NBA, Kevin Durant - Fragen und Antworten zur Trade-Forderung: Wie es jetzt weitergeht

Ole Frerks
01. Juli 202210:00
Kevin Durant und Kyrie Irving gewannen in Brooklyn in drei Jahren eine Playoff-Serie.getty
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Kevin Durant hat einen Trade von den Brooklyn Nets gefordert. Wie kam es dazu, welche Teams sind in der Verlosung und wie geht es mit den Nets weiter? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Warum fordert Kevin Durant einen Trade?

Kevin Durant hat die "nukleare Option" gezogen, wie es Zach Lowe (ESPN) vergangene Woche ausgedrückt hatte: Der Superstar hat einen Trade gefordert, zum ersten Mal in seiner Karriere, nachdem er seine vorigen Teams (OKC Thunder und Golden State Warriors) als Free Agent verlassen hatte. Damit ist ein Spielertypus auf dem Markt, der normalerweise nie auf den Markt kommt.

Denn: Durant zählt nicht nur nach wie vor zu den drei bis fünf besten Spielern der Welt, er hat auch gerade erst im Vorjahr einen neuen Vertrag unterschrieben, ist also noch für satte vier Jahre gebunden und hat daher einen umso höheren Trade-Wert.

Durant hat die Nets darüber informiert, dass seine Wunschziele die Miami Heat und die Phoenix Suns sind - das ist für Brooklyn jedoch nicht bindend, auch wenn ESPN berichtet, dass das Front Office mit Durant zusammen daran arbeitet, eine Lösung zu finden. Letztendlich wird Brooklyn den Deal machen, der am besten für Brooklyn ist, mehr dazu auf Seite 2.

Führte das Thema Kyrie Irving zum Durant-Ärger?

Zunächst muss geklärt werden, wie es zu der Forderung kam. Noch vor einem Jahr verlängerte Durant seinen Deal und bestand dabei nicht einmal auf eine Spieler-Option oder dergleichen, noch vor wenigen Wochen herrschte zwar große Enttäuschung nach dem Sweep in der ersten Runde vor, trotzdem rechnete kaum jemand damit, dass nach James Harden auch Durant bald einen Trade fordern könnte.

Fraglich war eher die Personalie Kyrie Irving, und diese Personalie dürfte eine Rolle bei Durants Wechselwunsch gespielt haben. Brooklyn wollte Irving verständlicherweise keinen Maximalvertrag über fünf Jahre vorlegen, es entstand ein Wirrwarr, der vergangene Woche bereits für viel Aufsehen gesorgt hatte.

Letztendlich zog Irving, für den niemand ein richtiges Angebot abgeben wollte (28 Teams) oder konnte (die Lakers), seine Spieler-Option für das kommende Jahr und vertagte damit scheinbar die Entscheidung, offensichtlich stellte dies Durant aber nicht zufrieden. Berichten zufolge stellte KD den Kontakt zu den Nets über mehrere Tage ein, bevor er nun einen Trade forderte.

Kevin Durant und Kyrie Irving: Ein Package-Deal

Es liegt nahe, davon auszugehen, dass Durant diesen Schritt - ironischerweise - aus Loyalität gegenüber Irving gewählt hat. Als die beiden Stars vor drei Jahren gemeinsam nach Brooklyn kamen, gab es eine Art stille Übereinkunft, dass die Franchise und all ihre Entscheidungen von nun über sie laufen würden.

Brooklyn nahm einige Kopfschmerzen dafür in Kauf, die insbesondere (wenn auch nicht nur) von Irving verursacht wurden, weil Spieler von Durants Kaliber in der NBA eben den Unterschied machen. Durant und Irving waren sozusagen ein Package-Deal, am Anfang reichte ihr Einfluss sogar so weit, dass DeAndre Jordan statt Jarrett Allen den Starting Center geben durfte.

Im vergangenen Jahr wurde die Grenze jedoch offensichtlich überschritten. Irving sorgte mit seiner Impfverweigerung nicht zuletzt bei Nets-Besitzer Joe Tsai für viel Ärger und wurde für Auswärtsspiele lange de facto suspendiert. Die Nets holten Irving zwar zurück ins Team, bei der Forderung nach einem neuen Maximalvertrag gaben sie nun jedoch nicht klein bei.

