Clippers: Es ist noch ordentlich Sand im Getriebe
Clippers-Coach Ty Lue redete gar nicht lange um den heißen Brei herum und mahnte an, dass sein Team trotz des Sieges nicht gut gespielt habe. "Wir sind immer noch dabei herauszufinden, wer wir eigentlich sind", brachte Lue es passend auf den Punkt. Richtig, wer sind diese Clippers? Eine echte Antwort blieb das Team beim Auftaktsieg gegen den Nachbarn aus L.A. (103:97) schuldig.
Es gab Phasen, in denen man erkannte, warum viele in den Clippers den größten Herausforderer der Warriors sehen. Gleichzeitig waren da aber auch Dinge, die eher an die Doc-Rivers-Jahre erinnerten. Das ist fast schon logisch, schließlich haben die Kalifornier so viele verschiedene Elemente in ihrem Kader, es wird dauern, bis Lue alle Puzzleteile sinnvoll zusammengesetzt hat.
Nur mal ein Beispiel: Terance Mann spielte im Vorjahr eine große (und gute) Rolle und war im Prinzip der Backup-Spielmacher des Teams, zum Auftakt sah der 25-Jährige gerade einmal knapp sechs Minuten im zweiten Viertel. Mann war einer von elf Spielern, die Ansprüche auf Rotationsminuten stellen können.
Die Identität bleibt dabei gewissermaßen die gleiche. Die Clippers sind weiterhin abhängig von ihren Jumpshot-Künsten, entsprechend streaky können sie sein. So kassierte man vor der Pause einen 20:4-Lauf, machte aber wenig später selbst 17 Punkte am Stück. Läuft der Ball, sehen die Clippers wie das beste Team der NBA aus, gegen die Lakers verzettelte man sich stattdessen vor allem in ideenlosem Eins-gegen-Eins-Basketball.
Auch damit waren die 22 Turnover zu erklären, die ihnen beinahe noch das Spiel gekostet hätten. Paul George (5), Norman Powell (4) oder auch Reggie Jackson (2) leisteten sich teils haarsträubende Fehler und luden die Lakers immer wieder zu einfachen Punkten ein. Es fehlt weiterhin eine ordnende Hand, Jackson ist das nicht. John Wall wohl auch nicht, obwohl er zumindest im ersten Viertel mal für Tempo sorgen konnte.
In Halbzeit zwei verfiel aber auch er der Liebe zum Sprungwurf. Über 48 Minuten nahmen die Clippers nur 32 Würfe in der Zone - zum Vergleich: New Orleans nahm in Brooklyn am Vortag 62. Solche Werte werden die Clippers nicht erreichen, aber etwas mehr Diversität würde ihnen tatsächlich gut tun.
Powell wäre mit seiner Explosivität so ein Kandidat, er enttäuschte aber als Starter auf ganzer Linie (9, 2/8 FG, 0 Assists). So fehlte ein Plan B in der Schlussphase, als die Würfe nicht mehr fallen wollten. L.A. scorte nur noch 20 Punkte, vergab alle neun Versuche von Downtown und gewann das Viertel trotzdem noch (20:18).
Clippers: Kawhi Leonard sieht nach Kawhi Leonard aus
21 Minuten, 12 Würfe, 14 Punkte - Kawhi Leonard kehrte nach Kreuzbandriss und 17 Monaten Pause als Bankspieler ins Lineup zurück und machte genau das, was man von ihm erwarten konnte. Gewohnt mechanisch kam der 30-Jährige zu seinen Spots, drei seiner fünf Würfe aus der Mitteldistanz fanden sein Ziel, darunter auch ein Jumper in der letzten Minute, der die Entscheidung darstellte.
Aus der Distanz (1/4) wollte es noch nicht klappen, ansonsten wirkte Leonard fit, wenn auch noch nicht in der MVP-Form, die er in den Playoffs 2021 zeigte. Das muss er auch nicht, schließlich ist alles auf die Monate April, Mai und im Idealfall Juni ausgerichtet. Leonard selbst gab an, dass er das kommende Back-to-Back nicht bestreiten werde.
Wirklich integriert war Kawhi in die Offense dabei nicht. Vielmehr versuchten es die Clippers im vierten Viertel zu sehr zu erzwingen, als Leonard jeweils im Post den Ball forderte. Zweimal misslang der Entry Pass komplett und die Versuche endeten in Ballverlusten. Das nahm Lue auf seine Kappe und stellte seinem Superstar ein gutes Zeugnis aus.
"Er hat es gut gemacht. Manchmal wirkte er aber auf mich ein wenig müde. Zu Beginn des Spiels war aber ersichtlich, dass er wieder voll da war."