entschuldigen, gerade in Anbetracht der limitierten Paul-Verfügbarkeit.
Dallas ließ in dieser Partie 10 Minuten Dwight Powell spielen, ansonsten agierten die Mavs nur mit Kleber als Big Man, der viel am Flügel aushalf. Es waren kleine Lineups - solche, die Ayton eigentlich bestrafen kann, wie beispielsweise letztes Jahr in der Serie gegen die Clippers gezeigt.
Ayton wurde jedoch wenig gefeatured, es wurden kaum Plays gelaufen, um seine körperliche Dominanz irgendwie zum Vorteil zu machen. Selbst nach dem Switch auf kleinere Gegenspieler bekam er nicht den Bal oder agierte selbst zu zögerlich, wenn er ihn hatte. Er war stattdessen fast ein reiner Mitläufer, der zwar 6 Offensiv-Rebounds holte, den Mavs aber nicht den geringsten Grund gab, von ihren kleinen Lineups wegzugehen.
Ayton ist eigentlich die Art von Big Man, die genau das tun kann - er muss nicht nur ein Resteverwerter sein, er hat Post-Moves, einen sehr guten Hakenwurf, er kann sich Punkte erarbeiten. Dieses Spiel wäre nur eigentlich ein ziemlich guter Zeitpunkt gewesen, das zu zeigen.
4. Es gibt keine Coverage für Luka Doncic
Apropos Ayton. Der Big Man eröffnete im ersten Viertel in einer Drop Defense gegen Doncic, eine komische Idee. Gegen diese Defense traf Doncic nicht nur seinen einzigen Dreier (bei zehn Versuchen!) in diesem Spiel, weil er so offen war, er konnte bisweilen auch zu Jumpern auf Höhe der Freiwurflinie flanieren. Ayton sollte den Korb beschützen, es funktionierte nicht.
Im zweiten Viertel wurde geswitcht, eine bessere Idee. Dallas musste dagegen mehr arbeiten, tat dies allerdings auch mit bisweilen wunderbarem Ball-Movement wie in dieser Possession. Es hilft natürlich, wenn man fast all seine Dreier trifft, wie es Dallas in Halbzeit eins schaffte.
Zwischenzeitlich packten die Suns danach auch Zonenverteidigung aus, der Punkt war am Ende jedoch: Eine wirklich große Rolle spielte es nicht. Gefühlt war Doncic jedes Mal in der Lage, sich das richtige Matchup herauszusuchen. Speziell Cam Johnson und Cam Payne wurden von ihm wieder und wieder attackiert und ausgebeutet.
Seine Statline reflektiert das nicht - 9/25 ist keine tolle Quote. Die 8/15 aus dem Zweipunktbereich sind schon eher stark und repräsentativ. Doncic tat den Suns einen Gefallen, wenn er Dreier nahm. Sobald er sich näher Richtung Korb bewegte, hatten die Suns zumeist keine Antwort. Er kann gegen jeden Suns-Spieler scoren oder eben abspielen, wenn sich alles auf ihn konzentriert.
Speziell im Post gibt es keinen Suns-Spieler, der Doncics Kombination aus Kraft, Größe, Spielwitz und Fußarbeit wirklich etwas entgegensetzen kann. Das lässt sich noch kompensieren, wenn es NUR Doncic ist, der für Punkte sorgt - das war nun aber eben nicht der Fall.
5. Der wahre Held von Spiel 4
Es ist kein Zufall, dass die Mavs beide Spiele in dieser Serie gewonnen haben, in denen Doncic unter 30 Punkten blieb. Hilfe haben ist gut und die Mavs sind weitaus schwerer zu verteidigen, wenn nicht nur ein Spieler die ganze Zeit alles machen muss, sondern mehrere Spieler ihren offensiven Beitrag leisten.
Brunson (18 Punkte) war wie schon in Spiel 3 aggressiv unterwegs. Dinwiddie traf nur drei seiner zehn Würfe, war aber immerhin nicht so passiv wie zuletzt teilweise (10). Kleber zeigte wieder ein bärenstarkes Spiel (11), selbst Davis Bertans hatte in der ersten Halbzeit einen Run und traf vier Dreier in gefühlt vier Sekunden (12).
Den Game-Ball verdiente sich aber ohne Zweifel Dorian Finney-Smith, der mit seinen langen Armen nicht nur elementar wichtig für die starke Defense war, sondern auch vorne überragend agierte. Finney-Smith versenkte acht Dreier und holte 5 Offensiv-Rebounds - wieder und wieder verlängerte er Possessions oder beendete sie erfolgreich.
Mit solchen Leistungen lässt Finney-Smith seine vorzeitige Vertragsverlängerung (vier Jahre, 55 Mio. Dollar) wie ein Schnäppchen aussehen. Er ist zu einer echten 3-and-D-Waffe gereift und generell sicherlich einer der meistverbesserten NBA-Spieler der letzten Jahre.
"Als ich fünf Dreier hatte, sagte Luka mir: 'Du kriegst noch ein paar mehr'", sagte Finney-Smith, der nur einen Dreier weniger traf als Jason Terry bei dessen Franchise-Rekord in den Playoffs. "Wenn LD dir sagt, dass du mehr Dreier bekommst, dann weißt du auch, dass das stimmen wird."
In diesem Fall richtig. Wenn der Dreier so fällt wie in diesem Spiel (20/44 - 19/34 bei den Nicht-Luka-Versuchen!), dann hat Doncic den Platz, den er braucht. Und dann sind die Mavs doch näher an den Suns, als es bis vor wenigen Tagen noch möglich erschien. Es ist nun tatsächlich eine richtige Serie.