Kevin Durant zieht die Reißleine

Sportlich ist das völlig verständlich, weder Irving noch Durant standen in den letzten drei Jahren für die Hälfte aller Spiele zur Verfügung, gemeinsam wurde nur eine Playoff-Serie gewonnen. Aber die Konsequenz ist nun eben, dass bald wohl beide nicht mehr für die Nets spielen werden.

Ein weiterer Erklärungsansatz wäre, dass Durant realisiert hat, dass er für einen weiteren Titel mehr Hilfe braucht, als er bei den Nets bekommen kann, was natürlich nicht zuletzt an dem Harden-Fiasko liegt, das auch von Durant und Irving forciert und in Teilen verantwortet wurde. Dazu würde passen, dass ausgerechnet die jeweiligen First Seeds der beiden Conferences auf seiner Wunschliste stehen.

Vielleicht gibt es auch noch einen weiteren Grund, vielleicht will KD nach drei Jahren auch einfach wieder ein neues Umfeld haben. Wie auch immer: Nun beginnt ein Wettbieten, das die Liga nachhaltig verändern könnte.

Welche Teams können für Durant traden?

Die Nets müssen sich nicht an Durants Wünsche halten, theoretisch kann also jedes Team um Durant mitbieten. Bei noch vier Jahren Vertrag hält der 33-Jährige nicht alle Zügel in der Hand, entsprechend hat sich laut Adrian Wojnarowski auch schon die Hälfte aller Teams bei den Nets gemeldet, um mal zumindest auf den Busch zu klopfen.

Gleichzeitig ist Durant auch nicht ohne Einfluss auf seine Situation. Der Preis wird enorm hoch sein, also werden Teams zögern, wenn sie nicht optimistisch sind, dass Durant der Situation zumindest eine Chance geben und nicht gleich den nächsten Trade fordern wird.

Er wird oben mitspielen wollen, ein Trade ergibt also eigentlich nur für Teams Sinn, die mit Durant in den nächsten drei Jahren Meister werden können. Und die breit genug aufgestellt sind, um nach einem Trade nicht ansonsten völlig blank dazustehen. An diesem Punkt kann man sicherlich schon viele Teams eliminieren.

Ayton und Bridges: Ist das genug?

Zumal: Die Nets werden nicht tanken wollen, in einem Trade kann es für sie also nicht nur Picks geben, es müssen auch gute Spieler her. Der Grund dafür ist simpel und auch wieder zum Teil auf Durant zurückzuführen: Brooklyn hat fast all seine eigenen Picks im Harden-Trade nach Houston verfrachtet. Es ergibt also keinen Sinn, in der jetzigen Situation abzuschenken.

Genau das macht die Suns zu einem interessanten Trade-Partner (wenn Brooklyn von der unrealistischen Forderung abrückt, Devin Booker zurückzubekommen). Es wären dafür zwar weitere Moves nötig, damit es finanziell funktioniert, aber ein Paket um Mikal Bridges und Restricted Free Agent Deandre Ayton könnte dafür sorgen, dass Brooklyn im Osten konkurrenzfähig bleibt. Durant soll angeblich auch extra mit der Forderung gewartet haben, bis Ayton zu einem möglichen Trade-Asset wurde.

Knifflig dabei ist: Bridges und Ayton sind beide keine All-Stars, Ayton wird von seinem eigenen Team nicht als Max-Player angesehen. Kann er wirklich das Kernstück in einem Trade für einen der besten Spieler der NBA-Geschichte sein? Eigentlich wohl nur, wenn sich keine bessere Option finden lässt.

Warum es mit dem Durant-Trade dauern könnte

Die Heat können keinen Trade mit Bam Adebayo anbieten, solange Ben Simmons in Brooklyn ist, weil beide Spieler Designated Rookie Extensions unterschrieben haben und kein Team für zwei dieser Verträge traden darf. Tyler Herro wäre ein Anfang, aber kein Ende für Trade-Verhandlungen. Legt Miami vielleicht sogar Jimmy Butler auf den Tisch? Und würde Butler neben Simmons Sinn ergeben (nochmal???)?

Vermutlich bereiten viele Teams derzeit Angebote vor (HIER gibt es weitere Szenarien). Und vermutlich ist Brooklyn gut damit beraten, erstmal Angebote einzuholen und sich nicht zu sehr auf Phoenix und Miami zu versteifen. Die Nets sind in einer schwierigen Lage, aber sie halten den größtmöglichen Pokerchip in der Hand, da ist Geduld geboten.

Es kann gut sein, dass es eine Weile dauern wird, bis ein Trade realisiert wird. Vielleicht ist Durant dann auch nicht der letzte Dominostein, der fällt.

