Die Golden State Warriors haben die Serie mit den Boston Celtics ausgeglichen. Die Defense zieht an, aber ein einfacher Schachzug in der Offensive ist der Dosenöffner für die Warriors und Superstar Stephen Curry. Die Celtics haben in einem Bereich große Defizite.
1. Mehr High Pick'n'Roll für Steph Curry
Die Warriors werden gerne für ihr schönes Spiel gelobt und das ist durchaus berechtigt. Manchmal jedoch übertreiben sie es und sterben in Schönheit. Weniger ist manchmal mehr, das zeigte sich bislang recht deutlich in dieser Serie. Mit Stephen Curry haben die Warriors einen Ballhandler und Schützen, der prädestiniert für hohe Pick'n'Rolls ist, besonders häufig nutzen die Warriors dies aber nicht.
Nur jeder vierte Spielzug über Curry in der Regular Season war ein PnR, in der Postseason waren es bisher ein paar Prozentpunkte mehr, aber noch immer meilenweit von den Ligaführenden wie Chris Paul oder Luka Doncic entfernt. Selbst in Spiel 2 dauerte es wieder bis zur zweiten Halbzeit, ehe Golden State die Dinge simpler gestaltete und Curry einfach machen ließ.
Selbst TV-Experte Mark Jackson, nur bedingt für seine präzisen Analysen während des Spiels bekannt, zeigte sich verwundert, als Golden State zu Beginn des dritten Viertels nicht einfach ein hohes Pick'n'Roll lief, als Celtics-Center Robert Williams nach einer Kollision wenige Sekunden zuvor kaum noch laufen konnte.
Erst als die Celtics Mitte des Abschnitts wieder auf 62:68 aus ihrer Sicht verkürzten, machte Golden State ernst. Dreimal in Serie bekam der Spielmacher der Warriors einen hohen Pick gesetzt, dreimal kollabierte die Defense. Zunächst wurde Otto Porter Jr. in der Ecke freigespielt, die anderen beiden Male drückte Curry selbst erfolgreich ab.
Boston verteidigte mal wieder in Drop Coverage und war immer zu spät, dies setzte sich auch mit Jordan Poole fort, der nach sechs schwachen Vierteln endlich Einfluss nahm und diesmal seinem Ruf als Mini-Curry gerecht wurde. Auch er war kurz darauf aus dem High-PnR erfolgreich. Erst bediente er Kevon Looney nach einem Drive, dann drückte er Daniel Theis einen tiefen Dreier ins Gesicht, als dieser Poole etwas zu viel Platz gelassen hatte.
Der Wurf von der Mittellinie zum Abschluss des Viertels war dann die Krönung des 19:2-Laufs der Warriors über die letzten 4:17 Minuten, welcher das Spiel vorzeitig entschied.
2. Die Celtics-Schützen sind nicht mehr offen
Die Rollenspieler wie Derrick White, Al Horford oder Marcus Smart waren es in Spiel 1 noch, die Golden State das Leben so schwer machten. 15 Dreier verwandelten sie, die meisten davon sehr offen, weil die Warriors zu viel rotierten und aushalfen. Als Beispiel hatten wir in der Vorschau auf Spiel 2 Draymond Green herausgepickt, der Horford immer wieder frei stehen ließ.
Wie vermutet wechselten die Dubs ihre Matchups aber ein bisschen durch und Green verbrachte viel Zeit im Matchup gegen Jaylen Brown, der nach einem starken Start (13 Punkte im ersten Viertel) nicht mehr zur Geltung kam und nur noch 4 Zähler mehr verbuchte (1/11 FG). Noch wichtiger aus Warriors-Sicht: Die Rollenspieler bekamen kaum offene Würfe.
