NBA - 5 Fragen zu den Golden State Warriors: Können die Dubs schon mit der nächsten Championship planen?

Gianluca Fraccalvieri
18. Juni 202210:25
SPOXgetty
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Die Golden State Warriors haben die Boston Celtics in den NBA Finals in sechs Spielen besiegt und sich zum vierten Mal in den vergangenen acht Jahren zum Champion gekrönt. Doch wie geht es mit dem Team weiter - ist die nächste Championship schon so gut wie sicher?

Wie haben die Warriors sich bis zum Titel gekämpft?

Wer hätte es gedacht? Vier Jahre nach ihrer letzten Meisterschaft haben es die Warriors tatsächlich wieder geschafft, ihren alten Kern zu reaktivieren und sich die begehrte Larry O'Brien Trophy zu schnappen.

Man neigt bei all der Euphorie um das Team zu vergessen, was für ein Wunder das eigentlich ist. Nach der Niederlage gegen die Raptors 2019, dem Abgang von Kevin Durant und der schlimmen Verletzung von Klay Thompson wurde das Team 2019/20 mit lediglich 15 Siegen klar Letzter im Westen. Als "Belohnung" dafür sprang zwar Nr.2-Pick James Wiseman heraus, in der abgelaufenen Saison spielte er aber verletzungsbedingt keine Sekunde.

Der Erfolg der Warriors-Saison basiert auf ihrer kontinuierlichen Arbeit in den vergangenen acht Jahren unter Head Coach Steve Kerr. Ein Team, das als "Strength-in-Numbers"-Dynastie startete, kurzzeitig mit einem unfassbaren KD erweitert wurde, für zwei Jahre von der Bildfläche verschwand und nun wieder die NBA-Krone holt, ohne dass ihnen das wirklich viele zugetraut haben.

In Vegas wurde Mutigen vor der Saison lediglich die vierthöchste Quote auf den nächsten Warriors-Titel garantiert. Teams wie den Nets, Lakers und Bucks wurden deutlich höhere Chancen zugerechnet. Im Nachhinein muss man sagen, dass GSW gnadenlos unterschätzt wurde. Klar, wie Klay Thompson performen würde, war nicht abzusehen, aber allein an ihm hat es ehrlicherweise auch nicht gelegen, dass die Warriors das nächste Banner unter die Hallendecke hissen können.

Die Grundlage für den Erfolg wurde unabhängig von Klays Leistung gelegt, die mitunter sehr schwankend war. Ein zum Saisonstart überragender Stephen Curry, der Trade für Andrew Wiggins und die Explosion von Jordan Poole sind hier als personelle Beispiele zu nennen, aber dazu gleich mehr auf Seite 2.

Der Warriors-Erfolg liegt in der Struktur der Organisation

Der Grundstein liegt vielmehr in der Struktur der Organisation. Curry ist der wohl selbstloseste Superstar der Liga und lebt mit seiner Mentalität die Marschroute des Teams vor. Er wird nicht müde, um unzählige Screens zu rennen, Gegner mit seiner Präsenz anzuziehen und seit neuestem auch in der Defensive zu hustlen.

Die Warriors sind einfach eine Einheit - und zwar eine ziemliche abgezockte. Mit mittlerweile vier Titeln und der Erfahrung von 2016 im Nacken kann die Big Three um Curry, Thompson und Draymond Green mittlerweile nichts mehr schocken. Celtics-Coach Ime Udoka brachte es gut auf den Punkt, als er sagte, die Warriors würden sich einfach nicht selbst schlagen.

Sie sind nicht scheu, selbst in den Finals verschiedene Lineups auszuprobieren, haben mit dem Trio Kerr, Kenny Atkinson und Mike Brown das vielleicht beste Coaching-Trio der Liga (beziehungsweise hatten, Atkinson und Brown wandern als Head Coaches nach Charlotte und Sacramento ab) und schaffen es, auch ihre Bankspieler bei Laune zu halten.

