Zum erst zweiten Mal verloren die Golden State Warriors ein Auftaktspiel der Finals unter Coach Steve Kerr. Der Druck wächst auf das Team aus der Bay Area. Was müssen die Dubs in Spiel 2 gegen die Boston Celtics besser machen?
1. Warriors: Die Green-Problematik in der Defense
Es war zweifelsohne die Statistik des Tages: 21/41 - das war die Ausbeute der Celtics von Downtown. Im vierten Viertel netzten die Gäste gleich sieben Triples am Stück, letztlich waren es 9 (bei zwölf Versuchen), die den Löwenanteil des imposanten 40:16-Schlussviertels darstellten.
Besorgt schienen die Warriors deswegen nicht und Draymond Green begründete dies auch in der anschließenden PK: "Marcus Smart, Al Horford und Derrick White haben davon 15 getroffen. Das sind gute Schützen, aber sie haben 15/23 getroffen. Ich glaube, dass es uns gut geht."
Man möchte Green hier zustimmen, zumindest bei White und Smart, welche in den Playoffs nicht einmal ein Drittel ihrer Versuche getroffen haben. Bei Horford verhält sich das anders, er steht in dieser Postseason bei satten 46,3 Prozent (4,6 Versuche), auch wenn gleich sechs Treffer in seiner 15. NBA-Saison ein neuer Playoff-Rekord für Big Al waren.
Und doch war gerade die Statline von Horford nicht wirklich überraschend. In sieben von 18 Playoff-Spielen netzte der Big Man zumindest drei Dreier, viermal waren es mindestens vier. Horford ist ein guter Schütze und profitierte auch davon, dass Green sein Gegenspieler war. Das mag komisch klingen, schließlich war der Warriors-Forward wohl der beste Verteidiger der Saison, doch manchmal ist er selbst sein größter Gegner.
Green ist einer der besten Help Defender der NBA, doch wenn er gegen einen Stretch Big spielt, kann es Probleme geben. Es bleibt Greens Instinkt, so schnell es geht zu helfen und dann darauf zu vertrauen, dass seine Mitspieler entsprechend rotieren. Teilweise hilft Green aber auch zu viel, wie in diesem Beispiel, als er Horford viel zu früh stehen lässt und dieser dann locker aus der Ecke treffen konnte, als der Kick-Out kam. Es war nicht das erste Mal, hier eine weitere Szene, in der Green Horford viel zu viel Platz erlaubt.
NBA.com/statsManchmal eine Frage der Mathematik
So kam Horford schnell in seinen Rhythmus, was einen Edelschützen wie Klay Thompson nicht verwunderte. "Wenn du offene Dreier bekommst, fühlt sich alles andere einfach an", erklärte einer der besten Schützen aller Zeiten. "Wenn du dann ein paar triffst, spielt es später keine Rolle, wenn du eine Hand im Gesicht hast. Du bist im Rhythmus und es fühlt sich einfacher an."
So ging es sicherlich neben Horford auch White und Smart. 38 der 41 Versuche waren laut NBA.com/stats "offen" oder sogar "weit offen" (15 bzw. 23), die "weit offenen" trafen die Celtics mit einer Quote von 56,5 Prozent (13/23). Bei einer solchen Erfolgsquote ist es fast schon sinnvoller, einfach einen Korbleger abzugeben. Das entspräche aber nicht der Spielweise der Warriors.
"Sie haben Spieler, die attackieren können und für Rotation in der Defense sorgen", weiß Green. "Wir müssen uns überlegen, wie wir anders und besser rotieren können." Eine andere Möglichkeit wäre es, Green stattdessen gegen Jaylen Brown zu stellen, allerdings ist auch er ein guter Schütze.
So oder so: Die Warriors müssen Drives besser verhindern, um seltener zu kollabieren. Hier sind vor allem Klay Thompson und Jordan Poole gefragt, die von den Celtics immer wieder erfolgreich attackiert wurden. Selbst Stephen Cury wirkte manchmal frustriert, wie leicht zum Beispiel Poole im Eins-gegen-Eins geschlagen werden konnte.
Warriors vs. Celtics: Die Finals im Überblick
Spiel | Datum | Uhrzeit | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | 3. Juni | 3 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | 108:120 |
2 | 6. Juni | 2 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | - |
3 | 9. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
4 | 11. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
5* | 14. Juni | 3 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | - |
6* | 17. Juni | 3 Uhr | Boston Celtics | Golden State Warriors | - |
7* | 20. Juni | 2 Uhr | Golden State Warriors | Boston Celtics | - |
*falls nötig
2. Warriors: (Noch) mehr Curry
Wenn die Celtics verlieren, dann meist, weil Superstars sie schlagen. Bei vier der bisher sechs Pleiten der Celtics erzielten Jimmy Butler oder Giannis Antetokounmpo zumindest 40 Punkte, um Boston eine Niederlage zuzufügen. Curry schien in Spiel 1 mit 21 Zählern im ersten Viertel Kurs auf diese Marke zu nehmen, traf in den folgenden 36 Minuten aber nur noch fünf seiner 16 Würfe.
Auch im vierten Viertel fand der 34-Jährige keinen Rhythmus mehr (nur 2/6 FG) und ging mit dem Team unter. Am Ende stand der Guard 38 Minuten auf dem Feld, womöglich zu wenig. In den Runden zuvor konnten sich die Warriors den Luxus leisten, dass er bisher nur einmal die 40-Minuten-Marke knackte (Spiel 6 gegen Memphis). Gegen die Celtics werden die Warriors aber mehr Curry brauchen.