Jayson Tatum und Brown nahmen in den ersten 36 Minuten 18 der 27 Versuche von Downtown, das oben angesprochene Trio kam nur auf eine Ausbeute von 2/7, wobei Horford keinen einzigen Versuch nahm. Die Warriors schafften es zudem, die Zone abzuriegeln. Nur 14 Zähler (7/24 FG) in 36 Minuten in diesem Bereich für Boston sind eine unfassbar schwache Ausbeute.
Golden State verteidigte im Eins-gegen-Eins besser, schickte selten unnötige Hilfe und setzte das um, was eigentlich auch der Game Plan von Beginn an gegen die Celtics sein sollte. Tatum und Brown können wunderbare Scorer sein, verstricken sich aber gerne einmal in Isolations und erfolglosen Drives.
Zugegeben, die Warriors profitierten auch das eine oder andere Mal von der sehr langen Leine der Referees, doch dass die Celtics in den ersten beiden Spielen überhaupt erst 14 Würfe in direkter Ringnähe verbuchen konnten, spricht erneut für die Dubs (und für die eigenwillige Erhebung der Stats im Chase Center).
Dazu lohnt auch ein Blick darauf, was die Warriors für Dreier abgaben. 37 Distanzwürfe für Boston sind zwar nur vier weniger als in Spiel 1, doch die Qualität der Versuche war deutlich geringer. Zum Auftakt nahmen die Celtics 36 Würfe aus dem Catch-and-Shoot von Downtown, in Spiel 2 waren es in den ersten drei Vierteln gerade einmal 15, wovon sie 6 trafen. Dass Bostons Quote dennoch gut war, lag vor allem an Tatums erfolgreichen Pullup-Versuchen, damit werden die Dubs im Laufe der Serie aber sicherlich leben können.
NBA.com/statsNBA Finals - Warriors vs. Celtics: Die Serie im Überblick (1-1)
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 3. Juni | 3 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | 108:120 |
2 | 6. Juni | 2 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | 107:88 |
3 | 9. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
4 | 11. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
5 | 14. Juni | 3 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | - |
6* | 17. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
7* | 20. Juni | 2 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | - |
*falls nötig
3. Frische Beine für die Warriors
Klammert man die Garbage Time aus, hielten die Warriors Boston laut Cleaning the Glass bei einem Offensiv-Rating von 88,8. Dabei half auch, dass Coach Steve Kerr wegen des Ausfalls von Andre Iguodala frische Beine in die Rotation brachte. Vor allem Gary Payton II hatte mit seinen 25 Minuten von der Bank kommend einen großen Anteil daran.
Der Guard verleiht Golden State deutlich mehr Athletik, passt hervorragend in das Switching-System der Dubs und erlaubt es den Warriors auch, über einen längeren Zeitraum klein zu spielen. Es ist fast schon schade, dass dieses Spiel keine Crunchtime hatte, denn es wäre interessant zu sehen gewesen, ob Kerr im Zweifel nicht den schwachen Klay Thompson für Payton auf die Bank gesetzt hätte.
Denn auch im Angriff war GP2 wertvoller als der zweite Splash Brother, da er als Blocksteller für Curry wertvoll war und als dynamischer Roll Man ebenfalls eine Gefahr darstellt. Nach seiner Ellenbogen-Fraktur wird der Guard zwar weiter kaum werfen (auch wenn sein einziger Dreier sogar fiel), doch mit seiner Defense gegen die Stars der Celtics kann Payton tatsächlich noch ein echter Faktor in der Serie werden.
Loben müssen wir an dieser Stelle auch noch Nemanja Bjelica, der ebenfalls seinen Mann stand. Gefühlt war er in Halbzeit eins auch der einzige Warrior, der einen Korbleger treffen konnte, nachdem sich Andrew Wiggins, Thompson und Poole beinahe überboten, wer denn nun die einfacheren Versuche daneben setzen könne.
Der Serbe hält zudem den Ball in den Minuten ohne Curry am Laufen, ist smart und auch in der Lage defensiv zu überleben, weil Boston in den Minuten ohne Brown ein dynamischer Guard fehlt, der die Defizite in puncto Mobilität bei Bjelica bestrafen kann.