Man erinnere sich mal an einige Spiele Mitte der Saison zurück, als Andre Iguodala Pässe vom anderen Stern spielte, Gary Payton II einen Block nach dem anderen auspackte und Juan Toscano-Anderson Poster am Fließband verteilte. In diesem Spielen hatte man den Eindruck, dass niemand etwas gegen diesen Spielwitz und diese Eingespieltheit des Teams ausrichten könne. Nun ja, es hat sich schließlich auch bewahrheitet.

NBA Finals - Warriors vs. Celtics: Die Serie im Überblick (4-2)

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
13. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston Celtics108:120
26. Juni2 UhrGolden State WarriorsBoston Celtics107:88
39. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State Warriors116:100
411. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State Warriors97:107
514. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston Celtics104:94
617. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State Warriors90:103

Wer war der X-Faktor für die Warriors in den Playoffs?

Diese Frage ist so einfach gar nicht zu beantworten, also dröseln wir das alles am besten mal ein bisschen auf. Curry lassen wir jetzt hier bewusst raus, dass er unfassbare Playoffs und vor allem Finals gespielt hat, sollte mittlerweile allen klar sein.

In der ersten Runde bekamen es die Warriors mit den Denver Nuggets zu tun. Nikola Jokic war zwar in der Form seines Lebens, er bekam aber ungefähr so viel Unterstützung wie LeBron 2007.

Der Sieg war für Golden State also nur Formsache, allerdings war Curry zunächst angeschlagen und kam nur von der Bank, weshalb Jordan Poole an seiner Stelle den Platz in der Starting Five bekam. Und der 22-Jährige zeigte mal eben, warum er von vielen als Mini-Curry, respektive künftiges Gesicht der Franchise gesehen wird.

Bei seinem Playoff-Debüt legte er mal eben 30 Punkte auf, in seinem zweiten Spiel 29 und in seinem dritten 27. Mindestens 25 Punkten in den ersten drei Playoff-Spielen gelangen zuvor nur 16 Spielern ever! Und im Warriors-Trikot nur dem großen Wilt Chamberlain.

Auch in den weiteren Runden von der Bank stellte er seinen Wert unter Beweis (u.a. 31, 27 & 20 gegen Memphis). In den Finals traf er dann gefühlt jeden Buzzerbeater und lieferte starke Minuten in der Crunchtime des wichtigen Spiel-4-Comebacks. Ansonsten war er allerdings das ausgemachte Ziel der Celtics-Offensive, die seine Defensivschwäche gnadenlos offenbarten, weshalb auch seine Minuten stark zurückgingen. Am Beispiel von Curry sieht man aber gut, dass sich die Defense im Laufe der Zeit stark verbessern kann.

Kevon Looney ist ein wichtiger Teil der Warriors.getty

Golden State Warriors: Looney ist immer noch unterschätzt

Ein weiterer Spieler, der hier zu nennen ist, ist Kevon Looney. Der Big Man ist mittlerweile auch schon seit sieben Saisons Teil der Dubs und hat sich zu einem immer wichtigeren Puzzlestück entwickelt. Dabei wird sein wirklicher Wert immer noch nicht erkannt.

Hier mal ein paar Zahlen. 7,6 Rebounds hat er sich pro Spiel in den Playoffs geschnappt und in seinen Minuten auf dem Feld 21,62 Prozent aller verfügbaren Rebounds eingesammelt. Um das einzuordnen: Mit dieser Quote liegt er auf Rang 44 All-Time was eine einzelne Postseason angeht.

Er ist ein absolutes Biest an den Brettern und hat seinen Mitspielern am offensiven Brett so viele Extra-Possessions erkämpft. In Runde 2 gegen Memphis schnappte er sich in Spiel 6 sage und schreibe 11 Offensiv-Rebounds. Dazu hat er auch noch ein gutes Auge und Gespür dafür, wo er die freien Schützen findet. Gleichzeitig machte er auch Robert Williams III die gesamte Finals-Serie über das Leben schwer.

