Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, Jalen Brunson wird sich in der Free Agency wohl den New York Knicks anschließen und die Dallas Mavericks verlassen. Was bedeutet das für die beiden Teams und welche Fehler haben die Mavs bei Brunson gemacht?
Jalen Brunson: Was haben die Dallas Mavericks falsch gemacht?
Um gleich einmal eines aus dem Weg zu räumen. Dies ist keine Situation wie 2004, als Dallas Steve Nash nach Phoenix abwandern ließ und dieser in den folgenden beiden Jahren Back-to-Back-MVPs gewann. Die Mavericks tun gut daran, Brunson nicht knapp 30 Millionen Dollar pro Jahr zu bezahlen, wie es die Knicks Berichten zufolge tun werden (110 Mio. über vier Jahre).
Gleichzeitig ist es von Seiten der Mavs ein Versagen auf mehreren Ebenen, sowohl vom alten als auch vom neuen Regime. Es beginnt bereits mit dem Draft 2018, als noch Donnie Nelson als GM die Fäden zog. Er stattete Brunson, damals der 33. Pick, umgehend mit einem Vierjahresvertrag aus. Das vierte Jahr enthielt jedoch keine Team-Option, sondern ein nicht-garantiertes Gehalt und ermöglichte, dass Brunson bereits jetzt Unrestricted Free Agent wird.
Hätte Brunson eine Team-Option gehabt, wäre er lediglich Restricted Free Agent gewesen und Dallas hätte weiterhin die volle Kontrolle über die Situation. Nun, vor vier Jahren war es nicht abzusehen, dass ein Zweitrundenpick einer der drei wichtigsten Spieler in einem Conference Final ist, dennoch wäre das heutige Szenario abwendbar gewesen.
Doch nicht nur Nelson bekleckerte sich nicht mit Ruhm, gleiches gilt auch für den aktuell Verantwortlichen in Nico Harrison. Dallas hätte Brunson vorzeitig langfristig halten können - und das zu einem sehr teamfreundlichen Preis (4 Jahre, 55 Millionen). Noch im Januar, als Brunson bereits eine gute Regular Season spielte, war der Spielmacher offen, diesen Deal anzunehmen, doch die Mavs warteten lieber die Trade Deadline ab, falls man Brunson in einem Trade gegen einen Star eintauschen könnte.
Das geschah nie und Brunson verlor das Interesse an einer Verlängerung, rückblickend ein schwerer Fehler des Managements. Dallas hat sich klassisch verzockt. Es waren gleichzeitig finanzielle Gründe, auch wenn Besitzer Marc Cuban zuletzt betonte, dass man gewillt sei, die Luxussteuer zu zahlen. Rückblickend ist vor allem die saftige Verlängerung von Tim Hardaway Jr. einer der Gründe, warum Dallas bei Brunson zögerte.
Der Shooting Guard verletzte sich auch noch schwer, doch als er spielte, konnte er nicht an die gute Vorsaison anknüpfen. Das ist ärgerlich, auch weil Dallas nun selbst ohne Brunson ein Tax-Team ist und wenig finanziellen Spielraum hat. Durch die Trades der Knicks brauchen diese nun nicht einmal mehr einen Sign-and-Trade, um Brunson solch einen Vertrag anzubieten.
Jalen Brunson: Seine Stats in der Saison 21/22
/ | Spiele | MIN | PTS | FG% | 3P% | REB | AST |
Regular Season | 79 | 31,9 | 16,3 | 50,2 | 37,3 | 3,9 | 4,8 |
Playoffs | 18 | 34,9 | 21,6 | 46,6 | 34,7 | 4,6 | 3,7 |
Brunson: Machen die Knicks einen folgenschweren Fehler?
In der Draft-Nacht amüsierten wir und viele andere uns noch über die Cap-Manöver der Knicks, der gute, alte Freund Cap Space ist in New York eben bekannt. Diesmal scheint die Rechnung zumindest aufzugehen und die Knicks bekommen ihren Wunschspieler - zu einem mehr als stattlichen Preis.
Seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten suchen die Knicks einen Spielmacher, in Brunson wollen die Verantwortlichen in NY einen solchen identifiziert haben. Knapp 30 Millionen pro Jahr ist gleichzeitig eine Menge Holz für einen kleinen Guard, der in seinen vier Jahren in der NBA noch nicht einmal annähernd für das All-Star Game in Betracht gezogen wurde - auch wenn Brunson starke Playoffs spielte.
Um die Finger an Brunson zu bekommen, trennte man sich von Kemba Walker, Alec Burks, Nerlens Noel sowie Draft-Pick Jalen Duren, interessanterweise alles Spieler, die Knicks-Boss Leon Rose selbst unter Vertrag nahm und nun wegen Pick-Kompensation abgestoßen werden mussten.
