Wir haben wieder ein echtes MVP-Rennen! Joel Embiid wird seinen Titel nicht verteidigen können, da er aufgrund seiner Meniskusverletzung nicht auf 65 Spiele kommen wird. Man kann von dieser Regel halten, was man möchte, letztlich hätte Embiid durch seine längere Ausfallzeit so oder so nicht erneut gewonnen.
Stand jetzt würde Embiid nicht einmal auf 60 Partien kommen, der einzige MVP mit weniger Spielen war Bill Walton im Jahr 1978. Da die Auswahl in diesem Jahr aber wieder mehr als ausreichend ist, hätten wir Embiid ohnehin nicht berücksichtigt. Bevor wir zu unserer Top 5 kommen, hier noch vier weitere Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge.
MVP Ranking: Honorable Mentions
- Jalen Brunson (New York Knicks)
- Kevin Durant (Phoenix Suns)
- Kawhi Leonard (L.A. Clippers)
- Donovan Mitchell (Cleveland Cavaliers)
Platz 5: Jayson Tatum (Boston Celtics)
- Stats: 27,0 Punkte, 8,5 Rebounds und 4,9 Assists bei 47,5 Prozent FG und 36,1 Prozent Dreier in 35,9 Minuten (55 Spiele)
- Der Case: Der beste Spieler beim mit Abstand besten Team der NBA
ESPN versucht gerade wieder, Argumente für Tatum in der MVP-Konversation zu finden, letztlich gibt es genau eines. Boston hat die mit Abstand beste Bilanz der NBA und Tatum ist der beste Spieler dieses Teams. Das ist Tatums Faustpfand, ansonsten spricht recht wenig für den Forward, der in den vergangenen beiden Jahren Sechster sowie Vierter bei der MVP-Wahl wurde.
Boston ist schlichtweg zu tief, zu ausgeglichen - ein echtes Ensemble. So steht Tatum bei einem Net-Rating von +11, gleichzeitig sind die Celtics nur 2,4 Punkte pro 100 Ballbesitze besser mit dem Forward als ohne ihn. Selbst ohne Tatum gewinnt Boston die Minuten mit +8,6.
Dazu schneidet Tatum im Vergleich zu seinen Konkurrenten in Sachen Effizienz deutlich schwächer ab, auch wenn ein True-Shooting-Wert von 60,5 Prozent nahe an seinem Bestwert ist. Das ist gut, aber eben nicht elitär und einer der Gründe, warum Tatum fast nie in Diskussionen um den besten Spieler der Liga auftaucht, auch wenn er unbestritten ein Top-10-Spieler ist.
Platz 4: Luka Doncic (Dallas Mavericks)
- Stats: 34,5 Punkte, 8,8 Rebounds und 9,6 Assists bei 49,4 Prozent FG und 38,4 Prozent Dreier in 37,5 Minuten (50 Spiele)
- Der Case: Der beste Scorer der NBA
Niemand lässt Scoring im Moment einfacher als er aussehen. Dallas ist im Aufwind und sollten die Mavs sich direkt für die Playoffs qualifizieren, dann dürfte sich auch Doncic Chancen ausrechnen dürfen. Zur Erinnerung: Russell Westbrook reichten für seinen MVP im Jahr 2017 47 Siege mit OKC und Platz sechs im Westen. Die Mavs stehen derzeit bei 33-25, womit man auf Kurs für 48 Erfolge ist.
Doncic ist dabei Erster in Scoring und Dritter bei den Assists ligaweit, niemand generiert mehr Punkte als der Slowene. Seine Zahlen sprechen also für sich. Sein Dreier fällt so gut wie noch nie, gleichzeitig schließt Doncic nur noch 20 Prozent seiner Field Goals direkt am Korb ab (es waren mal ein Drittel in der Saison 19/20). Seine Erfolgsquote ist mit 76 Prozent aber absolut elitär.
Zwei Dinge verhindern eine höhere Platzierung: Doncic ist defensiv besser als ihn viele darstellen, problematisch bleibt aber sein schwankender Einsatz sowie die regelmäßigen Nickerchen in der Help Defense. Und: Die Doncic-Minuten ohne Kyrie sind wenig überzeugend (nur +0,7), andersherum läuft es etwas besser (+1,3). Doncic und Irving zusammen stehen übrigens bei +9,1.
Platz 3: Giannis Antetokounmpo (Milwaukee Bucks)
- Stats: 30,7 Punkte, 11,2 Rebounds und 6,3 Assists bei 61,6 Prozent FG in 34,9 Minuten (57 Spiele)
- Der Case: Effizienz-Monster
Die Bucks (oder besser gesagt Coach Doc Rivers) mussten zuletzt viel Kritik einstecken, dabei geht fast schon ein wenig unter, dass Antetokounmpo in dieser Saison ein absolutes Monster ist. 61,6 Prozent aus dem Feld sind es für den Griechen, es hilft, dass der zweimalige MVP nur noch 1,7 Dreier pro Partie nimmt.