Auf der anderen Seite ist er mit einer Spannweite von 2,22 Metern ein guter Rim Protector und kann auch kleinere Spieler im Switch vor sich halten. Looneys Rückkehr in die Starting Five in der Memphis-Serie hat sich als sinnvoller Move erwiesen.

Ein paar Worte müssen wir auch noch über Andrew Wiggins verlieren. Der Ex-Nr.1-Pick scheint endlich seine sportliche Heimat gefunden zu haben und war der zweitbeste Spieler der Finals-Serie. Er hat Jayson Tatum in der Defensive das Leben oft zur Hölle gemacht und schnappte sich viele wichtige Rebounds (8,8 im Schnitt). Dazu waren seine 18,3 Punkte pro Spiel auch nicht ganz so übel.

Können die Warriors das historisch teure Team halten?

In dieser Saison zahlten die Warriors Luxussteuern in Höhe von 170 Millionen Dollar, was den bisherigen Rekord mal eben um entspannte 73 Mio. überboten hat. Dabei war Poole mit den rund 2 Mio. seines Rookie-Vertrags noch einer der günstigsten Spieler im Kader.

Das wird sich aber im Sommer voraussichtlich ändern, wenn er einen neuen dicken Vertrag unterschreiben sollte. Zwar ist der 22-Jährige noch bis 2023 ans Team gebunden, nach seinen starken Leistungen wird er aber eine vorzeitige Verlängerung verlangen. Laut Keith Smith, dem Salary-Cap-Experten von Spotrac, dürften 100 Mio. über vier Jahre realistisch sein. Das könnte zur Folge haben, dass die Warriors 2023/24 - inklusive Luxussteuern - 500 Mio. für ihren Kader zahlen werden. Derzeit sind es "nur" 346 Mio. Dollar.

Das Glück der Warriors ist jedoch, dass ihr Besitzer Joe Lacob alles andere als knauserig ist. Auch General Manager Bob Myers sieht darin kein Problem. "Nein", war seine kurze, aber klare Antwort auf die Frage von Yahoo Sports, ob die Finanzen in der Zukunft ein Problem sein werden.

"Wir wollen einfach gewinnen. Wir haben viel für unsere Spieler bezahlt und sie alle behalten. Ich weiß nicht, warum sich das ändern sollten", so Myers weiter.

Warriors-Zukunft: Was passiert mit Wiggins?

Aber neben Poole gibt es eben auch noch Wiggins, der 2023 Free Agent wird und sich mit seiner All-Star-Nominierung und seinem Auftritt in den Playoffs in Position für einen dicken Vertrag gebracht hat. Natürlich könnten die Warriors ihn auch halten, aber wie viel Geld ist Lacob wirklich bereit zu zahlen?

Laut Adrian Wojnarowski (ESPN) wollen die Warriors sich mit Wiggins in der Offseason zusammensetzen und über einen neuen Vertrag verhandeln, um ihn langfristig zu halten. Konkret soll es Gespräche um eine Verlängerung um drei bis vier Jahre geben.

Einen kleinen Lichtblick für die Warriors-Zahlen gibt es jedoch. Die NBA ist derzeit dabei, einen neuen TV-Deal auszuhandeln, der einen großen Anstieg im Salary Cap zur Folge haben könnte. Wie Morten Jensen von Forbes berichtet, könnte der Salary Cap ab der Saison 2025/26 auf 171 Mio. ansteigen, weshalb alle zuvor verhandelten Verträge natürlich praktisch wären.

"Der Cap-Anstieg wird 200-Millionen-Verträge normalisieren und die Elite-Spieler werden 300-Millionen-Verträge unterschreiben", erklärte Jensen.

Sind die Warriors in der Saison 2022/23 Favorit auf den Titel?