Aus Knicks-Sicht scheint es das wert zu sein, auch wenn Brunson nur in einzelnen Spielen beweisen konnte, als Lead Guard zu glänzen. Kevin Pelton von ESPNschrieb im Zuge der Brunson-Gerüchte dazu einen interessanten Artikel, wie Rollenspieler mit größeren Aufgaben bei einem anderem Team perfomen würden.
Brunson: Gute Zahlen auch in größerer Rolle?
Sein Fazit war schließlich, dass Brunson auch mit einer größeren Rolle gute Zahlen auflegen sollte - mit der Einschränkung, dass Dallas oft vier Schützen an die Seite von Brunson stellte, um diesen so viel Platz zu geben. Das war häufiger ein Problem in New York, wobei der Kader noch lange nicht fertig ist (erst 10 Spieler unter Vertrag minus Brunson).
Der Vertrag an sich ist natürlich dennoch schwer zu verteidigen, aber so ist es eben, wenn man einen guten Spieler in einer guten Situation loseisen möchte. Trotz allem werden die Knicks bei weitem kein Contender in der kommenden Saison sein und eher um die unteren Playoff-Plätze mitspielen (sollten in der Offseason nicht wilde Dinge geschehen. Sowas haben wir alles schon gesehen).
Das ist nicht viel, scheint den Knicks aber genug zu sein. Julius Randle steht noch bis 2026 in den Büchern, R.J. Barrett würde in diesem Sommer sicherlich gerne eine maximale Rookie Extension unterzeichnen. Das Trio Brunson/Barrett/Randle könnte damit bald rund 100 Millionen Dollar pro Jahr verschlingen, das sind nicht die besten Aussichten. Immerhin: Eine All-Lefty-Meisterschaft würden die Knicks dann problemlos gewinnen.
Mavericks: Wie könnte Dallas Brunson ersetzen?
Eins-zu-Eins wird das nicht funktionieren. Wie weiter oben bereits erwähnt, haben die Mavs keine Flexibilität, um in der Free Agency einen guten Ersatz zu bekommen. Hier lohnt sich auch noch einmal ein Blick auf die besten 15 verfügbaren Spielmacher dieser Klasse.
Berichten zufolge könnte sich der Blick nun Richtung Goran Dragic richten. Der ist einerseits deutlich günstiger (vermutlich für das Minimum), ein guter Freund von Luka Doncic, aber eben auch schon 36 Jahre alt. Die beiden gaben erst gestern eine PK in Slowenien und zwischen den Zeilen konnte man schon lesen, dass ein Deal wahrscheinlich ist.
"Ich würde darauf gerne antworten, aber ich glaube, dass mich eine Strafe von 100.000 Dollar erwarten würde, wenn es ich es tun würde", sagte Doncic, als er auf eine mögliche Reunion in Dallas mit Dragic angesprochen wurde. "Wir können erst am 1. Juli darüber sprechen", fügte Dragic hinzu. Durch den Trade für Spencer Dinwiddie im Februar hat Dallas aber immerhin jemanden, der Brunson umgehend in der Starting Five ersetzen kann.
In Sachen Shot Creation hilft auch der Trade von Christian Wood, da so auch ohne Brunson genug Scoring auf dem Feld stehen sollte. Stattdessen sollte sich der Fokus eher auf die Flügelpositionen richten, wo ein weiterer guter Schütze dem Team gut tun sollte. Gleiches gilt für einen weiteren Backup auf der Fünf.
Mavericks: Leere Bücher in zwei Jahren
Die Ressourcen dafür sind jedoch limitiert. Dallas' bestes Tool ist bereits die Mini-MLE über 6,4 Millionen Dollar, der Rest des Kaders müsste mit Minimalverträgen aufgefüllt werden. Derzeit sind elf Rosterspots vergeben, davon sind die Verträge von Frank Ntilikina und Maxi Kleber noch nicht garantiert.
Ein anderer Weg für die Verbesserung des Teams bleibt die Trade-Variante, das könnte aber eher ein Thema für die kommende Trade Deadline sein. Dallas hat weiter viele "Mittelklasse-Verträge" zwischen 8 und 20 Millionen Dollar, jedoch keine echten Assets zur Verfügung.
Sollte Brunson Dallas wirklich verlassen, wäre das natürlich ein schwerer Schlag, langfristig könnte es aber helfen, da ab 2024 die Bücher der Mavs für den Moment mit den Ausnahmen Doncic, Hardaway Jr., Davis Bertans und Dorian Finney-Smith komplett leergeräumt sein werden. Der mögliche Salary Slot von Brunson ist dagegen Geschichte.
Der Kader der Dallas Mavericks ohne Brunson in der Übersicht
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Luka Doncic | Spencer Dinwiddie | Reggie Bullock | Dorian Finney-Smith | Christian Wood |
Frank Ntilikina** | Tim Hardaway Jr. | Josh Green | Maxi Kleber** | Dwight Powell |
- | - | - | Davis Bertans | - |
** nicht garantiert