Es hilft auch, dass Antetokounmpo mit Damian Lillard endlich einen echten Co-Star hat, der selbst jede Menge Aufmerksamkeit auf sich zieht. 66 Prozent der Abschlüsse von Giannis sind direkt am Ring, ebenfalls ein Karrierebestwert. Dazu hat Giannis deutlich mehr Verantwortung als in den Vorjahren, knapp 35 Minuten spielte der Grieche zuletzt unter Jason Kidd in der Saison 2017/18.
Das zeigen auch die On/Off-Zahlen, die Bucks sind mit Antetokounmpo 13,6 Punkte pro 100 Ballbesitze besser als ohne ihn, eine solche Differenz gab es für die Bucks noch nie. Es ist der Preis, den man im Lillard-Trade zahlte, wobei auch gesagt sein muss, dass die vielen Ausfallzeiten von Khris Middleton hier ebenfalls ein Faktor sind.
Platz 2: Shai Gilgeous-Alexander (Oklahoma City Thunder)
- Stats: 31,2 Punkte, 6,5 Assists und 2,1 Steals bei 54,8 Prozent FG und 38,9 Prozent Dreier in 34,5 Minuten (57 Spiele)
- Der Case: Ein Muster an Konstanz auf dem höchsten Level beim Überraschungsteam der Saison
Die Thunder sind gemäß Net-Rating das zweitbeste Team der NBA und trotz ihrer Jugend ein Muster an Konstanz. Das liegt vor allem an SGA, der in satten 43 von 57 Spielen mindestens 30 Punkte erzielt hat. Der Kanadier ist wie ein Uhrwerk und blieb in dieser Spielzeit erst dreimal unter 20 Zählern.
Dass ein Guard über 15 Punkte im Schnitt in der Zone erzielt, ist ein unverschämt guter Wert und wird nur von vier Bigs (Giannis, Zion, Jokic, Davis) getoppt. SGA versenkt 71 Prozent am Ring und 52 Prozent aus dem Floater-Bereich. Nur Luka Doncic isoliert häufiger als der Thunder-Guard, SGA ist hierbei aber deutlich effizienter (1,17 PPP). Überhaupt: Von 38 Spielern, die mindestens 100 ISO-Plays verbuchten, sind nur Kawhi Leonard (1,19) und Dejounte Murray (1,18) effizienter.
Dazu ist die Thunder-Offense um satte 11,2 Punkte pro 100 Ballbesitze mit SGA besser, der zudem die Liga weiterhin bei den Steals anführt (2,1) und an diesem Ende im Vergleich zu den Vorjahren deutlich besser ist. Kurzum: Gilgeous-Alexander ist die Definition des Most Valuable Players, aber ...
Platz 1: Nikola Jokic (Denver Nuggets)
- Stats: 26,1 Punkte, 12,3 Rebounds und 9,3 Assists bei 58,3 Prozent FG und 35,1 Prozent Dreier in 33,9 Minuten (56 Spiele)
- Der Case: Der beste Spieler der Welt
... ähnliche Argumente lassen sich auch für Nikola Jokic machen, der hier den Zuschlag erhält, weil er der bessere Spieler ist. Es grenzt an Haarspalterei, aber das ist für uns nun einmal der Tiebreaker. In Sachen Effizienz hat Joker die Nase knapp vorne (1,31 PPP), dazu sind seine On/Off-Zahlen noch einmal besser (Denver ist ohne Jokic um 22 Punkte pro 100 Possessions schlechter).
Erneut flirtet Jokic mit einer Triple-Double-Saison und man wird das Gefühl nicht los, dass er noch immer einen Extra-Gang zur Verfügung hat. Mal gibt es Spiele, in denen er kaum einen Wurf nimmt und stattdessen 15 Assists spielt, mal übernimmt er selbst das Scoring, wenn es das Team braucht. Niemand kontrolliert ein Spiel so sehr wie der Serbe.
Die Nuggets haben zwar eine schlechtere Bilanz und ein weitem schlechteres Net-Rating ("nur" +4,5, Platz sechs), doch seit dem All-Star Break zeigte sich, dass Denver langsam wieder in den Playoff-Modus schaltet. Die Nuggets sind übrigens Top-10 in Offense und Defense (9 und 10), das gelang ihnen nicht einmal im Vorjahr. So spricht vieles dafür, dass Jokic der neunte Spieler wird, der mindestens drei MVP-Trophäen bei sich zu Hause im Schrank stehen hat. Der Abstand zu SGA bleibt dennoch minimal.
Die anderen acht mit mindestens drei MVPs? Kareem Abdul-Jabbar (6), Bill Russell, Michael Jordan (je 5), Wilt Chamberlain, LeBron James (je 4), Moses Malone, Larry Bird und Magic Johnson (je 3).