Glaubt man den Wettanbietern in Vegas, ist die Antwort mit Ja zu beantworten und auch in der Praxis - sollten alle fit sein - werden die Dubs auf jeden Fall zum Kreis der heißesten Anwärter zählen. Aber man muss auch sagen, dass die Stars nicht jünger werden. Curry (34 Jahre) spielt zwar den besten Basketball seines Lebens, Green und Thompson hat man ihr Alter (beide 32) allerdings hin und wieder angemerkt.

Auf der anderen Seite wird Poole nur noch besser werden und auch Looney und Wiggins haben ihre Prime eher noch vor sich. Zugleich darf man gespannt sein, ob die Youngster um Moses Moody, Jonathan Kuminga und James Wiseman den nächsten Schritt machen können.

Gelingt das, werden die Warriors auch im kommenden Jahr eine gute Rolle in der Western Conference spielen. Allerdings wird die Konkurrenz tendenziell eher besser werden.

NBA: Die Konkurrenz wird im kommenden Jahr größer

Die Clippers und Nuggets werden deutlich fitter in die kommende Spielzeit gehen und dürfen sich über Comebacks ihrer Superstars freuen. Dallas hat angedeutet, dass es alles daran setzen will, Unterstützung für Luka Doncic an Land zu ziehen. Vielleicht werden die Suns ihre Regular-Season-PS auf die Playoff-Straße bekommen, dazu darf man Memphis nicht vergessen, das brutales Potenzial hat. Und auch die Lakers werden wohl nicht noch mal so eine Gurken-Saison sehen, auch wenn sich das Westbrook-Problem nicht in Luft auflösen wird.

Auch der Osten wird im Kampf um die NBA-Krone ein Wörtchen mitreden wollen. Dieser ist zwar in der Breite nicht so stark, in der Spitze aber umso gefährlicher und unberechenbarer.

Die Celtics waren schließlich nicht weit entfernt von der 3-1-Führung in den Finals, die Nets werden versuchen, eine neue Big Three um KD, Kyrie und Simmons zu formen, Giannis wird Khris Middleton zurückbekommen, die Heat haben Jimmy Buckets und Harden und Embiid wollen endlich zeigen, dass sie in den Playoffs performen können. Ein Spaziergang zum Titel hört sich wahrlich anders an.

Haben die Warriors auch in der Post-Curry-Ära Titelchancen?

Wagen wir noch einen Blick in die Zukunft. Curry ist jetzt 34 Jahre alt und hat vielleicht noch zwei, wenn's gut läuft sogar drei Jahre als Superstar auf dem Kasten. Dass mit seinen Skills danach immer noch ein paar Spielzeiten als unfassbarer Schütze dazu kommen könnten, lassen wir jetzt mal außen vor.

Wenn Curry nicht mehr die Nummer eins ist, werden wohl auch Green und Thompson kein Teil der Starting Five eines kommenden Champions mehr sein, ihre zunehmenden Makel - man darf nicht vergessen: Klay hat einen Kreuzband- und einen Achillessehnenriss hinter sich - haben wir vorhin schon angesprochen. Mit Poole, Kuminga und Moodey steht jedoch schon die nächste Generation bereit, die nahtlos von den alternden Stars übernehmen will.

Dabei könnte die Situation für sie nicht besser sein. Kuminga (70 Spiele, 16,9 Minuten) und Moody (52 Spiele, 11,7 Minuten) können in aller Ruhe von einigen der besten Spieler der vergangenen Jahre lernen und sich so auf ihren großen Moment vorbereiten.

Mit 19 bzw. 20 Jahren sind die beiden noch blutjung, haben ihr enormes Potenzial aber schon angedeutet. Gleichzeitig gibt es mit Wiseman auch noch den potenziellen Big der Zukunft, Verletzungssorgen haben dem 21-Jährigen bisher den Start in seine NBA-Karriere aber ordentlich vermiest.

Dazu ist Looney auch erst 26 Jahre alt und Wiggins 27, zumal besitzen die Warriors - mit Ausnahme von 2024 - all ihre eigenen Erstrundenpicks.

Es riecht wirklich danach, als könnte sie ihr Meisterschaftsfenster nahtlos offenhalten.