4. Robert Williams ist so kaum eine Hilfe
Mobilität ist auch bei Robert Williams das Stichwort. In der ersten Halbzeit hatte der Time Lord zwar hier und da ein gutes Play dabei, doch es ist schon auffällig, wie oft der Center zu spät rotiert und wie die Warriors so offene Würfe bekommen. Nach seiner Meniskus-OP vor den Playoffs ist Williams einfach nicht der Alte und war auch vor Spiel 2 mit Knieproblemen erneut fraglich.
Vor allem die Lineups mit Horford funktionieren so nicht, in nun 27 Minuten zusammen auf dem Feld beträgt das Net-Rating der beiden -28. Steht der Time Lord dagegen als einziger Big auf dem Court, scoren die Celtics 21 Punkte mehr pro 100 Possessions als die Warriors. All das sind zwar kleine Stichproben, es bestätigt aber nur das, was man während der Partie sieht.
Small Ball war in Spiel 1 der Garant für Boston und wird auch weiter das Rezept bleiben, wenn Horford und Williams in der Zone kaum den Ball sehen. Nach seinen sechs verwandelten Dreiern nahm Big Al in Halbzeit eins nicht einen einzigen Wurf, am Ende des Spiels waren es 4.
Bei den Warriors fehlt gleichzeitig auch das passende Matchup für Williams, der meist beim schwächsten Shooter des Gegners platziert wurde, um dann als Ausputzer fleißig aufzuräumen. Green ist dafür aber keine Option, da er quasi an jedem Play teilnimmt und Williams so ständig aus der Zone zieht. Die Celtics versuchten es in den ersten Spielen damit, Williams bei Wiggins zu parken.
Das ging zwar einigermaßen gut, weil der Kanadier jede Menge Korbleger liegen ließ, aber der frühere Top-Pick hat einen so guten Wurf, dass man ihn eigentlich nicht alleine stehen lassen sollte. Es sollte also niemanden überraschen, wenn wir in Spiel 3 noch mehr Derrick White zu sehen bekommen werden, da auch Grant Williams und Daniel Theis ihre Sache eher schlecht als recht machen.
5. Turnover sind gegen diese Dubs ein Killer
Das alles ist aber auch vergebene Liebesmüh, wenn die Celtics den Ball so durch die Gegend schmeißen wie in der vergangenen Nacht. 16 Turnover in drei Vierteln sind schlichtweg zu viel gegen ein Team, welches so tödlich in Transition ist wie kaum ein anderes.
Drei Viertel davon waren auch noch "Live Ball Turnover", den Warriors gelang in diesem Fall also ein Steal. Daraus generierten die Dubs 29 Punkte. Zum Vergleich: Boston hatte nach 36 Minuten nur 8 Turnover erzwungen und 8 Zähler erzielt. Diese Differenz von 21 Punkten erzählt quasi die Geschichte des Spiels. Übrigens: 15 Steals gelangen in den Finals letztmals den Cleveland Cavaliers im Jahr 2017 - Golden State gewann trotzdem.
Viele dieser Celtics-Turnover waren auch enorm unnötig. Marcus Smart (5 TO) spielte alleine im ersten Viertel drei Bodenpässe, die keinerlei Chance hatten, ihren Absender zu finden, später beging Tatum unter dem Druck der Warriors-Defense mehrere grobe Schnitzer.
Auch hier muss Curry noch einmal erwähnt werden. Coach Kerr betonte in seiner PK, wie gut der 34-Jährige inzwischen in der Defense auftritt. In Spiel 2 gelangen Curry 7 Deflections (Game High) und 3 Steals. Zweimal klaute er dabei den Ball und ließ umgehend einen erfolgreichen Dreier folgen.
Das sind absolute Killer für Boston, da es nicht nur einfache Punkte für den Guard sind, sondern diesem auch Rhythmus verschaffen.