Seine schiere Präsenz ist so wichtig für das Spiel der Dubs, erst recht, wenn Jordan Poole (9 Punkte, 2/7 FG, 4 TO in 25 Minuten) nicht so einflussreich ist wie in den Wochen davor. Bostons Defense war schlichtweg zu gut, um gleich zehn Minuten ohne Curry zu überleben (Net-Rating: -16,7). Darüber hinaus sollte erwähnt werden, dass Curry auch noch ein besserer Verteidiger als Poole oder auch Thompson ist.
Einfach hatte es aber auch Curry nach seinem furiosen Beginn nicht. Boston begann mit Drop Coverage, die Curry gnadenlos bestrafte, später machten die Bigs der Celtics aber einen besseren Job und traten deutlich höher gegen den Point Guard heraus. Auch das brachte Curry aus dem Rhythmus, es ist aber davon auszugehen, dass die Warriors hier Lösungen finden werden, um die Celtics vor neue Probleme zu stellen.
Voraussetzung dafür ist, dass Curry mehr auf dem Feld steht und konstant Stress auf die Verteidigung ausüben kann. Dies hilft ebenso den Mitspielern wie Thompson, der nach der Pause kaum einen offenen Wurf bekam. Das Gegenargument dafür ist, dass die Dubs dies auch 2019 gegen Toronto versuchten, Curry damals am Ende aber die Körner fehlten. Fakt ist aber auch: Durch die Durant-Verletzung war Golden State deutlich weniger potent, als sie es mit dieser Ausgabe sind.
3. Warriors: Zeit für die Youngster?
Etwas überraschend war es, dass Coach Steve Kerr in Spiel 1 nur acht Spielern das Vertrauen schenkte, darunter mit Andre Iguodala und Otto Porter Jr. gleich zwei Akteure, die große Teile der Serie gegen die Dallas Mavericks verletzungsbedingt verpassten. Das bedeutete, dass Nemanja Bjelica und die Youngster Jonathan Kuminga sowie Moses Moody nur die 48 Sekunden Garbage Time spielen durften.
Dabei war die Tiefe des Kader eine der großen Stärken in dieser Warriors-Saison, es könnte auch für die Serie ein Plus werden. Was in Spiel 1 auffällig war, waren die offensichtlichen Unterschiede in Sachen Athletik und Länge, die für Boston sprachen. Womöglich könnten Kuminga und vor allem Moody hier für ein paar Minuten Entlastung sorgen.
Der Guard wusste in seinen wenigen Minuten in der Dallas-Serie durchaus zu überzeugen und ist für ein paar Ballbesitze womöglich eine valide Option gegen zum Beispiel Brown, um diesen vor neue Aufgaben zu stellen. Das wird die Serie nicht verändern, aber den Warriors noch einmal einen neuen Look geben. Einen Versuch ist es wert, auch wenn die Dubs in einem Must-Win-Spiel, das ist Game 2 definitiv für sie, eher auf Altbewährtes zurückgreifen werden.
getty4. Warriors: Bloß keine Panik
Ein 0-1-Rückstand ist für die Dubs kein Neuland, aber doch recht selten. Zugegeben, die Warriors hatten unter Steve Kerr nur zweimal nicht den Heimvorteil, dennoch ist es beeindruckend, dass die Kerr-Warriors vor der Celtics-Serie bei 21-2 in Auftaktspielen standen. Nur OKC konnte 2016 mal das erste Spiel - damals noch in Oakland gewinnen - ansonsten verloren die Dubs nur noch Spiel 1 der Finals gegen Toronto im Jahr 2019.
In beiden Fällen schlugen die Warriors umgehend zurück, was ebenso das Selbstvertrauen der Dubs erklärt. Green hat Recht, dass außer LeBrons Cavs noch kein Team die Warriors in voller Besetzung schlagen konnte - daraus speist sich das Selbstverständnis in die eigene Stärke.
"Wir hatten gute Momente", fand auch Kerr, der gleichzeitig voll anerkannte, dass Boston ein gutes Spiel machte. "Wir haben im dritten Viertel 38 Punkte erzielt. Es ist der Schlussabschnitt, welcher uns das Spiel gekostet hat. Ich bin optimistisch, dass wir gegen sie scoren können."
44 Prozent aus dem Feld sind zwar kein Ruhmesblatt, aber wenn man allein schon die Stinkbombe von Green (4, 2/12) herausrechnet, sind es knapp 50 Prozent. Auch wenn Tatum sicherlich für Boston zulegen wird, dürften 120 Punkte für Boston nahe am Optimum sein. Überhaupt erzielten die Celtics in diesen Playoffs nur einmal mehr Zähler (127, Spiel 2 in Miami, damals mit ähnlich absurdem Shooting).
Hier und da wird es Veränderungen geben, vor allem wie die Warriors den Drive verteidigen und um Spieler wie Poole oder Thompson bessere Würfe zu ermöglichen, aber nach einem Spiel ist es zu früh, um Dinge komplett über den Haufen zu schmeißen. Es bleibt nicht wichtig, wer das erste Spiel gewinnt, sondern wer zuerst vier Siege auf dem Konto hat. Dafür bleibt noch Zeit genug.