Wie geht es mit Kyrie Irving und Ben Simmons weiter?

Bisher deutet alles darauf hin, dass die Nets Simmons behalten werden, der ausgerechnet gestern, wenige Stunden vor dem Durant-Beben, in der Halle der Nets abgelichtet wurde. Das kann sich natürlich ändern, wenn Brooklyn nur durch einen Trade des Australiers einen größeren Durant-Trade realisieren kann (etwa für Adebayo oder Booker), davon ist aber nicht auszugehen.

Es wäre auch nicht ratsam. Simmons hat momentan keinen hohen Trade-Wert, könnte diesen aber rapide steigern, wenn er wieder gesund ist und sich durch gute Leistungen zurückmeldet. Der Vertrag des 25-Jährigen läuft noch bis 2025, Brooklyn kann sich also in Ruhe anschauen, ob er als Kernstück eines Neuaufbaus taugt bzw. wie er zu den Spielern passt, die im Trade für KD zurückkommen.

Bei Irving ist die Lage anders. Das Ziehen seiner Option hat nicht wirklich für mehr Klarheit gesorgt, auch bei ihm spricht viel dafür, dass er sein letztes Spiel für die Nets bereits absolviert hat. Das wäre nur folgerichtig, wenn der Grund, warum Irving die Option überhaupt erst zog, selbst nicht mehr bei den Nets spielt.

Bleibt Brooklyn auf Kyrie Irving sitzen?

Einfacher ist es dadurch jedoch auch nicht geworden, einen Trade für ihn zu finden. Nach wie vor ist angeblich kein Team besonders daran interessiert, ein signifikantes Angebot für den eigenwilligen Point Guard abzugeben, dessen Teams aus irgendeinem unerfindlichen Grund ein großes Talent dafür besitzen, sich von innen zu zerstören.

Die Lakers gelten hier als die Ausnahme, logischerweise, sie können nur eben weiterhin nicht viel anbieten, weder für einen Nets-Rebuild noch für die Aussicht, konkurrenzfähig zu bleiben. Und nein, Brooklyn dürfte auch jetzt kein großes Interesse daran haben, Russell Westbrook bei sich aufzunehmen.

Das bedeutet: Es bräuchte wohl ein drittes Team, um einen Deal zu ermöglichen (natürlich könnten theoretisch auch Durant UND Irving im selben Trade gedealt werden, es wird dadurch nur komplizierter). Oder die Nets müssten Irving entlassen, wie Vincent Goodwill (Yahoo! Sports) spekulierte - das wirkt jedoch unrealistisch.

Findet Brooklyn jetzt keinen Trade für Irving, wäre es vermutlich sinnvoller, ihn vorerst zu behalten und es zur Trade Deadline noch einmal zu versuchen. Durch eine Entlassung, nach der er bei jedem Team unterschreiben könnte, würde man dem 30-Jährigen ja einen Gefallen tun - und bei aller Ungewissheit in der Situation kann man sich zumindest sicher sein, dass die Nets DAS nicht wollen.

Wie geht es mit den Nets weiter?

Grundsätzlich wird es spannend zu sehen, wie es für die Nets weitergeht. Sie müssen nicht wie nach der KG-Pierce-D-Will-Ära bei 0 anfangen, dafür haben sie Simmons und den eventuellen Gegenwert für Durant als Ausgangspunkt. Trotzdem muss sich festhalten lassen, dass dieses gescheiterte Experiment schon jetzt zu den größten Enttäuschungen der NBA-Geschichte gehört.

Die Franchise baute über Jahre sorgsam eine Kultur auf, um sich für Free Agents zu positionieren, mit dem Power-Standort Brooklyn im Rücken. Das ging auf, allerdings warfen sie für Durant und Irving bei der ersten Gelegenheit diese Kultur aus dem Fenster. Es ist ein Tausch, den jedes NBA-Team gemacht hätte, vielleicht muss das in Zukunft aber auch hinterfragt werden.

Und gleichzeitig müssen die Nets nun aufpassen, dass sie einigermaßen sauber aus dieser Situation herauskommen. Nicht nur die anderen Teams, auch alle Spieler, die irgendwann mal Free Agents werden, werden sehr genau hinschauen, was mit Durant passiert. Und das ist ja das Dilemma: Bei all den Kopfschmerzen, die sie bisweilen verursachen - wer gewinnen will, braucht eben solche Spieler.